Uns trifft der Schlag. Muss so sein. Wo wir erstmal an Fehler im IT-System bei Sixt glauben, meinen sie es bierernst. Überall Autos, viele Autos. Ganz Berlin ist voller Autos. Voller neuer Carsharingautos von Sixtshare. An beinahe jeder Ecke stehen sie. Wir haben uns einen Golf geschnappt und das Carsharing von Sixt in seiner Serienversion ausprobiert.
Registrieren, Dokumente hochladen, reservieren, fahren.
Wer Schwächen am Carsharing sucht, kann sie schnell finden. Bei der Registrierung hakt es etwas, weil der künftige Nutzer nicht richtig liest und die Vorderseite des Führerscheins zweimal abfotografiert. So muss er länger warten und kann trotzdem wie versprochen in weniger als 24 Stunden loslegen. Also los, suchen wir uns eine Mitfahrgelegenheit. Und erwarten das hier: Verdreckte und ausgenudelte Autos, miese Verfügbarkeit. Sixtshare ist gerade erst frisch gestartet. Verdreckte Autos gibt es trotzdem schon. Dafür kann Sixt nichts. Alle anderen Carsharing-Anbieter auch nicht. Es sind die Nutzer, von denen einige indiskutabel mies mit den geliehenen Autos umgehen. So auch beim gerade frischen Golf, den wir uns gemietet haben: Becherhalter und Fahrersitz voller Krümel, der Schaltknauf remouladig verschmiert. Lecker. Das war aber auch der einzige Punkt, an dem es zu mäkeln gab. Der Golf fährt sich wie ein Golf eben fährt. Ohne Fehl und Tadel - wunderbar geschmeidig, direkt und leise. Nebenbei: Es sind nur Benziner verfügbar. Die Golfs (auch Variant) fahren mit 85 kW, die A3 (auch als Limousine) mit 85 oder 110 kW, die A4 Allroad quattro mit 140 kW, die Q2 mit 85 kW und die Skoda Octavia mit 110 kW. Einige Renault Zoe ergänzen die Flotte von Sixtshare. Nicht um sie aufzufüllen, als ob das nötig wäre, sondern für den grünen Anstrich. Elektro und Benzin sind schließlich viel sauberer als der Diesel des Bösen.
Irrsinnig gute Verfügbarkeit bei Sixtshare
Bei der Verfügbarkeit der Autos hat Sixt für den hauseigenen Carsharingdienst den Vogel abgeschossen. Ernst gemeinte Frage, falls die Macher hier mitlesen: Meint ihr das ernst? Wir wissen nicht, wie groß die Flotte in Berlin exakt ist. Aber gefühlt müssen es tausende sein. Die Verteilung sieht exzellent aus. Im gesamten Geschäftsgebiet können wir fußläufig aus mindestens drei Autos wählen, oft sind es mehr. Macht man parallel die Apps anderer Carsharing-Anbieter in Berlin auf, spielen sie das Lied vom Tod und Steppenläufer purzeln durchs Bild. Gähnende Leere, 600 Meter Fußweg zu einem Auto mit fast leerem Tank. Gut, es ist eine Momentaufnahme vom 19.03.2019. Aber gegen diese Armada baut BMW mal nicht so eben ein paar i3 oder Mercedes viele bunte Smarties nach.
Fazit: Sixtshare ist der meiste Carsharinganbieter Berlins
Chapeaux Sixt, so geht Carsharing. Aber sowas von und mit Vollgas. Nur bei einer Sache sehen wir Bauchschmerzen aufziehen: Das flexible Preissystem. Es ist intransparent, wird nur am Rande kommuniziert und könnte einige Nutzer auf Dauer abschrecken. Der Golf, den wir kurz gefahren sind, hat während unserer Miete die versprochenen 19 Cent pro Minute gekostet. Dasselbe Auto steht 24 Stunden später noch immer an abgeparkter Stelle und soll uns jetzt 26 Cent je Minute kosten. Immerhin: Die Tageslimits liegen fix und sind für 24-Stunden-Mieten sehr interessant. 200 Kilometer sind ebenso inklusive wie Tanken und Parken. Trotz des Preissystems sehen wir Sixtshare deutlich vor DriveNow oder car2go. Denn wenn Carsharing funktionieren soll, muss es das eigene Auto ersetzen können. Das funktioniert aber nicht, wenn die Verfügbarkeit schlecht ist und man 600 Meter zum nächsten Auto laufen muss. Bei Sixtshare soll die Verfügbarkeit so hoch bleiben. Denn wenn man Engpässe kommen sieht, will man weitere Autos nachschieben. Wahnsinn.
Kommentare 10
ticalo
weiterhin uninteressant durch das mickrige geschäftsgebiet (berlin hört nicht am s-bahn ring auf) und die so tollen "flexiblen" preise..
dmo
Mal ehrlich, wer mietet denn bei einem flexiblen Preissystem regelmäßig?
Ich habe Verständnis für feste/planbare tageszeit- oder wochentagsabhängige Preise - so lange man damit kalkulieren kann. Und ich kann auch nachvollziehen, dass die BWL'er, die sich solche dynamischen Preise ausdenken, bei den Gedanken an die maximale Ertragsabschöpfung regelrecht die Sabber aus dem Mund läuft.
Aber wer will den so etwas dauerhaft nutzen?
Als Privatperson für Spontanmieten - okay. Wenn man Alternativen hat.
Als Privatperson für regelmäßige mieten - wirklich?
Als Geschäftsperson in größeren Unternehmen - eehh nee?
Wie soll ich dem Kunden erklären, dass die regelmäßigen Fahrten in einem Zeitraum von 3 Wochen nun 30% mehr kosten, als ursprünglich veranschlagt? Und wie will ich das meinem Controller verkaufen?
Das ist schon ein gewaltiger Unterschied zu z.B. den Bahnpreisen. Bei letzteren Habe ich den maximalen Preis pro Strecke und freue mich, wenn es "zufällig" günstiger wird.
Sixtshare schweigt sich aber über den maximalen Tarif aus. Könnte ja auch 1 EUR pro Kilometer sein. Soll man dem Kunden nun wegen 15 Km Fahrt den Tagespreis von 59 EUR berechnen? Dann wird dieser zu Recht darauf verweisen, dass man auch hätte Taxi fahren können.
Fazit:
Wer sind die Kunden, die ein unberechenbares Preismodell akzeptieren?
Pieeet
Update: Auch zwei Tage später steht der hier gefahrene Golf Immer noch an der Stelle, an der ich ihn geparkt habe. Jetzt kostet er 27 Cent die Minute, also 8 Cent mehr als bei der ersten Fahrt.
stephan0409
Sixt Share hat auch Diesel in Berlin rumfahre. Selbst schon einen A3 Sportback 30 TDI gehabt.
peak///M
Ich finde die News ja nicht die allerbeste Idee, aber diese war mal super geschrieben
Gravi
Und die Preise werden nach Endgerät bestimmt.
(Apple User zahlen gerne mehr etc.)
https://www.heise.de/mac-and-i…-teurer-sein-4340260.html
JonasWest
Bitte nicht überall diese Märchen verbreiten:
[Update 19.3.2019 19:50 Uhr] Sixt hat den Bericht inzwischen zurückgewiesen: Die Preise könnten zwar je nach zeitlicher und örtlicher Nachfrage variieren und auch für ein und dasselbe Auto "minimal" abweichen, aber "personenbezogene Daten, wie zum Beispiel das Betriebssystem eines Smartphones, spielen für die aktuelle Preisermittlung keine Rolle", betonte eine Sixt-Sprecherin auf Nachfrage von Mac & i. Genauere Informationen zur Preisgestaltung wollte das Unternehmen nicht nennen. [/Update]
Pieeet
Naja. 37% teurer für dasselbe Auto ist bei mir nicht "minimal".
Biker2010
Also ich habe den Artikel gelesen (Danke dafür und die Euphorie über die Situation in Berlin), aber mir ist nicht so ganz klar wie Sixt das weiter vorantreiben wird?
Berlin ist ja schön und gut als Pilot, nur wohnen in Berlin 5 Mio Menschen und der Rest der Republik?
Mal angenommen für Berlin stehen 10 Tsd Fzg. bereit und man würde eine ähnliche Dichte an Fzg. für alle Städte anstreben, die mehr als 100 Tsd Einwohner haben. Wie viele Fahrzeuge müsste Sixt dann einflotten insgesamt?
Wie geht die Rechnung auf bei all der Wartung/Reinigung/logistische Umverlagerung und Ein- bzw. Ausflottung?
Harnwegsinfukfuk
Genau da wo der ÖPNV exzellent ausgebaut ist, befindet sich das Geschäftsgebiet von SIXT Share.
Geht so wirklich Carsharing?