Mercedes-Benz CLS 350 CDI [4MATIC] Shooting Brake | Hertz Jena

  • Mercedes-Benz CLS 350 CDI [4MATIC] Shooting Brake | Hertz Jena

    Zeit für eine neue Form.


    Anmietung
    Nachdem der BMW 535d touring (BMW 535d touring | Hertz Jena) schneller als erhofft den Verkäufer-Kilometerstand erreicht hatte, musste relativ kurzfristig ein neues Fahrzeug beschafft werden. Der Special Fleet Manager konnte mehrere MB CLS 350 CDI Shooting Brake als Neuwagen anbieten. Da zu diesem Zeitpunkt weder Highlights von BMW noch von JLR zur Verfügung standen und die neue S-Klasse bislang nur als Langversion eingeflottet wurde (was das Budget im 1. Quartal etwas gesprengt hätte) war der CLS letztlich nicht meine erste Wahl aber die einzige. Zumindest musste es kein Fiat Grand Cherokee sein. Nachdem der 535d touring nahezu dekadent ausgestattet war, hatte ich bezüglich des CLS keine all zu großen Erwartungen.


    Dieser mit einem V6-Diesel ausgestattete Mercedes-Benz läuft passenderweise in der Gruppe V6. Innerhalb von kurzer Zeit konnte die Dispo ihn als Neuwagen an die Station transferieren. Ich möchte vorausschicken, dass ich zu einem späteren Zeitpunkt auf einen CLS 350 CDI Shooting Brake ohne 4MATIC tauschte, daher ist das 4MATIC oben mit Klammern versehen. Auch differieren die Farben und Ausstattungen, darauf gehe ich entsprechend vergleichend ein.

    Exterieur
    Ein wenig gespannt war ich ja schon: natürlich ist der CLS seit geraumer Zeit auf dem Markt und war mir somit nicht gänzlich neu, doch bislang fehlte die Zeit, sich ausgiebig mit einem zu befassen. Aus einigen Berichten im Mietwagentalk konnten schon erste Eindrücke gewonnen werden.

    Als dann am 24.02. der am selben Tag zugelassene CLS (produziert am 06.02.) auf dem Hof stand, konnte ich mich doch recht schnell mit der Optik anfreunden und bemerkte dabei gleich eine Besonderheit, die zwar aufgrund ihrer optischen Natur auf die meisten Fahrzeuge zutreffen dürfte, beim CLS jedoch besonders deutlich zu Tage tritt. Steht man nah oder direkt vor dem Fahrzeug wirkt es relativ kompakt, beinahe handlich. Angesichts der Abmessungen des CLS mag dies zunächst etwas befremden. Doch kaum entfernt man sich einige Meter entfaltet der CLS plötzlich seine stattliche, knapp 5m lange Statur mit kräftigen "Schultermuskeln" (wie Mercedes-Benz gerne die hinteren Radkästen nennt). Zudem steht der CLS auf breiten Schlappen, die 5-Speichen 18"er lassen tiefe Einblicke in die Leichtmetallräder zu, vorne schimmern die Bremssättel mit Mercedes-Benz-Schriftzug durch.

    Kurz: auch ohne getönte Scheiben steht der CLS gut da, beinahe etwas geduckt, breit und ausladend. Das dezente Sport-Paket-Exterieur mit den Endrohrblenden sollte daher nicht fehlen. Das obsidianschwarz-metallic wirkt klassisch, schwarz ist eben nichts besonderes. Eine auffällige Farbe würde dem CLS vermutlich auch nicht gut tun, doch gerade schwarz ist in dieser Jahreszeit nicht unbedingt vorteilhaft, sehr schnell lagern sich gut sichtbar Blütenstaub und Schmutz ab, jeder Wassertropfen ist zu sehen.

    Der später erhaltene, palladiumsilber-metallic lackierte, CLS gefiel mir da auf Anhieb besser. Der SL von Hertz Jena war so freundlich, mich anzurufen, als dieser aus einer Miete zurückkam. Zuerst hatte ich die Farbe nur gehört bzw. gelesen, gerade "silber" klang nicht so gut, ließ Erinnerungen an typisch rentnerblonde Mercedes' wach werden. Umso erfreuter war ich, als der CLS sich in einem beinahe matten, zumindest metallisch anmutendem grau präsentierte, das seine Formen gut betonte und zudem weniger schmutzempfindlich ist, als der vorherige schwarze Farbton. Außerdem reflektiert das grau auch in den Abendstunden noch mehr, sodass der CLS gerade in der Dämmerung gut zur Geltung kommt.

    EIn Highlight sind natürlich die detaillverliebten Voll-LED-Hauptscheinwerfer; alle anderen Scheinwerfer, wie die Rückfahrscheinwerfer, Rückleuchten, Blinker usw. sind ebenfalls in LED ausgeführt. Dies verleiht dem CLS sofort einen Hauch von Technologie und entschärft so die bei aller Sportlichkeit doch etwas barocke Formensprache. Neben den LED-Rückleuchten verfügt der CLS auch über eine riesige (!) dritte Bremsleuchte, die Blinker in den Außenspiegelgehäusen haben ebenfalls ihren Charme. Im Grunde werden Rücklicht und Bremse von ein und den selben LEDs realisiert, nur eben mit unterschiedlichen Helligkeitsstufen. Soland die Lichtautomatik aktiv ist, fährt man tagsüber nur mit dem LED-Tagfahrlicht(band), in der Dämmerung schalten sich dann die LED-Hauptscheinwerfer und -Rückleuchten zu. Allein mit diesen ist die Fahrbahn vor und hinter dem Fahrzeug ausreichend illuminiert, tritt man gar auf die Bremse oder blinkt bei Dunkelheit, wird das gesamte Umfeld in einem sehr großzügigen Radius hell erleuchtet. Spätestens das LED-Fernlicht lässt keinen Zweifel mehr daran aufkommen, dass LED mit 5.500 Kelvin eben doch näher am Tageslicht liegt, als Xenon.


    Interieur

    Für das Öffnen bedurfte es in diesem Fall der Fernbedienung - Keyless Go ist bei Hertz (was Mercedes-Benz anbelangt) den S-Klassen vorbehalten - doch das stellt ja kein Hindernis dar, zumal die Heckklappe sich per Tastendruck auf der Fernbedienung fern-öffnen lässt.

    Im Fahrzeuginneren offenbart sich eine klassiche Mercedes-Benz Kulisse, mit klassichen Rundinstrumenten (nur mit einem kleinen digitalen Monitor) sowie einem verhältnismäßig kleinen COMAND-Bildschirm (also Navi) in der Mitte. Doch gerade durch das belederte Armaturenbrett und die belederten Armauflagen in den Türen wirkt das Interieur schon auf den ersten Blick hochwertig, dieser Eindruck verstärkt sich noch durch die tadellose Verarbeitung, die Auswahl der übrigen Materialien und auch durch die Haptik aller Elemente.

    Mein erster CLS mit 4MATIC war im Innenraum ebenfalls in schwarzem Leder gehalten, dafür sorgten allerdings hölzerne Zierelemente in Wurzelnuss braun glänzend für den perfekten "Rentner-Look". Das war gar nicht mein Geschmack, umso besser gefallen mir die gemaserten Zierelemente aus schwarz glänzendem Eschenholz, zumal durch die Maserung auch das eine oder andere Staubkorn nicht sofort auffällt. Insgesamt ein wesentlicher frischerer und sportlicherer Look.

    Wenngleich ich auch ohne die rahmenlosen Scheiben leben könnte gehören sie eben zum Coupé-Look des CLS, besonders gut gefallen mir hingegen die metallischen Türeinfassungen, einfach ein zusätzliches und hochwertiges Element, dass den Innenraum aufwertet.
    Angenehm ist die dezente, ambietente Beleuchtung, auf Wunsch in drei "hippen" Farben (SOLAR, NEUTRAL, POLAR). Auch sind im CLS Elemente wie die hintere Mittelarmlehne oder die Mittelkonsole vorne indirekt beleuchtet.

    Die Bedienung geht leicht von der Hand, das COMAND ist dem iDrive im Grunde ähnlich, da kommen keine Fragen auf. Auch durch das kleine Display im mittleren Tachometer kann man sich mit dem Multifunktionslenkrad schnell durchklicken und alles anpassen, Tempomat und Blinker lassen sich ebenso einfach und gut bedienen. Ma merkt dem Fahrzeug an, dass es durchdacht ist. Ganz und gar ein Mercedes-Benz.

    Bei den Sitzen und dem damit verbundenen Sitzkomfort tut sich nun eine tiefe Kluft auf: der erste CLS mit 4MATIC war mit den Standard-Sitzen ausgestattet, der zweite ohne 4MATIC verfügt über die aktiven Multikontursitze zzgl. Klimatisierung und Memory-Paket. Während die Standard-Sitze nur auf der Fahrerseite über eine manuelle Lordosenstütze verfügen (eigentlich ein No-Go für ein 90.000 EUR-Auto), vermag es diese dennoch nicht, den Rücken hinreichend zu stützen. Trotz meiner aufrechten Sitzposition und regelmäßigem Rückentraining hatte ich schon nach wenigen Minuten regelmäßig Rückenschmerzen, eine bequeme Sitzposition wollte sich partout nicht finden lassen. Zudem sind die Knöpfe für die Sitzverstellung seitlich neben den Sitzen versteckt (wie bei BMW), das gefällt mir nicht. Die manuelle Lenkrad-Verstellung ist auch kein Gefallen, die normalen Neck-Pro-Kopfstützen lassen sich zwar dem Nacken zuneigen, bieten dafür aber keinerlei Seitenhalt, weil sie recht schmal ausfallen. Ebenfalls negativ ist, dass die Standard-Sitze sehr sportlich ausgeformte Seitenwangen haben - sitzt man jedoch aufrecht im Fahrzeug und ist entweder korpulent oder hat ein breites Kreuz, dann engen einen die Seitenwangen unangenehm ein, sitzen irgendwie unterhalb der Schultern.

    Ein ganz anderes Bild bieten die Aktiv-Multikontursitze mit Komfort-Neck-Pro-Kopfstützen und Klimatisierung und Memory: auf der Fahrer- und Beifahrerseite lassen sich die Sitze bequem mit Tasten in den Türen einstellen, hier findet man sofort eine komfortable Sitzposition. Letztlich kann man alles nur denkbare einstellen. Die Dynamik-Funktion ist ebenfalls ein Highlight: in Kurven wird der Fahrer je nach Wunsch sportlich oder dezent durch aufblasbare Luftpolster im Sitz fixiert, dies sorgt neben gutem Seitenhalt auch für ein wenig "Abwechslung" am Rücken. Wem das noch nicht reicht, dem dürfte die 2-stufige Massagefunktion (PULS) ein breites Grinsen ins Gesicht zaubern: im Vergleich zu den Aktiv-Sitzen von BMW oder den Massagesitzen von JLR bieten die Aktiv-Multikontursitze eine tolle Massagefunktion, die den Rücken kräftig und zugleich gefühl zu verwöhnen vermag. Ohne Quatsch: die Massage-Funktion ist so gut, dass man schon mal unbemerkt kleine Laute des Wohlgefallens von sich gibt. Im Grunde ist sie so gut, dass man sich z.B. nach dem Sport oder längerer Zeit am Schreibtisch kurz ins Auto setzen und die 20min Massage genießen möchte.

    Belüftete Sitze sind im Sommer natürlich sehr angenehm, zumal die Belüftung bei Mercedes-Benz sehr schnell spürbar wird. Ebenfalls super: bei Mercedes-Benz kann man gleichzeitig heizen und belüften (um z.B. Skikleidung zu trocknen), anderer Hersteller wie JLR lassen das nicht zu.

    Dank dem Schiebedach in Glasausführung kann man stets auch Frischluft hineinlassen, der Innenraum wirkt freundlicher. Positiv überrascht war ich von den Platzverhältnissen: selbst wenn ich mit etwa 1,82m vorne bequem sitze kann hinter mir ein erwachsener Mann ebenfalls sehr bequem sitzen.

    Besonders die äußeren hinteren Sitze sind sehr tief und breit ausgeformt, darin kann man bequem Platz nehmen und genießt ausreichend Beinfreiheit. Wesentlich mehr als z.B. im 5er touring mit Komfortsitzen oder auch als im A6. Der CLS ist was das anbelangt meines Erachtens mindestens auf E-Klasse Niveau. Toll!

    Auch der Kofferraum ist überraschend groß, zwar recht flach (wobei er sich dadurch gut beladen lässt) aber tief und breit. Außerdem nicht so "zerklüftet" wie bei BMW. Ein Ladungssicherungsnetz fehlt leider (ist aber bestellbar), dafür gibt es ein Sichtschutzrollo und Verzurrösen, sowie praktische Netze links und rechts, im Beifahrerfußraum ist ebenfalls ein solches Netz. Auch in den Seitentüren ist genügend Platz, dazu gibt es Türtaschen und ein riesiges Fach in der vorderen Mittelarmlehne (wo auch das Media-Interface sitzt). Aufgrund des fehlenden Cupholders bietet sich hier erneut Staumraum an.


    Die Harman/Kardon-Anlage ist einem Bang&Olufsen-System (für den vierfachen Preis) natürlich nicht gewachsen, macht ihre Sache aber gut. Schon bei neutraler Einstellung wackelt der Innenspiegel schneller als einem lieb ist, allerdings sollte die Musik eine gewisse Qualität haben, um auch wie solche zu klingen. Gerade von den Einstellungen für Bass und Treble sollte man lieber die Finger lassen, schnell scheppert dann die Anlage. Ist sie jedoch neutral eingestellt und hinreichend laut aufgedreht, klingt eigentlich alles gut und raumfüllend. Zudem kann man dank dem Media-Interface praktisch alle Quellen, von USB über AUX bis iPod und Co. mit dem Mercedes-Benz verbinden, auch DVDs lassen sich abspielen, Bluetooth-Audio funktioniert ebenfalls problemlos.

    Das COMAND-Navi ist schnell und funktioniert gut, wenngleich ich das iDrive schon vorziehen würde. Doch gerade in Verbindung mit der lokalen Google-Suche und dem gekoppelten Telefon kann man sich viel getippe sparen und kommt eigentlich immer zügig ans Ziel. Allerdings ist Mercedes-Benz immer etwas pessimistischer, was die Ankunftszeit anbelangt - selbst bei normaler Fahrweise kann man da auf 100km gerne 10min abziehen.

    Eine Besonderheit ist jedoch die Umsetzung der Internet-Dienste. Während die (internetbasierte) Live-Traffic-Information anscheinend unabhängig vom gekoppelten Smartphone funktioniert, ist für die Verwendung von Apps wie "Google Lokale Suche", "Wetter" oder "Nachrichten" eine Bluetooth- bzw. Tethering-Verbindung zu einem Smartphone notwendig, über dessen Datentarif wird die Verbindung dann abgewickelt. Anders als bei BMW hat das Fahrzeug also keine eigene SIM-Karte für diese Dienste bzw. kann man nicht - wie z.B. bei Audi - eine eigene SIM-Karte einsetzen. Die Nachteile liegen auf der Hand: durch das Tethering- bzw. Bluetooth verliert selbst die schnellste LTE-Verbindung erstmal ein bisschen an Speed, die Mercedes-Benz Apps funktionieren daher längst nicht so schnell, wie BMW Online. Und darüber hinaus braucht man eben einen leistungsstarken Datentarif, den vielleicht auch nicht jeder hat. Obendrein ist die Kompatibilität nicht die beste, manche (ältere) Smartphones wird man aufgrund der verwendeten Protokolle nicht für das Tethering verwenden können. Ich kann mit der Lösung aber leben.

    Die Rückfahrkamera funktioniert auch bei Dunkelheit gut, zumal mittlerweile wenigstens in der Rückfahrkamera eine optische Anzeige für Hindernisse integriert ist. Ansonsten muss man eben die lustigen LEDs auf dem Armaturenbrett und am Dachhimmel im Blick behalten, was gar nicht so einfach ist, wenn man beim Einparken eigentlich in die Spiegel oder die Rückfahrkamera schaut. Das dieses System es ins Jahr 2014 geschafft hat, kann ich nicht begreifen. Der verbaute Park-Assistent inkl. Parktronic hingegen funktioniert zwar, kann aber eigentlich nur am Feierabend in einer Reihenhaussiedlung zum Einsatz kommen. Überall anders wird man zum Verkehrshindernis oder verliert die Geduld. Ich nutze ihn daher nur, wenn ich "mal eine Minute habe" und gerade keine Autos kommen. Ohne lässt sich der CLS auch gut einparken.


    Fahrgefühl
    Auch hier eine deutliche Überraschung! Und zwar in zweierlei Hinsicht: zum einen sind die Modelle mit und ohne 4MATIC sehr unterschiedlich und ansonsten ist das Fahrverhalten überhaupt ganz anders, als erwartet.


    Bei Mercedes-Benz - erst recht in Verbindung mit 7G-Tronic plus - denkt man ja schnell an hektische, unausgewogene Schaltvorgänge, die ein permanentes Regulieren mit den Schaltwippen nötig machen, ebenso wie an sänftenartigen Komfort, niedriges Geräuschniveau und eine weiche Lenkung. Doch nicht alles davon hat der CLS. Ich muss vorausschicken, dass beide Modelle über das Sportfahrwerk (keine Airmatic, keine komfortable Auslegung) verfügen. Doch das der CLS so (!) hart federt hätte ich nicht erwartet. Und hier tut sich die Ingenieurskunst aus Stuttgart auf: während der CLS z.B. über Kopfsteinpflaster gekonnt hinweg gleitet, lässt er den Fahrer ansonsten jede Unebenheit deutlich spüren, vermittelt so durchaus ein sportliches Fahrgefühl. Die direkte Direktlenkung tut ihr Übriges dazu, obwohl ich die Hinterradlenkung (oder Integral-Aktivlenkung) aus dem 535d gewohnt war, ließ sich der CLS auf Anhieb spielend leicht in Parklücken zirkeln, ruhig auf der Autobahn halten und auch durch enge Kurven dirigieren. Toll! Auch das Lenkrad liegt gut und sehr griffig in der Hand.

    Das Fahrwerk ist selbst mir jedoch manchmal etwas zu hart, der 535d war da komfortabler. Dafür ist das Geräuschniveau im CLS unfraglich sehr erhaben. Selbst bei hohen Geschwindigkeiten oder nassem Untergrund kommen im Innenraum kaum Geräusche an, man hat diese Gefühl einer wohlwollenden Abgeschirmtheit.


    Die 7G-Tronic Plus ist so eine Sache: ich konnte ja einen CLS als Neuwagen selbst einfahren, einen anderen erhielt ich quasi schon eingefahren aber ebenfalls mit wenigen Kilometern auf der Uhr. Doch besonders in dem Neuwagen musste ich noch sehr viel mit den Schaltwippen eingreifen, ein Ausrollen z.B. mag die 7G-Tronic Plus gar nicht. Erst nach einigen tausend Kilometern hat sich das gebessert, sodass mich im bereits eingefahrenen CLS ohne 4MATIC schließlich ein sehr flüssig schaltendes Getriebe erwartete. Ein Manko in meinen Augen ist, dass die Automatik stets den gefahrenen Gang anzeigt. Bei BMW steht dort nur der Fahrmodus. So ist man als Fahrer (der 7G-Tronic Plus mit Misstrauen gegenüber stehend) stets auf der Hut, späht nach dem aktuellen Gang, korrigiert ggf. - eine reine Fahrmodus-Anzeige wäre mir da lieber.


    Ebenfalls eine Überraschung: während der CLS im standardmäßigen ECO-Modus (nicht zu verwechseln mit dem ECO-Modus für die Klimatisierung, dieser kann separat angewählt werden und ist auch für die Start-Stopp-Automatik verantwortlich) es sehr gut versteht, seine 265 PS und sein üppiges Drehmoment von 620Nm (das ist beinahe 535d-Niveau) vor dem Fahrer zu verstecken, offenbart sich im SPORT-Modus ein ganz anderes Fahrzeug. Quasi ein Wolf im Schafspelz. Gut, irgendwo müssen die 265 PS und das bärige Drehmoment ja auch ihren Weg auf die Straße finden. Nur im ECO-Modus ist die Gaspedalkennlinie so zurückhaltend, die gesamte Motorelektronik so zurückhaltend, dass man stets das Gefühl hat, in einem E200 CDI unterwegs zu sein. Nur der V6-Sound, der manchmal wohlig in die Fahrgastzelle dringt, erinnert an die Power des Aggregats. Doch nach einer längeren Autobahnetappe mit Tempomat und ECO-Modus hat man die ganz vergessen. Kaum auf der Landstraße und kurz auf SPORT geschaltet hämmert die 7G-Tronic Plus die Gänge nur so rein und der CLS vergisst alle Manieren: roh und animalisch schüttelt er seine Verfolger ab, spurtet unversehens auf hohe Tempi, macht dem Fahrer durch diesen unerwarteten Wandel beinahe etwas Angst. Trotzdem bleibt er gut beherrschbar und liegt sicher auf der Straße.


    Und bei "beherrschbar" haben auch die Bremsen ein Lob verdient. Während gerade stärker motorisierte BMW (wie ein 535d) leider etwas stärkere Bremsen gebrauchen könnten, lassen sich die Bremsen des CLS perfekt dosieren und das Fahrzeug könnte quasi mit dem kleinen Zeh zum Stillstand gebracht werden.


    Ebenfalls gut gefallen mir die Außenspiegel. Dies mag marginal erscheinen, allerdings sind sie so angebracht (aufgesetzt, was gerne kritisiert wurde), dass man etwa beim Abbiegen kleinere Objekte wie Kinder oder Fußgänger bestens erkennen kann, ebenso wenn man in eine abfallende Straße abbiegt. In einem BMW muss ich mich da trotz aufrechter Sitzposition regelmäßig etwas verrenken, um auf Nummer sicher zu gehen. Der Rückspiegel ist ebenfalls gut, wobei das riesige (!) dritte Bremslicht die Heckscheibe so erleuchtet, als wären die LEDs in der Scheibe und nicht darüber.

    Doch wenngleich die aktuellen CLS von Hertz nicht über eine Distronic verfügen, ist der Fahrer nicht ganz auf sich allein gestellt. Der Geschwindigkeitslimitassistent, sowie der Spurhalte- und Totwinkelassistent sind an Bord. Zwar nur passiv (weil Teil des Spurpakets und nicht des Fahrassistenzpakets) aber das reicht eigentlich. So warnen die zornigen Dreiecke in den Außenspiegeln vor Fahrzeugen im toten Winkel, im Zweifel ertönt sogar ein aufgeregter Ton. Ebenso wird man darauf aufmerksam gemacht, wenn man die Spur verlässt. Die diese Assistenten "nur" passiv sind, greifen sie nicht ein - halten das Fahrzeug also nicht in der Spur, wenn Fahrzeuge im toten Winkel oder ein Verlassen der Spur drohen. Doch das ist eigentlich ganz angenehm, zumal man den Spur-Assistenten sogar als "adaptiv" konfigurieren kann, er nimmt dann Rücksicht auf sportliche Fahrer, die gerne mal eine Kurve schneiden.

    Auch die Autohold-Funktion mag im weitesten Sinne als Assistent durchgehen, ganz komfortabel ist es ja schon: anders als bei BMW wird sie nicht stets zu Fahrtbeginn durch Knopfdruck aktiviert, sondern lässt sich auf Wunsch durch festes Treten des Bremspedals erreichen. Sie wird also wirklich nur dann aktiv, wenn man es möchte. Gerade beim Einparken eine gute Sache, dennoch gewöhnungsbedürftig, wenn man "von BMW kommt". Ich wäre nicht sicher, welches System ich vorziehen würde.


    4MATIC vs. Heckantrieb
    Tja, die 4MATIC, was soll ich sagen?! Sonst bin ich ja durchaus einer der (wenigen) Freunde und Verfechter von Allradsystemen, sei es nun xDrive, quattro oder 4motion. Doch die 4MATIC hat mich schon vor vielen Jahren in der M-Klasse enttäuscht. Zeit, ihr eine neue Chance zu geben!
    Doch leider konnte sich die 4MATIC auch im ganz harmlosen Einsatz auf der Straße nicht wirklich beweisen. Von Berlin ging es Richtung Jena über die A9, Regen und Wind peitschten über die Autobahn. Während xDrive oder quattro meiner Erfahrung nach unbeeindruckt und wie auf Schienen ihre Bahn gezogen hätten, wirkt die 4MATIC durch ihre Regeleingriffe etwas unwillkürlich, manchmal sogar unsicher. Das mag an der Beschaffenheit liegen: zwar ein permanenter Allradsystem, die tatsächliche Wirkung wird jedoch über Bremseingriffe (4ESP + 4ETS) erzielt, also rein elektronisch. xDrive und quattro hingegen arbeiten zwar selbstredend mit dem ESP zusammen, erzielen ihre Wirkung aber über mechanische Lösungen.


    So wird ein CLS mit 4MATIC einem CLS ohne 4MATIC etwa auf Schnee oder Eis natürlich zunächst davon fahren, einfach, weil er mehr Kraft auf die Straße bringen kann (und der Heckantrieb speziell auf losem Untergrund schnell nervös wird) aber im Alltag und klassischen Allrad-Disziplinen für einen PKW (ich nehme das Gelände mal bewusst aus) ist die 4MATIC nicht unbedingt ein Gewinn. Dafür fehlte mir einfach das spürbare Plus an Sicherheit. Dafür offenbarte die 4MATIC deutliche Schattenseiten: so fährt sich der CLS ohne 4MATIC wesentlich agiler, spritziger, alles geht leichter von der Hand. Ein ganz anderes Fahrgefühl. Das schlechtere Fahrgefühl des CLS mit 4MATIC können die Vorzüge des Allradantriebs nicht ausgleichen. Wer also nicht unbedingt in einem Wintersportgebiet wohnt, sollte seinen Mercedes-Benz ohne 4MATIC ordern, während so mancher Autobahn-Pendler mit xDrive oder quattro gut beraten sein könnte. Dafür sind BMW und Audi mit und ohne quattro einfach näher beeinander vom Fahrgefühl bzw. gereicht der Allradantrieb hier nicht zum Nachteil (die Wochenend-335-Mieter-Fraktion mal ausgenommen).


    Kritik
    Ja, diesmal kein Fazit sondern "Kritik". Spätestens mit den klimatisierten Aktiv-Multikontursitzen, in edlem Grau, mit Schiebedach und Einbruch- und Diebstahlwarnanlage (EDW) und ohne 4MATIC (hätte nicht gedacht, dass ich das mal sage) gefällt mir der CLS richtig gut. Man genießt perfekten Sitzkomfort, er lässt sich sportlich und zugleich komfortabel fahren, er verfügt über genügend Power und hat alle nötigen Hightech-Gimmicks wie LED-Licht oder einige Fahrassistenz-Systeme an Bord. Trotzdem fällt man mit dem CLS nicht unangenehm auf. Ein Auto also, um in Bade-Schlappen und kurzer Hose Pfandflaschen wegzubringen, genauso wie für den Geschäftstermin oder Opernbesuch (mit solchen Motiven werben Autohersteller ja gerne, dem CLS stehen sie tatsächlich). Außerdem kann man bis zu 4 Freunde mitnehmen, ohne das Platzangst aufkommt.

    Doch einiges wäre noch verbesserungsbedürftig:
    - die Parkbremse (die ich niemals anziehe oder besser gesagt trete) arretiert manchmal von allein, wenn die Temperatur unter 0° fällt.
    - das gedruckte Handbuch enthält praktisch nur die nötigsten Hinweise, alles wichtige ist auf der digitalen Betriebsanleitung. Die hat MB aber nicht etwa vorinstalliert, nein, wer 90.000 EUR in einen CLS investiert hat, darf die DVD natürlich selbst einlegen und 10min lang gebannt die Installation verfolgen, dafür ist die digitale Betriebsanleitung dann sehr umfangreich und man findet schnell, was man sucht.
    - was ich überhaupt nicht begreifen kann: bei Mercedes-Benz kostet ja praktisch alles Aufpreis, so auch der Adaptive Fernlichtassistent, dieser schlägt in Verbindung mit dem LED-ILS noch mit günstigen 119 EUR zu Buche. Eigentlich ein symbolischer Preis. Trotzdem hat irgendjemand bei Mercedes-Benz anscheinend gedacht, ohne könnte sich der gebrauchte CLS besser verkaufen und ihn wegrationalisiert bzw. nicht bestellt. Allerdings ist die Ausleuchtung dank dem ILS selbst ohne Fernlicht schon sehr gut, auf- und abblenden mal wieder selbst zu übernehmen tut auch nicht weh. Nur auf die "Ausparen"-Funktion für den Gegenverkehr muss man so verzichten, von daher schade, dass Mercedes-Benz hier anscheinend den Überblick über die eigene Sonderausstattung verloren hat, denn bis Oktober 2013 war der Fernlichtassistent beim (LED)-ILS wohl noch Serie (Quelle: Motortalk). Mittlerweile vermisse ich den Assistenten tatsächlich überhaupt nicht mehr, anfangs war es jedoch schon ernüchternd.


    Pro:
    + großzügige V6-Motorisierung mit bärigem Drehmoment
    + gut entwickelte 7G-Tronic Plus - dank serienmäßigen Schaltwippen muss man nicht zu oft die Stirn runzeln
    + sportliches Fahrwerk, gutes Handling
    + supergeile Aktiv-Multikontursitze
    + faszinierende und wohltuende Ausleuchtung dank LED-ILS
    + nötige Fahrassistenten, die der Sicherheit dienen, sind an Bord
    + ordentliches Harman/Kardon-System
    + guter Verbrauch: mit und ohne 4MATIC auch bei zügiger Fahrweise mit um die 8l/100km zu bewegen, einige Experten würden sicher auch die 7l schaffen, viel mehr als 9l/100km sind auch bei längeren Hochgeschwindigkeitsetappen kaum möglich
    + Kraftstofftank mit großem Inhalt (80l) - damit sind Reichweiten von deutlich über 1.000km zu realisieren, man muss wirklich nur nach dann tanken, wenn man möchte


    Kontra:
    - komische PDC
    - kein Fernlichtassistent


    BLP: ca. 87.000,00 EUR
    Interessant ist, dass die Modelle mit 4MATIC im Grunde genauso teuer sind, wie die ohne 4MATIc, dafür verfügen letztere über etwas mehr Ausstattung. Hier scheint es ein klares Ausgabenlimit in vorbenannter Höhe gegeben zu haben.


    Technische Daten:


    Motor: V6 Diesel, 265 PS bei 3.800 U/min // 620Nm bei 1.600-2.400 U/min
    Höchstgeschwindigkeit: 250km/h
    0-100km/h: (6,7 Sekunden) / 6,6 Sekunden (Wert in Klammern für 4MATIC)
    Antrieb: 4MATIC / Heckantrieb
    Tank: 80l Diesel
    Kofferraumvolumen: 590l (!)
    Leergewicht: knapp 1,9t, mit 4MATIC etwa 70kg mehr, mit o.g. Ausstattung sind praktisch 2t realistisch, diese merkt man dem Fahrzeug aber nicht an



    Erneut gilt mein Dank Hertz Jena für den stets guten Service :205:
    Die Kennzeichen habe ich bewusst nicht entfernt :104:

  • Bei ILS LED sollte der "normale" Fernlichtassistent dabei sein.
    Aktiviert wird dieser, indem der linke Hebel nach hinten gedrückt wird.


    Aufpreispflichtig ist nur der adaptive Fernlichtassitent, welcher Gegenverkehr ausschneidet.

  • Kaveo:

    Bei ILS LED sollte der "normale" Fernlichtassistent dabei sein.

    Die Betonung liegt wohl auf sollte. Danke für deinen Hinweis aber da mir die Bedienung vertraut ist, kann ich leider mit Sicherheit sagen, dass weder ein adaptiver noch ein normaler Fernlichtassistent verbaut ist. So wird z.B. auch kein "A" bei aktiviertem Fernlicht (Fahrlicht natürlich auf Auto) angezeigt, ebenso fehlt der Menüpunkt für den Fernlichtassistenten. Meiner Erinnerung nach konnte dieser (früher?) im Menü zusätzlich aktiviert oder deaktivert werden, damit der Hebel entweder für das normale Fernlicht oder eben den Assistenten wirkt.

  • Merkwürdig.
    Ich stelle deine Aussage nicht in Frage, dann wird das wohl tatsächlich beim CLS nicht so sein, wie bei den neueren LED-Scheinwerfern mit ILS. Die haben in der neuen C, E und S-Klasse immer den Assi, oder eben adaptiv.


    Naja, im September bekommt er sowieso Active Beam LEDs.

  • Schöner Bericht, einiges kann ich davon nachvollziehen. Was das "Auto-Hold" angeht: Das hat alles seine Vor- und Nachteile. Bei BMW ist es nervig, dass man das immer per Knopfdruck jedesmal wieder anschalten muss - bei Mercedes-Benz geht das eben immer dann, wann man will. Andersherum muss ich aber sagen, dass man das Pedal bei Mercedes-Benz schon ganz schön treten muss, damit Auto-Hold klappt. Ich habe das mal in der Stadt bei viel Stop&Go gemacht. Selbst mit Training hatte ich irgendwann nahezu Muskelkater im rechten Bein :106: . Ich wüsste auch nicht, welches System ich als besser bewerten soll.


    Was die Einparkhilfe angeht: Ich kenne das seit Jahren von unseren privaten Mercedes-Benz, daher LIEBE ich dieses System. Es mag manchmal nicht das schnellste sein, ABER es geht unterhalb einer bestimmten Geschwindigkeit automatisch an und wenn man normal einparkt, muss man da nichts anschalten. Gerade bei den größeren BMW ab 5er aufwärts ist allerdings die Front schwer abzuschätzen (da die Nieren doch sehr weit nach vorne ragen) und PDC ist bei sehr engen Parklücken sicherheitshalber Pflicht. Nur vergesse ich beim Einfahren häufig, PDC anzuschalten. Dann muss ich bei einem einigermaßen flüssig gewollten nach dem PDC-Knopf suchen und mich auf alles andere konzentrieren. Das ist bei Mercedes-Benz definitiv besser. Und ich mag die PDC-Anzeigen mit den Punkte. Einfach, simpel, komfortabel.

  • Ich hatte das Vergnügen, den silbernen CLS ohne 4matic, welchen LZM: hier beschrieben hat, für eine Woche zu bewegen. Nach etwas mehr als 2.000km hieß es gestern Abend abschied nehmen. Einerseits etwas wehmütig, alle Tage miete ich nicht X***. Beim Blick auf meine Kreditkartenabrechnung weiß ich aber auch, warum ich zumeist mit C*** vorlieb nehme.
    Einen großen Bericht kann ich mir mit dem Verweis auf den ersten Post des Threads sicher sparen. Nur eine Ergänzung:


    + guter Verbrauch: mit und ohne 4MATIC auch bei zügiger Fahrweise mit um die 8l/100km zu bewegen, einige Experten würden sicher auch die 7l schaffen, viel mehr als 9l/100km sind auch bei längeren Hochgeschwindigkeitsetappen kaum möglich


    Mein Durchschnittsverbrauch (80% Autobahn / 20% Landstraße) lag bei 9,5 Liter laut BC. Tatsächlich waren das nachgerechnet 10,1 Liter. Mercedes mogelt, aber als CLS-Fahrer kann man die Mehrkosten wohl verschmerzen.
    Gemächliches Fahren auf der Landstraße (bei ECO-Anzeige von 100%) verbrauchte 6,7 Liter, 250km meist Vollgas auf der A38 hatte einen Verbrauch von 14,5 Litern lt. BC und dann wohl 15 tatsächlichen Litern. Der bereits angesprochenen große Tank (80l) kommt einem hier entgegen, sodasss man bei Termindruck die reingefahrene Zeit nach 400km nicht wieder an der Tankstelle verliert.