Mercedes-Benz B 180 | ADAC Club-Mobil

  • "Treue bedeutet nicht immer dazubleiben, sonder immer wiederzukommen", sagte mal Ulf Annel. Dieses Zitat, das meine Ex-Freundin nicht so prickelnd fand (*hüstel*), beschreibt aber ganz akkurat mein Verhältnis zum ADAC-Clubmobil. Obwohl ich unter'm Jahr immer günstige Angebote bei der orangen Firma abgreife, habe ich schon letztes Jahr meinen Urlaub in einem Auto der silbernen Flotte verbracht. Und - ganz ehrlich: Ich steh' auf den Shit!
    Dieses Jahr war also für eine Kurzreise in - meiner Meinung nach - eine der schönsten Städte Deutschlands wieder ein Fahrzeug aus dem Fuhrpark des Münchner Automobilclubs gebucht und so springen wir nun weg vom Schreibtisch, an dem ich gerade wieder sitze, in Richtung Urbich - einer kleinen Randgemeinde, circa siebeneinhalb Kilometer Luftlinie vom Erfurter Dom entfernt. Urbich ist ganz passabel an sämtliche Verbindungs- und Umgehungsstraßen angeschlossen und der ÖPNV in die Grobrichtung ist auch noch brauchbar. Insgesamt also ein guter Ort, einen Stützpunkt für ein Abschlepp- und Unfallinstandsetzungsunternehmen zu eröffnen - und auch Autos zu vermieten. Alle 20 Minuten pendelt ein Bus fast vor die Tür des Abschleppunternehmens, und in Wagen Nummer 715 sitze ich gerade - gespannt wie ein kleiner Junge. Nach 15 Minuten komme ich mit kurzem Fußmarsch am ADAC-Stützpunkt an.
    Gebucht habe ich das Fahrzeug von jetzt an gesehen übrigens erst in 7 Tagen - aber schon letztes Jahr wurde ich frühzeitig dort vorstellig und habe dann - sozusagen - meinen Traumwagen bekommen. Dieses Jahr habe ich also wieder eine Woche Planungszeit abgezogen und trug nun mein Begehr vor: Ein kleines Auto, vielleicht auch ein Kombi, aber kein Riesenei. Der verständnisvolle und zuvorkommende Mitarbeiter hat das 'vermerkt' und mir erste Hoffnungen gemacht: Ein Astra oder ein Golf steht in jedem Fall bereit. Die Freude ist groß, ich mache eine kleine Wanderung zurück zum nächsten Stadtbahnhalt.
    In einer Woche werde ich wieder hier sein.


    Mercedes-Benz B180

    ADAC ClubMobil



    "Hallo, ach, ja, das kleine Auto! Sehen Sie mal, da hinten steht der Golf!". Man erinnerte sich an mich und meinen Wunsch. Und tatsächlich, ein Golf stand bereit. Frisch gereinigt, aufgetankt, sogar in den Schatten gefahren, um die 35° von draußen nicht ins Auto zu lassen. "Wollen wir gleich Die Übergabe machen?", fragte der freundliche Mitarbeiter noch - aber meine Gedanken waren nicht bei ihm. Nicht bei diesem Volkswagen. Nein - direkt gegenüber stand der Traum meiner schlaflosen Nächte! Perfekte Proportionen, durchgestylt, noch heiß vom letzten Ausritt - aber leider ungeduscht... Und so stellte ich die Frage aller Fragen: "Sagen Sie, kann ich auch den Mercedes haben?" - "Naja, der kam vor zwei Minuten rein... Er ist halt nicht sauber." - "Macht mir nichts, wird morgen sowieso wieder schmutzig." - "Gut, dann nehmen wir den.".


    Der gemeine Mietwagen-Talker fragt sich nun, wie man denn auf DIE Idee kommen kann... B-Klasse, Stoffsitze Handschaltung, Benziner - sozusagen ein unfahrbarer Super-Gau! Aber: Ich bin den Golf jetzt schon oft genug gefahren. Und ich könnte mich nur der blinden Massenmeinung anschließen, wenn ich nicht selbst einmal das Vergnügen hätte - denn bei anderen Vermietungen ist die B-Klasse eine Stufe höher angesiedelt als der Golf. Was mich also vor Allem interessierte, war der subjektive Komfortgewinn, der Verbrauch und die Fahreigenschaften - denn Mercedes steht oft immernoch für Rentnerkomfort und Luxus...


    Der Mietvertrag war in 20 Minuten fertig, es folgte eine Einweisung in's Auto - Chapeau! Das könnte Sixt in Erfurt auch liefern. Die Funktionsweise des Navigationsgerätes wurde mir genauso erklärt wie die Handbremse (Mercedes hat in der B-Klasse wieder den Griff links neben dem Lenkrad), das Tirefit wurde auf Vollständigkeit überprüft, die Schäden wurden zusammen kontrolliert. Die letzte Aktion des Mitarbeiters, der eigentlich die Disposition der Pannenhelfer übernimmt, war noch das Parken des Autos im Schatten vor der Tür - ungefragt, auch der Kilometerstand wurde erst danach übernommen. Im Gegensatz zu letztem Jahr hat der ADAC wohl noch eine Schippe an Service draufgelegt, denn dieses Vorgehen wurde auf Nachfrage als "Dienstanweisung" bezeichnet... ;)


    Klassifizierung, Einrichtung und erste (Kilo-) Meter


    Ich war also alleine mit 'Berta' - wenn man schon extra ein anderes Auto auswählt, muss zumindest der Kosename stimmen. Die häusliche Einrichtung, bestehend aus Kissen (!), Hängefigur am Spiegel und Plüschschaf an der Windschutzscheibe wurde maßgeblich durch einen fehlenden Wackel-Dackel gestört, aber auch so war schnell eine angenehme Atmosphäre für die nächsten 1000 Kilometer geschaffen. Im TT von Sixt konnte ich sowas zum Beispiel gar nicht erkennen, in anderen Autos erst nach ein paar Tagen. Bei Berta war das anders - noch auf dem Hof sah mein Flitzer aus wie ein Antiquitätenhandel und die Sterilität vom Mietwagen war gebrochen. Hier punktet der Mercedes also schonmal - zugegeben, sehr subjektiv. Etwas objektiviert kann ich festhalten, dass zwar Ablagen unter den Sitzen und links neben dem Lenkrad schön wären, ich aber mein Gerümpel á la Sonnenbrille, Portemonnaie, Wasserflasche, etc. auch so verstaut bekam. Abzüge in der B-Note für die USB-Anschlüsse im Mittelkonsolenfach, die wären unter dem Radio oder beim Zigarettenanzünder schöner platziert gewesen.


    Sehen wir uns Berta mal von vorn an, kommen wir zum ersten Klassifizierungsproblem.


    Ist es nun ein Minivan, ein Kleinwagen oder gar ein Kombi? Für einen Kleinwagen ist Berta relativ speckig an den Hüften. Mit Zweimeterzehn Breite und fast Viermetervierzig Länge wäre sie sozusagen die dicke Cousine, die auf Familientreffen immer das Buffet blockiert - aber zwischen Minivans ist sie dann beinahe klein. Gemerkt habe ich das zum Beispiel auf einer Raststätte vor Hannover, wo neben mir die Reinkarnation der Flodders aus einem alten Sharan stieg. Als Van ist also noch Luft nach oben, da wäre Berta die alte Jungfer, der auf Familientreffen immer in die Backe gezwickt wird. Ein Kombi ist Berta dagegen auch nicht wirklich, dafür ist sie mit Einsachtzig Stockhhöhe einfach zu hoch. Mercedes selbst bezeichnet sie übrigens als "Sports Tourer", was wohl der Verzweiflung, eine Klasse für das Auto zu finden, durch Erschaffung einer Neuen Rechnung trägt.



    Sehen wir auf den Fahrerplatz, fällt in der Ausstattungslinie, die der ADAC seinen Fahrzeugen spendiert, zunächst mal ein Kunststofflenkrad auf. Es fühlt sich nicht so minderwertig an, wie man es annehmen könnte - allerdings wirkt es heutzutage tatsächlich befremdlich. Das multifunktionale Trumm steuert links den Bordcomputer in der Anzeige zwischen Tachometer und Drehzahlmesser, rechts dagegen die Multimediaabteilung, gefangen im digitalen Bilderrahmen auf der Mittelkonsole. Der Schlüssel wird mit dem Uhrzeigersinn gedreht und Berta räuspert sich, bevor die dann laufruhig ihre Bereitschaft zu sämtlichen fahrerischen Bedürfnissen signalisiert. Erste Fahrerfahrungen bestätigen die ungeahnte Laufruhe - die Dämmung ist wirklich im Niveau der gehobenene Mittelklasse sowie eine sehr vergebende Kupplung, die Schaltvorgänge nach zwei, dreimaliger Übung fast ohne merklichen Aussetzer oder Ruckler vonstatten gehen lässt. Der Serienmäßige Collision-Prevention-Assist warnt ab und an ohne wirklichen Grund auf freier Strecke, ansonsten macht er seine Arbeit meist unmerklich und meldet sich nur durch anzeigen einer roten Leuchte im Tachometer.

    Das sechsgängige Getriebe leistet einen guten Job, man hat immer Reserve nach oben - allerdings verkommt die Schalterei in der Stadt zum Stress, sofern man sich an die ECO-Anzeige hält...


    Fahrt, Unterkunft, Urlaub


    Nach einer Zwischenübernachtung bei mir wurde Berta morgens noch mit Proviant ausgestattet und das Navigationsgerät mit den nötigen Zielen gefüttert.



    Der Kofferraum schluckt zwei Reisetaschen und zwei mittelgroße Rucksäcke (25 & 35 Liter) und Schuhe sowie zwei Sixpacks Wasser ohne Murren und lässt sich mit einem Gepäckraumrollo abdunkeln. Auf die Rückbank kam nur das Nötigste für die Fahrt, also ist das Platzangebot schonmal wunderbar langstreckentauglich.

    Der Garmin Map Pilot ist dagegen eher so mittel - zuerst mal ein Lob: Die Navigation wird beendet, sobald man in der Nähe des Ziels parkt - und mehrere Zwischenziele lassen sich standardmäßig eingeben, es braucht keinen Tastendruck extra. Das Kartenmaterial ist dagegen hoffnungslos veraltet - manche Straßen, auf denen die Fahrbahndecke schon erneuert worden war, waren gar nicht verzeichnet. Auch die Zielführung würde der Hundezüchter als "gelehrig mit Hang zur Hörigkeit" bezeichnen - denn jede falsche Abbiegung führt nicht etwa zu einem "Bitte Wenden"-Kommando der sympathischen Frau aus der Konsole, sondern zu einer teils minutenlangen Neuberechnung der Route. Die Bedienung ist wiederum relativ intuitiv.



    Das Radio lässt sich neben der Beeinflussung durch das multifunktionale Steuerruder auch durch einen Dreh-Drücksteller hinter dem Schaltknüppel manipulieren. Im Gegensatz zu Audi ist der auch weit genug weg verbaut, als dass man ihn versehentlich drücken könnte.


    Die weitere Fahrt wurde dann neben dem eingebauten CD-Radio (mit Schacht in der Mittelkonsole, hey!) versüßt durch eine dreistufige Sitzheizung in den Stoffsitzen, die eher im Norden bei 18° am Morgen half als bei heimischen 40°. Die Kopfstützen haben standardmäßig Kontakt zum Kopf, das ist ein wenig ungewohnt und bestärkt auch so ein "Ohrensessel"-Gefühl...


    Angekommen in Hamburg (Geheimnis gelüftet! :P) musste Berta dann ins Dunkel einer Hoteltiefgarage - was gar nicht so einfach war, denn diese Tiefgarage war recht eng. Ich betete und kurbelte und hab's am Ende geschafft, sie auf dem Parkplatz unterzubringen - aber rund 11 Meter Wendekreis werden in einer engen Garage doch groß. Das Hotel selbst kann ich jedem nur empfehlen, der bisher gute Stimmung hatte: Die Rezeptionistinnen haben schon einen eigenen Charme, was Freundlichkeit angeht, noch dazu anscheinend Amnesie - denn mein kostenloser Parkplatz sollte auf einmal 9 Euro kosten, mein wohlverdientes Frühstück glatt das Doppelte als auf der Reservierungsbestätigung angegeben. Für ein Zimmer, das von Marlboro als Testlabor für Rauchgasvergiftungen benutzt wurde, wurde mir eine Flasche Nikotinspray zum Selbstsprühen angeboten. In solchen Fällen hilft weder Laut werden und Aufregen viel, deswegen habe ich meine Probleme ausgesessen - man muss nur lang genug reaktionslos an der Rezeption stehen bleiben und statt zu antworten freundlich-senil lächeln und den Kopf schütteln. Anscheinend hatte man nach ein paar Minuten Angst vor dem grenzdebilen Typen, der nur lächelt und nichts sagt - so hatte ich dann wie ausgemacht einen kostenlosen Parkplatz, ein Frühstück zum angegebenen Preis und ein ordentliches Zimmer. Wer also auch mal seine Fähigkeiten in Konfliktbewältigung bei unflexiblen Mitarbeitern üben will, kann außer zu Hertz in Heidelberg jetzt auch nach Hamburg fahren. Die Adresse gebe ich euch gerne auf Anfrage, ich möchte hier weder Werbung noch Rufmord einfügen...

    :P


    Beim Auschecken wurde übrigens das Frühstück nochmal versehentlich falsch berechnet. Das furchtbare Missverständnis hat sich dann nach einem erneuten freundlichen Lächeln meinerseits aber plötzlich aufgeklärt. Was für ein Schuppen, dabei hatte ich die Kette eigentlich in guter Erinnerung...

    :rolleyes:



    Eine Ausfahrt aus der Hansestadt führte uns dann gleich in die Nächste - und zwar in Richtung Lübeck. Auf der Landstraße fühlt man sich mit Berta wirklich wohl, an der Tankstelle passierte dann ein Erlebnis der dritten Art...



    Angezogen von der Beschriftung des Autos bedankte sich ein Motorradfahrer bei meiner Freundin ganz überschwänglich dafür, dass ihn der ADAC wieder flott gemacht hat und wir doch so einen guten Job machen... Gut, ich geb's ja gerne weiter - aber zumindest das Silber-metallic und die fehlenden Rundumleuchten müssten ihn doch stutzig gemacht haben...

    :D


    Ein Stück weiter wurde ich dann wieder für einen Pannenhelfer gehalten, als mir in einem kurzen Stau die neben mir stehenden Autos platz gemacht haben und signalisierte, loszufahren, "damit ich zur Unfallstelle durchkommen würde". Ich habe ihr Vertrauen in den ADAC dann nicht missbraucht und bin stehen geblieben...

    :P


    Verbrauch & Resümee


    1000 Kilometer haben wir miteinander verbracht. Dabei war Stadtverkehr in Erfurt, in Hamburg, Autobahn und viel Landstraße - und am Ende hat sich der speckige Kleinwagen der geschrumpfte Van stattliche sieben Liter E10 pro einhundert Kilometer genehmigt. Für einen von der ECO-Anzeige (teilweise bis zu 96%!) geleiteten Fahrstil, 160 km/hSpitzengeschwindigkeit über wenige Kilometer, ansonsten 120 auf der Autobahn und +/- 95 auf der Landstraße ist mir das zu viel. Natürlich bin ich durch die Dieselfahrzeuge von Sixt ein bisschen verwöhnt und muss zwei Leute und Gepäck auf die Habenseite schreiben - dafür habe ich das Auto aber wirklich gestreichelt. Die Langzeitanzeige stand auf 9,4 Litern, und was ich am Anfang noch für umpflegliche Behandlung hielt, wird wohl einfach das sein, was passiert, wenn man das Auto ohne besondere Vorsicht fährt: Zehn Liter wird man versenken können. Die 122 Pferdestärken sind also durstig.



    Ein letzter Blick auf die Schokoladenseite des Daimlers - es war eine schöne Zeit. Auch, wenn der Verbrauch ein bisschen höher war war der Komfortanstieg im Vergleich zum Golf spürbar - gerade, wenn man es an der Laufruhe festmacht. Vielen Dank an das Team in Erfurt-Urbich, hoffentlich bis nächstes Jahr - wobei auch eine Wohnmobiltour auf der Wunschliste steht. Mal sehen, was es wird.

    :)


    P.S.: Die Bilder wurden auf der Rückfahrt am Parksee in Bad Bodenteich aufgenommen. Super für sämtliche Pausen, wenn man auf die doofe Idee kam, Landstraße zu fahren... ;)

    P.P.S.: Die Forensoftware verschiebt selbsttätig Absätze & Smileys. Ich finde das zwar auch unästhetisch, aber wat will man nu machen...

    ;)