Mercedes G350d | Starcar Köln Kalk


  • Die G-Klasse - der Opa aller SUV



    Technische Daten & Anmietung


    Leistung: 180 kW (245 PS)
    max. Drehmoment: 600 Nm ab 1.600 U / Min
    Motor: 3,0l 6-Zylinder Turbodiesel
    0-100km/h: 8,8 s
    Vmax: 192 km/h
    Gewicht: 2.612 kg
    Tankinhalt: 96l / 14l Reserve
    Höhe / Breite / Länge: 1.954 mm / 1.867 mm (mit Spiegel 2.056 mm) / 4.662 mm (inkl. Reserverad)
    BLP: 106.234,20€



    Anmietung


    Ich bin mal schonungslos ehrlich und gebe zu, dass seit dem Jahreswechsel die Stammstation Starcar Köln-Kalk etwas auf dem absteigenden Ast war was die Performance angeht. Klar, klassengerechte Bedienung ist bei Starcar ein Muss, aber von Freundlichkeit, Fahrzeugzustand und Übergabeprozess war es nicht das Gleiche. Insofern gab es im Vorfeld etwas Bedenken, als ich die zweithöchste und somit -teuerste Gruppe reservierte.
    All das hat sich aber als unberechtigt erwiesen, kündigten die Mieten davor bereits einen Positivtrend an. Und dieser bestätigte sich am Abholtag: absolut superfreundliche Begrüßung, sehr effizienter Anmietprozess und ebenso netter Checker. Das Fahrzeug war trotz der Laufleistung wie geleckt, kein Rauchgeruch, keine (sichtbaren) Vorschäden. Einziges Manko: das Fahrzeug war nicht auf dem Parkplatz beim Autohaus, sodass eine kurze Fahrt mit dem Checker notwendig war. Trotzdem: Starcar (Kalk) kann auch hochpreisig! :118:


    Historisches & Offroad-Qualitäten


    Der G wird seit 1979 produziert. Entwickelt von Steyr-Daimler-Puch und bis heute produziert vom selben Konzern, der mittlerweile Magna Steyr heißt. Die Kooperation hatte auch zur Folge, dass bis 2000 ca. 10% aller produzierten G-Klassen als Puch G vom Band liefen. Wer mehr erfahren will, kann dies hier tun. ;)


    Bekannt ist der G natürlich auch durch seinen militärischen Bruder, der in über 60 Armeen dieser Welt Verwendung findet. Nahezu jeder Wehrdienstleistender ab den 1980ern saß während seiner Zeit bei der Bundeswehr in einem Wolf, und durfte vielleicht auch erleben, wie er sich im Gelände verhält. Weil ich es während meiner Miete nicht geschafft habe, einen Ausflug abseits der Straßen zu starten, lasse ich einfach mal die Bundeswehr zeigen, wo die Grenzen des Machbaren sind:



    Und ja, der Erzähler sagt wirklich, "Von der Rampe in die Sch****pe". :120:


    Man sieht, sein Ruf eilt dem Fahrzeug voraus. Jeder, der auch nur ein bisschen Benzin im Blut hat, weiß sofort was mit diesem Auto zu verknüpfen. Und dieser Faszination konnte ich mich auch nicht entziehen, weswegen die folgenden Zeilen nicht vor Rationalität sprühen. Dies Begeisterung und Auto-Verrückheit waren auch die Gründe, warum ich die Chance nutzen wollte, einmal G nicht nur als "gebuchte Gruppe" fahren zu können.


    Das Exterieur


    Wie schon angesprochen wirkt das Exterieur der G-Klasse so, als würde ein 5-jähriger Junge ein Auto zeichnen dürfen. Gerade Linien, Kanten und 90°/45°-Winkel bestimmen das Bild. Somit der absolute Traumwagen für das Kind im Manne - wer hat nicht selbst in jungen Jahren so ein Auto gezeichnet? ^^



    Schon von außen fällt auf, dass dieser Wagen irgendwie aus einer anderen Zeit zu stammen scheint. Spaltmaße? Fingerdick. Scharniere, gedämpft und technisches Meisterwerk? Außenliegend, Metall auf Metall. Softclose & Keyless-Entry? Nicht mal gegen Aufpreis.



    Dazu offenliegende Spaxschrauben in den Blinkergehäusen.



    Wer jetzt aber meint, dass dieser Wagen nicht mit der Zeit geht, darf sich überraschen lassen. So sind neben serienmäßigen Bi-Xenon-Scheinwerfern auch LED-Tagfahrlichter verbaut. Gerade letzteres wirkt aber auf mich eher so, als würde sich eine ältere Dame viel zu stark schminken. Denn die restlichen Leuchtmittel sind allesamt Glühbirnchen, vom Blinker bis zu den Rücklichtern. Gerade weil man den G bis 2020 verlängert hat, wäre doch schon für das Modelljahr 2016 eine allgemeine optische Verjüngung möglich gewesen.



    Da bei meinem weißen Prollomobil auch das Sportpaket verbaut war, sind an der Front sowie an den Seitenschwellern leichte Veränderungen vorgenommen worden. So wirkt der G von vorne noch aggressiver, noch präsenter durch zusätzliche Lüftungsöffnungen, und die verbreiterten Kotflügel mit den großen 20-Zoll-Felgen tragen ihren Teil zu einem noch brutaleren Auftreten bei. Dazu noch die Farbkombination schwarz/weiß, und ich bin hin und weg. :love:



    Das Interieur



    Erklimmt man wortwörtlich den Innenraum des Ungetüms, erblickt und erfühlt man feinsten Designo-Innenraum. In meinem Fahrzeug stilecht in schwarz gehalten.



    Verbaut waren die Multikontursitze, mit Sitzheizung und -belüftung. Bekannt aus der E-Klasse haben sie auch jetzt wieder einen überragenden Job geleistet. Am Siegerland-STT waren wir mit kurzen Pausen knapp 8 Stunden im Auto und selbst auf der Rückfahrt nach Köln habe ich nicht einmal an meinen Rücken gedacht oder meine Hüften gespürt. Und das trotz fehlender Auflagenverlängerung und zu kurzen Verstellmöglichkeiten nach hinten.





    Wie bei den technischen Daten zu sehen ist das Auto nicht so breit wie es scheint - das spiegelt sich auch in der Mittelkonsole und der Mittelarmlehne wieder. Beides eher schmal, dementsprechend geht man auch auf Kuschelkurs mit dem Sitznachbar.



    Bestimmendes Element der Mittelkonsole ist neben dem Comand-Bildschirm die Taster für die Differentialsperren, gleich drei davon. Diese sind zwar nur in "low range" zu aktivieren, dann aber auch während der Fahrt.



    Ansonsten ist der Innenraum mehr oder weniger baugleich mit dem aus der E-Klasse.



    Wenn man mal von der kleinen, sehr senkrechten Windschutzscheibe absieht. Und dem kaum vorhandenen Dashboard. Und dem ein, oder anderen bauartbedingten Anbauteil:



    Das Fahren


    Das extravagante Exterieur ist nach dem Einsteigen vergessen, und wenn man nicht dauernd den Beifahrern irgendwas zeigen möchte und sich so die Finger an der Windschutzscheibe stößt (mehrfach passiert :whistling: ) merkt man auch am Interieur bald nicht mehr, in welch speziellem Fahrzeug man sitzt. Dann startet man den V6-Diesel und wundert sich. Möchte Mercedes-typisch die Automatik auf D stellen und greift am Lenkrad vorbei ins Leere:



    Ein klassischer Gangwahlhebel in der Mitte, wer hätte es gedacht. Nun also losgerollt, und da merkt man auch wieder, dass irgendwas anders ist. Stimmt, wenn man lenkt, passiert erstmal lange nichts. Und wenn sich die Lenkung dann doch entscheidet, die Vorderreifen einzuschlagen, kann man mit dem Lenkrad nur noch grob bestimmen, wie stark. Zum Kurvenräuber wird der G also ganz gewiss nicht.
    Um beim Thema zu bleiben: habe ich weder an Rücken noch Hüfte gedacht nach dem STT, so habe ich doch meine Arme gespürt. So indirekt die Lenkung auch sein mag, so straff ist sie ausgelegt. Man muss kräftig am Lenkrad drehen, im Vergleich ist die Lenkung im C63 AMG auf Sport+ leichtgängig.


    Apropos Lenkung: in welchem Auto habt ihr zuletzt das Lenkgestänge aus der Trennwand Motorraum/Innenraum direkt an die Achse verfolgen können?



    Es ist ein bisschen ein Suchbild dank des verschobenen Fokus :whistling:


    Tritt man das Gaspedal dann doch mal durch, stürmt der 2,5t-Koloss überraschend schnell voran. Bei welligem Untergrund (Hallo Zoobrücke! :rolleyes: ) schafft man es auch bei 60 km/h noch, dass die 600 NM nicht auf den Boden gebracht werden können. Das überrascht dann doch den ein oder anderen Fahrer getunter Kleinwagen, die meinen, bloß weil an einem G nicht AMG steht, dass dieser lahm ist. Ist er nicht, also zumindest nicht solange es nicht auf die Autobahn geht.
    Denn der Vorwärtsdrang ebbt bei 120 km/h spürbar ab, danach tut sich der Motor deutlich schwerer, gegen den cw-Wert von 0,54 anzukämpfen.
    Zum Vergleich: die alte E-Klasse liegt bei 0,25, ein CLA bei 0,22. Just sayin'. :120:



    Wogegen sich die G-Klasse ebenfalls schwer tut anzukämpfen: Bodenwellen. Besonders die kurzen, tiefen, wie sie gerne in der Kölner Innenstadt vorkommen. Dann arbeitet das ganze Auto, man kann es mit einem Sprinter vergleichen. Versteht mich nicht falsch, es ist für die Insassen noch komfortabel, trotzdem spürt man wie sich alles verwindet.


    Zum Fahrgefühl gehören neben Lenkung, Motorisierung und Federungskomfort auch so alltägliche Dinge wie Parken und Rangieren sowie der Stadtverkehr. Lasst es mich mit einem Zitat von Richard Hammond ausdrücken: "I'm worried about bumping into things, because it's big, and not worried about bumping into things, because, well frankly, you can't.".
    Bordsteine oder ähnliches stellen keinerlei Hindernis dar, selbst Kleinwagen müsste man nicht fürchten. Schwergängige Lenkung sowie das bekannte Parkpiepersystem Parktronic, bei dem anfangs auch nicht klar war ob es das monströse Ersatzrad mitberechnet (tut es! :8o: ), eine nutzlose Rückfahrkamera, die ausschließlich eben dieses Ersatzrad zeigt, und der Wendekreis von 13,60m machen das Parken erneut vergleichbar mit dem eines Sprinters. Man braucht zwar keinen, der einen einweist, anstrengend ist es dennoch.
    Der Stadtverkehr hingegen macht geradezu Spaß. Besonders im Berufsverkehr. Gerade Kleinwagenfahrer haben wohl (unberechtigte) Bedenken dass sie übersehen werden und machen sofort Platz, wenn man den Blinker setzt. Man schwimmt entspannt mit und thront über dem Geschehen.


    Infotainment, Ausstattungsfeatures, Dies & Das


    Verbaut war das Comand-Online, leider ohne Carplay-Integration. Es war auch keine aufpreispflichtige Soundanlage verbaut, aber die Standard-Lautsprecher klangen schon ausreichend gut. Das Comand der letzten Generation macht seinen Job gut, aber ich bin da ja auch genügsam.


    Zusätzlich war ein Stahlschiebedach verbaut, leider kein Glasdach. Bei geöffnetem Zustand ist es angenehm zugfrei und rauscharm, bedingt dadurch dass es in das Dach einfährt anstatt oben drauf geschoben zu werden. Weswegen auch leider kein Glaseinsatz möglich ist.


    Neben dem Tempomat und der Parktronic waren keinerlei Assistenten verbaut. Wirklich vermissen wird man dabei aber nur das ACC, da man in der G-Klasse gezwungen ist eine vergleichsweise niedrige Reisegeschwindigkeit zu wählen, würde dies doch erheblichen Zusatznutzen bringen und entspannteres Reisen ermöglichen.



    Der Kofferraum ist quadratisch, praktisch, gut. Selbstverständlich ist die Ladekante etwas höher als bei anderen Fahrzeugen, aber daran hat man sich ja schon gewöhnt. Was daran jedoch wirklich stört ist die seitlich öffnende Heckklappe. Schon mal auf einem Supermarktparkplatz den kompletten Verkehr aufgehalten, einfach durch Öffnen der Heckklappe? :D Dazu muss man beim Parkieren auch regelmäßig daran denken, ob man noch etwas aus dem Kofferraum braucht. Andererseits: wäre eine klassische Heckklappe verbaut, hätten sogar sehr große Menschen Probleme diese schließen zu können.



    Fazit


    Die G-Klasse hat ihren Ruf, ihre Faszination nicht umsonst. Äußerlich seit 37 Jahren kaum verändert, ist sie eine skurrile Mischung aus Moderne und Historie des Automobilbaus. Trotz des Booms an SUVs ist der G immer noch eine Erscheinung im Straßenbild, und das muss man mit Ende 30 auch erst einmal schaffen.



    Ich habe versucht mir dem Fahrzeug objektiv und neutral zu nähern, aber spätestens beim Einsteigen, das selbst mit 1,89m Körpergröße einem Erklimmen gleicht, erliegt man dem Charme. Das satte Einrasten der Türen, das Geräusch der Stellmotoren der Zentralverriegelung, gepaart mit dem modernen Luxus einer Oberklasse-Limousine - diese offensichtlichen Gegensätze lassen einen schnell die Nachteile vergessen. Die straffe Lenkung, der hohe Verbrauch (14l/100km), die eher unkomfortable Sitzposition für größere Menschen auch auf dem Platz vorne links sind wie weggeblasen wenn man sich in Bewegung setzt. Der Blick auf die Blinker. Die geraden Flächen. Die Geräusche der Zentralverriegelung. Die Faszination aus Gewicht, Maße und Beschleunigung lassen die negativen Eigenschaften eher wie Zeichen für Charakter wirken. Man verzeiht dann dem eigenen Traumwagen doch eher die ein oder andere Marotte. ;)



    Disclaimer am Schluss: wirklich viel von Erfahrungsbericht hat das jetzt hier nicht, das gebe ich gerne zu. Dafür ist das Fahrzeug an sich einfach zu überwältigend, das Fahrerlebnis zu faszinierend. Vielleicht kann @OutOfSync: noch ein, zwei Worte zu seinem kurzen Trip durch Köln verfassen.


    Und yeah, 1234. Beitrag wieder ein Erfahrungsbericht. :115: Als würde ich das planen. :D


  • Im Vergleich zum Defender ist der G natürlich total im 21 Jh. angekommen. Schon der Innenraum und das ganze drum rum.
    Was ich bisschen schade finde ist, dass es davon keine "robuste" Version gibt. Der G ist zweifelsfrei geländetauglich, jedoch vermisse ich irgendwie einen G250D so wie früher wo man einfach innen den Dampfstrahler reinhält und die Möhre putzt. Das ist beim Defender grob gesagt geblieben.
    Schwer auszudrücken was ich genau meine, aber ich denke der ein oder andere weiß es :D

  • Super Bericht, super Auto, super Bilder! Witzig finde ich das mit der Rückfahrkamera - hast du da züfällig ein Foto von gemacht?



    PS:

    Man muß sich auch vor Augen führen, dass der gesamte Luftwiderstand keineswegs "nur" das doppelte der E klasse ist :-D

    Diese Aussage hätte ich gern aerodynamisch untermauert ;)


  • Super Bericht, super Auto, super Bilder! Witzig finde ich das mit der Rückfahrkamera - hast du da züfällig ein Foto von gemacht?


    Leider nein, J.S.:, aber um es zu verdeutlichen: die Rückfahrkamera ist der Knubbel oben an der Rückscheibe, der aussieht wie die Scheibenwaschanlage. Man sieht als Bild wirklich ausschließlich den Ersatzreifen und ein bisschen Straße.


    Sieht man demnächst also einen G ohne Ersatzreifen hat der Fahrer/die Fahrerin Bedarf für ein passendes Sichtfeld :rolleyes: