BMW-Chef Harald Krüger durfte sich auf der letzten Aktionärsversammlung kritischen Stimmen stellen. Mercedes sei mit E- und S-Klasse enteilt, es fehle an Mut in der Modellpolitik und technologisch seien andere Hersteller weiter. Was für ein Quatsch.
- BMW 740d xDrive | 320PS | 680 NM
- Ausstattung: u.a. Innovationspaket, M-Paket, Surround-View, 4-Zonen-Klima, Soft-Close, Glasdach, Bower&Wilkins-Anlage...
- BLP: ca. 126630,- Euro
- Sixt-Fahrzeugkategorie: XDAR
- Anmietzeitraum: Standard-Wochenende (Fr. 08.00 - Mo. 08.00)
- Station: Sixt Berlin Adlon - Brandenburger Tor
_Fahren: Auto(nom) mit Vergnügen
Die erste Begegnung mit dem neuen 7er hatte ich auf der IAA 2015 in Frankfurt. So wie es sich gehört, saß ich hinten rechts, auf dem vermeintlichen Chefsessel der Langversion. Wie falsch ich liegen sollte, erfuhr ich beim zweiten Aufeinandertreffen mit dem Luxusschiff aus Dingolfing. Denn vorne spielt die Musik. Als Orgelmeister sitzt du hinterm Lenkrad. Selbst das Thema "Autonomes Fahren" verliert im 7er seinen Schrecken. Denn es macht verdammt viel Spaß, dem Technik-Schauspiel zuzusehen. Wie linear auch relativ enge Autobahnkurven bei hohem Reisetempo genommen werden und wie lässig der Abstandstempomat seinem Job nachgeht, fasziniert stundenlang. Es hat die beruhigende Wirkung eines Aquariums. Tiefenentspannt kommst du ans Ziel und fragst dich, ob das gerade wirklich 600 Kilometer am Stück waren. Der dreiviertelvolle Tank bestätigt dir: Das muss ein kurzer Weg gewesen sein. Doch schon wieder ein Trugschluss - Die Reichweite bei Ankunft in Berlin beträgt noch gut 800 Kilometer, nach dem Volltanken knapp 1.300. Irre - denn wenn du dich mal nicht vom "Driving-Assistant" chauffieren lässt, kann der 7er auch fliegen. Ob 250 km/h und stoischer Geradeauslauf oder von 20 auf 100 km/h als Landstraßen-Nackenschlag: Beides Resultat von 320 PS und 680 NM Drehmoment aus einem Reihensechser, der neben Luft auch ein bisschen Diesel zischt.
_Gefühl: Sahne und Stroh
Lenkung und Fahrwerk beherrschen Komfort wie Sport gleichermaßen gut. Endlich gibt es auch einen "Individual"-Fahrmodus, bei dem du alle Parameter selbst festlegen kannst - zu finden unter "Sport". Cool: Lässt du es im "Adaptive"-Modus richtig krachen, stellt sich der 7er irgendwann auf "Sport" um - inklusive Wechsel der Ansicht im Instrumentendisplay. Der 7er bindet dich mehr ein, zieht dich in mit ins Geschehen. Anders als die S-Klasse, die den Rest der Welt abkoppelt. Was den 7er lebendig macht, könnte feine Ohren stören. Das Geräuschniveau ist insgesamt höher als in der S-Klasse. Der Motor klingt sahnig (für einen Diesel), Windgeräusche sind eher zu hören (wenn auch erst ab ca. 130 km/h) und die Reifen teilen sich gerne mal mit (wenn auch selten). Was aber stört, sind einige Knartzer in den Lehnen der Rücksitze und im Cockpit. Auch das Bowers & Wilkins Soundsystem kann nicht mit der Burmester-Anlage in der S-Klasse mithalten. Höhen wie auch Tiefen empfand ich als weniger klar ausgeprägt. Während in der S-Klasse schon bei Flüstertönen Hörgenuss aufkam, braucht die 5.700-Euro Anlage im 7er mehr Lautstärke um zu klingen. In Sachen Innenrauminszenierung schenken sich beide Autos nichts. Indirekte, in vielen Farben einstellbare Lichtleisten und sanft hinterleuchtete Lautsprecher verleihen den Limousinen gerade nachts ein Gefühl unendlicher Weite. Außen stößt dasILS der S-Klasse so manches Mal auf böse blinkende Gegenverkehrliebe. Hier leuchtet das LED-Licht des 7ers blendfrei noch viel weiter - obwohl der Laser auf meiner Fahrt nicht in Aktion war. Gestutzt habe ich bei der Grafik des Abstandstempomaten: Hier ist der BMW 5er F10 zu sehen, nicht der 7er. Etwas mehr Liebe zum Detail wäre beim Facelift also fällig.
_Anmietung: rundherum piekfein
Schon seltsam, wenn du nach dieser unwirklichen Miete wieder aufs Fahrrad steigst. Nicht nur der massierte Hintern vermisst den 740d, während ich im Dunst der Liefer-LKW schwitzend an den roten Ampeln Berlins stehe. Die Sixt-Station im Adlon verstärkt dieses Kontrast-Gefühl: Hochfloorteppich, sanfte Musik in der Hotel-Lobby und rote Läufer an den blitz-blanken Aufzügen zur Tiefgarage. Das Mieterlebnis hat hier schon etwas Besonderes. In sommerlich kurzen Hosen komme ich mir um sechs Gehalts-Ligen underdressed vor. Egal. Die Mehrzahl der hier absteigenden Gäste wird so oder so in einer S-Klasse kutschiert. Da soll mir der Proll-Paket-BMW gerade recht sein. Positiv: Keine Verkaufsaktionen und überaus freundliche Bedienung, Lesen der Wunschzeile, Upgrade nach Verfügbarkeit. Schaler Beigeschmack nach der Miete: 12 Steinschläge und ein Neuschaden wurden gefunden. Letzterer war aber schon auf Fotos von Altschäden vorhanden. Deshalb ließ ich ihn nicht nachtragen und der Schadensfall wurde ohne weitere Veranlassung geschlossen. Learning daraus: Am Adlon genau nach Vorschäden suchen, die Checker haben Adleraugen.
_BMW 740d xDrive (kurz) - Technische Daten
_ Reihensechszylinder Dieselmotor
_ 3.0 Liter Hubraum, 2 Turbolader
_ 320 PS Leistung
_ 680 Nm Drehmoment
_ 5,2 Sekunden von 0 – 100 km/h
_ 250 km/h Höchstgeschwindigkeit (elek. begrenzt)
_ 78 Liter Tankinhalt – gut für 1.200 Kilometer Reichweite
_ 5,5 Liter Diesel/100 Kilometer minimaler Real-Verbrauch
_ 7,8 Liter/100 Kilometer Real-Verbrauch ohne Verzicht
_ Werksangabe: 5.3 – 5.1 l/100km
_ Leergewicht 1.935 kg
_ Preis ab 93.500 Euro (Kurzversion)
_ Preis ab 99.400 Euro (Langversion)