Alfa Romeo 4C Spider (2x) | Europcar München Selection Nord



  • Der 4C Spider ist das schlechteste Auto, das ich je gefahren bin.
    Praktisch betrachtet. Denn als Transportmittel ist der Alfa total sinn- und nutzlos.
    Er ist laut, hart, ungemütlich und hat gerade mal genug Stauraum für das Targadach und eine Flasche Wasser.
    Gibt natürlich auch kein Navi, keine Assistenten - vor allem einen „Ein- und Ausstiegsassistenten“ könnte man gut gebrauchen… Als 4C-Fahrer wird man ziemlich schnell „Privilege Executive DIA“ beim Physiotherapeuten.
    In jedem anderen Auto würde ich das (und noch viel mehr) bemängeln. Im Alfa find ich es super :D (auch wenn ich die Punkte im weiteren Verlauf des Reviews erwähne). Da sind die ganzen Unzulänglichkeiten irrelevant. Es ist einfach egal. Wirklich, da wiederhole ich mich gern ;-).


    Der Alfa wurde als emotionales Spaßgefährt geschaffen. Und das hat geklappt, aber hallo!
    Allein der Gedanke an den roten Flitzer treibt mir ein Grinsen ins Gesicht - Tage, Wochen und Monate nach der letzten Fahrt.


    Allgemein zum Auto:
    Was für eine Maschine. Nicht zu vergleichen mit allem, was ich bisher gefahren bin.
    Wenn man mich heute danach fragt, welche Emotionen ein C63S, ein M3/M4 oder ein TT Cab hervorrufen muss ich immer an den 4C denken: „Klar, sind schon geile Autos, aber im Vergleich zum Alfa…“
    Er ist das absolute Gegenteil zu einem genauso schnellen Audi S3, der unaufgeregt perfekt ist. Und praktisch. Mit 5 Plätzen, einem Kofferraum, in den Koffer passen, Navi, Soundsystem, Abstandstempomaten und Spurhalteassistenten - für den halben Preis.
    Ne, das ist alles egal. Die italienische Schönheit nimmt Dich einfach mit und lässt Dich nicht mehr los. In jeder Sekunde möchte sie deine Aufmerksamkeit - und bekommt sie auch, zu Recht.


    Design:
    Grundsätzlich finde ich ja, dass das jeder selber entscheiden darf. Aber Grundsätze gelten beim Alfa nicht, der 4C Spider ist einfach wunderschön, egal wie man es dreht und wendet. Basta!
    Er zieht die Blicke auf sich wie kein anderes Auto, insbesondere in der für mich perfekten Farbe: Rot






    Interieur:
    Das Interieur ist so kontrastvoll wie das restliche Auto.
    Von sündhaft teuer bis unfassbar billig ist alles dabei.
    Man sieht quadratmeterweise Carbon - Boden, der Schweller, egal wohin man blickt, überall feinstes Carbon.

    Das restliche Cockpit besteht noch aus einigen wenigen Highlights (Pedalerie, Sitze) und folgt sonst dem Prinzip: Was ist billig (aus dem Fiat-Chrysler-Baukasten) und leicht?
    Hier wurde wirklich kein Euro und kein Gramm verschwendet - und das ist auch ok so. Welcher Prozentsatz der 80.000€ im Interieur stecken kann jeder für sich selbst schätzen. Tendenziell eher weniger ;)


    Motor / Abgasanlage:
    Kaum zu glauben, was da alles aus den siebzehnhundertfünfzig Kubik rauskommt. Nicht nur an Leistung sondern auch an Klang. Vielen Dank Alfa an die fehlende Schallisolierung an dieser Stelle. Ach, und den fehlenden Schalldämpfer in der Abgasanlage.
    Vom Antriebsstrang kommen ganz viele ganz wunderbare Geräusche. Die kann ich hier nicht gleichzeitig beschreiben, daher der Reihe nach:
    Schon beim Anlassen wird klar, dass es sich hier nicht um einen der klassischen Großserienmotoren handelt (wie z.B. der S3 / Golf R). Es wird nämlich erstmal richtig laut! Der Motor schnurrt nicht vor sich hin sondern verschluckt sich auch hier und da mal. Das Rangieren auf den ersten Metern weckt alle Nachbarn im Umkreis von ungefähr 100 Metern (der fragwürdige Wendekreis hilft da auch nicht unbedingt).
    Im Stand läuft der Motor nicht ganz rund, sondern schwankt immer leicht in der Drehzahl (egal ob über mehrere Tankfüllungen hinweg V-Power oder E10 getankt wird).
    Beim warmem Motor dann die Beschleunigung, das klingt immer irgendwie geil. Grundsätzlich gibt es zwei verschiedene schöne „Symphonien“
    #1 Bei offenem Dach
    Abgasanlage, Ansauggeräusch, leichtes Turbopfeifen, sehr sehr viel Wind, Schalt-Propfen und schöne Blow-Off Geräusche beim Gaswegnehmen
    #2 Mit geschlossenem Dach
    Motorgeräusch, deutlich lauteres Turbopfeifen, Ansauggeräusche, Abgasanlage, Schalt-Pfropfen & Blow-Off, Windgeräusche erst bei höheren Geschwindigkeiten
    Grundsätzlich gibt es in jeder Konstellation in jedem Drehzalbereich tolle Geräusche. Allein das Turbopfeifen. Oder das Ansauggeräusch. Oder … ah, ihr wisst was ich meine ;-)
    Klar, es ist kein V8 und kein Hochdrehzahl-Saugmotor, aber verdammt nochmal ein echtes Spektakel!
    Von der Leistungsentfaltung geht es insbesondere um 4000/min gut ab, gegen Ende lässt der Motor ein bisschen nach. Ist aber egal. Macht Spaß.
    241PS auf gute 1000kg mit Fahrer…was will man mehr?


    Getriebe:
    Zum Getriebe gibt es einige kritische Stimmen. Ja, ich hätte auch gern einen Handschalter, aber den gibt es nunmal nicht.
    Ich fand das Doppelkupplungsgetriebe top. Hat Spaß gemacht und ist nicht negativ aufgefallen. Nicht perfekt - aber was ist schon perfekt am Alfa - und wer will das überhaupt (vgl. S3)?
    Sogar das Rangieren am Berg geht gut (wenn man mal vom immensen Lärm absieht).


    Im Dynamic-Modus wird im Schaltvorgang nochmal schön Sprit in die Abgasanlage gespritzt, was wie in jedem Auto viel Spaß macht!


    DNA:
    Im 4C gibt es 4 Modi: All-Weather, Natural, Dynamic, Race.
    Ich bin zu 90% im Dynamic-Mode gefahren, und ein wenig in Race und All-Weather.
    Da ich auch im Dynamic-Modus keine Traktionsprobleme hatte, war der Unterschied zu Race nicht spürbar. Das Schalt-Pfropfen gibt es nur in Dynamic & Race, daher habe ich Natural nicht verwendet.
    All-Weather bin ich nur im Starkregen gefahren - hat funktioniert, Auto ist noch ganz. Mehr kann ich dazu nicht sagen.


    Verbrauch:
    Wie immer je nach Gusto - aber die Vorteile des Downsizings sind spürbar.
    Wer den Turbo aussen vor lässt und es sich auf der Landstraße gemütlich macht, ist mit 6 Litern dabei (!!!).
    Ich war bei meinen zwei Mieten auf je 1000km bei errechneten 10,69 (E10) und 11,22 (SuperPlus) Litern/100km - und das im Spaßmodus.
    Von meine Sportmieten also mit Abstand die sparsamste. M4 lag bei 17 l/100km, der C63 bei knapp 18 l/100km.
    Alpenpässe (Großglockner) rauf & runter: BC 18-19 l/100km.
    Sportliche Landstraßenfahrten BC 13-16 l/100km.
    Normaler Drittelmix: BC 8,8 l/100km auf 308km


    Zum Thema Lautstärke:
    Ja, im Alfa ist wirklich alles laut - da weiß ich gar nicht, wo ich anfangen soll.
    Die Abgasanlage macht ja schon richtig lärm. Den Motor und die Ansauggeräusche hört man auch zu Genüge.
    Der Wind ist bei offenem Verdeck auch immer zu vernehmen, über 130 km/h riskiert man bleibende Hörschäden.
    Aufgrund der nicht-existenten Schalldämmung (wenn man die Fußmatten außen vor lässt) hört man auch sonst alles von der Straße, z.B. jeden einzelnen Kieselstein, der gegen den Radkasten prallt - ohne Witz. Auf Kieswegen klingt es, als würde jemand aus einem Wasserschaluch Rollsplitt unter das Auto sprühen.
    Im Stand klingt das Radio schon scheiße. Wenn man fährt, hört man hingegen gar nix mehr. Hab es auch mit Kopfhörern versucht, aber über 100 km/h versteht man auch da nichts mehr.
    Wer sich das nicht vorstellen kann darf mal die Lautstärke am iPhone mit Kopfhörern (bei mir Bose In-Ear) voll aufdrehen. Und bei der Lautstärke kann man dann im 4C nicht mal mehr die iPhone Navi-Ansagen verstehen.
    Noise-Cancelling Ohrhörer sind für Alfa-Eigentümer sicher eine gute Investition :D


    Fahrwerk / Reifen:
    Schwer zu beschreiben, aber der 4C schreit einfach danach, schnell gefahren zu werden - da kommt eigentlich nur das 1er M Coupé ran. Definitiv kein M4 oder C63.
    Schnelles Fahren wird olfaktorisch belohnt.
    Nach nun ziemlich genau 2000km hauptsächlich in den Alpen und auf Landstraßen und Autobahnen kann ich nur positiv berichten.
    Im Trockenen hatte ich auch bei sehr flotter Kurvenfahrt auf verschiedenen Pässen keinerlei Traktionsprobleme. Der Spider klebt auf der Straße und hat auch im 2. Gang aus der Spitzkehre Null Probleme, die Kraft auf die Straße zu bringen.
    Die „speziell für den 4C entwickelten“ Reifen (Pirelli P Zero AR Racing - laut Foren die gleiche Gummimischung wie der P Zero Corsa) passen perfekt, mehr kann ich nicht sagen. Hatte weder Traktions- noch Hitzeprobleme und auch bei Nässe ein gutes Fahrverhalten.
    Gute Reifen erkennt man daran, dass man keine Probleme hat ;)
    Das Fahrwerk ist natürlich hart, aber wer hat da auch wirklich was anderes erwartet? Es ist aber nicht zu hart - verliert nicht die Balance und versetzt nicht in den Kurven - also alles top.
    Überrraschende Anekdote: Von den ca. 5 münchner EC-4C ist bis Ende August zumindest kein einziger verunfallt - im Gegensatz zu allen drei (?) Sixt-C63…


    Lenkung:
    Bei dem Auto braucht es wirklich ein eigenes Kapitel für die Lenkung.
    Das Lenkrad, übrigens ohne Multifunktionsknöpfe oder sonstigen Firlefanz, gefällt mir optisch nicht so gut - ist aber griffig und funktional.
    Wenn man flott und voll auf das Fahrerlebnis konzentriert eine Landstraße oder einen Pass entlang fährt, ist die Lenkung super. Ja, ohne Krafteinsatz passiert nichts und die Arme müssen sich daran erstmal gewöhnen, aber die Rückmeldung und Präzision sind einzigartig im Mietwagen-Umfeld.
    Das heißt aber auch, dass der 4C jeder Spurrille nachfährt und Schlaglöcher/Bodenwellen auf die Lenkung „durchschlagen“. Man sollte also immer beide Hände am Lenkrad haben, um nicht spontan im Graben zu landen.
    Und ein griffiges Lenkrad braucht man definitiv auch zum Rangieren, hier kann man mit einem Parkhaus-Besuch sich gut einen Besuch im Fitnessstudio ersparen…


    Bremsen:
    Auch hier kann ich mich nicht beschweren. Das Bremsgefühl ist zunächst ungewohnt und braucht etwas Übung, denn man muss relativ fest treten um eine Reaktion hervorzurufen.
    Aber wenn man das einmal weiß ist es genial, denn die Verzögerung ist (gefühlt) absolut linear zum Pedalweg und zur Kraft - laut verschiedenen Reviews im Internet vergleichbar mit „echten“ Rennfahrzeugen.
    Ich hatte auch auf den Alpenpässen keine großen Probleme. Wenn man es drauf anlegt, wird das Pedal schon mal etwas weicher (bremst nicht schlechter, fühlt sich nur anders an). Definitiv kein Vergleich zum M4 im letzten Jahr, bei dem nach 4 Spitzkehren die Bremsen nur noch gerubbelt/vibriert haben (das selbe Phänomen hatte ich auch bei einem M3 dieses Jahr).


    Sonstige Eigenheiten:
    Klima:
    Die Klimatisierung ist passend zum Auto „charaktervoll“. Je nach Gaspedalstellung und Geschwindigkeit schwankt die Temperatur um gefühlte 10 Grad. Fällt dem Fahrer nicht so auf, weil der mit Fahren beschäftigt ist - die Beifahrerin wundert sich aber dann doch.
    Lösung: Dach auf und Fenster runter.
    Stauraum:
    Sollte eigentlich der kürzeste Absatz sein. In den vom Motor beheizten Kofferraum passt neben dem Handbuch, Fahrzeugschein und Dach noch ungefähr ein Rucksack. Das war’s.

    Dazu gibt’s dann noch ein Handschuhfach zwischen den beiden Sitzen, in das nicht mal eine Brillenschachtel passt (!).
    Alles andere darf man dann irgendwo im Carbon-Monococque verteilen. Hier macht die Not erfinderisch und mit etwas Übung kriegt man doch alles irgendwo verstaut.
    Blöd nur, wenn einem irgendwas kleines aus der Tasche rutscht (z.B. ein Geldstück) - das rutscht dann nämlich in jeder Kurve lautstark auf dem Carbonboden umher…
    Der Kofferraum lässt sich übrigens nur bei geöffneter Fahrertür öffnen und die Klappe muss wie die Motorhaube bei einem einfachen Auto mit eine Stange fixiert werden. Wieder 200g gespart ;)


    Das leere "Handschuhfach" (mit Zigarettenanzünder) :


    Und hier mit einer ganz normalen Sonnenbrillenschachtel. Ja, ihr seht richtig, da passt nicht mal eine BRILLENSCHACHTEL in das Handschuhfach.


    „Ausblick“:
    Nach vorne gut, wenn man nicht gerade einparken möchte (gibt keine Piepser vorn). Man schaut ungefähr auf Höhe der Rücklichter/Nummernschilder normaler Pkw aus der Frontscheibe. Wer sich das nicht vorstellen kann, kann sich ja mal auf eine Bordsteinkante setzen - ungefähr gleich hoch.

    Der Blick durch die Außenspiegel ist geil. Man sieht die wunderschönen Hüften und Lüftungseinlässe des Alfas - sonst aber nicht sonderlich viel. Insbesondere keine Bordsteinkanten (außer jemand sitzt da)… insofern ist es ein (Welt-?)Wunder, dass die Felgen beider Alfas zu meinem Anmietzeitpunkt schadenfrei waren.
    Ein- und Umparken ist so ziemlich das unangenehmste, was man mit dem 4C machen kann. Man sieht wenig, man macht einen riesen Lärm und wird immer beobachtet - und es ist verdammt anstrengend mit ohne Servo und dem miesen Wendekreis. #firstworldproblems
    Ich würde sagen, der Alfa ist wie ein moderner Oldtimer. Alles ist irgendwie mechanisch, schwergängig, oft unpraktisch. Es gibt keine Komfortfeatures und keine Assistenten. Aber er ist viel emotionaler und spannnender als alle anderen Autos, die es heutzutage bei den großen Vermietern gibt. Und die Reaktionen von anderen Auto- und Motorradfahrern sowie Passanten sind auch eher vergleichbar mit einem Oldtimer als mit einem neuen Auto - durchweg positiv!


    Fazit
    Für mich ist der 4C Mietwagen des Jahres 2016. Kein anderer Wagen ist so pur, so emotional und bietet so viel Fahrspaß.
    Nach der ersten Miete hab ich direkt mal meine TTS-Reservierung storniert. Der ist zwar objektiv vermutlich in allen Belangen besser, aber interessiert mich einfach überhaupt nicht mehr.
    Das Review von MotorTrend trifft (vermutlich, kenne den TTS ja nicht) den Nagel auf den Kopf: https://www.youtube.com/watch?v=Blf7FM3UvHo


    Ach, und da es sich ja um einen Europcar-Erfahrungsbericht handelt:
    Station: Europcar München Nord Selection
    Die Anmietung beider Fahrzeuge lief absolut problemlos. Wunderbar unkompliziert und angenehm. Mein (Farb-)wunsch wurde beide Male erfüllt, Kilometer haben auch gepasst, Vorschäden waren richtig vermerkt bzw. der RSA hat nochmal mit draufgeschaut - alles super.
    Kein Vergleich mit meinen Sixt-Erfahrungen...


    Bonus:
    Der zweite (von zwei) roten 4C der selben Station ist mir direkt auf der Großglockner Hochalpenstraße ntgegengekommen.



    Noch ein paar Impressionen:





  • :120: Schnall dir doch was unter die Schuhe wie bei Indiana Jones der kleine chinesische Junge. :107:

    Dann kann ich aber trotzdem nicht besser rausschauen. Beim Rangieren hab ich ohne Witz immer den Arsch etwas angehoben. Und Kissen hab ich nur keins untergelegt, weil es mir peinlich war :whistling:

  • Übrigens gibt's jetzt für 3.750€ extra eine Titan-Auspuffanlage von Akrapovic.
    Falls der Seriensound zu langweilig bzw. leise sein sollte. Unglaublich, welcher TÜV-Prüfer da "ok" gesagt hat. Würde ich gerne mal hören.


    Ist dann ein doppelflutiges Endrohr in der Heckmitte.