Toyota C-HR Hybrid "Team D"
Zur Finalisierung einer Kaufentscheidung gab es vom netten Toyota-Händler aus dem Nachbarort für 24 Stunden und im Endeffekt ca. 130 km einen C-HR, als Team D-Ausstattung mit optionalem LED-Paket.
Übergabe durch den Azubi lief super, wie aus dem Handbuch wollte er mir eine Einführung in das Fahrzeug angedeihen lassen, aber Zeitdruck auf dem Weg in die Arbeit und der Wille sich damit selbst auseinanderzusetzen wurde offen kommuniziert und dann war auch gut.
Folgend eine kurze Zusammenfassung des Fahrzeugs, für einen kompletten Bericht reichte die Zeit und die Eindrücke dann doch nicht.
Exterieur
Wenn man sich die Toyota-Fahrzeuge der letzten Jahre und Jahrzehnte anschaut, dann stehen diese nicht wirklich für expressives Design. Eher wurden sie als Schlafmittel für Design-Studenten eingesetzt (ausgenommen Prius/Mirage der Neuzeit). Was mMn. auch für das Interieur galt und gilt, dazu aber später mehr.
Daher fiel der CH-R seit den ersten Auftritten auf Automessen immer wieder auf, und auch auf jedem Händler Parkplatz ist das der Fall.
Dies wird noch verstärkt, wenn das für die meisten Ausstattungslinien optionale LED-Paket verbaut ist. Mit LED-Beleuchtung rundherum und Laufblinker vorne ist er neben Sicken, Kanten und des abfallenden Dachs eine außergewöhnliche Erscheinung. Wenig überraschend halt dann auch für viele Leute Geschmacksache - entweder man mag ihn, oder man mag ihn nicht.
Mir taugt er, weswegen ich ihn auf dem Zettel hatte. Dazu der Hybridantrieb macht den CH-R zu einem äußerst interessanten Gesamtpaket.
Natürlich fordert die "Coupe"-Form auch ihre Tribute. Das fängt an beim Kofferraum.
Der Kofferraum ist erstaunlich breit, tief und gut nutzbar. Die Batterien nehmen den Platz des doppelten Laderaums ein, und eine Beladung über die Kofferraumabdeckung hinaus ist unmöglich. Macht natürlich das Trennnetz überflüßig, aber raubt natürlich auch etwas Laderaum. Ich persönlich habe mal gezählt wie oft ich seit Anfang des Jahres diesen Laderaum genutzt habe, und kam auf das Ergebnis 2. Fällt also eher nicht in die Kategorie "Dealbraker".
Das gilt eher für die Aussicht nach hinten.
Während der Rückspiegel noch genügend Ausblick bietet, ob es rudimentäres Rangieren oder der Ausblick auf der Autobahn ist. Für ersteres gibt es noch die serienmäßige Rückfahrkamera. Dies sollte auch der Fall sein für den Blind Spot Alert. Wieso? Deshalb:
Wo ich normalerweise wirklich keinen Fokus darauf lege, wie es darum besteht ist um rauszuschauen, fällt es in diesem Fahrzeug umso mehr auf. Ja, die großen Außenspiegel helfen, doch das kleine Signet würde mehr helfen.
Die Griffe für die hinteren Türen sind natürlich optisch ein Zuckerschlecken. Aber, und wer hätte gedacht dass man das mal in Verbindung mit einem Toyota schreiben würde, folgt in diesem Fall Design leider Funktion. Allein bei meinen 5 Nutzungen habe ich mir dreimal die Hände eingezwickt.
Zudem sind sie so weit oben platziert, das eine eigenständige Nutzung von jüngeren Menschen rausfällt, aber auch die einhändige Öffnung mit vollen Händen ist ob des Designs eine Herausforderung.
Wer jetzt den ein oder anderen Bericht von mir gelesen hat, weiß vielleicht wie sehr ich auf die Beleuchtung von Fahrzeugen achte. Insofern spricht der CH-R doch sehr zu mir, LED-SW, Blinker in LED, Bremslicht in LED, LEDs überall. Wirklich überall?
Man zahlt 1100€ für das LED-Paket, und dann wird in den Außenspiegeln eine Glühbirne verbaut. In einem Bauteil, in dem es seit der Jahrtausendwende LED-Streifen gibt. Unfassbar.
Mal abgesehen von meinem Fetisch, habe ich auf die Schnelle auch im Handbuch keine Möglichkeit gefunden diese Glühbirne zu wechseln, sollte sie doch kaputt gehen.
Genug, Tür auf, Innenraum.
Interieur
Toyota hat es jedem Reporter in die Notizbücher notiert - dieser CH-R soll anders sein. Und zwar nicht nur im Auftritt nach Außen, auch was das Innendesign angeht. Nachdem dies der größte Kritikpunkt meinerseits bei Yaris, Auris und Avensis war.
Und es hat funktioniert, zumindest teilweise. Das Lederlenkrad fasst sich sehr angenehm an, die Kunststoffe sehen haltbar und gut aus, nichts knarzt, nichts knackt.
Die Sitze an sich sind in Ordnung, aber für den Kenner deutlich als Sitze eines asiatischen Herstellers erkennbar. Mittlerweile hat es das Wort "Seitenhalt" nach Fernost geschafft, aber die Polsterung ist nach wie vor zu weich, die Beinauflage zu kurz. Zudem sitzt man im Auto zu hoch. Ich bin mit meinen 1,89m nun kein Riese, auch kein Sitzriese, aber selbst auf niedrigster Einstellung streife ich fast am Dach, auch die Winkel im Knie passen irgendwie nicht.
Die Sitze haben sogar eine Lendenwirbelunterstützung, sogar elektrisch. Allerdings ist diese nicht in der Höhe verstellbar, und somit mir zu niedrig.
Die Sitzheizung wird gleichmäßig warm und hält diese Wärme auch, beides Dinge, die man über das beheizte Lenkrad nicht sagen kann. Den Parkpilot habe ich nicht wirklich getestet, ungewöhnlich ist die doppelte Bestätigung des statischen Fernlicht-Assistenten. Zum Knopf oben muss noch der Blinkerhebel nach hinten gedrückt werden, wodurch aber für mich der Blinker extrem unbequem zu erreichen ist.
Viele Details sind überraschend gut umgesetzt - so bspw. die Türtafel. Ja, alle Knöpfe sind aus anderen Modellen bekannt, aber neben dem (Kunst-)Leder auf der Armauflage ist der Stoffeinsatz auch mit Textur versehen. Schön dass bei Toyota mittlerweile auch Leute arbeiten, die Bock auf schöne Sachen haben, die Autos nicht nur als Transportmittel von A nach B ansehen.
Ich finde, Toyota ist seinem Anspruch alles anders, aufregender zu gestalten, durchaus gerecht geworden. Besser? Meh.
Ja, der Bordcomputer ist mehr als nur ein Tripcomputer, man kann nun auch das Telefon, die Musikanlage und rudimentär sogar das Navigationssystem darüber steuern. Auch die Geschwindigkeit wird endlich digital angezeigt.
Ebenso wirkt das Infotainment (Navi war nicht verbaut) nicht mehr wie ein günstiges Ding aus dem drittklassigen Zubehörkatalog, sondern schön integriert.
Die Klimasteuerung hat im Vergleich zur Vergangenheit gewonnen (<- irgendwo da ist ein Link versteckt ). Wenn da nicht die Fertigungsqualität wäre...
Auch der breite Streifen Plastik in Klavierlackoptik hübscht das Interieur deutlich auf - wenn auch mit allen Nachteilen wie Empfindlichkeit für Kratzer und Fingerabdrücke.
Ergonomisch ist es eine gemischte Sache. Dummerweise ist das Infotainment (abgesehen von der Steuerung über den BC) touchscreenonly. Extrem nervig, zumal das Infotainment auch die Definition von langsam und laggy ist. Vielleicht lag es daran, dass die Fahrdaten an den Händler übermittelt wurden, aber das Ausstellungsmodell (mit Navi) war genauso langsam. Unglaublich für das 21. Jahrhundert.
Auch wenn der Schalter für den adaptiven Tempomaten bei mir nostalgische Gefühle an Zürcher Taxifahrten auslöst, ist gerade sein Bewegen gerade anfangs irritierend. Ich denke das wäre aber nichts was mit der Zeit nicht vergehen würde.
Wo die Hybridtechnik den doppelten Ladeboden zunichte macht, wird der Cupholder quasi alleiniger Vertreter der verstellbaren Ladehöhe.
Dadurch passt sogar eine 1l Wasserflasche hinein, ohne das Nutzen der nicht verstellbaren Mittelarmlehne unmöglich zu machen.
Insgesamt hat der Innenraum des CH-R neben einigen Schwächen auch Stärken, die man so nicht erwartet.
Ja, Staub ist der Todesfeind des Absatzes, auch die Lüftungsdüse für die Seitenscheibe ist mMn. sehr hübsch gelöst.
Insgesamt kann Toyota schon stolz sein auf das Fahrzeug, was durch die übermäßige Platzierung des Markenlogos auch deutlich wird. Ja, das ist eine Projektion der Logos auf den Boden vor die Türen. In einem Toyota. Krass.
Fahren
Vom Antriebsstrang habe ich mir mehr erwartet. Ja, man muss sich einstellen auf den Hybriden, die Hinfahrt zum Arbeitsplatz war Eingewöhnungsphase und wird knallhart mit einer 7 vor dem Komma quittiert. Auf dem Rückweg habe ich dann eine überzeugendere 3,7l/100km auf dem Display gesehen. Mit etwas Überlandfahrt, wo auch mal die bessere Hälfte fahren durfte, standen am Ende 5,3l/100km im BC, was auch an der Tankstelle bestätigt wurde.
Das stufenlose Automatikgetriebe ist sowieso ungewöhnlich. Dieses anhaltende Aufheulen beim Beschleunigen ist extrem nervig, gerade ob der dann mangelnden Isolierung der Vibrationen. Selbst bei sanftem Gasfuß wird Beschleunigen auf der Autobahn so zum, ich sag mal, Cringe-Moment. Das Metier ist ganz eindeutig Stadtverkehr und bedingt die Landstraße.
Das Fahrwerk ist komplett unauffällig. Stuckert nicht, ist keine komplette Sänfte, aber auch nicht knüppelhart. Das Gleiche gilt für die Lenkung, leichtgängig genug fürs Rangieren, ohne dabei bei höheren Geschwindigkeiten nervös zu werden.
Highlight in diesem unauffälligen Einheitsbrei (was nicht so negativ gemeint ist wie es klingt) ist ganz eindeutig die bis zu 4 Kilometer, die man komplett elektrisch fahren kann. Benötigt einen sehr sachten Gasfuß, eine volle Hybridbatterie und einen fließenden Verkehr. Dieses Säuseln beim lautlosen Beschleunigen hat auf mich eine ähnliche Faszination wie das Blubbern eines V8. Hat mich doch überrascht.
Fazit
Der CH-R macht vieles besser als alle anderen Modelle im Toyota-Portfolio. Er sieht anders aus, er gibt sich im Innenraum Mühe, alles Dinge, die ich auch erwartet habe. Meine Erfahrungen mit einem Yaris Hybrid haben große Erwartungen an den Antriebsstrang auch gerade ob des Verbrauchs geweckt - denen der CH-R nicht gerecht werden konnte.
Zudem ist das oben nur ein kleiner Auszug an Nickligkeiten, die mir das Fahrzeug versauen. Das mag man pingelig nennen, nur gibt es in der Kategorie um die 30.000€ halt auch Autos, die Vieles davon so viel besser machen. Sei es die nervige und ungenaue PDC-Anzeige im BC, dass man für jede Fahrt die "Hold"-Funktion aktivieren muss und zu guter Letzt das unfassbar langsame Infotainment würden mich tagtäglich derart nerven, dass es mir persönlich das Geld nicht wert ist.
Ja, ich hätte es mir doch noch überlegt, wenn der Verbrauch dauerhaft im Bereich um 3 - 4 Liter läge - ein zukunftssicheres Fahrzeug (Benziner, 6d temp) welches einem nicht die Haare vom Kopf frisst und dabei noch gut aussieht. Und trotz meinem doch recht simplen Pendelweg mit begrenzter Landstraße & Autobahn und einem überraschend hohen Anteil an innerstädtischen Verkehrswegen kann der Hybride leider kein Versprechen abgeben für den niedrigen Verbrauch.
Zumal man für die Langstrecke ja doch wieder mieten müsste... Wobei, ist das nicht ein Pluspunkt?!
PS: bei Fragen bitte fragen, ich hoffe ich kann adäquat antworten. Auch sonst ist Feedback gerne gesehen.
PPS: das ist mein erstes Mal mit dem neuen Texteditor einen langen Text zu verfassen. Insofern bitte ich um Nachsicht dass ich nur mit Vorschauen von Bildern gearbeitet habe, und somit oftmals sich erst der Sinn hinter einem Bild ergibt wenn es geöffnet wird.