Moin moin,
in Hamburg fand am letzten Wochenende im Rahmen der Messe "Oohh! Freizeitwelten" ein vom Abendblatt veranstaltetes jährlich wiederkehrendes Event statt: Die Hamburger Autotage.
Hier stellen Autohäuser wie in ihren Vorführräumen Neuwagen aus und locken mit Messerabatten. Das ist aber gar nicht der Grund, weshalb ich die Autotage besucht habe. Es geht mir viel mehr um das Probefahrevent, bei dem Viele auf der Messe vertretene Autohäuser verschiedene Modelle zum Probefahren anbieten. Ich ließ es mir natürlich nicht nehmen, den einen oder anderen Wagen auf eine kleine Spritztour zu entführen und mir Eindrücke zu verschaffen.
Die Probefahrten laufen wie folgt ab:
Am zentralen Infoschalter kann man sich erkundigen, welche Autos zu welchen Zeiten frei sind und sich Termine geben lassen. Zum vereinbarten Termin findet man sich an diesem Schalter wieder ein und geht mit einem Begleiter vom Abendblatt nach draußen zum Parkplatz, kriegt den Schlüssel übergeben, setzt sich mit dem Begleiter ins Auto und braust los. Für die Fahrt stehen einem ca. 20 min zur Verfügung. Kein Zeitraum, um sich einen detaillierten Gesamteindruck vom Fahrzeug zu verschaffen, aber es reicht immerhin zur groben Einschätzung.
Anschließend geht man gemeinsam zurück in die Messehalle und füllt auf einem iPad einen Fragebogen zum Auto aus.
Alle Berichte sind selbstverständlich subjektiv und sehr oberflächlich. Mit Details wie Fotos, Infotainment, Kofferraumvolumen und Platz auf der Rückbank konnte ich mich mangels Zeit leider nicht auseinandersetzen.
Audi Q3
Das Facelift Die Neuauflage des Audi Q3 ist an mir ein wenig vorbeigegangen. Ich hatte zwar auf dem Schirm, dass es sie gibt, mich aber nicht wirklich damit auseinandergesetzt. So sah ich auf der Liste der verfügbaren Autos in der Audi-Liste den Q3 und ergriff die Gelegenheit, ihn mal zu testen.
Direkt nach dem Einsteigen fühlte ich mich wohl. Das Audi-Interieur ist und bleibt meiner Meinung nach das beste. Vielleicht, weil ich mich immer wieder gern an den A5 zurückerinnere, den ich vor Jahren mit maximaler Euphorie als ersten Mietwagen gefahren hab.
Natürlich hat sich der Inennraum seitdem gewandelt. Der Q3 hat die neue Generation des Infotainments, also das deutlich besser in den Innenraum integrierte Display, welches sich unterhalb des A6 übrigens etwas anders bedient: Die Touch-Oberfläche reagiert unmittelbar. Kein 3D-Touch, kein Tick-Geräusch. Die Klimabedienung ist auch anders als im A6 und aufwärts. Es sind weiterhin die Drehregler und Knöpfe wie z.B. beim aktuellen A4.
Der Q3 fährt sich Audi-Typisch direkt, bei häufigen Geschwindigkeitsschwankungen im unteren Bereich (10 - 40 km/h) etwas ruppig, aber insgesamt fabelhaft entspannt. Als 35 TFSI mit 150 PS und einem 7-Gang DSG kommt er in der Stadt aber auch relativ flott vom Fleck. Nur die Lenkung könnte etwas präziser sein. Gelegentlich muss man etwas zu viel rudern.
Das Außendesign ist aus meiner Sicht gegenüber dem Vorgänger ein klarer Zugewinn. Scharfe Kanten, ein bulliges Gesicht mit markanter Tagfahrlicht-Grafik vorn. Hinten eine klare Zeichnung mit hübschen Heckleuchten.
Die Auspuffblenden sind etwas ärgerlich, aber ich sehe nicht, warum so viele Leute deshalb so ein Fass auf machen. Wenn ich die Zielgruppe für das Auto wäre, wäre das jedenfalls kein "Auf gar keinen Fall kaufen"-Argument.
Der Gesamteindruck ist stimmig. Für ein SUV fährt er ordentlich. Dynamisch und Komfort kann er gleichermaßen, wenn auch nicht herausragend gut.
Skoda Octavia Combi RS
Nach dem Q3 ging es direkt los mit etwas sportlicherem. Der Octavia RS hat einen 2.0 TSI mit 245 PS. Kommt uns bekannt vor? Richtig. Es ist der Motor aus dem Golf GTI Performance! In diesem Fall gekoppelt an ein 7-Gang DSG.
Was sofort bei Motorstart auffällt: der Sound. Für einen Kombi ungewohnt. Der Wagen hat schon im Stand einen schönen, tiefen, voluminösen Sound. Beim Fahren wird dieser immer besser. Gas geben macht Spaß, der Kombi geht gut ab. Ich habe leider noch keinen "normalen" Octavia Combi gefahren, deshalb kann ich nichts zu Unterschieden vom Fahrverhalten erzählen, aber er fährt schön knackig, hängt im Sportmodus gut am Gas, lenkt für einen Kombi erstaunlich präzise und der Sound ist sagenhaft.
Im Alltag würde er mich auf dauer nerven, aber ich kann mir vorstellen, dass mit abschalten des Sportmodus' auch der Sound ruhiger wird. Aber für die kurze zeit, wollte ich nicht mit langweiligen Modi herumexperimentieren
Honda Civic Type R
Mein persönliches Highlight war der Honda Civic Type R. Ein Kampfköter. Er ist Laut, schnell und wendig. Motor gestartet und gegrinst. Das gefällt mir. Im Kaltstart brabbelt er vor sich hin und klingt bedrohlich.
Ich bin einst den aktuellen Civic mit dem 1.5 VTEC Motor mit 182 PS gefahren, als er neu rauskam. Schon da wunderte ich mich über den Schub, sobald der Turbolader einsetzt. Der Type R ist, nunja, eine ganz andere Liga. 320 PS, ein Gebrüll, das seinesgleichen sucht und eine Agilität jenseits von gut und böse.
Man sitzt in Schalensitzen, die einen an allen Seiten stützen. Mein Kumpel, der ein breiteres Kreuz hat, saß dadurch äußerst ungemütlich, weil sich die Sitzwangen nicht einstellen lassen.
Der Kopf des Schaltknüppels ist aus Aluminium. Da ich der erste Fahrer dieses Wagens am Sonntag war, war er dementsprechend kalt.
Ausparken erleichtert die RFK, kombiniert mit PDC rundherum, was bei dem Auto auch bitter nötig ist. Man wird vom Sitz so sehr festgehalten, dass selbst ein Schulterblick ein Kraftakt ist. Da noch nach hinten zu schauen und dieses uneinschätzbare Heck und diese uneinschätzbare Front halbwegs akkurat zu manövrieren, ist ohne Helferlein quasi ein Ding der Unmöglichkeit.
Los geht's. Erstmal vom Messegelände runter. Die Leute drehen sich zur Dröhnenden dreiflutigen Abgasanlage um und sehen ein bis auf's letzte auf Agressivität ausgelegtes Design an einem grauen Auto mit riesigem Heckspoiler.
Als wir das Gelände verließen und ich einmal testweise das Gas streichelte, prägte sich ein grinsen in die Gesichter von mir und meinen Mitfahrern, das auch erstmal bestehen blieb.
Auf einer leeren Geraden hab ich ihm dann einmal die Sporen gegeben. Ab 2500 Umdrehungen entfaltet er so eine Power, dass ich den Mund nicht mehr schließen konnte. Der stärkste Wagen, den ich bisher gefahren bin. Und er haute mich um. Wie ein 2l 4-Ender, also quasi ein Motor wie zuvor der des Octavia RS, an so unheimlich viel Power kommt, hat mich - massiv untertrieben gesagt - gewundert. Unfassbarer Wagen.
Die Begleiterin vom Abendblatt sagte zu Beginn der Runde, dass der Wagen bisher tatsächlich kaum bewegt wurde, weil niemand besonderes Interesse an einem Civic habe. Daraus schloss ich, dass die alle mit dem Suffix "Type R" nicht viel anfangen konnten. Umso besser für mich. Ich fragte sie, ob wir im Anschluss noch eine Runde drehen könnten, wenn der Wagen eh nicht ausgelastet ist. Sie stimmte zu und wir fuhren noch eine Runde mit der Spaßmaschine.
Als Fazit muss ich aber sagen, dass ich mir den Wagen zwar gut für gelegentliche schönwetter-Ausflüge vorstellen kann, aber für einen Alltagswagen ist er meiner Meinung nach zu puristisch. Sportliche Schalensitze - selbst auf der Rückbank - sind nett, aber nicht alltagsfähig. Der Verbrauch lag ab tanken (Tank fast leer) im Schnitt bei knapp 20 Litern. Gut, ich war wahrscheinlich nicht der einzige, der im R-Modus geheizt ist, aber das ist schon ein Brett. Apropos Brett: Das Fahrwerk ist ideal für schnelles Landstraßenkurvenräubern (Danke, deutsche Sprache), hart mit präziser Lenkung. Aber nein, auch das kann ich mir nicht für den Alltag vorstellen. Selbst ich als junger Bursche hätte da auf Dauer Sorgen um meine Bandscheiben
Jaguar E-Pace
Auch Jaguar-Landrover war auf der Messe vertreten und hatte einige schnieke Autos am Start. Zu Fahren gab es aber nur den Jaguar E-Pace. Ein Kompaktes SUV, das mit seinem Design strahlt. Innen ist er auch hübsch. Sehr schönes Infotainment. Vor allem die Navi-Karte hat es mir angetan. Mit den unnützesten Spielereien, wie 3D-Gebäude auf der Karte, kriegt man mich immer
Fahren tut er auch gut. Die Lenkung ist für ein SUV okay und das Fahrwerk ist eher auf Gemütlichkeit abgestimmt.
Es mag am direkten Vergleich zum Type R liegen, aber der Basismotor P200 mit 147 PS ist eine alte Möhre. Das Drehmoment kommt erst sehr spät; Laut Wikipedia erreicht er seine 147 PS erst bei 5500 U/min. Das Drehmoment hat keine Angabe. Wahrscheinlich wäre es zu peinlich gewesen
Viel mehr zu sagen gibt's dazu nicht wirklich. Er fährt eben unauffällig. Aber das ist gut.
Als Alltagswagen würde er bei mir rausfallen. Ich brauche keinen Jaguar und auch kein SUV
Audi A1
Ja, auch den neuen Audi A1 durfte ich fahren. Er ist vom Innenaufbau ähnlich wie der Q3. Viel Klavierlack, schöner Bildschirm in der Mitte, Klima mit Knöpfen und Drehern. Ich hatte den 30 TFSI mit 116 PS. Kein spektakulärer Motor. Möchte man meinen. Ich fuhr vom Messegelände runter und trat mal Spaßeshalber (eigentlich sogar, um vorzuführen, was für eine Krücke der Motor ist) aufs Gas. Hoppla, wieso fahren wir denn so schnell? Der kleine Wagen braucht keinen großen Motor, um flott voranzuschreiten. Er ist richtig spritzig unterwegs.
Vergleichbar ist das Fahrverhalten mit dem Ford Fiesta, der auch überraschend gut voran und um die Ecke geht. Selbst die Höchstleistung von 200 PS haben sie gemeinsam.
Von Außen ist der kleinste Audi auch ein heißes Teil. Bissige und freche Optik von vorne und Hinten. Die LED-Scheinwerfer sind bei dem Wagen Pflicht; die S-Line rundet das Paket ab. Der kleine ist ein wirklich tolles Auto. Live viel eher als auf Bildern.
Seine Ausstattung beinhaltete unter anderem ACC. Alles klar. ACC + DSG bedeutet bei VAG ja non-pedal-driving. Nix da. Der A1 folgt dem Vordermann und bleibt mit ihm stehen. Nachdem aber die Anfahrbereitschaft nach wenigen Sekunden vorbei ist, gibt es ein lautes Piepen und im Cockpit steht, dass man wieder übernehmen soll. Die Bremse wird automatisch gelöst und wenn man nicht aufpasst rollt der Wagen einfach in den Vordermann. Was soll das denn? Scheint ja ein MQB A0 eigenes ACC zu sein. Ist das beim Polo mit ACC genauso? Ist das nicht gefährlich?
Ansonsten kann ich vom A1 wirklich nur gutes reden. Schöner Wagen, spritziger Wagen, teurer Wagen. Mist. Irgendwas ist ja immer.
Tja, wer einen Audi A1 will, muss tiefer in die Tasche greifen als bei einem Ibiza. Natürlich kriegt man dann einen Wagen, der sportlicher ist, innen und außen besser aussieht und das Statussymbol Audi hat, aber rational betrachtet braucht man das alles nicht. Gut, rational betrachtet reicht dann auch ein Skoda Citigo. Jeder geht eben seinen Weg.
Für mich jedenfalls wäre der A1 etwas, wenn ich ihn nicht vollumfänglich bezahlen müsste. Interesse ist da, Like2drive
Volvo V60
Das letzte, was ich auf der Messe bewegt habe, war ein Volvo V60. Gerade letztes Jahr aufgefrischt, hab ich ihn mir mal gegönnt. Er hatte den T6 Motor mit 310 PS und obligatorischem Allrad. Die PS-Zahl habe ich erst gegen Ende der Fahrt erfahren und war dann etwas schockiert. DAS waren 310 PS? Wieviel hat der Type R nochmal? 450?
Naja, ich hab ihn nicht voll ausgedreht, aber als ich Gas gab, fühlte sich das an wie um die 200 PS. Gut, es war ein Kombi, aber selbst der Octavia RS fühlte sich beschleunigungsmäßig besser an. Mag daran liegen, dass der RS auch Sound hatte, aber die 310 PS des V60 müssen sich irgendwo deutlich weiter oben im Drehzahlband versteckt haben. Wäre zumindest in der Hinsicht verständlich, dass der Motor eine Turbo- und Kompressoraufladung hat. Aber okay, ich möchte nicht so viel meckern. Versteht mich nicht falsch. Der Wagen ist gut. Innen schlicht und außen... auch. Pures Understatement. Dass in diesem Auto um die 360 PS möglich sind (T8: 303 PS Benziner + 87 PS Elektro), sieht man ihm nicht an.
Ein nettes Feature, das ich nun endlich mal testen konnte, ist der Pilot von Volvo. Er heißt Pilot, ist aber nicht vollautonom. Er funktioniert wie ein adaptiver Tempomat mit Spurhalter. Aber er ist sehr sicher bei dem, was er tut. Wenn er es tut. In der Stadt ist er eher ungeeignet. Er verliert zu schnell und oft die Fahrbahnmarkierungen und bittet den Fahrer zu übernehmen.
Das Infotainment ist schön. Leider habe ich mich damit so gar nicht ausgeinandergesetzt. Den riesigen Bildschirm, der schon fast in einer Liga mit Tesla spielt, dürften sich deutsche Autobauer aber gern mal abschauen.
Ich kann zu den Autotagen wirklich sagen, dass das jedes Jahr wieder ein Highlight ist. Es gibt immer die neuesten Autos zum "kostenlosen" testen und das ohne schlechtes Gewissen, wenn man den Wagen nicht anschließend kauft
Natürlich ist der Messepreis fällig, der liegt pro Tag aber unter € 10,00 und ist es damit allemal wert, zumal man ja noch eine riesige Freizeit- und Urlaubsmesse mit drin hat.
Vielen Dank an der Stelle an alle Autohäuser, die dort ihre Vorführwagen in der Halle und auf der Straße zum Testen aufstellen und einem so tolle Erfahrungen bieten!
Und danke für eure Aufmerksamkeit. Ich gehe nun meine Finger eincremen