"Bearbeitungsgebühr" bei Bussgeldern illegal?!

  • Es dürfte hier sicher einige interessieren. Es geht um die gängige Praxis - vor allem bei Sixt - bei Bussgeldern eine "Bearbeitungsgebühr" zu erheben.


    Mir ist das gerade bei einem Bussgeld über 10,00€ passiert. Sixt erhebt doch glatt 20,00€ "Bearbeitungsgebühr". :cursing:


    Nach meinem Rechtsempfinden dürfte dieses Vorgehen rechtswidrig sein, weil in der Bearbeitung der Fahreranfrage keine Leistung gegenüber dem Mieter erbracht wird, sondern der Vermieter eine gesetzliche Pflicht des Kfz-Halters erfüllt.


    Ich habe dazu einen interessanten Artikel gefunden: (LINK ->)Gebühren für Knöllchen am Mietwagen: Bearbeitungsentgelt & Servicepauschale – rechtswidrige Praxis der Autovermieter.



    Ich frage mich - warum hat da noch niemand geklagt?

    Einmal editiert, zuletzt von Excess0r ()

  • Das Argument kann ich nicht nachvollziehen. Gegen welchen wesentlichen Grundgedanken aus welcher gesetzlichen Regelung (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB) soll denn verstoßen worden sein?


    Natürlich erfüllt der Vermieter mit der Auskunft seine gesetzliche Pflicht, das bestreitet ja keiner. Aber das Gesetz sagt ja nicht, dass ich die dafür entstehenden Kosten nicht vertraglich an Dritte weitergeben darf. Tatsache ist doch in 99 % der Fälle, dass der Mieter durch seinen Regelverstoß dieses Aufwand ja gerade verursacht hat und ich empfinde es als sachgerecht, die dem Vermieter dadurch entstandenen Kosten zu erstatten.


    Dass der Mieter auch ohne Schuld handeln könnte und etwa seine Angaben nur wegen einer Zeugenaussage benötigt werden könnten, halte ich für praxisfern. Falls das tatsächlich einmal der Fall sein könnte, kann man darüber diskutieren.


    Der Vermieter hat aufgrund der vertraglichen Vereinbarung in den AGB dann die Möglichkeit, diese ihm entstandenen Kosten pauschal anzusetzen, sofern er sich im Rahmen des § 309 Nr. 5 BGB bewegt.


    Und warum dagegen keiner klagt, wurde in dem von dir verlinkten Artikel doch erläutert: Der Streitwert ist zu klein, niemand zieht wegen 20€ vor Gericht, erst Recht wenn die Erfolgsaussichten so mau sind m.E.

  • EC und SIXT zusammengerechnet hatte ich locker schon 30-40 OWis. Davon wurde vielleicht 3 oder 4 mal der Bearbeitungsaufwand berechnet. Mit der Zeit hat man drauf verzichtet, vielleicht weil man gesehen oder bemerkt hat, dass es irgendwann unverhältnismäßig wird und juristisch angreifbar ist.


    Man hat immer die Möglichkeit zu beweisen, dass kein oder nur ein geringerer Schaden entstanden ist. Bei einer OWi und dem damit verbundenen Bearbeitungsentgelt eher schwierig, wenn allerdings bei 30 OWis dann 30x20 Euro berechnet wird, für faktisch gar keine Leistung, halte ich das schon für fragwürdiger.


    Und ich glaube deshalb hat man auch drauf verzichtet. Durch die Bank weg, bei mehreren Vermietern so beobachtet. Just my 2 cents.


    Viele Grüße

  • Ich rege mich darüber auch nicht großartig auf. Ich sehe es als Teil der optionalen Dienstleistungen des Vermieters, ich kann ja selbst entscheiden ob ich die Dienstleistung in Anspruch nehme, indem ich mich entscheide mich an die Straßenverkehrsordnung zu halten oder eben nicht. Analog zu irgendwelchen Betankungsgebühren, da zwingt mich ja auch niemand dazu, die Karre leer abzugeben.


    Zudem fallen 20 Euro Bearbeitungsgebühr alle paar Jahre wenn es einen dann mal doch erwischt nun auch nicht wirklich ins Gewicht. In NL zahle ich für die Bußgelder auch ohne Bearbeitungsgebühr schon das doppelte wie in D.

  • "Dass der Mieter auch ohne Schuld handeln könnte und etwa seine Angaben nur wegen einer Zeugenaussage benötigt werden könnten, halte ich für praxisfern. Falls das tatsächlich einmal der Fall sein könnte, kann man darüber diskutieren."

    Also dass gegen Bußgeldbescheide Einspruch eingelegt wird und einigen dieser Einsprüchen auch stattgegeben wird, halte ich für nicht praxisfern.

  • Der Vermieter verlangt die Gebühr, weil er dem Amt deine Kontaktdaten weitergibt, damit es dich belangen kann.

    Wenn du das nicht möchtest, dann hältst du dich entweder an die Regeln oder wenn du einfach nur einen Strafzettel bezahlen möchtest, kannst du auch einfach dem Amt bescheid geben, dass die Post direkt an dich gehen soll. Schon kriegt der Vermieter keinen Wind davon. ¯\_(ツ)_/¯

  • Hab mal ein Mandat via SIXT bekommen, ich soll irgendwoin Bayern mit einem Mietwagen zu schnell gewesen sein.

    Natürlich mit der Bearbeitungsgebühr von Sixt, wurde automatisch von der KK abgezogen.

    Nachweislich kann ich das nicht gewesen sein, zur Tatzeit war ich am Gardasee.

    Das Foto kam auch nach einiger Zeit und ich war nicht der Fahrer und das war auch nicht das Mietauto von mir.

    Hab Einspruch eingelegt, wurde auch statt gegeben, keine Ahnung was da schief gegangen ist mit den Bildern.

    Hab dann die Einstellung an sixt geschickt und die 20€ gab es umgehend zurück

  • Gibt bis jetzt auch nur Entscheidungen auf Ebene der Amtsgerichte und die sind anscheinend auch noch widersprüchlich: https://www.haufe.de/recht/deu…sk_PI17574_HI8207968.html


    Rechtssprechungen für Gebühr:

    AG Stuttgart NZV 2005, 104; AG Neuwied NZV 2005, 106; AG Karlsruhe NZV 2005, 655; AG Herford NZV 2010, 314)

    Rechtssprechung gegen (zu hohe) Gebühr:

    AG Stuttgart NZV 2005, 104; AG Leipzig NZV 2005, 106; AG Heilbronn NZV 2012, 256


    P.S.: Ich hatte mal auf Basis "AG Heilbronn NZV 2012, 256" 2017 einen Brief an Europcar geschickt gehabt. Europcar hat dies aber schlicht ignoriert. Hab dann die Gebühr bezahlt, da ich nicht auf die Blacklist wegen 14,99€ kommen wollte.

    Einmal editiert, zuletzt von Bombutter ()

  • Man sollte dann nach Möglichkeit aber nicht blind zitieren, sondern die Entscheidungen auch lesen.


    Der Leitsatz von AG Heilbronn NZV 2012, 256 lautet nämlich:


    "Die Erteilung einer einfachen Auskunft über den Mieter eines Kraftfahrzeugs durch einen gewerblichen Autovermieter im Bußgeldverfahren stellt regelmäßig keinen entschädigungsfähigen Aufwand i.S.d. §§ 20ff JVEG dar. Dies gilt auch dann, wenn der einzelkaufmännisch tätige Zeuge persönlich Halter des fraglichen Fahrzeugs ist."


    In dem Fall hat der Vermieter daher nach Weitergabe der Daten des Fahrers einen Zeugenentschädigungsanspruch nach Maßgabe des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) gegenüber den Justizbehörden geltend gemacht, nicht gegenüber dem Mieter.

    Dieser Fall sagt daher über die Frage der Wirksamkeit der hier besprochenen AGB-Klauseln gar nichts aus.


    Dass Europcar einen Verweis auf diese Entscheidung ignoriert, kann ich daher nachvollziehen.


    edit: gleiches gilt für AG Stuttgart NZV 2005, 104 und AG Leipzig NZV 2005, 106. Diese Urteile beziehen sich allein auf einen Zeugenentschädigungsanspruch nach dem JVEG bzw. dem Vorgängergesetz ZSEG. Das Urteil des AG Stuttgart hast du übrigens zweimal zitiert, einmal für und einmal gegen die Gebühr. :/

    Einmal editiert, zuletzt von T203004 ()

  • Die eigentliche Frage in diesem Thread und bei der Ausgrabung Jahrzehntealter Themen ist doch, wann der TO mit einem super-duper-mega-krassen Service/Webseite/Firma um die Ecke kommt, die sich zufällig genau auf die Bearbeitung solcher Dinge spezialisiert hat.

  • Fies ist ja Sixt in Spanien verlangt 39,90€, das geht deutlich über eine Aufwandspauschale hinaus m.E.:cursing::thumbdown:

    hertz.de macht da auch keine scherze:

    Zitat

    Pro Park- oder Verkehrsbuße wird eine Bearbeitungsgebühr in Höhe von € 29,75 (inkl. MwSt.) berechnet.


    Diese Gebühr wird nicht erhoben, sofern Sie nachweisen, dass die Park- oder Verkehrsbuße unbegründet war, dass Sie oder den jeweiligen Fahrer kein Verschulden trifft, kein Schaden entstanden ist bzw. der tatsächlich entstandene Schaden wesentlich geringer ist als die Gebühr.


    https://www.hertz.de/rentacar/…KEYWORD=FINES&EOAG=FRAT50

  • Ich rege mich darüber auch nicht großartig auf. Ich sehe es als Teil der optionalen Dienstleistungen des Vermieters, ich kann ja selbst entscheiden ob ich die Dienstleistung in Anspruch nehme, indem ich mich entscheide mich an die Straßenverkehrsordnung zu halten oder eben nicht.

    Das gilt natürlich nur, wenn der Vorwurf der OWi auch gerechtfertigt ist.


    Ich habe in meinem Leben schon mehrmals selbst erlebt, dass mir OWi's zu Unrecht zu Last gelegt wurden.


    Z.B. wenn die Geschwindigkeitsmeldung fehlerhaft war [Beispiel z.B. hier]

    Oder auch bei Parkverstößen hatte ich schon den Fall, dass mein Parkschein nicht gefunden wurde :huh:


    Daher bitte mit solch pauschalen Aussagen immer etwas vorsichtig umgehen ;-)

  • Ich bin hocherfreut über die zahlreichen angepassten und gehirngewaschenen auf Linie gebürsteten Autofahrer in diesem Forum.

    Jeden Schwachsinn brav hinnehmen und bloss nicht gegen das Establishment rebellieren.


    Sowas macht ein guter Deutscher ja nicht. 8o



    PS: Ich habe mich gerade erfolgreich gegen diese Praxis gewehrt.



    PPS: Um Vorurteilen gleich mal entgegenzuwirken: Ich bin Ende 40, fahre seit mindestens 30 Jahren unfallfrei und das bei mindestens 80.000km/Jahr.

    Ich bin KEIN Raser, der andere gefährdet und sich dann über ein zurecht verhängtes Bussgeld ärgert.