Mit dem Challenger Graphite 358 auf der deutschen Alpenstraße

  • Wie vor einigen Wochen im „Zukünftige-Mieten-Thread“ geschrieben, ging es über Ostern und die darauffolgende Woche in einem Wohnmobil über die deutsche Alpenstraße vom Bodensee bis nach Berchtesgaden.


    Da dies eine etwas außergewöhnlicher Miete war, als die üblichen PKW-Mieten, will ich hier einen längeren Beitrag dazu schreiben.




    Die Eckdaten der Reise



    Die Buchung erfolgte über den ADAC. Kosten für 8 Tage lagen, inkl. zusätzlicher, externer SB-Minderung, bei ca. 700 EUR.

    Die Anmietung erfolgte am 18. April 2019 um 11:00 Uhr. Rückgabe war am 26. April 2019 um 9:00 Uhr.

    Am Morgen des 19. April 2019 sollte es dann an den Bodensee gehen. Die ca. 450 km lange Alpenstraße haben wir in folgende Tagesetappen aufgeteilt:

    • 18. April: Abholung
    • 19. April: Anfahrt zum Bodensee
    • 20. April: Bodensee – Füssen
    • 21. April: Füssen – Tegernsee
    • 22. April: Tegernsee – Chiemsee
    • 23. April: Chiemsee – Berchtesgaden
    • 24. April: Aufenthalt in Berchtesgaden
    • 25. April: Rückfahrt nach Koblenz
    • 26. April: Rückgabe


    Die Anmietung


    Kurz vor 11:00 Uhr stand ich bei Kastenbus Klaiber, mit dem ich schon im Vorfeld einen sehr angenehmen und freundlichen Kontakt hatte, auf der Matte, um den Camper abzuholen. Nachdem der Mietvertrag erstellt und unterschrieben war, ging es an die Übergabe des Wohnmobils. Da ich noch nie einen solchen Wagen bewegt oder „bewohnt“ hatte, brauchte ich natürlich eine ausführliche Einweisung über die verschiedenen Funktionen und Ausstattungen.


    Die Übergabe war super freundlich und ausführlich. Alle Funktionen und Knöpfe wurden erklärt, so dass ich mich danach gut informiert gefühlt habe und ich bin während der Mietzeit auch niemals auf irgendwelche Probleme gestoßen, die auf eine unzureichende Einweisung zurückzuführen gewesen wären.


    Insgesamt haben die Anmietung und Übergabe eine knappe Stunde gedauert.

    Sehr angenehm empfand ich auch, dass bei der Schadensaufnahme direkt gesagt wurde, dass Steinschläge nicht dem Mieter in Rechnung gestellt werden.


    Zusatzfahrer ist kostenfrei dabei und es gab zwei Autoschlüssel dazu, so dass man nicht völlig aufgeschmissen ist, wenn einer verloren geht oder gestohlen wird.



    Das Fahrzeug



    Die Basis des Graphite 358 ist ein Ford Transit mit einem Aufbau der Firma Challenger. Die Marke sieht man relativ selten, wie uns während der Reise aufgefallen ist. Der Wagen ist 7,19 m lang und knapp 3 m hoch.

    Das gemietete Modell hatte gerade mal etwas über 1.800 km gefahren, war also noch nahezu neu.


    Motorisiert ist der Camper mit 170 PS, bei einem Gewicht von knapp 3.000 kg. Ich habe mich immer ausreichend motorisiert gefühlt und die Automatik hat ebenfalls immer passend agiert. Der Verbrauch allerdings ist durchaus stattlich (aber wahrscheinlich normal für die Größe und Gewicht). 13 bis 14 Liter genehmigt er sich.


    An weiterer Ausstattung sind Klimaanlage, Rückfahrkamera, Tempomat und Freisprecheinrichtung enthalten. Navi wäre nett gewesen, aber mit Smartphone (Google/Waze) funktioniert es eigentlich sowieso besser als mit fest installierten Navis. Also kein Problem.


    Etwas gewöhnungsbedürftig ist die Handbremse. Diese ist links neben dem Fahrersitz und das ungewohnte ist, dass, nachdem man sie anzieht, der Hebel wieder nach unten „zurückfällt“. Hintergrund ist, dass sie sonst den drehbaren Fahrersitz behindern würde. Als ich die Bremse lösen wollte, wusste ich erst mal nicht wie (man muss den Knopf am Hebelende drücken und sie wieder nach oben ziehen). Wurde mir aber auch schnell erklärt und es konnte los gehen.


    Da ich schon Sprinter, Crafter, Ducato gefahren bin, war das Fahren an sich kein weiteres Problem.

    Der Wohnaufbau hat folgende erwähnenswerte Ausstattungen:


    • Vertikal und horizontal verstellbarer Tisch
    • Kingsize Bett (1,60m) im Heck des Fahrzeugs, manuell höhenverstellbar
    • Elektrisch herunterfahrbares Bett im Wohnbereich (haben wir nicht benutzt)
    • Gasherd mit drei Kochstellen
    • Großer Kühlschrank, mit TK Fach
    • Dusche (haben wir nicht benutzt)
    • Toilette (schon sehr beengt und eher als Notlösung zu betrachten; gerade in der Nacht war es aber angenehm, für das kleine Geschäft nicht durch die Kälte über den Campingplatz laufen zu müssen)
    • Diesel-Heizung/Klimaanlage
    • Nach hinten drehbarer Fahrer- und Beifahrersitz
    • Drei weitere Sitze mit Gurten direkt hinter der Fahrerkabine auf der Sitzecke des Campers
    • Große „Garage“ im Heck, in der wir unsere Fahrräder, Getränke, Grill und Campingmöbel transportiert haben (die Fahrräder haben nur eben so reingepasst, wenn das Bett, unter dem die Garage ist, ganz nach oben geschraubt wurde und der Lenker der Räder verdreht wurde; ein drittes Rad hätte keinesfalls noch reingepasst)
    • Mehrere 230 V Steckdosen (funktionieren nur, wenn von außen Strom angeschlossen ist; sehr praktisch für Kaffeemaschine, Wasserkocher oder Toaster)
    • USB Ladebuchsen im Schlafbereich
    • Zahlreiche Aufbewahrungsfächer und Schränke.


    Der Wagen wurde mit voller Gasflasche und Wassertank übergeben (smarter wäre es wohl gewesen, das Wasser erst am Bodensee aufzufüllen und es nicht mehrere hundert Kilometer spazieren zu fahren). Toilettenchemie, Ausgleichskeile und ein langes Stromkabel mit CEE Stecker waren ebenfalls dabei.



    Die Reise


    Nachdem der Gründonnerstag zum Packen genutzt wurde, ging es am Freitag etwas später als beabsichtigt los. Wir hatten erstaunlich wenig Probleme, durchzukommen.


    Leider war es nicht möglich am Bodensee noch eine Reservierung für eine Nacht auf einem Campingplatz vorzunehmen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Kurzzeit-Reservierungen grundsätzlich schwierig bis kaum möglich sind. Noch dazu waren einige Campingplätze am Bodensee noch geschlossen. Letzten Endes kamen wir auf einem Campingplatz in Bregenz unter, der eine nicht so großartige erste Campingerfahrung bot. Der uns zugewiesene Platz war wirklich nur ein Notplatz neben einem alten Schuppen, den ich dann auch noch beim Zurücksetzen am Dach leicht touchiert habe…

    Dafür war es nur ein kurzer Weg an den Bodensee, von dem aus man schön den Sonnenuntergang beobachten konnte.



    Die erste Nacht zeigte, dass das Bett wirklich bequem ist, aber gegen 3 bis 4 Uhr sind wir (übrigens in jeder Nacht) wach geworden, weil es dann einfach zu kalt wurde. Also für 20 Minuten die Heizung voll aufgedreht, so dass es wieder mollig warm wurde und weiter geschlafen. An lassen wollten/konnten wir die Heizung nicht, da der Lüfter einfach zu laut war.


    Am nächsten Morgen ging es nach einem kurzen Frühstück auf die erste Etappe der Alpenstraße. Wunderbar gemütliches dahincruisen mit tollen Panoramen, die man durch die großen Fenster dann auch besser bewundern kann, als bei einem PKW.


    Diesmal bekamen wir auf dem Campingplatz am Bannwaldsee bei Füssen noch einen Platz. War wohl auch glücklich, da eigentlich alles voll war, was man so sehen konnte. Es ging dann zum obligatorischen Besuch von Neuschwanstein. Hier haben wir gemerkt, dass ein Urlaub im Camper auch unflexibel sein kann. Wir wollten ungern mit dem großen Gefährt nach Hohenschwangau rein fahren, um dort einen Parkplatz zu suchen (gute Entscheidung, es war brechend voll), aber die Busse fuhren nur alle zwei Stunden. Mit einem PKW und Wohnwagen ist man da flexibler. Also wurde kurzerhand ein Taxi geordert, so dass wir schnell am Alpsee waren, einmal um diesen herum wanderten, um dann an der Marienbrücke rauszukommen. Ins Schloss selbst sind wir nicht gegangen. Die Schlange am Ticketschalter war wirklich lang und von innen soll das Schloss ja auch bei weitem nicht so schön sein, wie von außen. Der Blick von Marienbrücke war aber klasse, auch wenn man 15 Minuten warten musste bis man draufkam.


       


    Weiter ging’s am nächsten Tag bis zum Tegernsee. Auch wenn es dort nur einen Campingplatz gibt, waren hier noch einige Plätze frei. Wir haben uns also eingerichtet, ein verspätetes Frühstück gemacht und dann die Fahrräder ausgepackt, um einmal um den See zu radeln. Zum Baden war es trotz tollen Wetters aber viel zu kalt. Einmal mit den Füßen rein hat gereicht.


       


    Die nächste Etappe ging an den Chiemsee. Der Campingplatz bei Übersee war dann im Gegensatz zu den bisherigen wirklich leer. Wahrscheinlich, weil die Osterfeiertage zu Ende gingen. Auch hier haben wir eine Fahrradtour gemacht, inkl. Schifffahrt auf die Herreninsel.


          


    Nun stand auch schon die letzte Etappe nach Berchtesgaden an, wo wir zwei Nächte verbringen würden. Der Campingplatz Allweglehen ist ein 5-Sterne-Platz mit drei Saunen, beheiztem Außenpool, super Restaurant und Blick auf den Watzmann. Wirklich zu empfehlen. Am ersten Tag ging es dann kurz nach Berchtesgaden und dann zum Obersalzberg in das Dokumentationszentrum, am zweiten Tag zum Königssee auf eine kurze Wanderung mit anschließender Schifffahrt nach St. Bartholomä und zurück.


                


    Nach Ablassen des Abwassers und entleeren des Toilettentanks verlief die Rückfahrt von Berchtesgaden nach Koblenz dann insgesamt sehr gut, keine Staus oder größere Behinderungen, aber natürlich anstrengend. Wieder war ich froh über die Automatik und den Tempomat.


    Das Ausräumen am Abend ging natürlich schneller als das Einräumen. Anschließend noch an der SB Waschstation von außen abgespritzt (war eigentlich laut Vertrag nicht notwendig, aber der Wagen war ein richtiger Insektenfriedhof und so wollten wir den nicht abgeben) und gesaugt. Am nächsten Morgen dann von innen geputzt (das war vorgeschrieben) und zur Abgabe gefahren. Auch das ging fix. Ein Teil der Kaution wurde aufgrund des Schadens natürlich erst mal einbehalten. Ich warte hier noch auf das Gutachten, so dass ich dieses dann an die externe SB Versicherung weiterleiten kann.


       


    Fazit


    Alles in allem war es eine schöne erste Wohnmobil-Erfahrung. Wir hatten natürlich viel Glück mit dem Wetter, wenn es nur regnet, ist es sicher nicht so toll. Aber das ist ja im Grunde bei jedem Urlaub so.


    Die mangelnde Flexibilität eines PKW habe ich oben ja schon angesprochen.

    Toll ist es, dass man mehr oder weniger mitten in der Natur ist. Hätte man in einem Hotel so nicht.

    Auch die anderen Camper auf den Campingplätzen waren durchweg sehr nett, entspannt und hilfsbereit.


    Schade ist es, dass man ständig an Sehenswürdigkeiten vorbei fährt, die man sich eigentlich gern anschauen würde (Städte/Orte, Museen, Brennereien, Schlösser, Bergseen, etc.), aber dazu reicht die Zeit einfach nicht. Das ist natürlich weniger ein Problem eines Camping-Urlaubs, sondern eher ein Problem eines jeden Roadtrips bei dem man nicht unendlich viel Zeit hat.


    Nun geht es erstmal in einen „normalen“ Urlaub, aber wir sind sicher nicht abgeneigt, noch einmal eine solche Tour zu machen.

  • Nein ich hatte auch irgendein Sondermodell des Challenger erwartet. Aber dann wurde ich entschleunigt.


    Den Schaden haben ich im Bericht auch nicht gefunden. Die Alpenstraße fahren wir im Sommer auch. Allerdings nicht in einem Camper. ;)

  • Haha. Ich dachte auch an Hellcat oder ähnliches.

    Trotzdem super Bericht.


    Dennoch bin ich am Zweifeln ob das was für mich wäre. Preislich bist da ja schon fast bei ner Pauschalreise (Miete, Diesel, Campingplatz, Verpflegung,...).

  • Dennoch bin ich am Zweifeln ob das was für mich wäre

    Ging mir auch gerade durch den Kopf. Es ist sehr schön rausgestellt, dass der vermeintliche Freiheitsgewinn durch Wohnwagen dann doch recht schnell durch die entstehenden Einschränkungen überkompensiert wird. Könnte eventuell aber auch an den vom TE angesteuerten "ich auch!"-Zielen liegen.

  • Klasse Bericht! Wir haben selber einen (kleinen) Camper, und für uns ist klar das, wenn überhaupt als Nachfolger nur ein Pick-Up mit Kabine in Frage kommt. Dann ist man flexibler.

  • Den Schaden haben ich im Bericht auch nicht gefunden. Die Alpenstraße fahren wir im Sommer auch. Allerdings nicht in einem Camper. ;)

    Der Schaden ist auf dem ersten Campingplatz entstanden ("Der uns zugewiesene Platz war wirklich nur ein Notplatz neben einem alten Schuppen, den ich dann auch noch beim Zurücksetzen am Dach leicht touchiert habe…")


    Hinten links oben ist die weiße Plastikverkleidung zerkratzt worden.


    Da wünsche ich schon mal viel Spaß für den Urlaub. Die Straße ist echt toll und es gibt ständig tolle Sachen zu sehen. Wie lange bleibt ihr?


    Dennoch bin ich am Zweifeln ob das was für mich wäre. Preislich bist da ja schon fast bei ner Pauschalreise (Miete, Diesel, Campingplatz, Verpflegung,...).

    Wirklich billig ist es nicht. Das wäre der falsche Grund, um so einen Urlaub zu machen.


    Es ist sehr schön rausgestellt, dass der vermeintliche Freiheitsgewinn durch Wohnwagen dann doch recht schnell durch die entstehenden Einschränkungen überkompensiert wird. Könnte eventuell aber auch an den vom TE angesteuerten "ich auch!"-Zielen liegen.

    Das stimmt, gerade für Neuschwanstein, schon. Aber auch bei weniger frequentierten Zielen hätte ich keine Lust gehabt, nachdem wir auf dem Platz angekommen und alles eingerichtet hatten, wieder zusammenzupacken, um mit dem Dickschiff einen Ausflug zu machen. Mit Bussen und Taxen geht es schon, aber am schönsten und flexibelsten ist es doch mit einem PKW.


    Einige Camper haben wir gesehen, die einen kleinen Smart oder Fiat 500 auf einem Anhänger dabei hatten. Das ist dann wirklich volle Flexibilität. Waren dann aber eher so richtige Luxuscamper, die eher an einen Bus erinnern.


    Klasse Bericht! Wir haben selber einen (kleinen) Camper, und für uns ist klar das, wenn überhaupt als Nachfolger nur ein Pick-Up mit Kabine in Frage kommt. Dann ist man flexibler.


    Die haben wir auch ein paar mal auf den Plätzen gesehen. Wirklich praktisch, wobei wahrscheinlich noch mal weniger Platz als in so einem Wohnmobil? Oder täuscht das.

  • Zitat

    Die haben wir auch ein paar mal auf den Plätzen gesehen. Wirklich praktisch, wobei wahrscheinlich noch mal weniger Platz als in so einem Wohnmobil? Oder täuscht das.

    Naja mit 7,19 seit ihr ja schon sehr großzügig unterwegs gewesen, sowieso für 2 Personen. Also vom Challenger kommend ist die Pick-Up-Kabine deutlich kleiner.

    Wir fahren einen T3 mit festem Hochdach (Länge 4,80m) dazu sehr schmal. Für uns dürfte es vergleichbar sein - dürfte weil bisher nur gesehen aber noch nicht bewohnt.