Wie bereits vor ein paar Wochen versprochen, kommt hier nun ein längerer Bericht über den e-tron.
Eckdaten
Gebucht & gefahren: LFAE
Wo: Sixt Düsseldorf Zentrum/Hbf
Dauer: 1 Woche (11.09.19 bis 18.09.19)
Die Buchung
Für die eigene Hochzeit, welche 400km vom Wohnort Münster entfernt war, war klar, dass es der gewonnene like2drive Seat Arona nicht tun wird. Also musste etwas besseres her. Zunächst hatte ich ein Schnäppchen 355 Tage im Voraus gefunden: eine Woche Gruppe J bei AVIS Münster West für 230€. Da ist zwar das Risiko, dass es ein SUV wird (bin bekennender SUV-Hasser), aber vor 3 Jahren habe ich für den Preis noch IWMR gemietet ...
Über die Monate hatte ich weiter geschaut, ob zufällig ein Tesla verfügbar wäre, aber Nextmove ist teuer, Sixt hat keine, und privat anmieten (Drive, Turo, ...) finde ich nicht angenehm.
Nachdem aber nun e-tron und I-Pace in LFAE bei Sixt in Düsseldorf verfügbar waren, und nachdem einen Monat vor der Termin noch der Preis gesenkt wurde auf 412€, war es mir (der Braut nicht so sehr) den Aufpreis wert, zumal im Falle eines Benziner GLE die Treibstoffkosten doch wesentlich geringer sein dürften.
Die Anmietung
Am Abend vorher wurde ein e-tron geblockt.
Für die Anmietung um 11 Uhr also mit dem Zug nach Düsseldorf gefahren (danke Schienenersatzverkehr ...).
Direkt ins Parkhaus gegangen, zwei e-trons und ein I-Pace standen dort. Die e-trons waren beide gleich ausgestattet. Der I-Pace sieht mit seinen Ballon-Reifen (zumindest eben in Sixt-Ausstattung) echt komisch aus. Da der Schwiegervater bei Audi arbeitet, war klar, was es werden soll.
Also runter an den Tresen, Karten vorgelegt, gefragt, ob voll zurückgebracht werden muss (nein, darf leer sein, nett wäre aber zumindest etwas Ladung), und Schlüssel bekommen.
Seit kurzer Zeit gibt es ja keine ChargeNow-Karte mehr dazu, sondern eine Plugsurfing-Karte, die man auf das eigene Konto in der App registrieren kann. Die RSA hat mir nichts gegeben und ich habe es im Eifer des Gefechts auch vergessen. War für mich kein Problem, da ich mich bereits informiert hatte und mir Plugsurfing auch zu teuer war, aber gut.
Die Ladekarte des Vormieters war lustigerweise noch im Fahrzeug, habe ich aber fairerweise nicht verwendet.
Das Auto war auf 100% bei Anmietung und hatte 5716km auf dem Tacho.
Erster Eindruck & Ausstattung
Nun rollt man lautlos aus dem Parkhaus und drückt auf der ersten Gerade das Pedal durch. Sehr schön, aber dank den 2,7 Tonnen auch nicht abartig. Definitiv aber bis 150km/h ein besserer Antritt als der typische L*AR 30d / 50 TDI. Leider habe ich kein Vergleich zum 540d/E400d.
Die Ausstattung ist etwa wie folgt, leider habe ich aber vergessen, die VIN zu notieren:
- Spiegel-Kameras
- HUD
- nur Tempomat
- Spurhalteassistent
- 360° Kamera
- DAB
- Bang & Olufsen Soundsystem
- 19" aerodynamische Felgen mit Aufkleber
- Wireless Charging
- Panoramadach
- Privacy-Verglasung
- 4-Zonen-Klima
- Memory-Leder-Sitze (ohne Massage)
Explizit fehlte mir ACC (mit besserem Spurhalter) und Sitzkühlung. Wäre ich hinten gewesen, hätte mir auch noch dort eine Sitzheizung / -klima gefehlt. Ebenfalls fehlend war der Ladeanschluss auf der rechten Seite und der 22kW AC-Charger.
Das Laden
Für viele sicherlich das Wichtigste: das Laden und die Reichweite. Zunächst standen für mich die gut 100km nach Münster zurück an. Auf dem Weg lag ein Kaufland, wo man kostenlos mit 50kW laden kann. Das wurde direkt genutzt und wieder auf 100% aufgeladen, sodass ich nach weiteren 35km mit 87% in Münster ankam.
Direkt am Abend stand dann eine 450km-Fahrt zur Verwandtschaft in der Nähe der Hochzeitslocation an. In Münster hatte am Abend vorher auf dem Rasthof ein 150kW-Lader eröffnet, netterweise noch im Messe-Modus und somit mit Gratis-Laden. Somit schnell in 10min auf 100% aufgeladen und los. Einen Stopp bei IKEA in Kamen gemacht, nochmal 8kWh in 25min aufgeladen und mit 92% Richtung Fulda aufgebrochen. Dort steht ein ein Monat alter IONITY-Lader. Über die Kasseler Berge auf der A7 gab es dann große Reichweiten-Schwankungen, die Ursprungsprognose stimmte aber, da ich stets mit sehr viel Rekuperation gefahren war. Dazu aber noch mehr. In Fulda (Eichenzell) wurde dann für 8€ von 10% auf 100% aufgeladen (81kWh in 41 Minuten). Anwesend war sonst niemand dort.
Ab dort wurde über das komplette Wochenende bei Familie und am Hotel aufgeladen, was über die Haushaltssteckdose nie ein Problem war, aber natürlich unendlich langsam. Das mitgelieferte Netzteil liefert an der Haushaltssteckdose 2kW, was ca. 45h Ladezeit macht. Mitgeliefert ist beim e-tron aber netterweise ein Drehstrom-Stecker (400V, 16A), womit zumindest bei meinem Vater 9,8kW aus der Steckdose kam und die komplette Ladezeit auf ca. 9h reduzierte.
Auf dem Rückweg wurde komplett kostenlos geladen, 2x bei Kaufland mit 50kW, in Aschaffenburg und anschließend in Bergkamen. Das sind dann aber schon unschöne Ladezeiten, leider ist entlang der A45 aber kein schnellerer Lader vorhanden. Aufenthaltszeit bei beiden Stationen war insgesamt etwa 2,5h, immerhin konnten wir auf dem Heimweg dann direkt den Kühlschrank auffüllen.
Das Fahren
Hier seien im Wesentlichen die Fahrmodi erwähnt. In diversen Reviews hatte ich im Voraus gelesen, dass alle immer Efficiency wählen.
Das hatte ich deshalb für die ersten 3/4 der Fahrt gemacht. Durch die niedrige Einstellung des Fahrwerks ist dabei aber der Komfort definitiv eingeschränkt. Beim Stoppen des großen Gewichts führt das zu einem seltsamen Wippen beim Erreichen des Stillstands. Im Comfort-Modus ist das definitiv nicht da, da ist das serienmäßige Luftfahrwerk auf Stufe 3 von 5.
Bei der Gas- ähh, Stromannahme sind klar auch Unterschiede merkbar. In Efficiency und Comfort ist die Reaktionszeit deutlich näher an einem Verbrenner. In Dynamic fühlt man sich deutlich mehr wie in einem Stromer, da kann man immer ein Kopfnicken verursachen.
Persönlich würde ich im Comfort-Modus fahren, außer es kommt auf die letzten 5km Reichweite an, dann muss es wohl der Efficiency-Modus sein.
Der Verbrauch
Fahrprofil war etwa 40% Autobahn mit 120km/h, 30% Autobahn mit 130km/h, 5% Autobahn mit 160+ km/h und die restlichen 25% Landstraße und Kleinstadt.
Bei 120km/h auf der Autobahn liegt der Verbrauch bei etwa 26-27 kWh / 100km. Bei 130km/h dann etwa 28-29kWh / 100km. Bei 160km/h steigt der Verbrauch dann auf etwa 35-40kWh / 100km.
Nach Testen auf 5km verzichtete ich auf den Effizienzassistenten und dessen automatische Rekuperation. Wenn man nicht genau den Abstand hält, den der möchte, oder wenn die Verkehrszeichenerkennung wieder Autobahnabfahrten oder Phantome liest, fängt das Auto urplötzlich zu Bremsen an. Das funktioniert einfach noch nicht gut genug. Da ich sehr bewusst gefahren bin, war das manuelle Anpassen der Rekuperation mit den Schaltpedalen kein Problem. Im Städten aktivierte ich stets volle Rekuperation und kämpfte dann mit dem Gaspedal dagegen an, dann kann man auch spontan für eine Kreisverkehr gut rekuperieren, ohne wild mit den Pedalen hantieren zu müssen.
Im Endeffekt ergibt das eine Reichweite von ca. 300km, mehr bei Landstraße / Stadt, weniger bei höherem Autobahntempo oder kalten Temperaturen.
Die Spiegel & andere "Fortschritte"
Die Spiegel dürfen natürlich nicht unerwähnt bleiben, die gefühlt größte Neuerung neben dem Antrieb. Mein Hauptkritikpunkt ist, dass man das linke Display mit dem Arm in korrekter Position am Lenkrad gerne verdeckt. Schön hingegen ist, dass man nichts verstellen muss, egal wer fährt. Zudem ist die Sicht bei Nacht definitiv besser. Wo man sonst in abgedunkelten Spiegeln nur noch zwei Lampen sieht, sind so klar Autos erkennbar.
Außerdem neu für Audi ist der Schalthebel, der wesentlich besser gelöst ist als die komische Wippe in den Autos der vergangenen Jahre. Das könnte es wegen mir auch in die Verbrenner-Modelle schaffen.
Zum Audi-Infotainment ist vermutlich schon genügend gesagt. Ich persönlich fand es nicht so schlimm, wie ich es mir nach den Schilderungen hier vorgestellt hatte (hatte zuletzt nur A4 mit altem MMI+, noch keinen A6 C8 o.ä.). Am ärgerlichsten fand ich die Reflexionen, die es ein paar Mal gab.
Außerdem war es für mich das erste Mal Luftfederung. Gerade bei lautlosem Antrieb stört beim Umstellen der Fahrmodi dann das Geknarze und Gepfuse beim Hoch- und Runterpumpen, aber der Komfort war klasse.
Generell hört man sehr viel Geklacker von diversen Relais o.ä., wenn man Türen öffnet, der Ladevorgang startet, das Licht angeht, u.v.m. das war echt seltsam und kenne ich so nicht von Verbrennern (bzw. zumindest nicht, wenn sie gerade nicht laufen).
Wo dann das Geklacker definitiv fehlt, ist beim Auf- und Zuschließen. Es sind ja alle Türen (bis auf die Motorhaube, die, sorry Audi, die bescheuertste Lösung für die Verstauung der Ladekabel ist, zumindest wenn man sie wie hier wirklich wie eine Motorhaube öffnen muss) elektrisch, man betätigt nur einen Knopf. Das führt häufig dazu, dass man mehrmals ziehen muss, damit man die Tür aufbekommt, weil man nicht genügend gegen die Tür parallel gedrückt hat und sie sich wieder verriegelt. Das führt aber auch dazu, dass man genau aufpassen muss beim Abschließen, ob die Blinker blinken, da keine Mechanik die Türen verriegelt.
Äußerer Eindruck
Von außen sieht das Auto einfach wie jedes andere Audi-SUV aus, fand ich. Trotzdem wurde ich in meinem Heimatort mehrmals darauf angesprochen. Da war wohl genügend Zeit, um das E auf dem Kennzeichen zu erspähen. Für die meisten Leute, mit denen ich gesprochen habe, war es aber einfach nur ein Geschoss.
Preis
Die preisliche Einordnung von Sixt finde ich mehr als passend, zwischen L*AR und X*AR erscheint mir gut. Hat mehr Leistung als alle anderen L-Fahrzeuge und außerdem mehr Fahrkomfort. Wenn man die Zeit hat und das TankenLaden kostenlos gestalten kann, kann man zudem so viel Geld sparen, dass man evtl. unter L kommt.
Abschließende Worte
Ich bin absoluter E-Fan. Bräuchte ich gerade ein Auto für Pendelarbeit, wäre es vermutlich ein Model 3. Wem das Geld für Schnelllader egal ist, und die Abdeckung mit IONITY-Ladern etwas besser wird (wo ja gerade alle paar Tage ein neuer aufmacht), dann ist die Zeit, die man fürs Laden braucht, doch recht überschaubar. Alle 300km 30-40min finde ich nicht zu viel, das sollte man vermutlich aus Ermüdungserscheinungen sowieso machen.
Würde ich es wieder machen? Ja, wenn ich in Düsseldorf wohnen würde. So waren es 2x 4-5h, um das Auto und mich zwischen Düsseldorf und Münster zu transferieren, von daher für regelmäßige Mieten indiskutabel. Also bitte, Sixt, vergrößert euer LFAE oder auch ILAE-Angebot flächenmäßig.
PS: Weitere Fotos finden sich noch im Anhang, habe nicht überall eine passende Stelle gefunden.