[Kurzeindruck] Peugeot 508 | Sixt MUC


  • [Kurzeindruck] Peugeot 508



    Exterieur


    Mit der neuen Generation von Mittelklasse-Fahrzeug hat sich Peugeot auch eine neue Designsprache gegönnt. Und mein Gott, endlich haben wir wieder aufregende Peugeots. Wir alle erinnern uns an die drösigen Peugeot 308 und 207. Und auch der 407 war nichts was den Herzschlag ins Rasen brachte. Zugegeben, die Mittelklasse ist generell konservativ, und auch der 508 I ist nicht die Definition von spannend. Wenn auch ein Schritt in die richtige Richtung.



    Anders die aktuelle Generation. Seit 2018 zeigt Peugeot, dass die Mittelklasse auch aufregend kann. Die Beleuchtung mit 3D-Effekt hinten, LEDs rundherum (wenn bestellt), rahmenlose Scheiben und riesige Tagfahrleuchten vorne ziehen die Blicke auf sich.



    Klar überschlägt sich die deutsche Automobiljournaille darin, zu loben wie das Auto aussieht, aber gleichzeitig wie unpraktisch das doch alles mache. Das kann ich nicht unterschreiben, denn die Heckklappe öffnet nicht nur mit klassischer Limousinenklappe, sondern inkl. der Heckscheibe nach oben.



    Auch wenn es eng wird in der Tiefgarage aus den 70ern, eröffnet es aber ganz ungeahnt praktische Möglichkeiten. So passt ein Unterbaukühlschrank bei umgeklappten Rücksitzen ohne Probleme hinein. Klar, ganz nach vorne geschoben, aber es hat gepasst.



    Was überraschend nicht so wirklich passt, ist die Türöffnung. Ja, das erinnert jetzt erstmal sehr an Jeremy Clarkson (<- klick mich), ist aber ein bisschen anders gelagert als man denkt.


    Für die Ungeduldigen unter euch, schon ein Spoiler.


    Und damit kommen wir zum Innnenraum.


    Interieur




    Denn während sich außen die Designer austoben durften, wollten die Entwickler des Innenraums nicht hintenanstehen. Insofern gibt es auch hier die Einteilung mit iCockpit, dem kleinen Lenkrad über das man auf die Armaturen schauen muss. Dadurch stellt man das Lenkrad eher niedriger ein, sodass man beim Einsteigen halt doch das ein oder andere Mal hängen bleibt. Sehr französisch.



    Und optisch hat man hier schon auch zu staunen. Eine (zugegeben wellige) Ziernaht hier, dicke Leder/Alcantara Sportsitze da.



    Die Mittelkonsole gibt sich genauso ungewohnt.



    Sehr metallig anfühlende Klaviatur mit touchsensitiven Shortcuttasten. Und dann gleich die erste, ich schreib mal, ungewöhnliche Lösung. Das Infotainmentsystem hat kein Hauptmenü. Es muss zwingend etwas ausgewählt sein, ob Media, Telefon oder Kartenansicht. Das ist irgendwie, unentspannt?!



    Apropos unentspannt - kurzer Ausflug in den Fußraum. Ich meine, welcher Fuß sieht so aus, dass er da vernünftig abgelegt werden kann? Was, wo, wie?



    Naja, zurück zum Interieur. Während das Panodach ein bisschen des insgesamt doch sehr dunklen Innenraums erhellt, werden die Ohren vom überraschend großartigen Focal-Soundsystem geschmeichelt.



    Während der Hochtöner einen auf Luxusmarke macht, haben sich die Boxen von chinesisch-swedischen Marken inspirieren lassen.



    Leider sind diese nicht beleuchtet. Und wo sich Peugeot Mühe gegeben hat, praktisch zu erscheinen, und der Mittelkonsole ein sehr sinnvolles Fach gegönnt hat:



    Smartphone, Geldbeutel und Garagentoröffner passen perfekt hinein, ohne zu wackeln oder auch bei sportlicherer Gangart herauszufallen.



    Und man kriegt den Ingenieur zwar aus Frankreich, aber den Franzosen nicht aus dem Ingenieur. So gibt es unter der Mittelkonsole ein eigentlich recht praktisches Fach mit eigenem USB-Anschluss, das man aber irgendwie so gar nicht erreicht?! Also zumindest nicht ohne mehrmals die Woche Yoga zu machen.



    Übrigens, wo sich BMW eine Scheibe abschneiden kann: auch bei diesem Lenkrad gibt es eine Schraube, allerdings ist die so tief in einer Öffnung von so kleinem Durchmesser, dass man die Schraube bei bestem Willen nicht erfühlt. Immer noch nicht Premium, aber dann besser gelöst. Wobei ich hier eventuell auch einfach Zufall die Schuld geben würde. :109:



    Und wo sich Peugeot was abschauen könnte - die Schaltpaddels. Feststehend und viel zu klein ist eine ungute Kombination, dazu ein wirklich matschiger Druckpunkt mit einer sehr kleinen Fläche die klickt. Man ahnt gar nicht wie viel man bei einer so einfachen Sache falsch machen kann.



    Dafür gefällt das Lenkrad. Optisch ist man erstmal skeptisch, hat man sich mit der ungewohnten Sitzposition angefreundet, ist es überraschend gut. Fasst sich gut an, die zwei Speichen gefallen, das Leder ist ungewohnt hochwertig.



    Hochwertig ist auch das Stichwort für die Bildschirme. Bei Displays hinterm Lenkrad ist man ja immer besorgt, dass es Spiegelungen gibt, die Auflösung nicht stimmt, es stuckert oder man genau eine Ansicht hat. All das ist überraschend nicht der Fall. Leider kann man die Ansicht der Rundinstrumente nur ändern, wenn man andere Inhalte auswählt (bspw. Assistentenansicht, Kartendarstellung, etc.). Eine manuelle Anpassung der Ansichten ist leider nicht möglich.



    Apropos Ansichten, ein Highlight in der Mittelklasse ist der Nachtsichtassistent. Das System ist sehr gut, nicht nur für einen Peugeot, sondern so ganz generell. Personen- und auch Tiererkennung sind erstaunlich zuverlässig, selbst kleinere Tiere werden erkannt. Leider bildet der Bildschirm nicht die Fläche ab, die der Sensor abdeckt, sodass das System manchmal anschlägt, man aber nicht erkennt was gemeint ist, weil es gerade außerhalb der Bildschirmansicht verschwindet.


    Fahren



    Damit sind wir beim Fahren. Auch die anderen Assistenten funktionieren besser als von einem Peugeot erwartet. Keine Ausfälle, zuverlässiger Stauassistent, kein Gezuckel beim ACC.



    Kommen wir zum Motor. 225 PS, 300 NM, 7,3 Sekunden auf 100 km/h sind auf dem Papier beindruckende Zahlen. Dann schaut man auf eben dieses Papier und sieht dass der Benziner einen Hubraum von 1,6l hat, und denkt sich - aha?


    Dieses aha-Gefühl bleibt dann auch bestehen, wenn man das Fahrzeug etwas sportlicher bewegt. Zwar dreht der Motor gut und frei durch, klingt dabei aber äußerst angestrengt. Soundingenieure wie bei deutschen Herstellern scheint es nicht zu geben.



    Worüber man sich im französischen Konzern Gedanken macht, ist Komfort. Zur Erinnerung, wir sitzen hier in der GT-Line, äquivalent zur R-Line, R-Design, ST-Line, M-Paket, uvm.. Und wo Ford, Volvo und Co. auf eine eher sportliche Fahrwerkabstimmung setzen, die auch beim adaptiven Fahrwerk äußerst präsent ist, gibt der Franzose hier den wandelbaren Charakter. Auf Sport schon eher mit der Straße verbunden, gibt er auf Komfort die wiegende Laissez-faire-Sänfte. Das ist genau mein Spaßzentrum, zu zweit im Alltag und auf Langstrecke auf Komfort vor sich hin fahren, und wenn's die Gelegenheit gibt, auf Sport die Fetzen fliegen lassen.



    Und wenn ich Assistenzsysteme schon als billige Überleitung missbraucht habe, abschließend nochmal eine Entscheidung, die ich nicht nachvollziehen kann. Wie man bei einem LED-Lichtsystem mit 4 Linsen kein adaptives Fernlicht implementieren kann, ist für mich einfach unerklärlich. Es muss ja keine Multibeam-Qualität sein, was Mazda entwickelt hat, würde ja auch schon reichen. Aber Hauptsache stolz die Lumen draufpflastern.


    Fazit


    Auch wenn man hier und da immer noch den französischen Charakter erkennt



    bspw. bei der doch eher ungewöhnlichen Form des Waschwasserbehälters, gibt sich Peugeot doch sehr Mühe auch einfach objektiv ein gutes Auto zu bauen.



    Ein guter Materialmix, ein Blick für Details bei dem Versuch auch mal Wege außerhalb der ausgetretenen Pfade zum Ziel zu finden. Natürlich geht mal was daneben



    wie das doch eher lächerlich imitierte Carbonimitat in den hinteren Türöffnungen, die schwierige Positionierung des doppelten Bodens im Mitteltunnel oder die unechte 360°-Kamera (die die Seiten erst ausfüllt wenn man drüber fährt), aber insgesamt bekommt man einen spannenden Vertreter einer sonst eher biederen Fahrzeugklasse.



    Dabei hat Peugeot jetzt leider das Selbstvertrauen vom Autobau auch in die Preisliste übernommen. Das hier gefahrene Fahrzeug ist mit knapp über 51k€ kein wirklicher Schnapper mehr.


    Dank geht wie immer an das Team von :203:@ MUC, dass ich mit meinen Kennzeichenlisten die volle Auswahl gewährt bekomme und somit den gewohnt überragenden Service. :118:

    5 Mal editiert, zuletzt von koelsch ()