Rückblick und Erfahrungsbericht – 2 Jahre Verzicht auf den privaten PKW

  • Hallo liebe Forengemeinde,


    in der letzten Zeit wird hier viel über alternative Mobilitätsdienstleistungen, die perfekte Kombination von (E-)Auto / Fahrrad / Roller / Miete diskutiert und natürlich die Energiewende diskutiert. Schon lange brennt es mich unter den Fingern meine persönlichen Erfahrungen aus den letzten zweieinhalb Jahren mal in Form eines Erfahrungsberichts zu teilen. Vielleicht ist dieser Bericht hier der ausschlaggebende Punkt für den ein oder anderen das Fahrzeug abzuschaffen, vielleicht bringt es euch zum Schmunzeln oder ihr nehmt etwas für die persönliche Mobilitätsstrategie mit.

    Vorgeschichte

    Ende 2018 erhielt ich meinen ersten selbst- und nach Wunsch konfigurierten Dienstwagen mit hervorragenden Bedingungen. Im Januar 2019 begann ich mit einem Fahrtenbuch, um gegenüber der 1% Regelung Steuern zu sparen. Der große Teil der Dienstfahrten war privat.


    Im Februar zog ich eine erste Bilanz: 191 private Kilometern standen 3500 dienstlichen Kilometern gegenüber. An den wenigen Tagen im Büro realisierte ich, dass ich für die 1,5 Kilometer Arbeitsweg ins Büro jeden Morgen 5 Minuten den Doppelparker hoch und runter fuhr. Nervig. Ich war außerdem fast nie zuhause. Beschissen mit einem kleinen Kind. Das führte mich zu einer beruflichen Veränderung und damit den einhergehenden Verzicht auf den Dienstwagen. Der Familienrat wurde einberufen, ob wir weiterhin ein Auto benötigen oder ob wir auf Mietwagen und andere Dinge umsteigen. Zum Glück war meine Partnerin mit dem Thema Mietwagen vertraut (wir hatten jahrelang eine Fernbeziehung) und so entschieden wir uns gegen ein Auto.

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    Folgende Gründe führten wir an (hier kommt der Teil zum Schmunzeln):

    Ein PrivatPKW ist immer dann nicht zu gebrauchen, wenn man ihn am meisten braucht. Eine Panne nachts um 3 mit schreiendem Säugling bei Schneeregen und Windstärke 12 ist eben komfortabler, wenn man wenigstens ein top-gepflegten Mietwagen hat, der nicht älter als 6 Monate ist.


    Der Dienstwagen kostete bei 1% Regelung 300€ im Monat. Dieses Geld könnte man einsetzen, um jeden Wocheneinkauf mit dem Taxi zu erledigen. Für die Urlaubsmieten bliebe genug Budget über. Ein familientauglicher PrivatPKW wäre ehrlich gerechnet ähnlich teuer, dafür immer verfügbar.


    Zudem hatten wir perfekte Rahmenbedingungen. Wir wohnen im gut angebundenen Stadtrand. Ein Park mit Fluss und Wanderweg ins Grüne war 5min Fußweg entfernt, die Buslinie vor der Tür braucht 10 Minuten bis in die Innenstadt, Fleischer, Bäcker, Supermarkt, Friseur, Fischladen, Dönerbude, Bioladen und Wochenmarkt sind fußläufig erreichbar. Getränke kaufen war nie ein Thema bei uns, Wasser kommt aus dem Wasserhahn. Die Tiefgarage mit Doppelparker war zudem nervig.

    Die erste Zeit (Juni 2019 bis Corona März/2020)

    Die erste Anschaffung war ein Kinderfahrradsitz. Alltägliche Wege wurden per Rad erledigt, ich nahm in dieser Zeit ungefähr 10 Kilo ab.


    Wocheneinkäufe haben wir maximal 5 mal liefern lassen, ein Taxi haben wir nie gebraucht.


    Weihnachten und Silvester haben wir jeweils eine Woche vorher einen Liefertermin bei REWE geblockt um dann einen Tag vorher unsere Bestellung auf den tatsächlichen Bedarf anzupassen. Irgendwie war ich sehr happy damit, irgendwie fühlte es sich auch komisch an, seinen Einkauf eine Woche vorher zu planen beziehungsweise den Lieferslot zu blocken. Eine ziemliche Ellbogenmentalität, die mir eigentlich nicht so liegt.


    Es gab Monate, da hatten wir jedes Wochenende einen Mietwagen und es gab auch mal zwei Monate am Stück ohne Auto. Als allererste Miete nach Rückgabe des Dienstwagens gönnte ich mir übrigens erstmalig LDAR und bekam einen 530dx. Mein erster Sechszylinder. Wir fuhren an dem Wochenende irgendwie nur 250km um Freunde zu besuchen. Das Fahrzeug beindruckte mich, aber nicht so sehr, dass ich das nun als Standard für alle Mieten anlegen wollte.

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    Im übrigen verbrachte ich viel Zeit im Forum und der lokalen Mietmafia-Whatsappgruppe um Sonderangebote zu ergattern oder rechtzeitig (ein halbes Jahr vorher) Mieten für lange Wochenenden und Feiertage klar zumachen. Jederzeit stornierbar und Hauptsache schon mal was geblockt haben, damit dann nicht kurz vor Weihnachten Stress auf der Suche nach einem PKW ausbricht. ?


    Im November gönnte ich mir für den Arbeitsweg eine Monatskarte. Wir vermissten nichts in dieser Zeit, auch ÖPNV funktionierte für unsere alltäglichen Wege wunderbar.


    Im Dezember stand eine Dienstreise an, es gab einen Passat von Sixt. Nach einer anstrengenden Woche und 600km Rückreise ging es abends 23 Uhr nochmal in den Doppelparker. Rums, Antenne abgebrochen. Der Doppelparker ist für Fahrzeuge bis 1500mm Höhe zugelassen. Der Dienstwagen / Golf Variant mit 1455mm Höhe passte auch immer rein. Der Passat mit 1495mm (und einer höheren Antenne) passte eben nicht. Gut, 0€ SB über Sixt gebucht und grob fahrlässig war das auch nicht, ich hab mich vorab von der Fahrzeughöhe überzeugt und hab eben Pech gehabt. Bei jedem Schaden an einem PKW bin ich immer froh, keinen eigenen PKW zu besitzen.

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    Zweiter Zeitraum März 2020 bis März 2021

    Dieser Zeitraum war mit vielen Ängsten und Unsicherheiten belastet. Als Anfang März die ersten Länder Lockdowns verhängten, musste ich mein Einkaufsverhalten von 3-7 mal wöchentlich auf etwas anderes umstellen. Ich ging mit zwei riesigen Fahrradtaschen, einem Rucksack und einer Ikeatüte, die am Lenker hängen sollte, also los zum ersten Hamsterkauf ohne Fahrrad. Tatsächlich konnte ich zahlreiche Konserven, Toilettenpapier und Nudelpakete damit heimschleppen. Ab April 2020 bestellte ich übrigens Toilettenpapier bei Amazon (das mache ich heute immer noch). Auch die bessere Planung blieb bis heute hängen und wir kaufen maximal 2mal in der Woche mit riesigen Taschen ein, die wir grade noch so tragen können. Man achtet auch viel mehr auf die gekauften Mengen, die Verpackungsart und die Verpackungsgrößen. Auch das kommt unterm Strich sicher der Umwelt zu Gute.


    Die Coronazeit war rückblickend eigentlich super: Wir kamen als Familie ohne Einbußen da durch, die ausgedehnten Ausflüge mit dem Fahrrad und meinem Kind bei wenig Verkehr, guter Luft und mit wenigen Menschen war klasse. Ich meine, dadurch dass wir an spazieren, Fahrrad fahren und unsere nahe Umgebung gut gewöhnt waren, haben wir das besonders gut gemeistert. Da wir kein Auto haben, hat sich unser Bewegungsradius nicht geändert und wir haben wenig vermisst.

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    Nach den ersten Gerüchten von Lockerungen buchte ich sofort einen Mietwagen (stornierbar!) und ein Appartement an der Ostsee (stornierbar!) wenige Stunden später war alles 50% teurer. Gute Planung, die auch gut aufging und nicht storniert wurde.


    ÖPNV bin ich deutlich weniger/ fast gar nicht mehr gefahren, meine Abokarte war aber noch nicht kündbar. Daher blieb ich treuer Kunde und meldete mich im Laufe des Jahres bei MOBIBike an (erste 30min Kostenlos Radfahren) und später noch bei TeilAuto, da dort ebenfalls die Anmeldegebühr und Kaution mit Abo entfällt und mein ohne Gebühr in den mittelpreisigen Tarif rutscht.


    Von November 2020 bis Februar 2021 stand eine Renovierung und der Umzug ins Eigenheim (die Rahmenbedingungen der Wohnsituation haben sich kaum geändert) an. Diverse Entrümpelungen, Sperrgut und Einkäufe wurden entweder mit einem Teilauto erledigt oder mit einer „Gratis“-Wochenendmiete von Europcar (Upsell auf IWMR 15€/Tag).


    Da musste ich etwas schlucken: Zwei Stunden Entrümpeln und sechs Kilometer zum Wertstoffhof mit einem TeilAuto-Caddy kosteten 8€, das sind ja 1,33€ je Kilometer für so eine Gurke. Die „Gratis“-Wochenendmiete kostete mich für 100km auch 45€ plus 8€ Sprit, also etwas mehr als 50 Cent je Kilometer.


    Ein ähnlicher Konflikt bietet sich bei Wochenendausflügen mit der Familie: Bezahle ich jetzt 50€ für eine Wochenendmiete, um die netten Freunden 25km außerhalb der Stadtgrenze für einen Nachmittag zu besuchen? Lohnt sich eine Miete bei einem Preis von 1€ je Kilometer? Ist es das wert, ein Nachmittag bei Filterkaffee und selbstgebackenem Kuchen für 50€? Lädt man die Freunde dann nicht lieber gleich in ein hippes Cafe in der Stadt zu Kaffee und Kuchen ein? Meine Antworten dazu im Fazit.

    April 2021 bis heute.

    Ich checke regelmäßig cluno, like2drive, Hertz Wochenendabo und ähnliche Dienste. Verdammt, wer hätte gerechnet das Mietwagen so teuer werden. Letztendlich entscheide ich mich dagegen einen „eigenen“ PKW zu haben, das wäre ein Rückschritt und wenig sinnvoll.

    • Ich habe noch zahlreiche stornierbare Mieten lange im voraus gebucht. Planbarkeit
    • Das Auto würde die meiste Zeit rumstehen, die Kilometer bei meiner normalen Nutzung nicht ausgenutzt werden und potentielle Schäden würden die Kosten zusätzlich hochtreiben
    • Fahrzeuggröße wäre am Bedarf vorbei. Mit ECMR fahre ich nicht 1000 Kilometer am Wochenende mit Familie. Und ich muss nicht für 400€ im Monat für ein Fahrzeug ausgeben, was zwar 95% meines Mobilitätsbedarfs abdeckt, aber eben auch für 80% meiner Fahrten überdimensioniert ist und 90% der Zeit gar nicht benötigt wird.

    Es bleibt also alles wie gehabt und ich gewöhne mich daran, dass Mietwagen diesen Sommer besonders teuer sind.


    Ein kurzer Rückschlag gabs auch bei der Impfterminbuchung. Ich hatte den persönlichen Konflikt "warten, bis etwas in Dresden frei ist" oder "spontane Annahme eines Termins mit langer Fahrtzeit". Am Ende habe ich den spontanen Termin genommen und je Impfung circa 40€ Fahrtkosten bei Teilauto gehabt. Das war es mir persönlich aber wert.


    Ein Highlight war auch die Mitfahrt im RS6, danke @SilenceFox

    FAZIT

    Lohnt sich eine Miete bei einem Preis von 1€ je Kilometer? Ist es das wert, ein Nachmittag bei Filterkaffee und selbstgebackenem Kuchen für 50€?


    Von diesen Gedanken habe ich mich verabschiedet. Ein privates Fahrzeug würde ungefähr 300€ im Monat kosten. Man würde dann vermutlich mehr fahren oder hätte eine andere Lebensqualität. Aber ich habe jetzt auch eine gute Lebensqualität. Wenn ich Auto fahren möchte oder muss, dann tue ich das. Und wenn der Ausflug zum Kaffeetrinken oder an den Badesee dann eben noch Mobilitätskosten von 30-50€ erzeugt, dann ist es so. Es gefällt mir gut diesen Preis für Mobilität direkt zu spüren und das eigene Verhalten und den ökologischen Fußabdruck zu optimieren.


    Meine persönliche Meinung ist, dass sich ein privater PKW mit zwei schulpflichtigen Kindern auf alle Fälle rechnet und der geringere Planungsaufwand und die höhere Flexibilität einiges aufwiegt. In meinem persönlichen Fall und auch in der geplanten Zukunft muss aber kein Auto sein.


    Der Schlüssel für ein Leben ohne eigenen PKW liegt definitiv meiner Meinung nach in den folgenden Punkte

    • Gute Wohnsituation und Anbindung
    • Planung, Kompromissbereitschaft und Kombination von verschiedenen Lösungen
    • Persönliches Mindset und Wille.


    Zum Schluss noch ein paar praktische Tipps:

    • Oma und Opa als Enkeltaxi. Eigentlich sind die beiden gut mit ÖPNV zu erreichen, aber seid Corona sind wir wieder regelmäßig Mitfahrer bei meinen Eltern. Opas zweiwöchentliche Taxifahrten sind aber vermutlich noch ökologischer, als ein zusätzliches Fahrzeug, welches auf unseren Straßen 90% der Zeit rumsteht.
    • In Dresden kann man gratis Lasträder mieten. Ich bin da seit zwei Jahren angemeldet, habe es aber noch nie genutzt. Die Idee ist aber Klasse https://friedafriedrich.de/
    • Partnerschaften des örtlichen ÖPNV nutzen. In Dresden also DVB, TeilAuto, MOBIBike. Sorry TALENTfrei , Großraum Köln ist beim ÖPNV extrem rückständig.
    • Und für die Umsteiger/ Neueinsteiger ein paar preisliche Orientierungswerte:
      • Wochenendpreise für Kompaktklasse lagen bei mir zwischen üblicherweise 45-60€, jetzt nach Corona mit Neufahrzeugmangel eher so ab 60€ aufwärts
      • Wochenpreise für Kompaktklasse lagen bei mir zwischen üblicherweise bei 145-170€, jetzt nach Corona mit Neufahrzeugmangel eher so ab 180€ aufwärts


    Ich bin nun auf euer Feedback und eure Fragen gespannt. ?

    :209:

    2 Mal editiert, zuletzt von bluespider ()

  • Vielen Dank für den interessanten Einblick :118:


    Ich behaupte mal frech, dass dein Fortbewegungskonzept für viel mehr Leute funktionieren würde, speziell in der Stadt oder im Speckgürtel - aus Bequemlichkeit hält man dann doch ein Auto vor, obwohl man nur 5000km/Jahr fährt und/oder damit nur im Stau steht.


    Für mich wäre es nix, ich liebe meinen privaten Golf, auch wenn ich weiß, dass er mich pro Monat laut Datenauswertung 300€ kostet.

    Allerdings wohne ich im ländlichen Oberbayern wo "2x am Tag ein Bus fährt" und man mit 15 schon ein Mofa hatte, um überhaupt irgendwo hin zu kommen.

  • Interessanter Erfahrungsbericht, den ich zu 100% unterschreibe. Ich mache das nämlich auch so ähnlich, wobei es ohne Familie sicherlich einfacher zu realisieren ist. Wie du sagst, gute Anbindung und Lage der Wohnung machen einiges aus. Ich hab die U-Bahn, mit der ich in 5min im Büro (ich geh aber trotzdem lieber die 30min zu Fuß) und in 10min am Stephansdom bin, 100m vom Haus entfernt, den Supermarkt im Haus. Sonst geh ich eh kaum einkaufen und bestelle lieber online. Dazu ab und zu ein Fahrrad, sonst Mietwagen und Carsharing. Und bisschen Bewegung aus eigener Kraft am Wochenende tut auch gut. Ich denk mir auch immer, mindestens 2/3 der Autos stehen die ganze Woche nur sinnlos und fast unbewegt an der Straße rum. Es ist offenbar noch immer nicht unattraktiv genug trotz aller politischen Versuche.

    2 Mal editiert, zuletzt von Viennaandy ()

  • Ein toller Bericht. Immer spannend solche Erfahrungen zu lesen.


    Was ich bei einem Lebensmodell ohne dem eigenen Fahrzeug so gut finde, ist die Transparenz. Klar dann hat man gewissen Situationen einen Kilometerpreis von bis zu 2€, aber dafür sind, bis auf vlt. die Kosten für die KK, alle Kosten aufgelistet. Bei einem eigenem Auto hat man das meist nicht, denn wer listet wirklich alle (kleinen) Kosten (Fußmatten, Wäsche, kleinere Reperaturen) für das Fahrzeug auf?

  • Toller Bericht und verständliche Sichtweise. Es fällt und steht aber alles mit dem eigenen Engagement. Ist wie beim Sport. Gewinnt der innere "Schweinehund" leistet man sich ein eigenes Auto. Überwindet man diesen siegt das eigene Rad :-)

  • So, auch Dank des Berichts ist jetzt der Entschluss gereift, den Focus abzugeben. Werde mich nächste Woche mal schlau machen, wie der Prozess hier bei Sixt Leasing dazu aussieht.
    Sollte ja kein allzu großes Problem werden hoffe ich mal...

    32 Monate Restlaufzeit mit 33.000 Rest-Kilometern für 150€/Monat.

    Den Mii behalten wir aber. Der lokale Autovermieter hier bietet werktags Vw Up mit Werbung für 21€ pro Tag an. Da muss man halt zur Not die Kiste mieten, wenn man mal einen Termin hat und der Mii unterwegs ist. Ich werd euch auf dem laufenden halten

  • Danke für den Bericht, wo ich gedanklich aber nicht ganz mitkomme sind deine monatlichen Autokosten. 1% - 300€ monatl. sind soweit klar, aber bei dem von dir beschriebenen extrem geringen Privatanteil sollte per Fahrtenbuch der geldwerte Vorteil doch deutlich niedriger sein?

  • Ein Leasing einfach abgeben, wie man möchte wäre mir grundsätzlich neu. Was aber geht sind Leasingübernahmen. Facebook und Co sind voll davon, ein Leasing an jemanden anderen abzutreten, damit man sich selbst nicht rauskaufen muss.

  • Danke für den interessanten Bericht. Als jemand der noch nie ein wirklich eigenes Auto besessen hat, sind viele Dinge bekannt und nachvollziehbar. Trotzdem überlege ich ernsthaft, den umgekehrten Weg zu gehen und endlich mal ein eigenes Auto zu beschaffen. Vielleicht erstmal mit einem Abo für ein paar Monate anfangen um zu schauen, wie sich das anfühlt, aber ich glaube, ich werde die Freiheit genießen.


    Was klar ist: Es ist Luxus, den man sich etwas kosten lässt. Aber die hohen Flexibilität und Spontanität wird es mir zunehmend wert. Mal eben zu Freunden auf dem Land? Mal zu Mutti im Garten helfen? Doch mal zum besseren Supermarkt was weiter weg? Oder einfach nur eine Fahrt ins Grüne weil einem grade danach ist? Ich ertappe mich oft dabei, dass ich Lust auf eine Ausfahrt habe, mit Blick auf die nervige Abholung vom MW oder auch den hohen Kosten pro km aber dann doch davor zurückscheue. Das eigene Auto ist dann einfach das all-inklusive-Paket: Teuer aber dafür muss man dann nicht mehr über jeden Kilometer nachdenken. Für Langstrecke ist natürlich der Mietwagen natürlich Kilometerpreis- bedingt oft nach wie vor eine gute Wahl.

  • Toller Bericht und verständliche Sichtweise. Es fällt und steht aber alles mit dem eigenen Engagement. Ist wie beim Sport. Gewinnt der innere "Schweinehund" leistet man sich ein eigenes Auto. Überwindet man diesen siegt das eigene Rad :-)

    So ist es.

    Handhabe es genauso wie bluespider.

    Die direkten Kosten sofort zu sehen, gefällt mir aber manchmal überlege ich doch. Mittlerweile gibt es bei mir mehr mietfreie Wochenenden, wenn nichts ansteht. Das mütterliche CWMR bekommt auch ab und zu mal Bewegungsfahrten.


    Buchungen habe ich jetzt immer liegen im Schema: ECMR, CD/CWMR, IWMR und dann falls Fernreise oder es krachen soll FW,LD oder XD. Mittwochs wird gewählt.

    Meist bleibt es aber vernünftig.

    Das Mobilität sich bewusst etwas kosten lassen, ist auch in Ordnung. Für mich überwiegen derzeit die Vorteile des Mietfuhrparks. Unter der Laterne steht sich alles nur kaputt. Das Fahrrad kriegt sonst aufgrund des urbanen Livestyledesigns ca 70-110km die Woche.

  • Ein Leasing einfach abgeben, wie man möchte wäre mir grundsätzlich neu. Was aber geht sind Leasingübernahmen. Facebook und Co sind voll davon, ein Leasing an jemanden anderen abzutreten, damit man sich selbst nicht rauskaufen muss.

    ja genau. Eine Übergabe natürlich. Zu den Konditionen sollte sich ja jemand finden lassen. Aber wir gesagt, muss ich mit Sixt klären. Wird halt ne Gebühr kosten denke ich

  • Interessanter Bericht :thumbup:

    Setzt aber trotzdem ein sehr spezifisches Wohn- und Lebensumfeld voraus (Verfügbarkeit ÖPNV, Freizeitgestaltung, Freundeskreis, Familie, ...).

    Lustig finde ich immer, wenn als Alternative z.B. das "Großelterntaxi" angeführt wird. Darin war einer meiner Familienangehörigen auch gut - immer das tolle Leben ohne Auto propagieren, sich dann aber konsequent mit dem Auto vom Bahnhof abholen lassen oder sich Autos leihen um quer durch Deutschland zu fahren. Und natürlich war man spießig, wann man das eigene Auto nicht kostenlos für 1000 km aus der Hand geben wollte.

    Gut, das ist speziell. Trotzdem, komplett ohne Auto ist schwierig. Und viel mietet man für 300€ mtl auch nicht, vor allem nicht spontan.

  • Ich bin jetzt seit 10 Jahren autofrei unterwegs und habe es nicht bereut. Es war aber auch eine Entscheidung nicht ganz so frei heraus. Mir ist damals Nachts irgendwer ins Auto gefahren und hat Fahrerflucht begangen. Vorne war der gute kleine Micra total platt. Ein schönes und zuverlässiges Fahrzeug. Ich habe den dann schweren Herzens abgegeben, statt ihn zu reparieren.

    Seit dem bin ich viel mit dem Fahrrad unterwegs und habe mich wieder an diese Fortbewegung gewöhnt. Ja - es war wirklich eine Gewöhnungssache, erst einmal wieder 4-5-6 Kilometer zu fahren. Anfangs fiel mir das total schwer und ich empfand es als extrem anstrengend. Jetzt ist es für mich total normal.

    Ich wohne in der Stadt. Der Weg zur Arbeit beträgt 5,5 km. Früher für mich undenkbar, ist das mittlerweile eine Kurzstrecke. Ich habe innerhalb eines Jahres gute 20 Kilogramm abgenommen und konnte sogar meine Tabletten zur Blutdrucksenkung absetzen. Meine Frau hat nur 1 Kilometer zur Arbeit. Da ist es überhaupt kein Problem gewesen, das Auto abzuschaffen. Wir haben beide ein Stadtrad mit Korb hinten und können so unsere Einkäufe realisieren. Kaufland ist wie Edeka gleich um die Ecke. Das ist natürlich ein großer Vorteil.


    Die 5-6 Urlaubsreisen pro Jahr werden über Mietwagen realisiert. Hierbei finde ich es extrem gut, dass ich den Mietwagen so buchen kann, wie ich ihn brauche. Fahren wir ein Kurztrip irgendwo in der Nähe, reicht ein Kleinwagen. Sind wir mit den Eltern unterwegs, wird eine Limo/Kombi gebucht. Ansonsten Kompaktklasse. Eben so wie man den Wagen braucht. Man muss sich keine Sorgen mehr machen, wenn der Wagen an Sylvester im Wohngebiet steht oder im Herbst die Eichen vorm Haus abwerfen. Von den Ersparnissen ganz abgesehen. Mittlerweile schmeißt mir mein Arbeitgeber auch noch eine Mobilitätskarte hinterher. Die nehme ich auch gerne mit und muss nicht mehr bei Wind und Wetter auf dem Fahrrad sitzen.

  • Sehr schön, wir leben auch schon länger "autolos"(vor kurzem kam ein 125er Roller zu uns, aber mehr Spaß wie echte Mobilität). Ich hatte nie eines, meine Freundin hat sich irgendwann kein neues mehr gekauft und das alte wurde Opfer eines Unfalls.


    Der Schlüssel für ein Leben ohne eigenen PKW liegt definitiv meiner Meinung nach in den folgenden Punkte

    Gute Wohnsituation und Anbindung
    Planung, Kompromissbereitschaft und Kombination von verschiedenen Lösungen
    Persönliches Mindset und Wille.

    Deinen Punkten kann ich nur zustimmen. Wir wohnen in einer Kleinstadt, noch funktioniert es mit CarSharing Mietwagen und Fahrrad. In der Arbeit habe wir Poolautos wenn man mal eines benötigt.

    Vorher, in Wien, brauchten wir definitiv keines, jetzt geht es noch ganz gut, auch wenn man manche Situationen mehr Planung benötigten, überhaupt derzeit mit den extremen Mietpreisen.


    Dem schon oft genannten Vorteil die Autoart so zu buchen wie man es benötigt, empfinde ich als größten Pluspunkt. Transport-> Caddy, Wochenend Ausflug -> Kleines Dings, Urlaub -> Mittleres Dings.
    Persönlich finde ich auch die unterschiedlichen Modelle interessant, zu denen man so kommt.

    Einmal editiert, zuletzt von emga ()

  • Ohne eigenes Auto geht nur als Single…Madame wäre not amused…da wir oft spontan irgendwo hincruisen und einen entsprechenden Freundeskreis abklappern müssen.

    Es geht definitiv auch als Familie. Meine Partnerin und ich leben mit unserem kleinen Sohn ganz bewusst autofrei. Ich kann mich dem Thread-Ersteller in allen Punkten anschließen, man beobachtet seine Mobilität viel bewusster. Mit einer Kombination aus Fahrrad, Mietwagen, Car Sharing und ÖPNV kommt man vor allem hier in der Stadt wunderbar zurecht. Funktioniert bei uns aber auch nur, weil Freunde fast alle in unmittelbarer Umgebung leben und die Familie von Köln aus ohne Umstieg mit dem ICE erreichbar ist. Allein die ständige Parkplatzsuche würde ich mir hier in der Innenstadt nicht antun wollen.

  • Ich habe tatsächlich noch nie einen eigenen Wagen gehabt. Direkt nach dem Studium fing das mit dem hin und wieder mieten an, da ich einfach keine Lust mehr hatte, die ewigen Zugfahrten zu meinen Schwiegereltern zu machen. Dann ging meine Frau noch für ein Jahr Italien, da haben wir uns hin und wieder auf halber Strecke in. München getroffen, mit Mitfahrern habe ich da quasi nichts für die Fahrt bezahlt. Ein Auto dauerhaft zu haben war aber vollkommen überflüssig, da ich in Dresden mit meinem ÖPNV Abo alles quasi jederzeit erreichen konnte und wenn es mal sehr spät wurde, eben mit Taxi. Ein Teilauto stand bei uns direkt um die Ecke, so dass evtl. mal größere Einkäufe damit erledigt werden konnten. Tja, mittlerweile bin ich 6,5 Jahre berufstätig, ohne dass ich bisher die Notwendigkeit für ein dauerhaft vor der Tür stehendes Auto gesehen habe. Bzw. wir gesehen haben. Mal schauen wie es jetzt in Berlin wird, da wir außerhalb von den Geschäftsbereichen der Carsharinganbieter wohnen werden. Dafür ist die Anbindung zum ÖPNV sehr gut, Mietwagenstationen sind ebenfalls schnell zu erreichen.


    Ich denke ein Leben ohne eigenes Auto ist nicht für jeden einfach so möglich, aber für viel mehr Leute wäre es recht einfach unsetzbar. Es werden denke ich auch noch mehr werden, ich kenne einige um die 20 die nicht mal einen Führerschein haben. Halte ich wiederum für übertrieben und zu sehr einschränkend, aber das Statussymbol Auto hat doch an Wert verloren.


    Mal sehen was die Zukunft so bringt, wo ich mir recht sicher bin ist, dass ich wenn dann einen kleinen Stadtflitzer dauerhaft vor die Tür platziere, einfach um etwas mehr Spontaneität zu ermöglichen. Oder wenn man dann doch mal in Richtung Familiengründung geht. Dass wir uns den Luxus nicht doch irgendwann mal gönnen, gern als E-Auto, schließe ich nicht aus, für alle längeren Strecken habe ich mich zu sehr an die großen Wagen gewöhnt, als dass ich darauf verzichten möchte. Gleichzeitig würde ich mir so einen aber nicht anschaffen, da würden monetärer Aufwand und Mehrwert in keinem Verhältnis stehen. Das Geld gebe ich lieber für andere Dinge aus.


    Ach ja und als der erste Lockdown letztes Jahr begann, war ich heilfroh, dass ich meine monatlichen Kosten extrem flexibel anpassen kann, u.a. wegen des nicht vorhandenen Autos. Letztlich hatten weder meine Frau noch ich finanzielle Einbußen, aber allein im Kopf zu haben, dass man da extrem flexibel ist, war ein sehr beruhigender Gedanke.


    Mal abgesehen davon - mir macht es auch einfach Spaß immer wieder neue Autos auszuprobieren und quasi immer zu den ersten Nutzern neuester Technik zu gehören.

    4 Mal editiert, zuletzt von Dresdner ()

  • Interessanter Bericht :thumbup:

    Setzt aber trotzdem ein sehr spezifisches Wohn- und Lebensumfeld voraus (Verfügbarkeit ÖPNV, Freizeitgestaltung, Freundeskreis, Familie, ...).

    Lustig finde ich immer, wenn als Alternative z.B. das "Großelterntaxi" angeführt wird. Darin war einer meiner Familienangehörigen auch gut - immer das tolle Leben ohne Auto propagieren, sich dann aber konsequent mit dem Auto vom Bahnhof abholen lassen oder sich Autos leihen um quer durch Deutschland zu fahren. Und natürlich war man spießig, wann man das eigene Auto nicht kostenlos für 1000 km aus der Hand geben wollte.

    Gut, das ist speziell. Trotzdem, komplett ohne Auto ist schwierig. Und viel mietet man für 300€ mtl auch nicht, vor allem nicht spontan.

    für 300 EUR monatlich gibts halt auch kein Auto. Wenn man alles mitrechnet.