Der neue Opel Mokka B (-Ware?)
Vor einigen Jahren mietete ich zum aller ersten Mal ein Auto. Gebucht war ECMR. Man empfing mich am Europcar-Schalter mit den Worten: "S' wird n bissl was größeres...". Kurz darauf saß ich in einem Opal Meriva und fühlte mich wie der König der Straße. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass ich das Lederlenkrad als etwas besonderes empfand, und auch die nach hinten öffnenden Fondtüren waren für mich etwas aufregendes. Doch die Zeiten ändern sich. Oder mich? Dich? Uns? Hand auf's Herz: Gibt es hier jemanden, der mehr als zwei Mietwagen gefahren ist und sich immer noch über einen Crossland oder Mokka X freut? Insignia und Corsa, Grandland und Adam...ganz okay. Aber der Mokka wird den meisten als Gruselfaktor und Klassenzonk im Kompaktsegment bekannt sein. Man kommt an, wenn auch nicht unbedingt verbrauchsarm und nur in einer halbwegs qualitativ anmutenden Karosserie. In diesem Jahr wurde der Mokka A abgelöst, und zwar vom Mokka B des PSA-Konzerns. Aufmerksam geworden über Opel-Rent (die Autohäuser haben hier Ihre eigenen Fahrzeugpools und je nach Lokalität auch immer wieder, bei den aktuellen Mondpreisen, ganz gute Angebote) für einige Stunden fahren und kann bereits zu beginn feststellen: Die Bezeichnung ist verkehrt. Denn B- Ware war der A!
Eigentlich sollte der Wagen vor meiner Fahrt noch gewaschen werden, was aber wohl versäumt wurde. Daher möge man über manche staubigen oder fettigen Stellen hinwegsehen
Mit einer grundlegenden Neuorientierung des Designs schickt Opel den neuen Mokka auf die Straße. Unverkennbares, neues Markenzeichen: Die Frontpartie "Vizor", die an den alten Opel Manta erinnern soll. Jetzt kann man Klausi mögen oder nicht, aber in die Stiefel gepinkelt wird damit sicher nicht mehr.
Die Außenlinien haben generell nur noch wenig mit dem Mokka A gemeinsam. Die Linienführung ist generell etwas kantiger geworden, insgesamt könnte man fast "sportlich" sagen, auch wenn das bei der hier gefahrenen Topmotorisierung von 130PS natürlich fraglich bleibt. Treu geblieben ist sich Opel in den rot akzentuierten, klassischen Dachlinien der aktuellen Modellgenerationen.
Erfreulich: Es gibt zwei dezente, reale Endrohre und, damit man auch nicht vergisst womit man unterwegs ist, die in meinen Augen gelungene Modellbezeichnung am Heck. Fügt sich ganz schön in die Partie ein. Die gefahrene GS-Line bringt allerlei rote Akzente mit sich, innen sowie außen. Insgesamt kommt der Mokka damit auf einen Neupreis von 30.500 Euro. Dafür erhält man dann unter anderem einige nette Ausstattungshighlights:
- LED MAtrix-Scheinwerfer
- ACC
- Adaptiver Spurhalteassistent
- Verkehrzeichenerkennung
- Fernlichtassistent
- Totwinkelwarner
- Rückfahrkamera
- Keyless Go
- Digitales Tachometer
- Sitzheizung
- Induktive Ladeschale
- Regen- und Lichtsensor+
- 1.2 Liter 3 Zylinder Benziner mit Automatik und 130 PS
Im Innenraum erwartet einen dann eine bunte Mischung aus altbekannten Opelelementen und Bauteilen, die man bisher aus dem PSA Konzern kennt. Die Anordnung bzw. das Design ist allerdings kaum wiederzuerkennen und wurde im großen und ganzen neu modelliert. Die Mittelkonsole und das zum Fahrer bzw. zur Fahrerin gerichtete, digitale Cockpit mit Touchscreen weiß zu gefallen, obgleich es von reichlich Klavierlack und entsprechenden Fingerabdrücken geprägt ist. Ich komme aber nicht umher, ein wenig Golf 8 darin zu erkennen.
In den manuell verstellbaren Teilledersitzen fuhr es sich bequem und komfortabel. An die bekannten Opel-AGR-Sitze kommen Sie aber nicht heran. Bei über 1,90 Metern Körpergröße könnte es dann auch eng werden. Mit den vielen roten Details sind sie aber durchaus schick.
Das Lenkradmodul ist beispielsweise das traditionelle Opellenkrad mitsamt den Hebeln für Scheibenwischer und Blinker, was mir sehr gut gefällt und nicht in der ewigen Suche nach den passenden Schaltern für die ACC endet wie bei Peugeot, wo der Hebel dafür ja gut hinter dem Lenkrad versteckt ist.
Im digitalen Cockpit gibt es die Möglichkeit, verschiedene Ansichten einzustellen. Bei der Schriftart scheint Opel dabei das PSA-System für sich bearbeitet zu haben. Im Peugeot 508 beispielsweise, gab es allerdings noch mehr Einstellungsmöglichkeiten für die Individualisierung. Dafür hat man (leider) das Infotainmentsystem und die damit verbundenen Funktionen und Darstellungsformen im Hauptdisplay, komplett übernommen. Ich persönlich finde das schade, da PSA hier irgendwie auf Krampf versucht etwas "anderes" anzubieten, was letztlich aber in einer seltsam unfunktionalen Bedienung endet. Man gewöhnt sich daran, aber für klassische bzw. bisherige OpelfahrerInnen wird das eine Umstellung, wenn nicht sogar Herausforderung.
In der Mittelkonsole befinden sich nach wie vor die (zum Glück) manuellen Schalter und Regler für die Klimatisierung, darunter die induktive Ladeschale, die tatsächlich auch für das größte I-Phone Platz haben sollte. Darunter die klassischen Assistenz-Schalter sowie der Schalter für die Gangwahl. P- und N sind dabei manuell zu betätigen. Daneben befindet sich der Schalter für den Fahrmodus, der allerdings nur geringen Einfluss auf das Ausfahren der einzelnen Gänge hat. Unter der veschiebbaren Mittelarmlehne gibt es noch ein kleineres Staufach, und man gelangt anschließend in den Fond.
Man sieht also deutlich den Unterschied zum Vorgänger sowie die überaus Abdruckempfindlichen Bedieneinheiten. Alles in allem wirkt es aber endlich, als wäre Opel im 21. Jahrhundert angekommen. Die Lüftungsdüsen sind ebenfalls neu gestaltet und dimensioniert. So befindet sich nur eine große Düße in der Mitte. Fand ich zu beginn schräg, aber eigentlich gar nicht so verkehrt. Das Armaturenbrett ist mit verschiedenen Materialien ausgekleidet, wirkt aber weit wertiger als die sonst verarbeitete Flut aus hartem Kunststoff.
Auch die Türverkleidung kommt mit einer heterogenen Materialmischung daher, die sich aber im Gesamtbild stimmiger anfühlt als gedacht und durch die aufgeschäumte Armlehne eine akzeptable Abstützfunktion beim Fahren einnimmt.
Wirft man einen Blick nach hinten, freut man sich über die RFK, wobei die Rundumsicht durch die doch relativ schmale C-Säule durchaus die Erwartungen übertoffen hat. Allerdings sitzt es sich hinten dann doch ziemlich beengt. Die Beinfreiheit war bei meinen 1,85 Metern und der dazugehörigen Fondsitzeinstellung minimal bis nicht vorhanden. Lange Touren sollte man also nach wie vor eher vorne verbringen. Ansonsten lässt es sich auf den Fondsitzen auch weitere Entfernungen aushalten. Lediglich 2 USB - Anschlüsse haben in der Mittelkonsole Platz gefunden.
Der Kofferaum stellt mit seinen 350 Litern wahrlich kein Raumwunder dar, aber immerhin rutscht der Ladeboden nicht wie beim Corsa einfach eine Etage tiefer sobald man etwas Gewicht raufpackt. Die Ladekante ist etwas höher als der Boden, dafür ist dieser ein doppelter, sodass man theoretisch auch darunter etwas Gepäck verstauen kann.
Und wie fährt er sich nun?
Es ist leider schon eine Weile her, dass ich einen Mokka A gefahren bin. Allerdings lag der neue Mokka gefühlt wesentlich besser auf der Straße. Die Automatik schaltet solide und weich. Ein schreiendes Suchen nach dem richtigen Gang kam in den gefahrenen, knapp 100 Kilometern durch Stadt und über Land, quasi nicht vor. Die 3 Fahrmodi Eco, Normal und Sport haben lediglich einen kleinen Einfluss auf das Ansprechverhalten. Das Fahrwerk ist aber komfortabel abgestimmt und dank nur 1200 Kilo Leergewicht kann man, zumindest mit dem 130PS-Motor sogar die ein oder andere Kurve räubern. Man ist definitiv alles andere als ein Hinderniss auf der Fahrbahn und kommt laut Popometer auch in einer halbwegs annehmbaren Zeit auf Landstraßengeschwindigkeit. Die Lenkung ist nicht so direkt wie ich es mir gewünscht hätte, aber letztich ist das auch Geschmackssache. Der Verbraucht pegelte sich am Ende bei 7,3 Litern ein. Die Mischung aus PSA und Opel ist im neuen Mokka defintiv erkennbar. Es fehlt eventuell noch an einer klaren Linie, aber ich denke, dass sich das über die nächsten Modellpflegen sicher weiter verbessert.
Opel macht hier auf jeden Fall vieles richtig und ich bin tatsächlich froh, dass sich der Mokka vom Klassenzonk zu einem Fahrzeug entwickelt hat, was sich defintiv nicht hinter den Mitbewerbern verstecken muss, sondern durch Design und Fahrbarkeit eher den vorsichtigen Angriff nach vorn wagt.
Ob es zum Sprung reicht, kann jeder sicher in einigen Wochen selbst erfahren und beurteilen. Mir hat er Spaß gemacht und ich würde nicht auf "Tauschfahrt" gehen, wenn man ihn mir für eine C-Reservierung anbietet. Allein schon durch die Fülle an möglichen Farbvarianten und das neue Aussehen, hat der Mokka selbst in den wenigen Stunden in denen ich ihn gefahren bin, viele Blicke auf sich gezogen. Ich denke mit dem Mokka-E wird es sogar noch spannender. Man schaut ihm einfach gern hinterher, egal ob von vorn oder hinten. Und ich bin mir sicher, dass einige erst nach genauerem Hinsehen bemerken, um welche Marke es sich eigentlich handelt.
Ohne Schleichwerbung machen zu wollen, gilt der Dank dem Autohaus, dessen Name mehr als einmal groß hier im Bericht erschienen ist, für die freundliche und unkomplizierte Möglichkeit der Probefahrt. Die Angst vor dem Mokka konnte entgültig abgelegt werden und ich würde sogar soweit gehen, dass ich mich ein bisschen freue, wenn er in die Flotten der großen Vermietungen einzieht.
Bis dahin...