Porsche Taycan Turbo | Porsche Drive Erfahrungsbericht

  • Für mich gab es eine sehr außergewöhnliche Miete: geplant war ein Taycan von Porsche Drive - geworden ist es sogar ein Taycan Turbo.



    Wo soll ich bei diesem Auto bloß anfangen?

    Betrachten wir den Wagen zunächst von außen. Die unverkennbare Silhouette lässt keine Zweifel aufkommen, dass es sich um einen Porsche handelt. Auch wenn es sich um einen 4-Türer und damit eine recht lange Limousine handelt, ist es Porsche gelungen, dass der Taycan ähnlich sportlich wie ein 911er aussieht. Das Dolomitsilbermetallic ist für Porsche-Verhältnisse noch sehr dezent und hat tatsächlich dafür gesorgt, dass man bei dem aktuellen Wetter auf der Autobahn einige Male übersehen wird. Ansonsten haben aber auch viele Platz gemacht - Überholprestige scheint also vorhanden.

    Die großen Räder untermalen den sportlichen Auftritt.



    So dezent der Wagen von außen ist - so extrovertiert ist er von innen. Die Kombination aus schwarzem und bordeauxrotem Leder ist vielleicht nicht jedermanns Sache:



    Porschetypisch ist die Zündung ähhh der Einschaltknopf auf der linken Seite. Schön ist, dass sie der Tradition treu bleiben. Interessant ist, dass dieser Knopf zum Start eigentlich gar nicht gebraucht wird. Es reicht, die Bremse zu treten und einen Gang ähhh die Fahrtrichtung auszuwählen. Schon fährt er los. Die Position des Gangwahlhebels hinter dem Lenkrad ist ziemlich gewöhnungsbedürftig. Damit wären wir aber schon beim nächsten Thema: Der Gangwahlhebel ist mehr oder weniger der einzige mechanische Schalter überhaupt (wenn man mal von den Fensterhebern und den Sitztasten absieht). Aber interessant (und meiner Meinung nach schade), dass auch Porsche diesen Weg geht und sich immer mehr von mechanischen Bedienelementen verabschiedet. Bei Porsche sollte der Kostendruck nicht so hoch sein wie bei Massenmodellen wie etwa dem Golf. Bleibt zu hoffen, dass Porsche das vorerst nur bei den besonders modern erscheinenden E-Fahrzeugen macht und sich sonst selbst treu bleibt.

    Sogar an der Lüftung kann man mechanisch nicht die Richtung oder Stärke ändern - das geht alles übers Menü.



    Lediglich ins Armaturenbrett integriert sind ein paar Druckflächen - links fürs Licht, rechts für Fahrwerk etc. Sonst läuft alles übers Menü. Sogar die Klappen für Frunk und Kofferraum muss man über das Menü öffnen - es sind keine Schalter mehr vorhanden.

    Das Menü funktioniert zweiteilig: zum einen der "klassische" Monitor an gewohnter Stelle, zum anderen ein zweiter Monitor in der Mittelkonsole. Gewöhnungsbedürftig ist hierbei, dass man in der Regel in der Mittelkonsole die gewünschte Anwendung auswählt und die weiteren Einstellungen dann im oberen Monitor vornimmt. Auch braucht der untere Monitor einen recht starken Druck (gegen einen Widerstand), während bei dem oberen die gewohnte sanfte Berührung reicht. Das mag in der Praxis sinnvoll sein, braucht aber in der Tat etwas Eingewöhnung.

    Negativ ist aufgefallen, dass die Bedienung sehr hakelig ist. Ich hoffe sehr für Porsche, dass das auf die Chipkrise zurückzuführen ist. Ansonsten ist es ein absolutes No-Go in dieser Preisklasse.

    Selbst im Fond läuft die gesamte Steuerung über ein Menü.



    Zum Glück war das Sport Chrono Paket verbaut, was meiner Meinung nach in jeden Porsche gehört. HUD hatte er nicht, auch kein Beifahrerdisplay, welches sich rechts vom oberen Display anschließen würde. Ein Highlight ist mit Sicherheit das große Panoramadach, was sich gefühlt fast nahtlos an Front- und Heckscheibe anschließt.



    Kommen wir nun aber zum interessanten Teil: die Performance. Maximal können 680 PS abgerufen werden, die über alle vier Räder auf die Straße verteilt werden. Der Punch bei der Launch Control ist einfach brutal. Auch wenn ich schon einige drehmomentstarke Autos (u. a. S63, M5, M550d, M850i, Panamera E-Hybrid) gefahren bin: So stark habe ich innerlich beim Beschleunigen noch nicht gejubelt. Porsche nennt 3,2 Sekunden, die der Taycan Turbo auf 100 braucht. Wenn man (selbst als Fahrer) den Kopf nicht anlehnt, kann es schon mal einen gnadenlosen Schlag in den Nacken geben :D

    Der Wagen ist bei 269 km/h Tacho (GPS getrackt 264) abgeregelt. Und wie man es von Porsche nicht anders erwartet. liegt der Wagen auch bei diesen Geschwindigkeiten wie ein Brett auf der Straße. Es ist fast schon beängstigend, wie der Wagen wie auf Schienen fährt und wieviel Vertrauen er vermittelt. Das führt im Umkehrschluss natürlich dazu, dass man (gerade in einem leisen Elektrofahrzeug) die Geschwindigkeit gar nicht so richtig wahrnimmt.

    Und falls man mal etwas mehr Spaß haben möchte: ich hab mir sagen lassen, dass man auch driften kann ^^

    Ein nettes Feature: Man kann Positionen programmieren (etwa die eigene Hofeinfahrt, Tankstelleneinfahrten etc.), an denen das Fahrwerk sicht automatisch anhebt. So kann man bei der doch recht tiefen Lage ungewollte Bodenberührungen vermeiden.


    Bleibt die Frage nach dem Sound. Ich hatte neulich hier gepostet, dass ich bei einer IWMR-Resi einen Opel Combo (also Lieferwagen) einem Mitsubishi Eclipse PHEV vorgezogen hatte. Ich war erst unentschlossen. Als dann aber dieser heulende Staubsauger vorgefahren kam, war es für mich vorbei und ich hab den Combo genommen.

    Hier bewegen wir uns nun in einer anderen Liga. Bleibt trotzdem die Frage, wie Porsche den Sound gelöst hat. Normalerweise fährt Porsche die Strategie, dass kein künstlicher Sound erzeugt wird, sondern nur die tatsächlich entstehenden Geräusche auf den gesetzlich vorgeschriebenen Pegel verstärkt werden, was ich für einen guten Ansatz halte.

    Bei dem Taycan Turbo (S) gibt es nun den Electric Sport Sound, der wahlweise hinzugeschaltet werden kann. Ich habe von einigen gehört, dass er wie ein Raumschiff klingt. Böse Zungen mögen behaupten, dass er so klingt, wie man sich in 90er-Serien ein Raumschiff vorgestellt hat. Aber ich muss sagen, er passt zu dem Wagen. Auch wenn man weiß, dass er komplett synthetisch ist, ist er doch so glaubhaft, dass er echt sein könnte. Und ich habe definitiv festgestellt, dass die Beschleunigung noch mal brutaler wahrgenommen wird, wenn sie mit diesem Sound untermalt wird.

    Genau diese Diskussion lässt sich ja auch auf Verbrenner übertragen: Braucht man künstlichen Sound in Zeiten von immer leiser werdenden Autos? Ist es proletenhaft? Ich finde, es gehört dazu, und ja, es trägt auch zum Gesamtgefühl bei. Man nimmt die Fahrdynamiken einfach anders wahr, auch wenn man weiß, dass beim Sound nachgeholfen wurde (lieber wäre mir natürlich echter Sound).


    Letztendlich muss ich sagen, der Wagen macht ungeheuren Spaß und nimmt einem auf jeden Fall die Angst vor der Elektromobilität. Trotzdem glaube ich, dass ein Verbrenner mit dem Sound und dem Durchknallen der Gänge einfach mehr Emotionen vermittelt.


    Betrachten wir nun die Aspekte des elektrischen Fahrens:

    Sehr angenehm war, dass eine Ladekarte mitgegeben worden ist.So konnte man sich einfach vom Navi zum nächsten Charger lotsen lassen. Letztendlich funktioniert der Porsche Charging Planner recht gut, wenn er für die gewählte Route die optimalen Ladesäulen heraussucht. Was mir gefehlt hat: Ich hätte gerne direkt Infos zur Umgebung der Ladestationen gehabt, also z. B. welche Restaurants in der Nähe sind.

    Der Taycan hat sogar zwei Ladeklappen: vorne links lässt sich an üblichen AC-Chargern mit 22 KW laden, vorne rechts gibt es eine weitere Klappe, über die sich mittels CCS mit bis zu 270 KW laden lässt. Da reicht ungefähr eine halbe Stunde, um einen fast leeren Akku auf die 80 % zu bringen. Ein einfaches Streichen über den Sensor genügt und die jeweilige Klappe öffnet sich automatisch. Braucht man das? Nein. Ist es geil? Ja!

    Porsche gibt die Reichweite mit weit über 300 km an. Ich habe bei weitem keine 250 km geschafft. Aber gerade bei höheren Geschwindigkeiten sieht man die Reichweite nur so purzeln. Und seien wir mal ehrlich: Wer holt sich einen Taycan, um damit mit 130 km/h über die Autobahn zu schnecken?


    Fazit: Eine grandiose Miete, die so schnell nicht vergessen wird. Der Wagen macht wahnsinnig Spaß und ist meiner Meinung ein echter Porsche. An der Verarbeitungsqualität gibt es nichts zu mäkeln, an der Performance sowieso nicht. Einzig die Menübedienung könnte etwas schneller sein. Vor allem zeigt der Wagen, dass mit der E-Mobilität die Welt nicht untergeht ;) Einzig die Langstreckentauglichkeit sehe ich nur bedingt.

  • Die Langstrecke geht nur nicht, weil man ständig am Pedal hängt und nix dagegen tun kann. Selbstkontrolle perfektionieren, mit 80 auf der Bahn und bergab immer nur rollen - so könnten die 300km sogar machbar sein. :107:

  • Man braucht dafür keine 80 zu fahren. Mit 140-150 km/h im Range Modus kommt man auf gut 280-300 km zwischen den Ladestopps (85-90% auf 5-10%). Mit den neuen Software Updates steigt die Reichweite noch mal um gute 5%.

  • Man braucht dafür keine 80 zu fahren. Mit 140-150 km/h im Range Modus kommt man auf gut 280-300 km zwischen den Ladestopps (85-90% auf 5-10%). Mit den neuen Software Updates steigt die Reichweite noch mal um gute 5%.

    Ja das mag sein. Ob das das typische Fahrprofil eines Taycanfahrers ist, sei dahingestellt :107:

    Es klingt zumindest etwas nach Alltagstauglichkeit. Ob man sich für dieses Fahrprofil einen Taycan holt, nur damit man ab und zu mal Gas geben kann, sei dahingestellt. Aber man muss sich auch immer wieder klar machen, dass jemand ein Auto im Dauerbesitz anders fährt als wenn er es nur für x Tage als Mietwagen hat.


    Was mich noch ein klein wenig gewundert hat: Bis auf den Schriftzug "Turbo" auf den Kopfstützen wurde man optisch nicht daran erinnert, dass man auch in einem Turbo sitzt. Zumindest im 911 GTS gab es an mehreren Stellen ein paar nette Applikationen, die einen an den GTS erinnert haben. Für mich immer nette Details, die den Wagen von der Basisversion abheben.