Ich dachte mir, da ich hierzu keinerlei Erfahrungsberichte Online fand, dass ich mal über eine Überführungsfahrt berichte, die ich für die Firma Nextmove übernommen hatte.
Für alle, die gerade nicht wissen, wovon ich rede: Überführungsfahrten sind OneWay Fahrten, die Flottenbesitzer veranlassen müssen, um z.B. Rotationen zu ermöglichen, Flottenverfügbarkeitsfluktuationen auszugleichen oder, wie in meinem Fall, ein Leasingfahrzeug zu überführen. Die Firma Nextmove, die sich auf die (mit Verlaub sündhaft teure) Vermietung von E-Autos spezialisiert hat, bietet solche Fahrten quasi dauerhaft an, mit mehr (Model S P100D) oder weniger (Corsa e) ertragreichen Versuchen der Erregung elektromobiler Appetenz.
Das Geschäftsmodell ist so simpel wie genial: Warum teure Mitarbeiter für 12+-Stunden Arbeit bezahlen, wenn man sonst an proletarischere Verkehrsmittel gebundene Lakaien rekrutieren kann, die den Wagen zum Nulltarif ans Ziel bringen?
Wohl des Kalküls bewusst konnte aber auch ich mich nicht dem Sog entziehen, selbst einmal Tesla zu fahren (Ein Model Y LR in diesem Fall). Das Angebot skaliert sich je nach Anfrageaufkommen dynamisch, das heißt:
a) anfangs nur sehr spärlich bemessene Inklusivkilometer, der Überführende trägt selbst sowohl eine saftige Ladepauschale als auch alle anfallenden Ladekosten
b) Je nach Nachfrage werden Zugticket (erst 50, dann 70€) hinzugefügt und auf die Ladepauschale (allerdings nie die Ladekosten!) verzichtet
Das heißt konkret, dass ihr für, z.B. ein Model S, vermutlich immer draufzahlt und auch bei weniger aufregenden Gefährten wenn's gut läuft (also mit einer Ladung von Start bis Ziel) netto 0 € bezahlt. Ich musste für meine recht lange Fahrt 20€ Superchargerkosten schlucken. Nicht zu vergessen ist auch die horrende Kaution von mind 2000 bis zu 5000 €, die offenkundig der Abschreckung weniger solventer Klientel dienlich ist.
Da ich aber eh in die Ecke wollte und so Reise und Vergnügen verbinden konnte, stieg ich also ein, genoss die leise und extrem effiziente (17kwH/100km bei 130km/h) Autobahnfahrt und konnte an der abgasfreien HEPA-gefilterten Zukunftsluft der 2,2 Tonnen vergrünenden Individualverkehrs schnuppern. Das Auto stellte ich dann auf verlassener Flur ab und machte mich nach einem letzen wehmütigen Blick auf die 400+ PS per pedes zum persönlichen Zielort. Ich werde noch berichten, ob mich in der Endabrechnung/-Inspektion noch böse Überraschungen erwarten.
Obwohl ich die Fahrt durchaus genießen konte, komme ich nicht umhin, mich bei dem Gedanken, nach dieser Expedition netto draufgezahlt zu haben, irgendwie unwohl zu fühlen. Ich finde, eine für die Zielerreichung erforderliche Ladung sollte von vornherein inklusiv sein. Wer dann mit 180 brettern will, muss eben extra zahlen. So bleibt dieses Angebot eines für einkommenstarke Elektro-Enthusiasten, die für das Feeling einige Umwege in Kauf nehmen wollen. Ich werde die Angebote, wenn überhaupt, in Zukunft nur in Akkordanz mit meinen Reiseplänen annehmen.