Landrover Defender 110 Station Wagon 2.2D | Hertz Jena
Legendär. Für den Beruf. Für das Abenteuer.
Anmietung
Über die Facebook-Seite der Station in Jena wurde ich auf den Defender aufmerksam, vorher kursierten ja schon einige Sichtungen im Forum. Als Freund von JLR im Allgemeinen hatte ich den Defender noch nie vorher fahren können. Daher wollte ich mir diese günstige Gelegenheit nicht entgehen lassen, spielte spontan eine Reservierung ein und konnte ihn auch für 3 Wochenendtage mitnehmen.
Exterieur / Geschichte
Erhalten habe ich einen Defender 110 Station Wagon (Grupe W6) mit einem Basispreis von knapp 29.000 EUR. Das 110 bezieht sich auf die Länge in Inch.
Dieser Längenunterschied im Vergleich zum Defender 90 Station Wagon ergibt Platz für 5-7 Personen und 2 zusätzliche Türen. In schwarz ist das Fahrzeug sehr präsent, wirkt aufgrund seiner rohen Formen und sichtbaren Nieten beinahe martialisch. Schließlich hat der Defender neben einem landwirtschaftlichen auch einen militärischen Hintergrund. Den glaubt man ihm auf den ersten Blick.
Die großen Geländereifen (Continental CrossContact AT) und die Trittbreter sind hier nicht zum Schmuck angebracht, wie es für SUVs üblich ist - wenn man im Gelände über einer Vertiefung zum Stehen kommt, muss man regelrecht aus und in das Fahrzeug "klettern".
Wenn man sich nun vor Augen hält, dass der Landrover Defender in diesem Jahr seinen 65. Geburtstag gefeiert hat und seit 1948 ohne größere Veränderungen in dieser Form gebaut wird, wundert man sich kaum noch über das archaische Erscheinungsbild. Schon heute darf der Defender nicht mehr in die USA importiert werden, heimlich importierte Modelle werden sogar öffentlichkeitswirksam verschrottet. Doch warum? Nun, der Defender verfügt weder über Airbags, noch passen die Abgaswerte in die heutige Zeit. 2015 wird die Produktion eingestellt werden, die EU-Richtlinien "stoppen" den Defender dann auch in Europa. Immerhin sind ABS und Traktionskontrolle mittlerweile für schlanke 1.850 EUR als Sonderausstattung erhältlich.
Von allen jemals produzierten Defendern (beinahe 2 Mio.) sind noch 75% in Betrieb. Warum ist der Defender so unverwüstlich? Es könnte mit seinem denkbar simplen aber strapazierbaren Prinzip zusammenhängen: der Defender besteht aus einem massiven Leiterrahmen (der mittlerweile im PKW-Bereich keine Anwendung mehr findet, hier hat die selbsttragende Karosserie übernommen) und einer Aluminium-Karosse, welche auf den Leiterrahmen aufgenietet wird. Der Vorteil: Aluminium rostet nicht. Sollte z.B. Wasser eindringen, könnte dies einfach durch ein Loch im Boden ablaufen, ohne der Karosserie zu schaden, em ehesten dürfte der Leiterrahmen leiden, dieser ist im aktuellen Modell jedoch mehrfach tauchlackiert, gut geschützt gegen Rost. Zudem ist er extrem massiv, würde sich bei einem Verkehrsunfall förmlich in den Unfallgegner "hineinbohren". Darunter leidet auch die Fußgängersicherheit - ein weiterer Grund, warum es den Defender ab 2015 nicht mehr als Neuwagen geben wird.
Ich kann mir vorstellen, dass diese Entwicklung gegen Ende noch einen "Run" auf den Defender auslösen wird, vor allem in Deutschland ist er beliebt.
Interieur
Der Defender ist eigentlich nicht viel mehr, als eine Blechbüchse mit Allradantrieb. Besonders deutlich wird einem dies, sobald man es geschafft hat, hinter dem Steuer Platz zu nehmen. Das Lenkrad wurde 1:1 von der rechten Seite nach links versetzt, dementsprechend sitzt auch das Zündschloss dort, wo man es ansonsten nur in einem Porsche findet. Den Hebel für die Motorhaubenentriegelung zu versetzen war wohl zu anspruchvoll, dieser findet sich im (in Deutschland) Beifahrerfußraum.
Als Fahrer nimmt man die sog. "Command Driving Position" ein, wie es bei JLR so schön heißt. Was damit gemeint ist? Nun, man sitzt im Defender unglaublich hoch. Schon in einem durchschnittlichen SUV wie dem Touareg sitzt man natürlich höher als im Golf, doch mit dem Defender befindet man sich subjektiv in Augenhöhe mit Transportern wie dem Sprinter, befindet sich demnach deutlich selbst über großen SUV wie dem Q7 oder X5. Normale PKW wirken wie geschrumpft.
Die Außenspiegel müssen mühsam von Hand verstellt werden, den linken Arm kann man nur aus dem Fenster hängen lassen, da die Tür nur etwa 5cm stark ist (Seitenaufprallschutz bieten nur die hohe Position und der Leiterrahmen), Platz für eine Armauflage bleibt hier nicht. So sitzt man trotz der schieren Größe des Fahrzeuges überraschend beengt, in einem Hyundai i10 könnte es bequemer sein. Hat man die Tür erst einmal "zugeballert" blickt man auf ein nacktes Lenkrad, der Tachometer scheint wiederum aus dem Discovery zu stammen, einen Bordcomputer sucht man jedoch vergeblich. Rechts vom Fahrer befindet sich eine riesige Ablagebox, in der man vermutlich einen Kasten Wasser verstauen könnte. Ein Handschufach gibt es nicht, dafür große Drucktaster für Sitzheizung, A/C, Front- und Heckscheiben-Heizung sowie für den Heckwischer. Das Licht bedient man über einen Schalter links vom Lenkrad, vergisst man es auszuschalten piept hier nichts - es würde brennen, bis die Batterie leer ist.
Amüsant: die Klimaanlage soll sich in diesem überarbeiteten Modell deutlich verbessert haben und mittlerweile sogar heizen (!) - derartiges konnte ich jedoch kaum feststellen. Selbst bei warmem Motor und trotz Sitzheizung empfiehlt es sich, warme Kleidung im Defender zu tragen. Das ist aber kein Problem, auch mit Handschuhen kann man die groben Schalter, Hebel und Tasten gut betätigen. Die Ausleuchtung der Scheinwerfer ist leider sehr bescheiden: mit Abblendlicht sieht man einen Bereich von etwa 15m vor dem Fahrzeug, blendet man das Fernlicht auf, so sind die 15m direkt vor dem Fahrzeug dunkel und dahinter beginnen 15 ausgeleuchtete Meter. Nebelscheinwerfer gibt es nicht.
Der Kofferraum ist erschreckend klein, die dritte Sitzreihe wird jeweils seitlich hochgeklappt. Auch in der zweiten Reihe gibt es nicht wirklich viel Beinfreiheit, die einfachen Stoffsitze sind zum Sitzen da. Mehr aber auch nicht.
Erhaben. Ein Wort beschreibt das Fahrgefühl ganz ausgezeichnet. Seit der Modellpflege klappert im Defender auch nur noch der Wagenheber unter dem Fahrersitz (dessen Sitzauflage lässt sich einfach herausnehmen, darunter ist ein großer Staumraum mit Wagenheber, Warndreieck usw.), ansonsten ist der Wagen deutlich pflegeleichter, als es in der Vergangenheit der Fall gewesen sein dürfte. Das Kupplungspedal befindet sich ungewöhnlich weit links, leicht verwechselt man es mit dem Bremspedal.
Dennoch fühlt sich der Defender auf befestigten Straßen nicht wirklich zu Hause. Zwar erreicht er 145km/h, er kann somit auch Autobahnetappen zurücklegen, doch der riesige Wendekreis sorgt im Stadtverkehr doch für das eine oder andere ungewünschte Rangieren, auch erfordert die Kupplung und Lenkung (Servolenkung!) einiges an Kraft, nach längeren Strecken wird das Fahren regelrecht körperlich anstrengend.
Sobald der Defender jedoch von der Landstraße auf einen Feldweg abbiegt, machen sich die dicken Reifen und langen Federwege bezahlt. Ungerührt ruckelt er über jedes noch so tiefe Schlagloch.
Und soll es mal bergauf gehen? Kein Problem.
Das Verteilergetriebe erlaubt es, die Untersetzung und Differenzialsperre per Schalthebel neben dem eigentlichen Schalthebel einzulegen. Ist die Untersetzung einmal aktiv, dazu noch das Mittendifferenzial gesperrt erklimmt der Defender selbst steile Berge. Schlamm? Laub? Matsch? Kein Problem. Langsam aber zuverlässig zieht sich der Defender wie an einer unsichtbaren Winde den Berg hinauf.
Und wenn es wieder bergab geht: Bergabfahrhilfe? Fehlanzeige. Dafür wirkt die Handbremse direkt auf die Kardanwelle, nicht auf die Räder. Dies scheint auch nötig, die reguläre Bremsanlage mag den um die 2 Tonnen schweren Wagen kaum vernünftigt zu bremsen.
Warum ist der Defender besonders gut fürs Gelände geeignet? Im Gegensatz zum Range Rover und anderen Fullsize-SUVs ist er nicht so breit, sondern nur hoch. Gerade auf engen Feldwegen kommt er daher gut durch, ohne die Bäume zu touchieren.
Fazit
"It's never over in a Landrover" - getreu diesem Motto vermittelt der Defender das gute Gefühl, auch die kommenden 20 Jahre Klimawandel gut überstehen zu können.
Zwar erfordert die Bedienung ein wenig Gewöhnung, Kraft und Geschick, macht am Ende jedoch Spaß und zaubert dem Fahrer stets ein Lächeln ins Gesicht, wenn der Wagen zeigen kann, was er kann.
Der kleine Kofferraum und der beengte Sitzplatz machen klar: mit diesem Wagen fährt man nicht ans Meer oder in den Urlaub, mit diesem Wagen fährt man nicht den Berg hinauf... man fährt auf den Berg.
Würde ich den Defender wieder mieten? JA! Wenn ihr noch die Gelegenheit dazu bekommen solltet, gönnt euch das Vergnügen. In Gruppe W6 ist er ja quasi ein Schnäppchen
Pro:
+ ausreichende Motorisierung fürs Gelände und kurze Autobahnetappen
+ Untersetzungsgetriebe
+ Differenzialsperre
+ permanenter Allrad-Antrieb
+ Leiterrahmen
+ Starrachsen
+ leichte Alukarosse
+ Servolenkung
+ kein Komfort - nur was für "echte Männer"
+ unkaputtbar
Kontra:
- hoher Verbrauch
- wird ab 2015 nicht mehr produziert
- hoher Preis für wenig Ausstattung
- kein ISOFIX
Sonderausstattung:
- ABS und ETC (ESP)
- SE Paket Bluetooth mit Alpine Premium Audio System
- Winterkomfortpaket
- Schmutzfänger und Trittstufe
- Ablagebox (Mittelarmlehne)
- Klimaanlage
BLP: ca. 40.000 EUR
Technische Daten:
Länge (mm): 4625
Breite, mit Spiegeln (mm): 1992
Höhe (mm): 2181
Bodenfreiheit, unbeladen (mm): 314
Maximale Steigfähigkeit: 45°
Böschungswinkel, vorne: 49°
Böschungswinkel, hinten: 36°
Rampenwinkel: 30°
Seitenneigung: 35°
Wattiefe (mm): 500
Anhängelast max. (kg): 3500
Leergewicht** (kg): 2.050
max. Gesamtgewicht (kg): 3.050
maximale Zuladung*** (kg): 1.000
Leergewicht: 2.050kg
Motor: 2.2l Diesel-Motor
Höchstgeschwindigkeit: 145km/h
0-100km/h: wurde nicht gemessen
Drehmoment: 360Nm bei 2.200-4.350U/min
Verbrauch, Diesel: 15,0l innerorts, 12,0l außerorts, 15,0l im Gelände, 11,0l kombiniert