BMW 730d | Sixt

  • Luxemburg – oder auch kleine Burg. Weltweit Platz 1 auf der Liste des nominalen BIPs und eines der Kernzentren der Europäischen Union. Für viele sicherlich ein Land der Banken und kleinen Steuern, was sich in Hinblick auf 3500 domizilierte Investmentsfonds und 149 registrierte Banken leicht nachvollziehen lässt. Aber Luxemburg ist mehr als eine Agglomeration von Bankautomaten und Depots. Um dies näher zu erforschen, bedarf es eines fahrbaren Untersatzes, denn Luxemburg ist größer als man denkt. Um nicht im überschaubaren Verkehr der Luxemburger „negativ“ aufzufallen, ermöglichte der Zufall die Nutzung eines BMW 7er – sozusagen auch eine kleine Burg.





    Da kann man sich nun fragen, wie könnte man ein Vergleich zwischen eine Fahrzeug und einem Land und dessen Hauptstadt aufstellen? Nun ja, es gibt viele Parallelen.


    Das Design

    Schlendert man durch die vielen Straßen und Gassen der Altstadt von Luxemburg kann man den Anblick der alten Bauten auf den Felsen und an den Ufern der Alzette, die die Stadt mit einem tiefen Tal durchschneidet, genießen. Im Kontrast hierzu stehen die modernen Bauten der Banken und europäischen Institutionen im Stadtteil Kirchberg. In letzterem Teil der Stadt wird man auch eher auf den BMW 7er und seine Konkurrenten treffen. Auf den breiten Straßen demonstriert er unverhohlen seinen Anspruch und das Standing seiner Insassen. Aber, und das steht im Kontrast zu seinem Vorgänger, will er weniger polarisieren, sondern BMW-typische Sportlichkeit mit Eleganz verbinden – das gelingt ihm sicherlich ungemein gut.





    Das Erlebnis


    Zahlreiche Cafés und Restaurants laden zum Verweilen ein und demonstrieren einmal mehr die Vielseitigkeit des kleinen Landes, denn i.V. zur Einwohnerzahl (Luxemburg-Stadt: 115.000) kommt mehr internationales Feeling als in vielen deutschen Großstädten auf. Diese Internationalität kann der BMW zwar bieten, wenn man sich die Liste der Zulieferer anschaut, aber er steht vor einer weitaus größeren Herausforderung: er will bzw. muss international gefallen. Und er muss sich wie der Finanzplatz Luxemburg der internationalen Konkurrenz stellen. Viele sind sicherlich der Überzeugung, dass die größte Gefahr jedoch mit Audi und Mercedes auf nationaler Ebene droht. Und diesen Vergleich will der Neue keineswegs scheuen und demonstriert die Kernkompetenzen der Münchner: Dynamik gepaart mit perfekter Bedienung.




    Für ersteres greifen die Münchner auf ihre Erfahrung mit dem Werkstoff Carbon zurück und statten auch den Siebener mit einigen Kilos dieses feinen Werkstoffes aus, was zum einen Gewicht sparen soll als auch die Steifigkeit der Karosserie erhöht. Fügt man diesem Cocktail noch Zutaten wie die BMW-typische Lenkung und Fahrwerk wie auch die optional verfügbare Allradlenkung hinzu, erhält man eine beeindruckend fahraktive Limousine. Erst bei sehr engen Kurvenradien können die Ausmaße und das Gewicht der Luxuslimousine nicht mehr gänzlich verschwiegen werden. Auf den meisten Landstraßen kann man jedoch überraschend gut „räubern“ und mit dem Punch des Traumtriebwerkes aus dem Hause BMW bringt man viele andere sportliche Fahrer zur Verzweiflung, wenn das Schlachtschiff keine Anstalten macht sich aus dem Rückspiegel zu entfernen, sondern teilweise auch noch scheinbar unangestrengt die Flucht nach vorne antritt. Ein wahres Vergnügen und doch irgendwie stoisch und unaufgeregt als wollte das Fahrzeug einem sagen „Hattest du etwas anderes erwartet?“.




    Die Technik

    Mit Reihensechszylinder und den üblichen BMW-Zutaten kann man nur schwerlich etwas falsch machen. Doch der Siebener muss nicht nur BMW-typische Werte demonstrieren, sondern auch einen Ausblick auf die Zukunft des Automobilbaus geben. In aller Munde sind hierbei die Assistenzsystemen und das Lechzen nach dem autonomen Fahren. Zunächst einmal muss ich die Frage einwerfen, warum man das denn möchte, wenn selberfahren so viel Spaß macht wie bei diesem Auto? Die Antwort liegt auf der Straße oder vielmehr steht dort: zig Fahrzeuge und LKWs aneinandergereiht – im Volksmunde auch „Stau“ genannt. Mit der ActiveCruiseControl kann man es angenehm ruhig dahinrollen lassen, was auch auf der Autobahn selbstverständlich gut funktioniert. Aber macht es Spaß oder fasziniert es gar? Ich finde nicht und verzichte die meiste Zeit darauf.


    Ein weiteres Feature, welches ich länger testen musste, um es vollends zu verstehen, ist der aktive Spurhalteassistent. Klar lenkt das Fahrzeug in gewissem Rahmen selber, aber die Hände vom Lenkrad nehmen? Nein, das mag der BMW gar nicht und signalisiert schnell, erst ruhig dann eindringlich, dass damit nicht zu spaßen ist und er keinerlei Interesse hat die Fahrgäste selbstständig zu befördern. Vielmehr kann man den aktiven Spurhalteassistenten dazu nutzen mit äußerst geringem Lenkimpuls und Kraftaufwand die meisten Autobahnkurven bei Richtgeschwindigkeit zu durchfahren. Auch das „Schwimmen“ innerhalb der eigenen Fahrspur wird erfolgreich unterdrückt. Komplettiert wird dieser Assistent durch den passiven Spurhalteassistenten, der ein unabsichtliches Verlassen der Fahrspur verhindern möchte. Im entsprechenden Untermenü des iDrive kann hierbei die Entschlossenheit des Eingreifens, d.h. ob mit oder ohne Lenkeingriff, bestimmt werden. Sicherlich keine schlechte Funktion, jedoch führt dies auf engen Landstraßen, speziell solchen, welche ein Fahren auf der Fahrbahnmarkierung bei Gegenverkehr erfordern, zu unangenehmen Situationen, wenn das Fahrzeug plötzlich wieder in die Fahrbahnmitte ziehen möchte. Das System jedes Mal manuell ein- bzw. auszuschalten in Abhängigkeit der Straßenbreite wird wohl niemand machen, daher ist es aus meiner Sicht noch nicht hundertprozentig ausgereift. Spielt man mit dem Gedanken des autonomen Fahrens, frage ich mich sogar ernsthaft, wie ein solches Fahrzeug hier wohl reagieren würde. Ein permanentes Anhalten aufgrund der vermeintlichen geringen Breite und dem Unwillen auf der Markierung zu fahren, wäre sicherlich alles andere als das Wunschergebnis.


    Man kann somit recht eindeutig feststellen, und da unterscheidet sich meine Meinung nicht zu den Fahrassistenzsystemen der S-Klasse, dass diese sicherlich in der ein oder anderen Situation entlasten oder entspannen können, aber eigentlich für einen fahraktiven Fahrer in Kombination mit einem interessanten Fahrzeug verzichtbar sind. Dass diese in Form eines „Schutzengels“ über einen wachen, finde ich gut, aber es gibt auch die ein oder andere Situation, die aufzeigt, dass die Technik eben doch nur so gut ist wie ihr Programmierer. Es wird spannend bleiben, wo diese Reise hingeht, und ob der Hype nach dem autonomen Fahren wieder abebbt, wenn die Leute feststellen, dass es dann nur noch wie Busfahren ist.



    Selbstverständlich wurden auch bereits bekannte Funktionen passend optimiert und weiterentwickelt. Nette Features sind hierbei z.B. die 3D-Animation des Fahrzeuges inkl. Umfeld beim Einparken in Verbindung mit den 360°-Kameras. Aber auch das iDrive wurde mit seinem neuen Design überarbeitet. Im Vergleich zu den bisherigen Versionen war das Ziel wohl die Vielzahl der Funktionen und Diensten in passenden Untermenüs zu bündeln und zu strukturieren. Das hat oftmals gut funktioniert, jedoch muss auch ein geübter BMW-Fahrer sich zunächst wieder mit dieser Struktur vertraut machen, um alle Funktionen zu finden.



    Abschließend könnte ich nochmal darüber schwärmen wie gut sich dieses Fahrzeug fuhr. Was mich jedoch am meisten gefreut hat, ist die Tatsache, dass man sich der Konkurrenz der S-Klasse sicherlich bewusst ist und ein sehr luxuriöses Fahrzeug geschaffen hat, aber dennoch die BMW-typischen Attribute „serienmäßig“ integriert hat. Entgegen meiner üblichen Einstellung bzgl. solchen fahrenden Burgen, um die einleitenden Worte aufzugreifen, würde ich tatsächlich dieses Fahrzeug gerne wieder fahren. Es kann locker mit der Dynamik eines BMW 5er mithalten und zugleich beim Technik und Komfort noch eine ordentliche Schippe drauflegen.