Alpenüberquerung am Timmelsjoch - oder einfach "Engagiertes Cruzen"

  • Hi ihr lieben MWTler,


    (Falls ich das Thema im falschen Bereich geöffnet habe, bitte passend verschieben.)


    heute bin ich mit meiner frisch Verlobten Dame nach Südtirol gefahren. Ursprünglich ging es gestern Abend los aus Dortmund mit einer Übernachtung in der Nähe von Nürnberg. Der Aufbruch war dann heute morgen um 6:15 Uhr, da wir in München eine Bekannte in unserer Wohnung dort für das lange Wochenende einquartieren und dann gegen Mittag in Meran sein wollten. Der Fahrbare Untersatz war ein Audi A6 Quattro Kombi von Sixt. Ausstattung war für diese Klasse würde ich als angemessen beschreiben. Leider ohne S-line.


    Um kurz vor 8 kamen wir dann endlich raus aus München. Der Plan war, dieses mal etwas ambitionierter über das Timmelsjoch - den laut Lektüre höchsten Alpenpass mit über 2500m Höhe - zu fahren.
    Also haben wir die A95 Richtung Garmisch genommen, der Wetterbericht für Meran war bombastisch, versprochen wurde uns 29 Grad und keine einzige Wolke im wunderschönen Südtirol.



    Doch leider mussten wir uns erst einmal mit ein wenig diesigen Verhältnissen abkämpfen. Halb so wild, es waren ja nur 66km bis GAP. Und schon kam der erste Lichtblick, durch die Wolken tauchen die ersten Berge auf! Das hob direkt unsere Laune um ein ganzes Stück, da konnten wir selbst die relativ langsamen Österreicher ertragen, die dich ständig meinen, uns ausbremsen zu müssen.



    Kaum an Garmisch vorbei, wurde auch das Wetter besser und wir fuhren in Richtung Imst auf der B23. Einige Minuten später war schon die Grenze in Sicht und schon waren wir im schönen Österreich.



    Es ging ein wenig bergauf, ein wenig bergab, alles relativ entspannt. Schwierigkeitsstufe Anfänger. Vor uns 4 junge Frauen mit einem 535d Touring von Sixt. Jeder weitere Kommentar überflüssig. Von Engagiertem Cruzen konnte hier noch nicht die Rede sein. :D


    Nach Imst auf die B171 und dann circa 10km später auf die B186 ins Ötztal Richtung Sölden. An dieser Stelle schöne Grüße von Ötzi!



    Wir wurden bis nach Salden durchwegs von Schleichern belagert, deswegen an dieser Stelle immer noch keine Möglichkeit auf Fahrspaß. Eher gemächliches daherschlendern, hin und wieder mal den Turbo kommen lassen und hier einen Duster stehenlassen, da mal einen ambitionierteren Wohnwagenfahrer aus Holland auf die Plätze verweisen.



    Endlich passieren wir Sölden, es mehren sich mittlerweile auch die Motorradfahrer, die Wind davon bekommen haben, dass heute der Pass geöffnet wird. Wir sind auf gut 1250 Meter, und so langsam nähern wir uns dem Timmelsjoch. Ortsausfahrt Sölden - die ersten Kehre! Die zweite Kehre direkt hinterher, der Anstieg wird immer steiler, wir sind binnen kürzester Zeit auf 1500m, Sportmodus im A6 wird eingelegt, der 6-Zylinder darf arbeiten. Die Kurven werden engagiert gerockt, Zack, Zack, ziehen ein paar Biker vorbei, als würden wir ein Bobbycar den Berg raufschieben. Ein Porsche kommt gerade die Straße runter - das war eine knappe Geschichte für den letzten der 3 Motorradfahrer und seine(n) Mitfahrer! Einen der Biker+Beifahrer hat es fast zerlegt, aber gut, man lebt nur einmal und so. Auch tauchen immer wieder ein paar verrückte Fahrradfahrer auf, teilweise mit 4 Taschen am Rad (2 vorne, 2 hinten!!). Aber wer nach Italien will, muss leiden.


    Zu diesem Zeitpunkt holen wir genau rechtzeitig zur Polizei-Laser-Attacke in Obergurgl einen Schleicher aus Österreich ein. Vielen Dank an unbekannt an dieser Stelle! Das hätte sonst teuer werden können. :D



    Es folgen mehrere Spitzkehren, wir sind mittlerweile fast bei 2000m und die ersten kleinen Schneefelder tauchen vor unseren Augen auf. Das Thermometer zeigt noch immer sportliche 12,5 Grad. Wir kommen an die Maustation, es werden 16 Euro für einfach, 21 Euro für Hin- und Rückfahrt verlangt - auf den ersten Blick ganz schön happig. Für Motorradfahrer ist es ein abolutes Muss, aber auch für Autofahrer kann ich diese Tour als Alternative zur Brennerautobahn (im Sommer) unbedingt empfehlen.



    Um ein paar Fotos machen zu können, muss ich ab und zu mal vom Gaspedal gehen, danach wird selbiges selbstverständlich wieder adäquat bedient, um dem „Engagierten Cruzen“ gerecht zu werden. Weitere Spitzkehren mit hohen Schneewänden folgen. Zu Allen Seiten gehen nun im „Tal“, durch das sich die Straße schlängelt, auf 2400m weiße Wände immer noch steil nach oben, Überreste von Lawinenabgängen sind ebenfalls viele zu sehen.



    Kurz, bevor wir ganz oben sind, ist auf der rechten Seite ein kleiner „Parkplatz“ freigeräumt. An diesem musste ich unbedingt kurz anhalten, um die Dicke der Schneedecke kurz anhand eines „Vergleichsobjekts“ bildlich darstellen zu können. ;)



    Aufgrund der Sonne haben sich einige kleine Bäche gebildet, die immer wieder über die Straße laufen und die Reifen anfeuchten. Selbst die sonst so wilden Rowdy-Biker machen an dieser Stelle ein wenig piano. Gute 5 Minuten später sind wir endlich oben!




    Man kann es nicht in Worte fassen, der Ausblick ist genial, die Schneemassen überall sind unfassbar und naja, es ist ein wenig kalt - noch gerade einmal 2,5 Grad zeigt die Anzeige im Audi an. Der Ambitionierte MWT hat natürlich nur ein T-Shirt an, alle laufen mit Winterjacken rum - Weicheier! Ein kurzer Blick auf die italienische Seite des Passes und schnell erkennt man, dass auf der Südseite kaum noch Schnee lieg. Vorweg, für Autofahrer ist die Abfahrt aufgrund teils sehr schmaler Straßenabschnitte nicht unbedingt als Anfängerroute geeignet, wer jedoch etwas Erfahrung hat, für den ist die Abfahrt Richtung Italien ein Streckenabschnitt, welcher dem Fahrer bei passendem Fahrstil einiges abverlangt, aber man auch etwas davon hat.


    Es folgen viele Spitzkehren, kaum gerade Streckenabschnitte, die Straße schlängelt sich am Berghang entlang, es wimmelt von plötzlich auch von Motorrädern, wo auch immer die jetzt auf einmal alle herkommen. Diese überholen selbstverständlich an den unmöglichsten Orten, es geht stets steil abwärts jenseits der Straße. Man sollte also durchaus schwindelfrei sein. Abgesehen davon kann man aber schön „Gas - Bremse - Gas - Bremse - Kurve“ ausleben. Weiter unten fahre ich dann hinten auf einen Kolonne Ösis/Italiener, welche stets unter 60 fahren, von da an wird es langweilig. Das meiste der Strecke ist jedoch sowieso schon geschafft, also kann ich darüber hinwegsehen - und kurz noch ein Foto aufnehmen.



    Wir erreichen St. Leonhard im Passeiertal, von dort kann man direkt auf den nächsten Pass Richtung Sterzing/Brenner weiter, den Jaufenpass. Diesen haben wir uns Allerdings für die Rückfahrt am Sonntag aufgehoben, bis dahin werden wir erstmal die Berge per pedes erkunden!


    Ich hoffe, ich konnte euch zumindest ein bisschen etwas von dem Feeling vermitteln. Leider sagen Bilder immer nur sehr wenig über ein großes Ganzes aus. Aber die Tour war echt gespickt von atemberaubenden Eindrücken.


    Sonnige Grüße aus


    Sphero

  • Die Strecke ist ganz schön. Aber nicht zum Autofahren, sondern zum Aussteigen. Ich liebe diese Gegend, bin öfter in Niederthai und Grieß. Die Mautstation ganz oben finde ich persönlich am unspektakulärsten.

  • English no have. Aber wenn ich drüber nachdenke, cruisen scheint wohl die korrekte Schreibweise zu sein. :D


    Es gibt definitiv viele tolle Spots, um den Ausblick zu genießen. Aber es war teilweise etwas zu kalt um lange zu verweilen. Ich hatte ja aufgrund des Wetterberichts lediglich ein tT-Shirt an


    Bei geringem Verkehrsaufkommen finde ich, lässt sich das fahren allerdings super an.

  • So,


    leider hatte ich ein wenig viel um die Ohren nach unserer Rückfahrt, deshalb kam ich erst jetzt dazu, das hier alles (hoffentlich akkurat aus dem Gedächtnis) zusammenzufassen.


    So, am Sonntag ging es ab 9:00 Uhr zurück Richtung Heimat, dieses mal haben wir uns die etwas entspanntere Variante über den Jaufenpass ausgesucht.
    Von Meran bis St. Leonhard war es sehr gemütliche Fahrt das Passeier-Tal hinauf. Zwischen Weinbergen und Apfelbäumen in der Morgensonne war es echt ein schönes Ambiente



    An der Ortseinfahrt haben wir dann einen ganzen Haufen Oldtimer gesehen, die wohl eine kleine Runde über den Jaufenpass fahren wollten. Leider hab ich nur in der Kehre einen davon bei einer kleinen Pause erwischt.



    Natürlich wurde dadurch die Fahrt noch ein gutes Stück mehr entschleunigt, aber eilig hatten wir es sowieso nicht. Als wir aus St. Leonhard rausfahren wollten, hatten wir noch einmal einen Blick auf das von Wolken verhangene Timmelsjoch.



    Die gut 20km den Jaufenpass hinauf waren echt super, man konnte total entspannt fahren, die Straße schlängelte sich etwas kurvig mit vielen tollen Ausblicken den Berg hinauf mit gefühlt nur wenigen Kehren. Es war eine gelungene Mischung zwischen "im Wald" fahren und Blicke auf schneebedeckte Berge. Die Straße war schön breit und der Belag war gefühlt wie neu, ohne Schlaglöcher oder sonstiges.




    Oben lag immerhin noch ein kleines bisschen Schnee, allerdings war es auch nicht mehr sonderlich kalt, auf dem Rastplatz hatten sich bereits ein Haufen Biker und Cabriofahrer mit T-Shirt zu einer kleinen Jause zusammengefunden. Kurz, bevor wir ganz oben waren, hatten wir auch die Baumgrenze erreicht, was einen Blick auf den Straßenverlauf ermöglichte.





    Die Straße blieb schön breit, mit meist langen, ausladenden Kurven. Bei dem tollen Wetter war es echt super, um die Fahrt in vollen Zügen zu genießen. Man konnte sogar ein wenig sportlicher fahren, allerdings musste man etwas weiter unten in den Waldstücken sehr viel Acht auf Motorradfahrer geben. Zwei mal kam es fast zu einem Zusammenstoß, als Biker in einer Kurve einen Wohnwagen und einen Laster überholen wollten und es gerade noch schafften, das Manöver abzubrechen...


    Dennoch schaffte es ein etwas älterer Mann in einem Mustang Cabrio, uns radikal auf dem Runterweg zu überholen und sich natürlich dann auch dementsprechend feiern zu lassen, als wir unten waren. :D



    Die alte Brennerstraße war ein wenig voll, allerdings haben wir gesehen, dass auf der Autobahn ebenfalls stockender Verkehr war, also haben wir im Grenzdorf "Brennero" eine kurze Pause eingelegt, um uns mit einem Kaffee zustecken, bevor wie die Grenze überquerten. An der Grenze natürlich ein absolutes Lieblingsschild, wer zahlt nicht gerne für eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf der Autobahn.



    Kurz nach der Grenze, auf der Höhe des Brenner-Sees standen natürlich direkt die Blauen mit ihren Laser-Pistolen, um uns zu drangsalieren. Da uns jedoch kurz davor ein Motorradfahrer überholte, haben sie glücklicherweise diesen rausgezogen. :D
    Von Innsbruck aus ging es dann relativ unspektakulär weiter Richtung Seefeld, Mittenwald und Garmisch. Die Stecke Richtung Seefeld war jetzt nicht unbedingt ein Augenschmaus, da empfehle ich doch lieber die Strecke über Imst, auch wenn es ein paar km mehr sind.



    Ein wenig staute es sich in Garmisch, von dort ging es dann aber zügig weiter nach München, dort gab es Backhuhn im Lindwurmstüberl, und gestärkt durch eine anständige Mahlzeit und das dazugehörige Bier lies sich dann problemlos auch noch die restliche Fahrt auf einer überfüllten A9/A3/A45 aushalten.


    Abschließend kann ich nur sagen, dass auf jeden Fall beide Routen - der Jaufenpass sowie das Timmelsjoch - eine Erfahrung wert waren. Für mächtige Natur und tolle Ausblicke empfiehlt sich letzteres, für entschleunigte und entspannte Ausfahrten ist meiner Meinung nach definitiv der Jaufenpass besser geeignet.


    Beste Grüße
    Sphero

  • Die Blauen stehen da nicht, um dich zu drangsalieren, sondern um Spezialisten wie die besagten Motorradfahrer und den Mustangfahrer zu erden :thumbdown:


    Danke für den Bericht, macht direkt Laune!