Lincoln Continental Mark V Collector`s Series



  • Moin zusammen!


    Von meiner Lieblingsautovermietung S and S Rentals (sands-rentals.de) gab es für drei Tage einen 1979er Lincoln Continental Mark V als Sondermodel Collector's Series.


    Mehr an technischen Details zum Lincoln bzw. zum Continental Mark V gibt es hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Continental_Mark_V


    Ich möchte hier mehr auf die persönlichen Erlebnisse und die Emotionen eingehen, die so ein Fahrzeug bei mir, meinen Mitfahrern und quasi allen Passanten ausgelöst haben.


    Die Übergabe erfolge an einem wunderschönen schleswig-holsteinischem Sommertag. Blauer Himmel, leichter Wind, die Möwen kreischten in der Entfernung, die Trecker fuhren auf den Koppeln, angenehme 22° C und ich auf dem Weg zu S and S Rentals, ein mittlerweile nicht mehr ganz so kleiner, aber sehr feiner Vermieter mit Fahrzeugen aus dem Bereich "Special Interest". Hauptsächlich alte und neuere US-Cars, aber auch Porsche.


    Nach 2 Mustangs sollte es nun also mal der Lincoln werden. Die Übergabe verlief wie immer perfekt, freundlich und freundschaftlich-persönlich und nach kurzer Einweisung ging es los. Ich musste mich erstmal an die gigantischen Abmessung der Landyacht gewöhnen. 5,85 m Länge! Das sollte noch für lustige Erlebnisse sorgen, aber dazu später! Erstmal ging es also langsam über schöne Nebenstraßen um sich an die Abmessungen zu gewöhnen. Vor mir waren zwei Meter Auto, hinter mir waren zwei Meter Auto und mittendrin saß ich also hochherrschaftlich auf dem Fahrersitz. Ach was, nicht Fahrersitz, nein, es war ein Sessel. So plüschig, gemütlich und weich wie auf einer Luxuscouch! Und elektrisch verstellbar! 1979! Und überhaupt die Ausstattung: Klima, E-Sitze, E-Fenster, E-Spiegel, butterweiche Servo, Tempomat, Kurvenlicht (!!!). Nochmal: 1979!!


    Nach einiger Zeit wurde ich warm mit dem Koloss und habe meine Mitfahrerin für diesen Tag eingesammelt. Anfangs wollte sie selbst auch mal fahren, nachdem sie die Yacht jedoch schon von Weitem sah hat sie sich das überlegt und ich durfte den ganzen Tag fahren. :117:


    Es ging los die holsteinische Ostseeküste entlang. Ein ganz wunderbares, locker-luftig-leichtes Fahren. Man schwebt wie auf Wolken, bekommt aber so gut wie keine Rückmeldung von der Straße, da sowohl die Federung als auch die Lenkung alles von einem abschirmen. Den Motor nimmt man nur beim richtigen Gas geben wahr, sonst säuselt der 6,6l V8 (nur 160 PS :D) fast stumm vor sich hin. Der Mark V ist kein Muscle Car, er ist ein Personal Luxury Car und war 1979 der teuerste auf dem amerikanischen Markt zu bekommende PKW! Das war 1979 absolut High-End und wurde nur von obersten Kreisen gekauft. Und von ein paar Diktatoren...:210:


    Wir haben mit dem Auto überall für Aufsehen gesorgt, dagegen kann jeder Lambo einpacken :P


    Ich glaube so oft wurde ich noch nie auf ein Auto angesprochen, während der Fahrt mit Hupe oder Lichthupe begrüßt und die nach oben gestreckten Daumen konnte ich nicht mehr zählen.

    Lustig ist, dass das Auto nach vorne kaum abzuschätzen ist und daher in deutschen Städten nicht unbedingt das geeignetste ist. Jede Parklücke ist zu klein, viele Straßen oder Wege zu eng. Einmal musste meine Beifahrerin aussteigen, weil ich den Radweg nicht einsehen konnte, der unsere Straße kreuzte. Wir haben zwar gelacht, dass die Radfahrer die große 2 Meter lange Motorhaube schon sehen werden, aber riskieren wollte ich es nicht . :D


    Es folgten nach diesem Tag noch zwei weitere an denen ich mit diversen Freunden einfach sinnlos durch Schleswig-Holstein gecruist bin :117:


    Fazit: ein unvergleichliches Erlebnis so einen Saurier hierzulande fahren zu dürfen und drei ganz besondere Tage. Persönlich würde ich mir sowas nicht in die Garage stellen wollen, weil es schon fast zu viel Auto ist, aber zur Miete gerne jederzeit wieder.


    Ich hoffe euch hat mein Erlebnis der anderen "Mietwagen-Art" gefallen und ich könnte bei Interesse auch noch einen Bericht zu einem '67er Mustang schreiben.


    Beste Grüße aus dem Norden!

    Einmal editiert, zuletzt von BorisV6 ()

  • Danke nochmals für den Bericht. Habe meine (erste) Reservierung eingespielt, jedoch für einen Mustang.;)
    Hast Du denn Tipps für eine nette Route rund um Bad Oldesloe, BorisV6 ??

    Sehr cool, freut mich, dass du einen Mustang reserviert hast. Welcher ist es denn geworden?


    Bad Oldesloe ist leider nicht so die Ecke in der ich mich auskenne. Ich wohne weiter nördlich bei Eckernförde und miete immer in der Zentrale von S and S.

    Aber nicht weit von Bad Oldesloe ist z.B. der Ratzeburger See und die angrenzenden Seen im Schleswig-Holsteinischen/Mecklenburgischen Grenzgebiet. Das ist da recht schön und da findet du bestimmt schöne Strecken. Einfach von Bad Oldesloe auf der B208 Richtung Ratzeburg. Oder alternativ auf der A1 bis hinter Lübeck und dann durch Travemünde, Scharbeutz und Haffkrug direkt an der Ostsee lang, von da quer rüber Richtung Eutin/Plön und durch die Holsteinische Schweiz und die dortige Seenlandschaft zurück Richtung Bad Oldesloe. Ist landschaftlich sehr schön und da findest du viele schöne kurvige und hügelige Strecken. Kannst die Strecke ja mal bei maps checken. Ist natürlich auch abhängig davon wie lange du den Mustang hast. ;)

    Hättest du in der Zentrale gemietet, hätte ich 1000 Tipps zwischen Kiel und Flensburg für tolle Strecken, :106:

  • Ist der 70er Mustang 302 Boss geworden.

    Vielen Dank BorisV6 für den Tipp, ich konnte einen Besuch bei Freunden am Timmendorfer Strand mit einem kleinen Roadtrip verbinden.


    Aktuell habe ich familiär die Möglichkeit, in verschiedene Jahrzehnte einzutauchen, was die Mobilität betrifft.
    So sind die 1900er mit einem Dodge aus 1903 und die 60er mit einem Jaguar MK II vertreten.


    Auch wenn ich bezüglich alter Amis nicht ganz unerfahren bin, so wollte ich den Wagen unbedingt fahren. Nun kamen die 70er also mit einem Mustang 302 Boss hinzu.



    Ich habe das Auto in Bad Oldesloe abgeholt, bin dorthin mit einem Mietwagen angereist, direkt gegenüber dem Vermieter liegt ein Hotel, ist fußläufig erreichbar. Sollte jemand ebenfalls in dieses Hotel wollen - macht es nicht! Die Abholung verlief problemlos, als ich ankam, wurde der Wagen gerade vom Trailer geladen, anschließend noch einmal gesaugt und desinfiziert.

    Etwaige Fragen konnte ich ebenfalls zum Fahrzeug stellen. Dann ging es auch schon los.
    Wirkt der Wagen hinten fast noch brav, ist mMn. seine Schokoladenseite die Front. Wuchtig, präsent, zeitlos.

    Steigt man ein, kommt einem sofort der typische Geruch entgegen. Will ich haben! Als Duftbaum, als Aftershave! Spätestens jetzt ist man vollkommen angekommen. Der Zustand innen und außen dem Alter entsprechend mehr als gut. Details fallen auf, ist aber alles sehr authentisch. Alles knarzt und quietscht, nichts ist runtergerockt. Nachgerüstet sind die Hüftgurte und ein Drehzahlmesser mit Wassertemperaturanzeige. Auch ein Radio fand Einzug, auch wenn FM/AM nicht funktionierte, war eine Playlist eingespielt mit stilechten 20 Songs aus seiner Zeit. Alle Anzeigen funktionierten soweit, ich bekam zu keiner Zeit eine Fehlermeldung, alle Kreisläufe arbeiteten tadellos.


    Dreht man den Schlüssel, kommt der Motor sofort, verbrennt einen halben Teelöffel Öl direkt. Resultat ist eine hellblaue, duftende Umgebungswolke.
    Was dann kommt, sollte man vorher wissen. Der kalte Block dreht so hoch, dass wenn man die Bremse löst, das Auto ohne zutun bereits 40 km/h fährt. Nach 5-7 KM Meilen war dann der Motor soweit warm, lief fortan butterweich und sehr harmonisch. Die Beschleunigung fein über das Gaspedal dosierbar. Das Getriebe warf die 3 Gänge munter ein, welcher Gang gerade werkelte war nie so klar. Generell war das Getriebe smooth, das konnte Ford damals besser ;)... Bei einer Außentemperatur von 12-17°C war ein stetes Auge auf der Anzeige sinnvoll. Lief der Wagen auf der Landstraße fast linear bei 85-88°C, schnellte das Wasser in der Stadt oder an der Ampel schon mal auf 95-100°C. Dann half nur Frischluft, sattes Gas Richtung 60 MPH normalisierte alles zügig. Für den Notfall lag im Kofferraum gleich das passende Kühlmittel und eine ganze Werkzeugbox. Ob die für mögliche Eingriffe oder einfach nur für das Gewicht auf der Hinterachse kann ich nicht validieren.


    Beleuchtet war das Cockpit nicht, ob nichts verbaut ist oder es nicht funktionierte - ich weiß es nicht. Aber hier fährt man generell nach Gefühl.

    Das Lenkrad hatte ein Spiel von guten 2 cm, war aber ebenfalls kinderleicht dank Servo. Rangieren also nie ein Problem.

    2 weitere Dinge sind ebenfalls erwähnenswert und sollten vorher bedacht werden: Der Krach und die Bremsen.
    Die Bremsen sind ein Thema. Das Credo pedal to the medal gilt hier nur für die Verzögerung. Die ersten 10 cm Pedalweg passiert nichts. Da werkelt das hier! Da bin ich mir sicher, da ist weiter nichts verbaut. :106:
    Galant querende Omis oder umschaltende Ampeln? Das gabs in den 70er nicht. Heute helfen nur 2 Optionen: beten oder umfahren. Bei mir reichte glücklicherweise ersteres. Man muss also wirklich aufpassen. Und da frage ich mich wirklich, wie früher eine normal gebaute Dame das Auto zum Stillstand brachte!? Das nenne ich arbeiten auf dem Fahrersitz! Ein bisschen wie Fred Feuerstein...
    Die andere Sache ist der Sound, eher Krach. Klar, wir sind hier wohl alle Fans von gut klingenden Autos. Der hier hatte jedoch Tonlagen parat, die waren dann vielleicht doch ... diskussionsfähig. Fehlzündungen ohne Mapping, alles ganz "natürlich". Im Herrentunnel bergauf kämpfte der Wagen schon ein wenig. Der daraus resultierende direkte Klang plus die rückgeworfene Dröhnung waren overdose! Ab 50 MPH ist die Geräuschkulisse generell pervers, es gibt fast keine Dämmung. Da versteht man das eigene Wort nicht mehr. Wie taub waren damals die Toddler, die in dem "Familienwagen" bewegt wurden!? Mit dem Wagen in einen Kurort zu fahren, ich hatte schon smartere Ideen :109: Aber generell ist die Akzeptanz und das Feeling für Passanten durchweg positiv. Vor allem andere Ami-Fahrer waren ebenfalls Fans - und vor allem Kinder. Schön, dass die Jugend nicht nur noch Greta & Luisa kennen und akzeptieren.


    Ich kann jedem diese Erfahrung empfehlen, solang das noch möglich ist. Sofern meine 500 EUR Kaution schnell den Weg zu mir finden, kann ich den Vermieter und das Produkt wärmstens empfehlen!


    Die irritierten Blicke Anderer bei meinen ersten beiden Bremsungen zurück im "Modernen" ... geschenkt... :107:


  • Moin!

    Jetzt komme ich deutlich verspätet endlich mal zum Antworten!


    Vielen Dank für den tollen Bericht und die Eindrücke vom 70er Mustang, den ich auch immer noch fahren will ;-)

    Freut mich, dass du einen tollen Tag hier oben im Norden hattest und auch mit S&S alles gut geklappt hat.


    Für mich ist jetzt Winterpause, aber im Frühjahr geht es wieder los. Ich muss den Challenger noch fahren :106: