Das wird ein LDAE: Wird Elektro damit endlich Mietwagentauglich? | Mietwagen-Neuvorstellung VW ID.7

VW ID.7 – kompakt zusammengefasst:

Was können wir erwarten

  • Komfortable, leise Reiselimousine (bzw. Kombi, der Tourer heißen wird)
  • Mit 210 kW bzw. 286 PS so viel Leistung wie ein 530d
  • Mit 545 Nm Drehmoment 115 Nm mehr als ein i5 40e
  • Dank guter Aerodynamik wenige Windgeräusche auch bei hohen Geschwindgkeiten
  • 180 km/h Vmax bei ca. 30 kWh/100 km Verbrauch
  • gut 200 km Reichweite bei Volllast
  • gut 400 km "echte" Autobahnreichweite bei 100% - 10%
  • stabile Ladekurve und 175 kW maximale Ladeleistung (ca. 200 km in 10 Minuten)


Was finden wir gut?

  • Insgesamt größer als der VW Passat (+4 cm Länge, + 3 cm Höhe, +13 cm Radstand)
  • Höhere Positionierung als der Passat - Wertigkeit nicht ganz auf BMW 5er Basisniveau
  • Extrem leiser und ausdauernder, souveräner Antrieb
  • ultraschnell reagierende Traktionskontrolle (auch bei feuchter Straße kaum bis nie Schlupf)
  • eher komfortable Lenkung und entkoppelndes Fahrwerk
  • Lässt sich deutlich dynamischer bewegen als es der erste Eindruck vermittelt
  • Endlich ein E-Auto, bei dem Spaltmaße und Bauqualität stimmen
  • Tolles Headup-Display mit vielen möglichen Informationen, aber...


Wo ist noch Luft nach oben?

  • ...leider nur ein arg kleines Fahrerinformationsdisplay ähnlich wie beim BMW i3
  • Das Infotainmentdisplay ist unnötig groß und lenkt ab
  • Die tief verortete Touchbedienung ist zum Teil gefährlich, Flächen zu klein oder versteckt. Besser wäre es, auf eine Misch-Bedienung mit Direktwahltasten und responsivem Display zu setzen
  • Teilweise lieblose und langweilige Materialien, die auch optional nicht viel schöner werden
  • Arg eingeschränkte Individualisierungsmöglichkeiten - Farbige Lederausstattungen oder hübsche Zierleisten sucht man vergebens



VW ID.7 im Stand: Gewöhnung muss sein


Da kommen sie wieder: All die Meckerer und Zauderer und alle, die es besser wissen wollen: Ihr könnt Euren Puls beruhigen. Denn der ID.7 macht vieles richtig, ohne ein kompletter Kracher zu sein. Und genau das ist es vielleicht, was VW gerade gut tut. Ein Auto, das nicht komplett zerrissen wird (wie der ID.3) und nicht komplett absurd bepreist ist (wie der ID Buzz).


Schipkau im Spätsommer 2023. Das letzte Mal Lausitzring ist eine Weile her. Viel gegenteiliger könnte der Besuch auch nicht sein. Beim letzten Mal schrien die Acht- und Sechszylinder noch die turmhohen Tribünen an, von denen ich zwei Läufe der ADAC GT-Masters verfolgte. Dieses mal bin ich auf der anderen Seite unterwegs. In der Boxengasse stehen sicherlich 50 Autos aufgereiht und warten auf die Jury des Goldenen Lenkrads. Für so Randerscheinungen (Medienproduktionsfutzi) wie mich heißt es, wäre Fahren völlig ausgeschlossen.


Zum Glück kennt man den einen oder anderen noch aus einem früheren Leben. Und da ergibt es sich, dass ich mir nichts dir nichts im ID.7 Tourer sitze und später die Limousine fahren kann. Auf der Rennstrecke - was der ID.7 sogar richtig gut macht. Aber dazu später mehr.


Zunächst einmal: Standaufnahme. Einsteigen, Sitz einstellen, Bauklötze vor diesem Riesendisplay staunen. 15-Zoll misst es in der Diagonale. Das muss anscheinend zu Zeiten von Tesla so sein. Wirklich sinnvoll ist es aus meiner Sicht nicht. Es wirkt viel zu wuchtig, macht sich zu wichtig im Innenraum. Dass dabei trotzdem einige Bedienflächen nicht groß genug geraten sind: Schade. Die Oberfläche ist merklich flüssiger zu bedienen als das Wurstelwerk im ID.3 - wirklich praktisch oder im Fahren bedienbar? Nein. Nur bedingt. Immerhin: Es reagiert flüssig. Ruckler erlaubt es sich keine. Einzelne Grafiken sind wirklich hübsch animiert und die Naviansicht ist eine Wucht. Aber es erschlägt Dich komplett. Wie zart und elegant das Cockpit wirken würde, wenn hier ein ausfahrbares Display verbaut wäre? Haken hier: Dann müsste VW mehr Farb- und Materialoptionen anbieten. Das Display lenkt nämlich davon ab, dass es im ID.7 weder für Geld noch Kopfstände andere Abstufungen als Grau gibt. Einfach nichts zu machen. Ganze drei Innenräume gibt der Konfigurator her. Der erträglichste ist noch die Basis. Für alles andere braucht man eigentlich kein Geld in die Hand nehmen. Oder so viel, dass man sich Leder gönnt und einen BMW i4 inklusive bekommt.


Also ist meine Stimmung erstmal gedämmt. Die wird aber beim Stichwort Dämmung schlagartig besser. Denn es ist still. Türen zu und der Porsche 911 GT3 RS, der gerade die Start-Ziel runterbrät, ist kaum noch wahrzunehmen. Hier fängt der ID.7 an, richtig Spaß zu machen. Denn es ist die Technologie in der zweiten Reihe, die VW richtig gut beherrscht: den klassischen Autobau. Kurzum: Es ist leise im gut riechenden Innenraum, die Türen fallen satt ins Schloss und die Sitzposition empfinde ich als sofort passend, wenn einmal eingerichtet.

VW ID.7 Fahren: Es gibt kaum ein besseres E-Autobahnauto

Rollen wir also los. Den Wählhebel kennt man als E-Autofahrer aus BMW i3 oder ID.3. Beim ID.7 sucht man vergeblich nach einem "DSG-Wählhebel" in der Mittelkonsole. Egal. Ab auf "D" den Karren und los. Schon beim Rollen in der Boxengasse fällt auf, wie wenig eigenverursachte Fahrgeräusche nach innen drängen - also eigentlich keine. Keine Reifenrollen, kein Rauschen, kein Poltern, nichts. Einfach rollende Stille. Selbst als der GT3 RS schon wieder auf der Start-Ziel vorbeifliegt.


Die Boxenausfahrt am Lausitzring ist etwas unübersichtlich. Zuerst links abfallend, dann rechts hoch, während man direkt in den Scheitelpunkt der zweiten Kurve entlassen wird. Eigentlich extrem unangenehm. Deshalb heißt es hier: Schauen, dass keiner kommt. Die Rundumsicht ist viel besser als erwartet. Kein Videospiegelgedöns lenkt ab, keine allzu breiten Säulen versperren die Sicht. Da, wo du als Fahrer hinschauen musst, kannst du hinschauen.


Und dann heißt es: Schnell auf Touren kommen. Und hier hilft der Antritt von 545 Nm extrem gut. Souverän und ohne große elektronische Filterei (wie zB beim Audi eTron) schiebt der Heckantrieb die gut 2,2 Tonnen an. Ja, das ist hier kein Taycan GTS, wo du nur denken musst, das Fahrpedal zu streicheln und er hämmert nach vorne. Aber die Abstimmung der Gasannahme im ID.7 vermittelt dir direkt das Gefühl, dass jemand zu Hause ist.


Was später noch viel deutlicher wird, als es auf die kurze Gegengerade des Triovals geht: Wie schnell er hier auf 180 - also Vmax - ist, macht schon gewaltig Laune. Durchzug? Kann er. Leider habe ich keine Messwerte. Aber auch bei 140 km/h geht er bemerkenswert nach vorne und merklich nachzulassen und säuselt dann sanft in den Begrenzer.


Bremsen kann er übrigens auch. Fantastisch, wie hier kein Übergang zwischen Rekuperation und der Betriebsbremse zu spüren ist. Das Pedal bleibt konstant, gibt Feedback und scheint auch bei härterer Gangart sehr verlässlich. Noch einmal: Hier wird mit 2,2 Tonnen Lebendgewicht gespielt ohne dass Fading auftritt. Erstaunlich. Denn so eine Bremsperformance kannte ich bei E-Autos bis dahin nur vom Taycan.


VW ID.7 Fazit: Bei den klassischen Autotugenden richtig richtig gut.


Die große Stärke kommt aber noch: Im Laufe der Runde macht der Asphalt auf dem Lausitzring hier und da trotz jüngeren Baujahrs schon die Biege. Heißt: Es ist wellig. Eine Bodenwelle mitten in der Steilkurve vor Start-Ziel empfand ich als besonders fies. Eine richtige Stoßdämpfer-auf-Block-Hämmerung, die sich da der Ideallinie in den Weg stellt. Im GT3 RS schmiert es dir sogar das Heck ein wenig weg. Im ID.7 bleibt es hingegen geschmeidig. Und genau das ist es, was ich als größte Stärke des Autos mitgenommen habe: Geschmeidigkeit.


Man stelle sich vor, eben diese Steilkurve mit Bodenwelle ist eine Autobahnauffahrt in Bottrop-Kirchhellen. Die nimmst du komplett unbeeindruckt, stellst den Tempomat auf 160 und lässt den Hobel laufen. Die Reichweite findet in diesem Bericht kaum eine Erwähnung. Warum? Weil sie nicht weiter bemerkenswert ist. Reichweite hat der ID.7 einfach. In Zahlen: Ich bin mit 90% Akku und 480 km Reichweite aus der Box und nach drei Runden Lausitzring (ca. 3x 4,5 km) mit 460 km und 86% wieder rein. Klar ist das weit weg von irgendeiner Realität. Aber auch weit weg von Reichweitenangst.