Fahrstil

  • Ich hab zwar seit mehr als 5 Jahren des FS, aber gestern gab es dann doch eine kleine Diskussion mit einem Kumpel.


    Er meinte bei 180-200 oder mehr km/h auf der BAB den Schulterblick zu machen, sei total gefährlich da man ja einen Moment nicht nach vorne guckt und z.B. jemandem böse auffahren könnte. Er hat das wohl in der Fahrschule damals so gelernt.


    Mein Fahrlehrer hat hingegen gesagt: Immer Schulterblick! Auch bei 250 km/h. Wenn man ne halbe Sekunde mal nicht auf die Fahrbahn guckt muss man deshalb gerade beim Rasen immer richtig fett Abstand halten. So mache ich das auch immer, aber wie gesagt mein Kumpel meint das wär ihm zu gefährlich...Ich finde es eher gefährlich keine Schulterblick zu machen. Seitenaufprall bei 200 km/h...Tschüüüüüßßß.


    Wer hat Recht? :)

  • Ich habe gelernt, dass man auf der Autobahn nach dem Blick in den Außenspiegel nur so einen "halben" Schulterblick macht, also nicht so den Kopf 90° zur Seite, sondern halt so schräg an die Seite. Zusammen mit dem Spiegel sollte man so eigentlich alles abdecken, was auf der Autobahn relevant ist.
    Zu dem Abstand-vs-Blindflug-Argument: Der Abstand, den du hälst, ist schön und gut. Aber wer sagt dir, dass nicht einer vor dir pennt und auf deine Spur zieht. Wenn du dann durch den Schulterblick die entscheidenden Zehntelsekunden verlierst, kann das genauso gefährlich enden.

  • Ich hab den Schulterblick anfänglich immer strikt eingehalten. Bis die erste Situation auf der Autobahn kam, wo das eine gefährliche Situation hat entstehen lassen. Einem fehlen bei hohen Geschwindigkeiten einfach mehrere 100 m Sicht nach vorn. Seitdem lass ich den Schulterblick bei hohen Geschwindigkeiten mehr oder weniger weg.


    Das durch diesen Kompromis entstandene Risiko kann minimiert werden, wenn man alle Spiegel benutzt, sich ein umfassendes Bild über den Verkehr um sich herum bildet, konsequent die Blinker benutzt und keine ruckartigen Manöver fährt.


    Einen Schulterblick bei 300 km/h zu machen wäre ne halbe Katastrophe.

  • Löblich, dass du dir Gedanken machst.


    Der Sinn des Schulterblicks ist es ja, den "toten Winkel", d.h. den Bereich hinter der C-Säule, der weder durch Innen- noch durch Außenspiegel einsehbar ist, abszudecken. Deshalb genügt es den Kopf gerade soweit zu drehen, dass du diesen Bereich prüfen kannst.


    Bei manchen Autos ist dieser Bereich aber auch sehr klein, so dass sich ein Auto gar nicht vollständig darin "verstecken" kann, dann würde es auch genügen nur die Spiegel zu nutzen.


    Bei mir dauert ein Schulterblick auch keine halbe Sekunde, bei 250 KM/h fährt man in der Zeit also keine 35m. Das ist mMn ein überschaubares Risiko (selbst bei einem Unfall vor dir bleiben die Unfallbeteiligten ja nicht unmittelbar stehen) und ein Spurwechel vor dir dürfte kaum in 0,5 Sekunden vollzogen sein.


    Das alles höngt aber halt auch davon ab, wie intensiv du den rückwärtigen Verkehr beobachtest.

  • Ich habe das Gefühl das ich den Schulterblick immer mache, aber bei hohen Geschwindigkeiten auch eher kurz als lang. Macht schon nen Unterschied ob man hinterm LKW ist und auf die Lücke wartet oder mit 220 auf den LKW zufährt, die Lücke da ist und man sich vergewissern will.

  • Einen Schulterblick bei 300 km/h zu machen wäre ne halbe Katastrophe.

    Das hätte Romain Grosjean in der vergangenen F1-Saison vielleicht manchmal genützt ;)


    Aber im Ernst: peak_me hat genau das Dilemma beschrieben, dass man hat. Der Blindflug über 50, 100 oder noch mehr Meter ist kreuzgefährlich. Zudem hat man auf der Autobahn ja nicht den Querverkehr, der in der Stadt den Schulterblick so wichtig macht (Fußgänger und Radfahrer beim Linksabbiegen z.B.). Der tote Winkel links neben dem Fahrzeug ist ja beim PKW nun nicht so riesig, deshalb halt Kopf leicht zur Seite drehen, dann kann man im Augenwinkel eigentlich gut sehen, ob da was ist, was man im Spiegel übersehen hat.

  • Zitat

    Will man mir kurz darstellen wo es diese autobahnteilstücke gibt wo ich mich 250 so viel Platz nach vorne haben das ich unter Einhaltung des Mindestabstand viel Spurwechsel machen kann?

    Es geht ja nicht um viele Spurwechsel. Auch ein einziger sollte ordentlich durchgeführt werden.


    Aber du bringst dort einen interessanten Gedanken auf. Vielleicht bleiben einige Leute bei für sie hoch empfundenen Geschwindigkeiten deswegen renitent auf der linken Spur kleben, weil sie bei einem Spurwechsel keinen ausreichenden Sicherheitsabstand zum neuen Vorrausfahrenden sähen.

  • Vielleicht bleiben einige Leute bei für sie hoch empfundenen Geschwindigkeiten deswegen renitent auf der linken Spur kleben, weil sie bei einem Spurwechsel keinen ausreichenden Sicherheitsabstand zum neuen Vorrausfahrenden sähen.

    DAS wird der Grund sein! Endlich gibts auf die Frage eine Antwort

  • Auf der Autobahn gehört es für mich dazu, die gesamte Situation stets zu überblicken. Das heißt, auch den Rückspiegel beachten, wenn ich nicht überholen möchte. Beim Überholen erst recht ständig. Ich beobachte die Lage ständig und erwache nicht erst beim Überholen aus einem Traum. Deswegen fahre ich auch lieber, weil ich beschäftigt bin und die Zeit schneller vergeht, kennt doch jeder. Schulterblick ist eigentlich ein Thema, was beim Einfahren auf volle/unübersichtliche Autobahnen ein Thema ist oder für Blickkontakt, um sicher zu gehen, dass ich gesehen werde. Oder wenn ich es einfach für nötig halte. So fahre ich auch seit 5 Jahren knitterfrei und es kam noch nie zu diesem "Ups, hab nicht gesehen, dass einer links im toten Winkel ist, scheiße, schnell zurück"-Manöver.
    Außerdem ist die Autobahn hoffentlich halbwegs leer, wenn du >200 fährst, sodass sich die Lage gut mit Spiegel kontrollieren lässt. ... Und wenn du ganz links fährst, was gibts beim Schulterblick zu sehen?


    Ausschlaggebend ist aber, dass wenn du >200 fährst, die Wahrscheinlichkeit, dass dich einer von hinten volle Kanne erwischt eher geringer als dass einer mit 100 nach links zieht oder etwas mit der Fahrbahn nicht stimmt. Wenn du schon 230 oder 250 fährst, wird der, der hinten mit 270 oder 300 ankommt (wie viele Fahrzeuge können das in Deutschland und auf welchen Autobahnen) schon ziemlich genau nach vorne schauen. Wahrscheinlicher ist, dass wenn du 220 fährst eher einer mit 250 ankommt und das ist ja wie 100 und 130, nur dass ihr beide wachsamer seid bei diesen Geschwindigkeiten.


    Das alles sind aber theoretische Überlegungen. Kann mir auch nicht vorstellen, dass jemand im Straßenverkehr etwas IMMER oder NIE macht. So gilt das o.g. mit Spiegel nicht, wenn ich mich während der Fahrt unterhalte. Da mache ich lieber 2x Schulterblick, um meine Mitfahrer möglichst geschmeidig ans Ziel zu bringen und ich ja eine Sekunde doch abgelenkt sein könnte. Aber man führt ja auch keine Podiumsdiskussion bei 200.


    Einfach schön vorsichtig und wachsam fahren und dann sollte man sich als Fehler meistens ausschliessen können. Und bei >200 sollten eh alle Sinne auf Alarmbereitschaft sein.


    Edith sagt, ich hab die Ausgangsfrage nicht genau genug beantwortet. Also meine Meinung: Bei >200 eher kein Schulterblick.


    *"du" überall durch "man" ersetzen :) Nicht, dass sich noch einer angegriffen fühlt :)

  • Einfach schön vorsichtig und wachsam fahren und dann sollte man sich als Fehler meistens ausschliessen können. Und bei >200 sollten eh alle Sinne auf Alarmbereitschaft sein.

    Da sagst du was. Ich kannte mal jemandenen, der ungelogen bei Tempo 180 das Navi programmiert hat...Halleluja!

  • Danke erstmal für die Antworten. Ich finde man könnte zusammenfassen: Schulterblick beim Rasen sparsam und sehr kurz einsetzen, aber bei Unsicherheit besser doch mal zur Seite gucken als blind rüberziehen! Ok?! Wenn man in den Rückspiegel schaut, schaut man schließlich auch für eine zehntelsekunde nicht nach vorne..

  • Den von Geigerzähler aufgebrachten Gedanken möchte ich noch weiter ausbauen:
    Etwas kann ja beim Autofahren nur im toten Winkel unbemerkt verschwinden, wenn es sich mit etwa gleich großer Geschwindigkeit bewegt. Wenn ich mit hoher Differenzgeschwindigkeit Fahrzeuge passiere und den Schulterblick anwende, wären die ja längst schon wieder aus dem toten Winkel raus.


    Wenn man substantiell schneller als die Fahrzeuge fährt, die sich überwiegend auf der rechten Spur aufhalten, dann macht der Schulterblick überhaupt nur beim Beginn des Überholvorgangs Sinn. Also um auszuschließen, dass einen gerade jemand mit einer geringen Differenzgeschwindigkeit überholt.


    Vielleicht ist das offensichtlich, aber ich hatte bis jetzt in der Diskussion nur an den Schulterblick beim Ende des Überholvorgangs gedacht.

  • is aber blöd, wenn man das mit 230 macht in dem Glauben, man ist ja sowieso der schnellste, und in dem Moment will ein 760Li rechts vorbeifliegen. der kann auch so schnell beschleunigen auf dem Mittelstreifen, dass man das nicht mitbekommt.

  • Der Fahrschullehrer erzählte im Aufbauseminar etwas von einem Motorradfahrer. Der sagte, dass seine Hayabusa das schnellste Motorrad ist und er deswegen auf der Autobahn nicht nach hinten schauen müsse.
    Ich wollte mir die Aussage noch bestätigen lassen, aber der Motorradfahrer ist leider nie mehr zu einem Gespräch bereit.
    Wenn ich mal Geschwindigkeiten jenseits von 180 fahre, dann schwimme ich entweder in der linken Spur mit, oder die Bahn ist so leer, dass ich den Schulterblick locker machen kann, weil vor mir kaum was los ist.

  • Zitat

    oder die Bahn ist so leer, dass ich den Schulterblick locker machen kann, weil vor mir kaum was los ist.

    @Disaster1976: "Kaum was los" heißt in diesem Fall zB ein einziges Auto vor einem, was man überholt? Wieso könnte man dann einen Schulterblick machen, aber nicht, wenn vor einem 20 Autos sind?