Im letzten Jahr haben wir eine Reise unternommen. Mit dem Flugzeug sind wir von Berlin aus nach Baku geflogen und dann überwiegend mit dem Zug von Aserbaidschan über Georgien, Armenien, die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien, Ungarn und Tschechien nach Deutschland zurückgefahren. Ich habe einen inspirierenden Eindruck in die Lebensrealitäten in diesen Ländern bekommen, möchte diese Inspiration weitergeben und vielleicht auch zu einer Reise in diese Länder anregen.
Aber ich bin nicht nur im Zug mitgefahren, nein, ich bin ihn auch selber gefahren!
Das war einer der schönsten Momente, als mich der Lokführer in Serbien dazu einlud. Das Zweitonhorn an den Bahnübergängen mit eigener Hand ertönen zu lassen, hat sich wunderbar angefühlt.
Aber erstmal waren wir in Aserbaidschan, zu dessen Einreise wir das einzige Visum auf der Reise brauchten.
Aus dem Zimmer unseres Hotels in Baku konnten wir den zweithöchsten Fahnenmast der Welt sehen; die Existenz dieses Bauwerks sagt allein schon viel über das politische System dort aus.
Die Ladenstraßen in Baku haben mich an Monaco erinnert. Die Häuser der Altstadt sind sauber renoviert und werden von einem Sicherheitsdienst bewacht. Die Atmosphäre dort ist angenehm, fühlt sich aber künstlich an.
Verlässt man die Innenstadt mit der Metro, fühlt es sich schon lebendiger an, wie auf diesem Markt.
Als wir am Bahnhof die Zugtickets kaufen wollten, hat uns ein Aserbaidschaner beim Übersetzen geholfen und wir haben uns so gut verstanden, dass er uns ein wenig die Gegend gezeigt hat und wir zusammen zum Strand gefahren sind. Dieser war einem zerklüfteten Wohngebiet vorgelagert und den Weg von der Bushaltestelle zum Strand säumte ein Bach, der eher chemische Abfälle als frisches Wasser zu führen schien. Die Stimmung am Strand war ausgelassen, viele hatten ihre Autos mitgenommen und aßen Wassermelonen. Das Wasser war stark durch Ölfilme und Ölbrocken verunreinigt und direkt vor den Badenden wurden marode Ölbohrplattformen gelagert.
Vom Bahnhof in Baku sind wir mit dem Zug nach Georgien gefahren. In einem gesonderten Beitrag sag ich vielleicht noch was zu den genauen Verbindungen und Preisen. Als der Zug Baku verließ, wurde der Kontrast zwischen der Hauptstadt und dem Rest des Landes sehr deutlich. Viel Geld und Mittel werden in Baku gebündelt, während weiter draußen Wellblechsiedlungen die Gleise säumen.
Dort sind Nachtzugverbindungen charakteristisch. Man steigt abends zB in Baku ein und kommt dann morgens in Tbilisi an. Für jeden Waggon gibt es einen oder mehrere Schaffner, die Bettbezüge und Tee verteilen und für Ordnung sorgen. Die Betten sind zwar überraschend gemütlich, doch konnte ich nur bedingt schlafen. Einerseits hatte man durch die Nachtzüge den Tag frei, um sich vor Ort zu Fuß umzuschauen, andererseits war ich nach so einer Nachtzugfahrt auch nicht so ausgeruht wie nach einer Hotelnacht. Es hat halt alles seine Vor- und Nachteile.
Der erste Eindruck von Georgien war die Grenzpolizei. Hier habe ich mal wieder bemerkt, dass ihr berechtigt große Aufmerksamkeit geschenkt wird, da sie ein prägender Eindruck bei der Einreise in ein fremdes Land sein kann. Die georgischen Polizisten waren so freundlich, dass ich mich gleich sehr wohl in Georgien gefühlt habe.
Am Fenster zog eine beeindruckende Szenerie vorbei. Die Landschaft erschien von zerfallenen Indunstrie(ruinen?) zermürbt. Wobei diese verfallenen Anlagen auch einen gewissen Charme auf mich ausüben. Es sah erschreckend und interessant zugleich aus. Die Geschwindigkeit des Zuges hatte sich in nahezu Schrittgeschwindigkeit dem umliegenden technischen Zustand angenähert.
Meine Erinnerung von Tbilisi wird von dichtem Verkehr dominiert. Daneben beeindruckende alte Häuser, gemütlich alte Nahverkehrsbusse und süße Kioske. Der 275 m hohe Fernsehturm hat zudem solche Blinklichter wie der Eiffeltrum und sieht nachts toll aus.
Ein dominierender Eindruck der Reise war zudem die Hitze. Es war Hochsommer, es war heiß, es war schwitzig! Solche Melonenverkaufs"stände" erinnerten mich zusammen mit der Hitze an die Karibik, ohne dass ich schonmal da war.
Unsere Unterkünfte riefen von Zeit zu Zeit Stirnrunzeln und Schmunzeln hervor, wie diese gemütliche Kellerbruchbude.
Der "turtle lake" soll ein beliebtes Ausflugsziel sein und dort ist es in der Tat angenehm. Leider konnte man das Freibad nicht benutzen, da ein Waldbrand ausgebrochen war und alle 30 Sekunden ein Hubschrauber Wasser tankte. Dort in der Dämmerung zu sitzen und den über einen fliegenden Hubschraubern zuzuschauen, war aber noch schöner als dort zu schwimmen.
Wir sind weiter nach Armenien gefahren. Im Norden ist es grün, doch auf dem Weg nach Yerevan verwandelt sich das Land in Steppe. Als ich in dieser langen Zugschlange lag, auf die flache Landschaft hinaussah und plötzlich jemand in dieser Weite auftauchte, da kreisten in meinem Kopf existentielle Gedanken. Wo wird meine Reise hingehen?
Erstmal ging sie nach Yerevan und mit dem Nissan Sunny zum Mount Aragats.
Die Straße war in schlechtem, aber charmanten Zustand.
Wenn zu Haus kein Rattenschwanz aus Job, Wohnung, Besitztümern und Menschen, die ich gern bald wiedersehen würde, gewartet hätte, hätte ich mich erstmal ein paar Monate diese Nomaden angeschlossen. Der Geruch der Freiheit lag dort in der Luft.
Als Kontrast zur Hitze konnte ich sogar eine kurze Schlittenfahrt in armenischem Schnee unternehmen, wenn auch ohne Schlitten.
In Armenien hat's mir am besten gefallen. Vielleicht lag das daran, dass wir davor eigentlich am Anfang unserer Reise standen und danach auf dem Rückweg waren. Dieser Wendepunkt bietet sich zudem an, um den Reisebericht übersichtlich zu teilen.