Ich habe Ende des Jahres kurz meinen damaligen Privatwagen angeteast: Einen DIY-Camper auf Basis eines VW Crafters L1H1. Einige von euch hatten Interesse an einem Bericht: Lohnt sich das, was ist mit TÜV/Gewicht etc.
Generell gilt natürlich: Es kommt drauf an. Was sind meine Ansprüche, was darf auf keinen Fall fehlen und vor allem: Welchen Einsatzzweck verfolge ich mit diesem Kfz?
Ich nehme euch in diesem Beitrag einmal bei den ganzen Kostenstellen des Autos mit und gehe teilweise darauf ein, wieso ich mich für diese Umsetzung entschieden habe.
Vorab: Man muss definitiv kein Handwerker sein, um sich selbst ein Wohnmobil zu bauen. Ich konnte vorher zwar mit den gängigen Werkzeugen umgehen, habe sonst aber eigentlich kein größeres DIY-Projekt umgesetzt. Ahnung von Elektrik/Dämmung/Holz ganz zu schweigen.
Wer sich nur für den Kostenfaktor interessiert, der möge ans Ende des Beitrags springen. Da gibt es eine kleine Tabelle.
1. Das Basisfahrzeug
20210219_120030-min.jpgWer sich aktuell ein wenig im Transportermarkt bewegt wird schnell feststellen, dass die "Vanlife-Szene" boomt. Gefühlt jeder ist auf der Suche nach einem passenden Basisfahrzeug, viele neu eingestellte Fahrzeuge sind wenige Stunden später schon wieder vom Markt verschwunden und fast alle haben eins gemeinsam: Sie sind maximal überteuert.
So habe auch ich knapp fünf Monate damit verbracht ein Auto zu suchen, bei dem das Preis-Leistungs Verhältnis stimmig war.
Geworden ist es dieser VW Crafter im Baustellenlook:
136PS, Bj. 2008 mit knapp 180.000 gelaufenen Kilometern. Das ganze gab es von einem Autohaus für faire 4.980€
1.2 Vorbereitung
Rostumwandler, Lack, Kraftsprühkleber, Bremsenreiniger, generelle Putzmittel und "Werkzeuge" wie Pinsel, Malerkrepp etc. kummulieren sich auf 270€. Knapp 60% davon entfallen aber schon auf den Kraftsprükleber von Würth den ich später für Dämmung und Filz brauchte.
1.3 Fenster
39c5c945-7e4f-4be6-8941-4197abde5cd2-min.jpgDer Crafter kam zum Glück bereits mit Heckfenstern als auch einem Fenster in der Schiebetür. Schön dunkel getönt sodass diese von weiten auch nicht auffallen Mir war zusätzlich aber wichtig mit ausstellbaren Fenstern für eine gute Luftzirkulation zu sorgen. Also musste noch ein Dachfenster und ein Campingfenster gegenüber der Schiebetür verbaut werden.
Mir ging schon die Pumpe, als ich mit der Stichsäge das Auto zerschnippelt habe. Das hat sich schon mächtig falsch angefühlt
Drei Tage nach Einbau der Fenster bin ich bei Regen & Hagel mitten in der Nacht schweißgebadet aufgewacht, in der Vermutung der Transporter hätte sich zum Schwimmbad entwickelt. Ist aber alles dicht geblieben. Fenster einbauen kann ich nun also, wer bei seinem Privat-/Mietwagen noch ein Dachfenster vermisst...
Die Kosten für das Dachfenster, Seitenfenster inkl. Innenrollo, Dichtmittel, Kleber, Holz für die Innenrahmen inkl. Kleinscheiß belaufen sichauf 541€.
1.4 Dämmung
Mit 19mm Dämmung an Boden und Seiten sowie 30mm Dämmung am Dach komme ich auf 282€.
1.5 Verkleidung
Im Schlafzimmer würde ich nie auf die Idee kommen die Wände ums Bett herum mit Filz zu verkleiden. Im Camper fand ich die Vorstellung aber schön mich an die Hecktüren kuscheln zu können, ohne das blanke Metall oder kaltes Holz zu spüren.
Die Idee der braunen Holzdecke kritisierten zwar gefühlt alle Nachbarn, in Kombination mit dem weißen Vinylboden macht sie sich aber echt gut. Mit allen Materialien kam ich hier auf 635€.
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1.6 Elektrik
Da ich bisher maximal ein paar Glühbirnen wechseln konnte wollte ich 230V im Camper vermeiden. 12V bitzelt schließlich nur mal kurz und Laptopladekabel/Wasserkocher etc. gibt es inzwischen auch schon mit Zigarettenanzünder. Dafür war es mir aber wichtig autark genug sein zu können, um während des aktuell digitalen Studiums auch mal aus der Walachei der Vorlesung lauschen zu können.
Es gab dann also zwei Solarpanel a 100W, eine 234Ah Batterie und diverse Laderegler/-booster. Mit dem nötigen Elektrikkleinscheiß ergab das Ganze 1.447€
1.7 Möbel
Zum DIY-Camper gehören natürlich auch selbstgebaute Möbel. Das Billy-Regal wäre zwar deutlich günstiger und wahrscheinlich auch leichter geworden, dann aber doch irgendwie nicht perfekt auf meine Bedürfnisse ausgerichtet. So kam ich mit Holz, Schrauben, Scharnieren etc. auf 961€
1.8 Küche
Kompressorkühlschrank, Wassertanks, Spüle mit einem ausziehbaren Wasserhahn (man könnte sich also auch draußen duschen), Fliesen, Arbeitsplatte u.v.m summierten sich auf 763€. Bewusst verzichtet habe ich auf eine stationäre Gaskochmöglichkeit. Ich wollte kein zusätzliches Loch zwecks Entlüftung im Auto haben, keine Gedanken an die jährliche Gasprüfung verschwenden und einfach die Möglichkeit haben, bei gutem Wetter draußen zu kochen. Ein günstiger Kaskartuschenkocher reicht also vollkommen für dieses Projekt.
Gesamt:
Kummuliert man alle Positionen ergibt sich folgendes Ergebnis:
Vorbereitung | 270€ |
Fenster | 541€ |
Dämmung | 282€ |
Verkleidung | 635€ |
Elektrik | 1.447€ |
Möbel | 961€ |
Küche | 763€ |
= 4.899 €
Dazu muss noch ein bisschen extra Werkzeug, TÜV Gebühren, Kleinscheiß und die angefertigte Matratze gerechnet werden, sodass ich beim Ausbau auf insgesamt 5.996 € komme.
2. Gewicht
Zulässig war für den Kleinen eine Gesamtmasse von 3.000kg. Bei einem Leergewicht von ~2.100kg also genügend Platz zum ausbauen.
Beim Ausbau selbst habe ich das Gewicht nie groß durchgerechnet. Beim Holzkauf habe ich natürlich drauf geachtet leichtes Holz zu verbauen, habe mir auch die Wassertanks einmal durchgerechnet - sonst aber einfach drauf los gebaut.
Ergab am Ende nach Umschreibung zum Wohnmobil ein neues Leergewicht von 2.510kg.
3. TÜV
So. Der TÜV war ein Thema für sich. Generell bin ich vor dem Ausbau bei verschiedenen Prüfstellen vorstellig geworden und habe den jeweiligen Prüfern mein Vorhaben erklärt um zu wissen, was geht und was nicht.
Erschreckenderweise hatte jeder TÜV-Prüfer komplett andere "Vorgaben", die er unbedingt einhalten musste.
Prüfer 1 wollte mir das Einbauen eines Campingfensters verbieten, weil das die Statik des Kfz verändert. Zudem war ihm auch wichtig, dass ich kein Filz verbaue. Auf meinen Einwand, dass dieses extra Brandsicher wäre ließ er sich nicht ein. Als er dann noch mit einem Zollstock die Einstiegshöhe des Autos ausmaß um zu schauen ob ich extra Trittstufen anbringen müsse wurde es mir zu viel
Prüfer 2 hatte bei den Bedenken des anderen Prüfers keinerlei Einwände. Dafür störte ihn aber der Arbeitsscheinwerfer am Heck sowie die bereits getönten Scheiben, trotz vorhandener ABE.
Erst mein dritter Prüfer hatte dann keinerlei krude Vorstellungen. Ein bisschen Bedenken bereitet mir der Spielraum der Prüfer dann aber doch schon. Wie ist das dann, wenn man durch die HU fällt? Sucht man sich dann auch einfach so lange einen Prüfer bis man durchgewunken wird?
Lohnt sich das jetzt?
Das muss letzendlich jeder für sich entscheiden. Ich denke aber klar ist: Für knapp 6.000€ + Basisfahrzeug lässt sich kaum ein bereits ausgebauter Camper realisieren. Natürlich muss auch die Zeit vorhanden sein das Ding umzubauen. Mit meiner Freundin zusammen haben wir das aber in knapp 35 Tagen umgesetzt, dabei dann aber auch keinen Tag unter 8-10h Arbeitszeit gehabt. Mit mehr Zeit und weniger Stress hätten wir mit Sicherheit auch das ein- oder andere deutlich schöner umsetzen können, für unsere Ansprüche war das jetzt aber vollkommen ausreichend.
Nach knapp 8 Monaten und 13.000 gefahrenen Kilometern haben wir den Bus dann für 23.500€ verkauft. Selbst nach Abzug aller laufenden Kosten wie Sprit, Versicherung, Werkstatt ergibt sich noch ein plus von 160%. Für uns hat sich das also definitiv gelohnt, gerade da wir mit dem Anfangsbudget keinen ausgebauten Camper hätten kaufen können, der ähnlich ausgestattet gewesen wäre, wie dieser jetzt.
Für mehr Infos oder Bilder könnt ihr auch gene auf der Webseite oder Instagram vorbeischauen
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