Verteidigt nicht nur seine eigene, sondern auch die Fahrspur nebenan! - Der Defender.
Das wäre wohl der bessere Werbespruch statt "Zuhause in der Natur" oder "Embrace the impossible".
Am 01.12. war es nach einigen Monaten Mietpause wieder soweit: Ich brauchte ein Auto. Gebucht war LWAR um die Winterräder des Privaten aus der alten Heimat nach Hamburg zu fahren. Leider hatte zu diesem Zeitpunkt der Winter bereits Einzug gehalten, wodurch es wohl eher fahrlässig gewesen wäre, mit SR 500 km zu reißen und am Ende nicht zurückzukommen.
Gesagt getan: Es wurde bei Reeperbahn LWAR reserviert. Am Freitag machte sich dann Ernüchterung breit: Geblockt war ein E200T aus M - KC. Na danke
Nichtsdestotrotz zur Station und als einziger Kunde mit drei RSA im Raum. Sogleich wurde mir das Böblinger Trauerspiel offenbart. Alternativ hätte ich ohne Aufpreis eine VW Caravelle (LVAR?) oder eine V-Klasse aus XVAR haben können. Oder...
"Ich hätte da noch einen Defender" [hier Verkaufssprüche ala "Eigentlich darf der ja fürs Wochenende garnicht rausgehen, nur LZM, aber für Sie mache ich eine Ausnahme" einfügen, nur von 3 RSA auf einmal]
In meinem Leichtsinn und ohne zu wissen was mich erwartete (Ich hatte eher die Größe eines RR Evoque im Kopf), ließ ich mich auf das, für mein Empfinden völlig vertretbare, Up auf das SUV den Geländewagen ein und wurde mit einem Parkticket und dem Code für den Schlüsseltresor losgeschickt.
"Der steht auf Parkplatz Nr. XXX" wurde mir noch freundlich mitgeteilt. Der Hinweis sollte sich als banal herausstellen, das Schlachtschiff war kaum zu übersehen.
Der Defender läuft in XFQR und kam daher mit als L110 mit dem 250 PS V6-Diesel.
Erster Eindruck
Nachdem die Bilder zur Übergabe gemacht wurden, gestaltete sich der erste Eindruck noch größer als von außen. Das Fahrzeug hat zwar Abmessungen von knapp mehr als 5m Länge, etwas über 2m Breite ohne Spiegel und etwa 1,8m Höhe, aber erst auf dem Fahrersitz wird einem das ganze Ausmaß dieses Kreuzers gewahr. Ich hatte bei der Ausfahrt von der Reeperbahn ernsthafte Zweifel, ob ich auf der Normalhöhe des Luftfahrwerks aus dem Parkhaus komme ohne anzustoßen.
Also ab zurück zur Behausung und das Gepäck fürs Wochenende reinwerfen.
Der Stadtverkehr durch Hamburg gestaltete sich genau so, wie man es mit so einem Schiff erwartet. Aber: Ich bin schonmal unfallfrei durch Hamburg gekommen, das Schlimmste war also geschafft.
Ab auf die Autobahn
Nachdem die Gepäcke verladen waren, ging es auch schon auf die Autobahn. Der Fehler, mit einer Stirnfläche von ca. 4 Quadratmetern auf die Autobahn zu fahren, zeigte sich schnell.
Langstreckentauglichkeit aufgrund Komfort? Auf jeden Fall.
Langstreckentauglichkeit aufgrund Verbrauch? Leider nicht.
Der Defender genehmigte sich auf der Autobahn bei meinem normalen Fahrstil (Ich fahre i.d.R. Tempomat 120 km/h und beschleunige nur zum Überholen kurzzeitig auf 130-140 km/h, um den nachfolgenden Verkehr nicht allzu sehr zu behindern) stattliche 10(!)l /100km.
Würde man das Fahrzeug mit Tempo 170-180 bewegen, würde man auf der Strecke Hamburg-Berlin wahrscheinlich Sprit im Wert eines neuen Dacia Sandero verjubeln.
Klar: Der Defender ist kein Langstreckengleiter für die Autobahn. Aber das war dann doch bisschen viel des Guten.
Wenn der Defender noch eine Ausnahmeerscheinung ist...
In Hamburg und wahrscheinlich auch Berlin ist man es im Stadtbild irgendwie mehr gewohnt: Dicke Karren mit dem meist immer gleichen Publikum hinterm Steuer und den Brief für 120 Monate bei Santander hinterlegt. Jetzt komme ich aber aus Dresden und dort sind GLS63, Defender und LR Range Rover eher die Ausnahme.
Natürlich bin ich am Wochenende auch normal durch die Stadt gefahren und habe mein Wochenende genutzt.
Der Ausblick ist beachtlich und selbst mit dem Luftfahrwerk auf "normal" saß ich über dem durchschnittlichen Vito/T6-Fahrer (siehe rechts). Selbst ich mit 2m Körpergröße musste bisweilen ins Auto klettern statt einsteigen. Mit Luftfahrwerk auf "Offroad" hob sich der DEFENDER-Schriftzug auf der Motorhaube dann zudem noch auf die Höhe des deutschen Durchschnittsbürgers. Fußgängerschutz wird bei LR eben groß geschrieben.
Allerdings hat das Gefährt auch seine eigene Außenwirkung: Der ein oder andere Dresdner kennt sicherlich die Wilsdruffer Straße. Insbesondere zu Weihnachtsmarktzeiten mit hohem Glühweinkonsum sind 20 km/h Tempolimit völlig angemessen. Fahrgeschwindigkeit laut Tacho: 23 km/h. Mir wurde selten so oft der Vogel/Scheibenwischer gezeigt oder die Hand auf und ab bewegt ("Mach mal langsam, du Asi") wie dort. Auch generell hatte ich irgendwie mit erheblich mehr Verstößen gegen §1 StVO zu meinem Nachteil zu kämpfen als sonst.
Ob das an meinem Fahrstil lag oder doch daran, dass der Defender mehr Neid/Missgunst/"Proll"-Gedanken hervorruft, wenn man das Straßenbild und entsprechende Fahrverhalten des in Rede stehenden Klientels aus Berlin und Hamburg nicht so sehr gewohnt ist, überlasse ich mal jedem selbst.
Ausstattung
War wild gewürfelt.
Zuerst: Die Breite der Mittelkonsole mit allen Tastern war beachtlich.
Der Defender hatte an Bord (Ich zähle mal nur die "Highlights" auf):
- Lenkradheizung
- 4-Zonen-Klima
- Beheizbare Frontscheibe
- Totwinkel
- 20"-Winterräder
- Vollleder
- Luftfahrwerk mit einer "Fahrprofilauswahl", die einem echten Geländewagen angemessen scheint
- Differenzialsperre und Geländeuntersetzung
- Vollelektrisches Gestühl
- Die große Soundanlage
Eine 360-Grad-Kamera war zwar theoretisch auch verbaut, die Kameraqualität war aber mit das Schlechteste, was ich in meinem Leben gesehen habe. Tagsüber konnte man schemenhaft zumindest Umrisse erkennen, nachts war man völlig blind und die Kamera zeigte faktisch nur schwarzes Bild. Keine Umgebungsbeleuchtung, nichts. Fazit: Unbrauchbar.
Wenn das die X-"Highlights" sind, kann sich jeder denken, dass jetzt einiges kommt, was in X grundsätzlich und eigentlich auch in einem Defender nicht fehlen darf:
- ACC
- HUD
- Sitzklima
Insbesondere das fehlende ACC war schmerzlich auf der Autobahn. Aber nun gut, es ist ein Defender, kein S450d.
Zusammenfassend
lässt sich nur sagen: Danke Sixt für die Möglichkeit sowas mal zu fahren. Aber mein nächster privater wird das ganz sicher nicht. Zu groß, zu schwer (2,5t leer) und zu viel Verbrauch auf der Autobahn. Letzteres hätte man zwar wissen können, aber wie gesagt: Ich rechnete mit dem Format RR Evoque
PS: Mein erster Bericht, seht es mir nach.