BMW 535i Limousine M-Paket | Sixt München


  • Kurvenhatz mit Jürgen – ein etwas anderer Fahrzeugbericht


    Die 275er Reifen schieben das Heck sanft um die Kurve, der Finger reißt nervös am filigranen Schaltpaddel und die 6-Zylinder schieben das Auto mit ihren 306 PS kompromisslos in Richtung nächster Kurve. Während der Beifahrer das ganze Spiel mit einem nervösen Nicken toleriert taucht vor mir schon die nächste Kehre auf. Der Motor macht sich dezent bemerkbar als ich in den zweiten Gang zurückschalte, bevor das Lenkrad fast ganz eingeschlagen ist. Diesmal ein Griff an den Wahlhebel der Automatik und der dritte von acht Gängen bietet genügend Vortrieb bis zum nächsten Tunnel.



    Irgendwo auf knapp 2.500 Metern lassen wir Jürgen kurz etwas Luft holen. Schließlich ist die Luft sehr dünn, so weit oben. Jürgen ist übrigens das Auto. Allerdings kein VW, sondern ein BMW. Sein zweiter Name ist F10 und das, was Jürgen antreibt, nennt man 35i. Warum das Auto einen Namen hat? Irgendwo nachts in der Schweiz kann es einsam sein und während man dem Auto also erklärt, dass es nicht so ruppig mit dem Abstandsradar arbeiten soll, fällt auf – mit wem rede ich eigentlich? Wer ist er? Also wurde er Jürgen getauft. Und bis auf ein paar Kleinigkeiten ist Jürgen wirklich ein super Kerl. Aber von Anfang an.


    Bevor ich mit Jürgen auf große Reise gehen konnte, durfte ich noch bei den Orangenen vorbeischauen. Die Übergabe verlief recht reibungslos. Recht, genau. Irgendwie ist bei mir der Wurm drin. Zuerst wäre Jürgen wohl ein 535d geworden, aber der wann dann gar nicht mehr da. Obwohl er eigentlich da war. Merkwürdige Geschichte. Dann wollte Jürgen sich nicht auschecken lassen. Bis es doch ging. Und so wurde letztlich alles gut.
    Das weiße kantige Kleid steht Jürgen verdammt. Gut. Auch sonst hat Jürgen viel zum Spielen mitgebracht: Neben der Sportautomatik gab es das Head-Up Display, die adaptive Fahrwerksregelung, Sitze mit komfortabler Gestaltung und – besonders wichtig – eine Anhängerkupplung. Das nächste Mal leihe ich mir ein Boot, hänge es hinten ans Auto und fahre damit durch die Berge. Warum? Ja warum denn nicht?!



    Ich möchte jetzt nicht sagen, dass Jürgen viel schluckt. Klingt ja auch irgendwie … themenfremd. Die erste Etappe in Richtung des Ricola-Produktionsstandorts sollte eigentlich auch schon auf Landstraßen erfolgen. Daraus wurde dann aber nichts und so durften wir ihn schon nach gut 450km das erste Mal auffüllen. Bei 63 Litern Fassungsvermögen errechne ich also einen Verbrauch von 14 Litern auf 100 Kilometern. Das geht in Ordnung auch wenn man dann nicht erwarten kann, den 535i dann dauerbefeuert zu haben. Eine kurze 250-Etappe zwischendurch, ansonsten entspanntes Cruisen bei Tempomat 180. Und während sich der Fahrer abends noch ein kleines Bierchen genehmigt, schlummert Jürgen und kühlt schon Mal die Bremsen vor.



    Um immer auf dem richtigen Weg zu bleiben, füttern wir Jürgen mit einer selbst gebastelten Route. Wichtig: Wenn man so eine Route bastelt, sollte man das auch können. Aber dazu später mehr. Zuerst kommt der Südschwarzwald und ich muss sagen – wenn ich das richtig interpretiert habe: Jürgen gefällt das. Kurve links, Kurve rechts, zwischendurch ein paar Senken und als Sahnehäubchen das traumhafte Wetter. Könnte schlechter sein. Ganz famos war wieder einmal die Integral-Aktivlenkung. Bei rund zwei Tonnen Gewicht kann man nämlich nicht von einem schlanken Jürgen sprechen. Eigentlich ist er recht fett. Aber weil man während der Fahrt praktisch nichts davon merkt, lassen wir es hierbei bewenden. Spätestens ein Blick auf die fallende Tankanzeige klärt dann aber auf - ohne Moos nix los.



    Bevor der wohl spektakulärste Teil der Route auf Fahrer und Auto wartete, gab es noch ein großes Hindernis zu überwinden: Die Schweiz. Also das von der Schweiz, das vor den Pässen kommt. Dieses „50 Generell“ ist irgendwann nicht mehr lustig. Und auch das runde Schild mit den schwarzen Streifen auf weißem Hintergrund bringt nicht viel. Kurz am Rädchen drehen, Jürgen auf 180 80 bringen und … rollen lassen. Landschaftlich ist das natürlich eine andere Geschichte. Ein Traum. Bei blauem Himmel und angenehmen 22 Grad kommt einfach Freude auf, beim Fahren mit Jürgen plötzlich eher weniger. Die gespeicherte Route will uns auf die Autobahn schicken, die wollen wir aber nicht. Also schnell Häkchen bei „Autobahn vermeiden“, „Mautstraßen vermeiden“ und auf die alternative Route geklickt. Eines haben wir allerdings vergessen: „Fähren vermeiden“. Tja. Doof. Aber so bleibt Zeit für eine kurze Pause am See. Dann schnell umkehren und mit Jürgen auf die richtige Strecke.



    Inzwischen hat sich Jürgen auch den schweizerischen Verhältnissen angepasst und verlangt alle 100 Kilometer nur noch knapp 11 Liter. Was beweist: Jürgen kann auch sehr ökologisch sein. Ein weiteres Indiz hierfür ist die ohne Umstände vom Becherhalter zum Apfeltransportgefäß mutierende Ablagefläche vorne in der Mittelkonsole. Der vor uns liegende Nufenenpass ist dann das erste Highlight einer fantastischen Route. Die Strecken sind anspruchsvoll, die Landschaft beeindruckend und das Auto genau das Richtige um sich elegant Kurve um Kurve nach oben oder unten zu schrauben. Dabei bleibt Jürgen stets komfortabel ohne schwammig zu wirken. Die Sommerreifen haben noch ausreichend Profil, die Bremsen ergeben sich nicht der etwas erhöhten Belastung. Ein Wort zum Motor vielleicht. Wer meint der 535i ist eine Krawallmaschine, der irrt. Gediegen, souverän und kernig, ja. Knurrend, schreiend und brachial – nein. Jürgen wirkt wesentlich ausgewogener als sein kleiner Bruder. Im ersten Moment vielleicht langweilig, im zweiten doch eher fast perfekt austariert.



    Was könnte man kritisieren? Die aktive Geschwindigkeitsregelung finde ich nicht so gelungen. Im Gesamteindruck einfach unharmonisch, teilweise überhart eingreifend, teilweise gar nicht reagierend. Die Abdeckung des Regensensors ist auch ein Witz. Das fühlt sich in etwa so an wie der Ledersitz in einem Brilliance. Also stell ich mir so vor. Scheisse halt. Außerdem hatte der gute Jürgen ein paar merkwürdige Spaltmaße im Innenraum. Oder das war so gewollt und ich habe einen Knick in der Pupille. Auch möglich. Alles in allem aber ist der 5er ein tolles Auto und Jürgen im Speziellen ein besonders schickes Exemplar.


    Am Ende bleiben viele tolle Eindrücke und ein neuer Freund: Jürgen. Schade nur, dass Jürgen inzwischen schon wieder weg ist. Wir hatten uns gerade erst richtig aneinander gewöhnt.


    Hier noch ein paar Fakten für die, die das oben ohnehin nicht lesen wollten:


    · Erhaltenes Auto: 535i Limousine M-Paket
    · Dauer: 1 Woche
    · Gefahrene Kilometer: 2.000
    · Verbrauch insgesamt: etwa vier Tankfüllungen, also gut 252 Liter Super. Das macht auf 2.000 Kilometern 12,6 Liter im Schnitt.


    Wer Infos zur Route haben möchte spendet bitte an Fahrer ohne Grenzen, Stichwort „spooky“ (Kontonummer per PN). Oder ihr klickt HIER !


    Danke für’s Lesen, Feedback erwünscht, vernünftige Kamera vergessen (Bilder also bitte außen vor)!


    Einmal editiert, zuletzt von spooky ()

  • Was könnte man kritisieren? Die aktive Geschwindigkeitsregelung finde ich nicht so gelungen. Im Gesamteindruck einfach unharmonisch, teilweise überhart eingreifend, teilweise gar nicht reagierend.

    Deckt sich mit meinen Eindrücken.


    Vielen Dank für diesen, etwas anderen Bericht!

  • Inzwischen hat sich Jürgen auch den schweizerischen Verhältnissen angepasst und verlangt alle 100 Kilometer nur noch knapp 11 Liter. Was beweist: Jürgen kann auch sehr ökologisch sein.


    Gewagte These... :D


    Aber vielen Dank für deinen nett geschriebenen Bericht! Der 35i ist einfach ein Traum...

  • Immerhin weise ich am Anfang daraufhin, dass der Bericht "anders" ist. Als das Auto getauft wurde war mir klar, dass ich Jürgen nicht unerwähnt lassen kann. Gut, jetzt ist es ein bisschen mehr Jürgen geworden, aber das geht schon mal. Hoffe ich. :)


    Edit: JohnDoe: die multifunktionale Apfelablage beweist es aber! :D

  • Warum haste eigentlich das Stilfserjoch ausgelassen? :)

    Irgendwo muss man dann Abstriche machen, auch zeitlich. Hätte gerne noch ein paar Tage dran gehängt, war aber nicht möglich. Das ist teilweise schon extrem, man fährt eine super Strecke und dann gehen links und rechts die nächsten Weg und du musst dich zwingen "in der Spur" zu bleiben. Auf der anderen Seite bleibt so noch was übrig fürs nächste Mal. ;)