Vorwort: Der äußerer Zustand des Fahrzeugs ist nicht auf "unpfleglichen Umgang" zurückzuführen, sondern kommt daher, dass im ehemaligen Heimatlandkreis immer noch an der einen Bahnlinie gebaut wird. Dazu kommen Freunde die in Orten wie Schupfaloach wohnen, der Weg dahin führt über verschlungene Pfade.
Wie immer ist dieser Bericht ein "work in progress", Kritik also gerne auch im Vergleich zu den vorherigen Berichten also immer gewünscht. Herzlichen Dank.
Außerdem möge man mir die unterschiedlichen Stile und den fehlenden roten Faden nachsehen, es ist ja schon spät.
Als Starcar-Stammmieter ist man ja das ein oder andere Mal in das Vergnügen gekommen, ein Modell des Volkswagen-Konzerns zu fahren. Ob vom Polo, über den Golf (zu dem es in der absoluten R-Line-Traumausstattung leider keinen Bericht mehr geben wird ), den Golf Sportsvan bleibt eigentlich keine Kategorie ohne ein VW-Modell besetzt. Dementsprechend sind das auch die Vergleichsmodelle, dazu kommen noch klassengerecht ein Ford Kuga, ein Mazda CX-5 und ein Nissan Quashqai.
Nun aber erstmal die harten Fakten:
Erhaltene Klasse: Gruppe G
Kilometerstand bei Abholung: 18 km
Gefahrene Strecke: ca. 1900 km
techn. Daten: 2.0 TDI BlueMotion, 110 kW (150 PS), 340 Nm, 7-Gang-DSG Automatikgetriebe, Allradantrieb.
Durchschnittsverbrauch: 7.5 Liter/100km errechnet
Bruttolistenpreis: 40.160€
VW Tiguan - Der Schrecken aller MWTler!
Der Tiguan ist im MWT ja dezent verschrien, was wohl hauptsächlich an der unverständlichen Eingruppierung in FFMR liegt. Vielleicht aber auch in der Traumkombination SUV, Benziner und FKK-Ausstattung, was ihn natürlich zum Traumupgrade für FDMR/FWMR macht. Wer möchte nicht für erträumtes 335d einen 122PS-Benziner fahren?
Sieht man davon ab, kann man nach einer längeren, objektiveren Ausfahrt in einem ordentlich ausgestattenem Tiguan langsam nachvollziehen, wieso jährlich fast 60.000 Neufahrzeuge zugelassen werden.
Exterieur
Der VW Tiguan I wird seit 2007 (und wahrscheinlich bis 2016) gebaut, seit 2011 erscheint er als Facelift. Er trägt also äußerlich bereits das bekannte VW-Markengesicht, mit dem markanten Grill mit Chrom-Streben und der ebenfalls wiedererkennbaren Rückleuchtenoptik.
Im Fahrzeug war zum anfänglichen Enttäuschen leider nur Halogen-Technik verbaut, diese haben aber nachts positiv überrascht. Das mag wohl an der SUV-typischen Lage relativ weit oben liegen, aber auch die als Abbiegelicht fungierenden Nebelscheinwerfer tragen ihren Teil dazu bei. Diese leuchten beim Abbiegen oder langsamen Kurvenfahrten die Randbereiche deutlich aus.
Alles in allem sieht man dem Tiguan von außen sein Alter nicht an. Überrascht war ich von der Optik. Der mausgraue Lack (genannt "Pepper Grey Metallic") in Verbindung mit den 17-Zoll-Felgen Novara, die standardmäßig beim "Lounge"-Sondermodell in der Ausführung Sport & Style dabei sind, sieht nicht so schrecklich wie erwartet aus. Dazu kommen die getönten Seitenscheiben, und schwupps, haben wir ein doch ziemlich ansehnliches Äußeres.
Es fehlen mir persönlich lediglich das Xenon-Licht und die R-Line. Klar nimmt man dem Fahrzeug die restlich verbliebene Offroad-Tauglichkeit, und selbst Feldwege würden so zur Herausforderung. Aber seien wir mal ehrlich: wer kann sowas in NRW überhaupt nutzen?
Antriebsstrang/Fahrgefühl
Verbaut war der mittlere Diesel-Motor mit 150 PS, 340 NM, im Gegensatz zum Sportsvan allerdings in Verbindung mit einem 7-Gang-DSG und Allradantrieb. Und was soll ich sagen, ich war positiv überrascht. Klar bleibt der Motor auch im Tiguan ein Traktor, durch die 7 Gänge gabs aber eine kleine Überraschung auf dem Weg nach Bayern. Von Modellen wie dem Kuga, dem CX-5 oder auch ix35 war ich deutlich überzogene Verbräuche bei einer freiwilligen Selbstlimitierung auf 140km/h gewohnt, der Tiguan gönnte sich da deutlich weniger. Auch über die Landstraßen im Landkreis DAH gescheucht und inklusive einer sehr schnellen Etappe München - Nürnberg über die A9 ergaben in der Gesamtabrechnung lediglich einen Verbrauch von errechneten 7,5l/100km. Was für ein neuen, nicht eingefahrenen Motor schon erstaunlich ist.
Die Federung dieses Fahrzeugs ist klassentypisch weich, was durch die 17 Zoll kleinen Felgen mit entsprechend viel Gummi noch verstärkt wird. Sportlichkeit ist aber sowieso nicht des Tiguans Metier: Man sitzt zu hoch, der Motor macht keinen Spaß, das DSG ist träge, die Lenkung schwammig. Sagt der Sportler. Lässt man sich aber darauf ein, entschleunigt der Tiguan. Er federt auch noch gröbste Unebenheiten weg, durch die aufrechte und hohe Sitzposition entspannt sich der Fahrer von selbst und die ruhige Automatik verstärkt das Gesamtbild noch. Denn unter Teillast merkt man nur am Motorgeräusch, dass gerade der Gang gewechselt wurde. Wirklich ohne jede Zugkraftunterbrechung. Und dann stellt sie sich ein, diese leichte Begeisterung, das Gefühl der Souveränität. Eigentlich auch mal ganz schön.
Der Allradantrieb verteilt seine Kraft erst bei Bedarf an die hintere Achse, wovon man aber im Alltag nichts bemerkt. Es gibt keinerlei Einflüsse in die Lenkung, auch bei schnellerer Beschleunigung. Und im leichten Gelände kurz nach Regen bemerkt man erst wie schnell das System arbeitet wenn man doch mal ins Rutschen kommt. Ein leichter Gasstoß und man hält die Spur. Natürlich im Extremfall nicht so spaßig wie Allradsysteme, die permanent auch Kraft an die Hinterachse leiten. Dafür aber wesentlich berechenbarer als bspw. ein Toyota Corolla E110, den ich durch mehrere österreichische Winter bewegen durfte.
Ansonsten kann ich mich nur selbst zitieren:
ZitatDas ganze Auto schüttelt und rüttelt sich, leider gilt das auch nach jedem Neustart wenn die Start-/Stopp-Automatik ihr Werk verrichtet hat. Deswegen geht einer meiner ersten Griffe bei jedem Einsteigen dem Ausknopf dieser Funktion. Vor Allem weil das System nicht mit der Autohold-Funktion der elektrischen Handbremse harmoniert. Jedes Mal geht ein unangenehmer Ruck durch das ganze Fahrzeug wenn man anfährt, und genau das möchte man doch eigentlich mit einer Automatik vermeiden.
Das Alles hat sich auch im Tiguan nicht verändert. Hinzu kommt allerdings ein noch unschöneres, doppeltes Klickgeräusch, sobald der Motor abgeschaltet wird und wenn der Motor anspringt. Man merkt also mehr als deutlich wie der normale Stromkreislauf unterbrochen wird zum Motorstart.
Interieur / Infotainment
Verbaut waren die Standardsitze, die auch auf langen Fahrten für mich angenehm waren. Auch mit meiner Körpergröße (1,90m) findet man eine entspannte Sitzposition, ohne dass man den Sitz ganz nach unten pumpen muss oder die komplette Leiste nach hinten ausnutzen muss. Dadurch bleibt noch Raum für Menschen hinter einem, was den Tiguan zu einem vollwertigen 4-Sitzer werden lässt, und somit etwas dem Golf voraus hat. Einziger Kritikpunkt: Das Lenkrad steht etwas zu steil, der Verstellbereich ist leider zu gering.
Das Sondermodell Lounge hat serienmäßig einen dunklen Dachhimmel, und ich bin immer wieder erstaunt, wie deutlich der Innenraum dadurch aufgewertet wird.
Womit wir zur nächsten Überraschung kommen. Selbst mit dem kleinen Navigationsgerät wird der elektronische Notruf verbaut, dazu eine frei belegbare Favoritentaste und ein Knopf zur Servicehotline von VW.
Kommen wir aber zu dem Bereich, wo man dem Tiguan sein Alter leider doch anmerkt: dem Infotainment. Zwar heißt das Navigationsgerät konzerntypisch "Discover Media", ist aber ganz klar ein altes RNS.
Der Touchscreen ist klein, reagiert träge auf Eingaben, und ist auch noch resistiver Screen. Dazu kommt eine ungewohnte Menüführung (bspw. werden Mobiltelefone bevorzugt über das Multifunktionsdisplay gekoppelt), eine langsame Routenberechnung mit überfrachteter Kartendarstellung und schlechter 3-Tasten-Bedienung.
Nach dem "Discover Pro", selbst nach dem "Discover Media" aus dem Sportsvan, ist das nochmal ein großer Schritt zurück. Dafür entschädigt ein bisschen der Klang, der für ein Basissystem ordentliche Tiefen mit gleichzeitig akzeptablem Höhen bietet, besonders wenn man den simplen 3-Stufen-Equalizer berücksichtigt.
Auch die Bedieneinheit der Klimaanlage kennt man aus einem Golf VI. Positiv aufgefallen ist die Möglichkeit, die Automatik in zwei Stärken regeln zu können, was sich besonders dann bemerkbar macht, wenn eine Temperatur gehalten werden soll. Zusammen mit den jeweils zwei voneinander getrennt regelbaren Lüftungsdüsen bietet das System für Fahrer und Beifahrer genug Spielraum, die für sich passenden Einstellungen herauszusuchen.
Mit den runden Drehreglern, den Schritten in ganzen Gradzahlen (die man auch nur schlecht intuitiv ablesen kann) und der schlechten Haptik merkt man aber auch jedes Mal, wieso die Bedieneinheit nicht den Weg in den Golf VII gefunden hat.
Der Kofferraum fasst viel, ein kleiner OBI-Einkauf und ein mittlerer Wochenendeinkauf für 4 Personen kriegt man ohne Probleme unter. Inkl. einer Schaufel und mit 2 Personen besetzter Rückbank. Für ersteres gibt es eine Durchladefunktion des mittleren Sitzes, für die Passagiere eine verschiebbare Rückbank.
Tante Edith fügt noch zwei Anmerkungen zum Innenraum dazu:
Positiv aufgefallen ist die Positionierung der Fensterheber und Spiegelverstellung. Nicht tief in den Türen versteckt, sondern oben, dabei aber so eingebaut, dass sich nachts keine unangenehmen Spiegelungen in der Seitenscheibe ergeben. Eine Kleinigkeit die zu begeistern weiß.
Zweigespalten bin ich ob der Mittelkonsole. Viele Ablagenfächer die ich auch rege genutzt habe stehen ein viel zu tiefer Schalthebel entgegen. Bei einer Automatik kein Problem, wäre es bei manueller Gangschaltung zu Problemen mit der Mittelarmlehne gekommen. Entweder bequeme Nutzung der Armlehne für Fahrer und Beifahrer, oder Gangwechsel. Das kann man in einem 40.000€ teuren Fahrzeug aber besser lösen.
Fazit
Das Fazit fällt überraschend positiv aus. Positiv nach den Berichten aus dem Forum, aber auch positiv für ein Fahrzeug, das seit 8 Jahren auf dem Markt ist. Das Fahrgefühl ist auch heutzutage makellos, auch ohne DCC. Die Optik ist auch VW-typisch zeitlos, aber auch emotionslos. Die verbauten Materialien schreien nicht nach premium, aber die Spaltmaße sind sehr gut, und nichts knarzt, auch nicht auf Feldwegen (die als Landstraße gekennzeichnet sind). Wenn da nicht das verflixte Infotainment wäre. Nur daran merkt man dem Tiguan dann doch das Alter an.
Ich würde ihn wieder nehmen, aber auch nur, wenn ich wüsste dass ich ihn "artgerecht" abseits befestigter Straßen bewegen müsste. Ansonsten bin ich glaube ich noch nicht reif alt genug für das Fahrzeug.
Achja, da ist ja noch der Preis: Nachkonfiguriert komme ich auf einen Preis von 40.160€. An Ausstattung waren dabei: GRA, Bluetooth, Winterpaket, elektrische Außenspiegel mit Bordsteinautomatik, Licht- & Regensensor, Navigationssystem Discover Media, PDC vo & hi, Rückfahrkamera, Mufu-Lenkrad, hochauflösendes Multifunktionsdisplay, Ablagenpaket, der mittlere Diesel mit Automatik und Allradantrieb. Ist jetzt nicht wahnsinnig viel, eher die Vernunftskreuzchen denn die Luxusausstattung. Dann aber 40.000€.
Zum Vergleich: einen ix35 gibt es in absoluter Vollausstattung, mittlerem Diesel, Automatik, Allradantrieb. Einen Ford Kuga gibt es für 38.000€, dann ist da aber noch Xenon, ACC und Leder dabei. Und das sind nur direkte Konkurrenzmodelle.
Denn wie wir im Privatwagen-Thread gesehen haben, kriegt man für vergleichbares Geld auch einen schicken GTD. Macht mehr Spaß, und viele Sachen schlechter macht er auch nicht.