Porsche Panamera S eHybrid - byebye Buckelwal
Anmietung
Für den Abschluss eines Lebensabschnittes wollte ich mir was Besonderes gönnen und habe deswegen einen C63 AMG von Starcar Köln Ehrenfeld gebucht und auch bestätigt bekommen. Wisst ihr was? Ich habe das im aktuelle Miete-Thread bereits ausführlich beschrieben.
Mit etwas Abstand habe ich den Hybriden aber richtig schätzen gelernt und bei der Abgabe Montag Morgen auch ein oder zwei Krokodilstränchen verdrückt. Einerseits, weil ich nochmal voll tanken musste, andererseits weil mir das Riesenschiff doch ans Herz gewachsen ist.
Exterieur
Den Porsche Panamera gibt es seit 2009 und hat 2013 eine Modellpflege bekommen. Waren die Meinungen des Vorfaceliftmodells noch eher eindeutig so.
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Haben die Porsche-Designer das Exterieur mit der Modellpflege doch deutlich entspannt. Klar, die Grundform einer Badewanne oder wahlweise auch eines Buckelwals bleibt grundsätzlich vorhanden, das ändert sich erst mit dem neuen Modell.
Bei meinem Modell waren die adaptiven Voll-LED-Scheinwerfer verbaut.
Und ganz ehrlich: was waren die für eine Enttäuschung. Einerseits sind sie sehr hell, haben eine gute Ausleuchtung und durch die schwarze Lackierung fügen sie sich ordentlich in das Exterieur ein.
Allerdings ist der Funktionsumfang ein Witz. Keinerlei adaptives Fernlicht, der Fernlichtassistent ist unfassbar langsam und erkennt Gegenverkehr äußerst sporadisch und die adaptiven Funktionsumfäge unterscheiden sich zwar spürbar, bieten meiner Meinung nach bis auf das Abbiegelicht keinen Mehrwert. Das ging selbst 2013 schon besser.
Ganz anders die Rücklichter. Die haben meiner Meinung nach durch das Facelift gewonnen, wirken sie selbst 2016 nicht veraltet. Vielleicht weil es sich um Voll-LED-Rückleuchten handelt, wofür ich ja ein Sucker bin.
Wer braucht da noch Svarovski-Kristalle?
Insgesamt muss man dem Panamera etwas Zeit lassen auf einen zu wirken, denn nach und nach entdeckt man immer wieder Winkel, aus denen das Riesenschiff überraschend gut aussieht.
Zudem darf man nicht vergessen, dass es sich hier um ein fast 5 Meter langes Fahrzeug handelt. Und die Designer versucht haben, die unverwechselbare Silhouette der Porschefahrzeuge auf diese Länge zu strecken.
Interieur
Das Äußere wurde durch das Facelift aufgefrischt, modernisiert. Umso krasser ist der Kontrast zum Innenraum. Willkommen im Jahr 2009:
Dieses Design der Mittelkonsole hat Porsche erstmals beim Panamera eingesetzt, mit diesem hohen und breiten Mitteltunnel. Mittlerweile haben sie das in vielen Modellen verbaut, ob 911er, Cayman oder Cayenne.
Muss man mögen. Für mich passten die Proportionen gerade mit dem zu langen Gangwahlhebel überhaupt nicht, zumal ich auch so niedrig saß dass man sich schon nicht mehr wohlig ummantelt wurde, sondern sich nahezu erschlagen fühlt.
Womit wir bei den Sitzen wären.
Diese sind vielfältig elektrisch einstellbar.
Und so findet jeder, trotz der nicht beweglichen Kopfstütze eine bequeme Sitzposition. Leider waren die Sitze trotz des perforierten Leders nur beheizbar. Übrigens wie das Lenkrad:
Dieses ist über einen Knopf an der Rückseite der unteren Strebe zu beheizen, es wird schnell aber leider nicht vollflächig warm. Das Leder ist unfassbar weich, für mich das beste Lenkrad, das ich in der Hand hatte.
Wenn da nicht die Schalt”wippen” wären. Wie ich schon in @rm81goti:s guten Bericht über den 911er angemerkt handelt es sich dabei nicht um klassische Wippen mit rechts hoch und links runterschalten. Man kann beidseitig durch ziehen und schieben die Gänge wechseln. Und nach wie vor kann ich nicht nachvollziehen warum.
Normalerweise ist die Überkopfeinheit kein Punkt eines Erfahrungsberichts, zeigt sie aber im Panamera weiterhin die Inkonsequenz in Sachen Bedienbarkeit. Einerseits ist diese unfassbar billig verarbeitet, die Knöpfe knarzen, sind aus Hartplastik und die komplette Einheit gibt nach sobald man einen Knopf drückt.
Zudem zeigen die LED-Leuchten unterschiedliche Dinge an - mal leuchten sie wenn eine Funktion aktiviert ist, mal leuchten sie wenn eine Funktion deaktiviert ist. Öhm ja.
Kommen wir zu den Rücksitzen. Hier befinden sich ebenfalls zwei beheizbare Einzelsitze, die sich aber nicht verstellen lassen. Zudem zieht sich hier ebenfalls eine breite Mittelkonsole durch.
Leider war nur die 2-Zonen-Klimaautomatik verbaut, sodass sich lediglich die Zentralverriegelung und Knöpfe für die Sitzheizung auf dem vielen Platz verlieren. Weiter hinten gibt es unter der herunterklappbaren Mittelarmlehne noch weiteren Stauraum für Kleinigkeiten.
Was mich und meine Mitfahrer allerdings negativ überraschte, war dieser kleine Freund:
Dieser bildet den optischen Abschluss der Armlehne der hinteren Türen, jedoch bleibt man beim Einsteigen gerade als großer Mensch gerne andauernd mal hängen.
Fahren
Der Panamera S e-Hybrid war in meinem Fall mit dem Luftfahrwerk ausgestattet. Dieses hat 3 Modi, normal/Komfort, Sport und Sport+. Dazu kommt noch eine erhöhte Fahrwerkseinstellung, die mir bei einer Parkplatzrampe den Arsch, oder eher den Frontspoiler, gerettet hat.
Hochgefahren
Komfort
Sport
Sport und Sport+ unterscheiden sich lediglich in der Härte der Dämpfer, nicht in der Höhe des Fahrwerks.
Natürlich ist so ein Luftfahrwerk ein Hochgenuss an Komfort. Was dieses trotz der verbauten 21 Zöller wegfedert ist erstaunlich. Klar gerät es auch auf der schlimmsten Straße im Bergischen an seine Grenzen, aber im Alltag fährt man sehr komfortabel dahin.
So sehr ändert sich das, wenn man das Fahrwerk manuell absenkt. Klar kann eine 2 Tonnen schwere Limousine nie wirklich handlich wirken, wie zackig das Oberklassefahrzeug dann aber tatsächlich in Kurven geht, ist im ersten Moment unfassbar. Dazu die sehr standfesten Bremsen gepaart mit dem kraftvollen Antrieb, und man vergisst für einen Moment in welchem Brummer man sitzt.
Antrieb
Klar liegt der Fokus bei diesem Fahrzeug, ziemlich untypisch Porsche, weniger auf dem Handling denn auf dem Antrieb.
Verbaut ist ein 3,0l-V6-Benziner mit einer Leistung von 333 PS, dem ein Elektromotor mit 95PS zur Seite gestellt wird. Das ergibt eine Systemleistung von 416 PS und 590 NM. Damit sprintet er auf dem Papier in 5,5 Sekunden auf 100 km/h und ist damit zwischen 1 und 0,5 Sekunden langsamer als seine Brüder S und 4S. Dazu sollte er knapp 270 km/h in der Spitze rennen, womit er ~17 km/h langsamer als die konventionell angetriebenen Modelle ist.
Peanuts, oder?
Vor Allem, weil der Elektromotor wahnsinnig viel Faszination versprüht. Sein Punch braucht keine Drehzahl, ist sofort da, und überbrückt die Trägheit des Beziners ganz ohne Launch Control. Dementsprechend beeindruckend ist der Ampelsprint.
Ganz anders verhält sich der Wagen im Modus “E-Power”. Hier muss man, ähnlich in Fahrzeugen mit Limiterfunktion, über einen Widerstand Vollgas geben, dass der Benziner anspringt. Ansonsten gleitet man lautlos dahin.
Und diese Funktion ist nicht an Geschwindigkeiten gebunden. Selbst bei Autobahngeschwindigkeiten kann man vollelektrisch unterwegs sein. Mit einer vollausgewachsenen Oberklasselimousine! Faszination pur.
Dazu kommt, dass ich die angegebene elektrische Reichweite von 36 km mehrmals übertroffen habe - einmal 44 km, einmal 42 km.
Also handelt es sich hier um die Eier legende Wollmilchsau? Mitnichten - besonders, wenn man keine Steckdose in der Nähe hat zum regelmäßigen Laden. Oder wenn man mit diesem Auto auch Spaß haben möchte und dementsprechend Leistung abruft.
Im Modus “E-Charge” zeigt das Fahrzeug fahrerisch seine hässliche Fratze. Hoher Verbrauch, lahmes, zähes Fahrgefühl und überforderter Antriebsstrang. Aber das wird der übliche Käufer natürlich eher selten erfahren - hat er doch ein Eigenheim mit Steckdose in der Garage.
Natürlich waren die Ladekabel verplombt - Neuwagenzustand!
Was jedoch auch der Käufer mal machen möchte: die Sau fliegen lassen. Pedal to the Metal, die Faszination eines Porsches fühlen. Und da kommen wir zum zweiten Teil. Trotz knapp 100 elektrischen Kilometern, 200 Kilometern im Hybridmodus und 100 Kilometern im Spaßmodus ergab sich ein Durchschnittsverbrauch von über 14 Litern feinstem Super Plus. Und da waren die Spaßrunden durchs Bergische noch nicht mit dabei.
Kommen wir zum Klang. Und hier haben die Ingenieure von VW, öhm, Porsche, ihr Know-How in Sachen Sounddesign (GTD, Audi Diesel Competition-Modelle) eingebracht. Brabbelt der kleine V6-Benziner bei langsamer Fahrt doch überraschend tief vor sich hin. Ansonsten ist aber eher tote Hose angesagt. Hört, bzw. seht selbst: (<- klickt hier solange der Youtube-Player nicht funktioniert!)
Dank gilt TALENTfrei: für die Aufnahme (besonders für das hohe gesundheitliche Risiko, atmete er doch “für ein ganzes Jahr Abgase” ein) und Crazer: für das Bearbeiten der Bilder.
Was ihr aber beim Start seht und hört: selbst im Sportmodus klinkt sich der Verbrennermotor erst später ein. Trotzdem haben die Reifen im Trockenen Probleme die Kraft auf die Straße zu bringen. Im Nassen muss man dementsprechend vorsichtig sein. Schade dass sie mithilfe des Elektroantriebs keinen Allradantrieb realisiert haben.
Infotainment & Assistenzsysteme
So modern das Äußere, so futuristisch das Antriebskonzept, so veraltet ist leider das Infotainment und die Assistenzsysteme.
Dieser Touchscreen würde heute eher in einen Toyota passen - er reagiert träge auf Eingaben, die Menüführung ist ein Graus, die Positionierung ist schlecht und doch führt trotz der unfassbar vielen Knöpfe auf der Mittelkonsole kein Weg an ihm vorbei. Eine alternative Eingabemethode ist nämlich nicht vorgesehen. Die Routenberechnung funktioniert aber schnell, die Auflösung des Displays stimmt auch.
Das lässt sich vom Display im Armaturenbrett hingegen nicht sagen. Einzelne Pixel sind klar auszumachen, die Grafiken sind nicht scharf, Verläufe in runden Objekten deutlich zu sehen. Klar ist es mittlerweile einfacher auch in diesen exklusiven Formen ordentliche Displays herzustellen. Trotzdem stelle ich mal die Frage in den Raum ob es nicht besser gewesen wäre eine traditionelle Bildschirmform mit dafür höherer Auflösung zu wählen.
Mein Fahrzeug beinhaltete neben dem ACC noch den Spurwechselassistenten (oder auch Totwinkelwarner) und einen lediglich akustisch warnenden Spurverlassenwarner.
Das ACC hat oftmals Schwierigkeiten Fahrzeuge rechtzeitig zu erkennen, ob das nun stehende Fahrzeuge oder auf die eigene Spur wechselnde Fahrzeuge sind. Der Spurverlassenwarner hat neben dem unsäglich nervenden Warnton ebenfalls Probleme, bspw. gelbe Linien in Baustellen zu erkennen. Für eine fahrerorientierte Reiselimousine ein echter Offenbarungseid.
Fazit
Für mich war der Porsche Panamera immer das hässliche Entlein unter den Oberklasselimousinen. Trotzdem ist er mir an diesem Wochenende ans Herz gewachsen - eines der wenigen Autos nach dem ich mich nochmal umgedreht habe wenn ich es geparkt habe.
Ganz rational ist das dann natürlich nicht. Denn für ein Fahrzeug, dessen Grundpreis bei 110.000€ liegt, und das in der wahrlich nicht üppigen Ausstattung wie ich sie bewegen durfte dann auf über 121.000€ BLP kommt, darf nicht so viele Fehler haben, wie es der Panamera hat. Oder anders gesagt: selten hat ein Auto seinen Nachfolger so dringend gebraucht wie dieses.
Würde ich ihn mal sogar direkt buchen? Nein, schon gar nicht für den aufgerufenen Preis. Würde ich mich nochmal darüber ärgern wenn eine VIP-Miete mit einem Panamera bedient worden würde? Nein, denn Porsche bleibt Porsche. Auch als Oberklasselimousine.