Gleich als Entschuldigung und Relativierung vorneweg: Es könnte sein, dass sich der folgende Bericht arg negativ liest. Doch spiegelt er hoffentlich ein wenig die Enttäuschung wieder, die ich beim Tausch meiner Langzeitmiete bei Sixt in Münster empfinde.
Das kann der Mazda 3 Skyactiv-G richtig gut.
Kurz: Aussehen! Punkt. Mehr braucht's nicht an Erklärungen. Schaut ihn euch an. Innen wie außen ein Leckerbissen. Solange Alfa sich mit der Heckantriebs-Giulietta Zeit lässt (OT: Kommt da eigentlich noch was?), ist der Mazda 3 der schönste Kompakte.
Dem in nichts nach stehen ein paar wohl geordnete Zahnräder: Was für ein Getriebe! Geschmeidiger wird's nicht mehr. Von Gasse zu Gasse sind die Wege flutschiger als in der Altstadt von Amsterdam. Es bereitet Freude, wie kaum ein anderes Getriebe im "Alltags-Auto"-Segment. Ja, ein Porsche-7-Manuell lässt die Gänge nochmal knackiger in die Positionen rasten. Ja, ein VW-6-Gang bietet vielleicht noch einmal mehr Bedienkomfort. Aber so, wie sich die 6 Gänge des Mazda Getriebes durchdirigieren lassen, habe ich noch nicht erlebt. BMW-Zahnräder fühlen sich knorpeliger und hakeliger an, Ford im Focus wie ein Stabmixer im Rührteig und ein i30 hat seltsam unterschiedlich lange Wege - also 1 kurz, 2 unten links sehr weit hinten. Ihr wisst? Langes Schreiben, kurzer Abriss: Das Getriebe im Mazda 3 ist eines der besten, die ich je anfassen durfte.
Beim Anfassen wären wir auch schon bei der nächsten großen Stärke des Mazda 3. Er fasst sich einfach gut an. Die Nähte sind solche mit einem echten Faden (Looking at you, Ford Focus und Hyundai i30), das gelochte Leder anschmiegsam, das Lenkrad weich unterfüttert. Überall, wo die Hand zuerst landet, erlebt sie Hochwertigkeit und feine Oberflächen. Erst beim zweiten Hinsehen und weiter unten fängt die Kunststoffwüste an - die beim Golf 8 beispielsweise schon bei den Displays anfängt und nur mit netten Optionskreuzen einigermaßen in den Griff zu kriegen ist. Ebenso klasse: Es gibt kaum blinde Schalter (außer links in der Assileiste) - das klug integrierte Klimabedienteil besteht aus sauber klickenden Drehknöpfen und Schaltern, die nicht wackeln. Und der schwarz bezogene Dachhimmel. Ich mag solche Kleinigkeiten.
Ohne Turbo nix los: Die größte Stärke ist seine größte Schwäche
Doch bevor wir zu voll des Lobes werden: Als Kandidat für jeden Tag taugt er mir nicht. Als Hauptgrund gegen ihn spricht die Eigenart, mit der Mazda Verbrennungsmotoren baut - ohne Turbo. Eigentlich hatte ich mich auf den Zwoliter gefreut. 150 PS klingen in der Theorie ordentlich. Tun sie aber nicht. Klang und Kraft sind traurig. Ja, ich stellte mich drauf ein, dass er Drehzahl braucht. Aber auch mit steigenden Touren fällt das Temperament nicht sonderlich üppig aus. Dabei gibt er blecherne Töne von sich, die nicht eben souverän wirken und sich schon gleich gar nicht nach 150 PS anfühlen. Neben der Schläfrigkeit leidet der Sauger wie einige neuere Modelle (Ford Focus, Golf 1.0 TSI) an übertriebenem "Gaspedal-Tuning". Oder hübsch verpackt unter einer progressiven Gaspedalkennlinie: Auf dem ersten Drittel des Pedalwegs werden gefühlt 80% Leistung abgerufen. Der Rest auf den letzten zwei Drittel Pedalweg.
Das täuscht zunächst Spritzigkeit vor. Später bei wirklich forcierter Gangart auf der Hausstrecke oder auf der Autobahn kommt dann irgendwie nicht mehr viel. Immerhin bleibt der Verbrauch vernünftig: Ohne großartig drauf zu achten, steht bei Rückgabe bei Sixt in Münster eine 6,8 im Bordcomputer. Bei einer "So-schnell-wie-möglich"-Tour von Berlin ins Münsterland flossen knapp 9 Liter pro 100 km aus dem Tank - wirklich gut. Wobei auch hier relativiert werden muss: Bei Golf 1.0 TSI und Ford Focus 1.0 steht eine 5 vor dem Komma - bei einem ähnlichen Fahrprofil. Übernommen habe ich ihn bei Sixt als Quasi-Neuwagen. Nach den ersten 1.000 Kilometern freute ich mich, ihn mal auszuführen. Nur kam dann eben nicht mehr viel. Und das enttäuschte schon herb.
Mazda 3: Die Software bekommt Updates. Oder? ... Oder?
Genauso wie das Infotainment und die Software der Motorsteuerung. Bleiben wir kurz bei der Antriebssoftware und nehmen als Beispiel für die Trägheit die Reaktion des adaptiven Tempomaten auf den Tastendruck "RES" oder "SET". Beschleunigt man z.B. nach einer Ortschaft von 50 km/h auf 100 km/h, aktiviert bei manuell erreichter Geschwindigkeit von 100 km/h den Tempomaten, beschleunigt das Auto einfach weiter - und zwar auf bis zu 112 km/h. Bevor er bemerkte: "Oh, ich bin ja schon längst drüber." Um dann wieder herunter zu regeln. Das lässt sich reproduzieren und nervt gewaltig.
Was auch nervt ist die fehlende Stringenz in der Bedienung des Infotainments. Wenn ich z.B. im Menü zurückspringen möchte, bietet die Hardware drei Möglichkeiten: Nach-links-Schieben des Dreh-Drück-Rades, eine "Back"-Taste oder den auswählbaren Menüpunkt "Zurück" - wenn er denn in jedem Untermenü erscheinen würde. Manchmal funktioniert auch das Nach-links-Schieben des Rades nicht. Dann hilft nur die "Back"- oder "Home"-Taste. Weiterhin verstehe ich die Verbrauchsansicht nicht. Oben steht z.B. "Momentaner Kraftstoffverbrauch". Darunter werden allerdings abschnittsweise Durchschnittsverbräuche angezeigt. Unter "Verlauf des durchschnittlichen Kraftstoffverbrauchs" stelle ich mir eigentlich vor, dass ein Verlauf dargestellt werden kann - wird aber nicht. Außer in der Spalte 1 wurde nie etwas angezeigt. Egal ob man den Tagesverbrauch oder Bordcomputer zurücksetzte oder nicht. Falls jemand weiß, wie die Statistik zu lesen ist: gerne in die Kommentare oder PN an mich.
Ich hätte ihn gerne gut gefunden. Aber ich wurde nicht warm. Vielleicht fühlt sich der Skyactiv-X spritziger an. Einen MPS wird es nicht geben. Der 2.2-Diesel bleibt dem Mazda 6 vorbehalten, der 1.8D ist leider aus dem Programm geflogen.
Mazda 3 Skyactiv-G: Technische Daten
- Motor: 2.0 R4 Mild-Hybrid
- Leistung: 150 PS (120kW) @ 6000 U/min
- Drehmoment: 213 Nm @ 4000 U/min
- Getriebe: 6-Gang-Manuell
- Kraftübertragung: Frontantrieb
- 0 - 100 km/h: 9,1 sek
- Vmax: 206 km/h
- Gewicht: 1349 kg
- Errechneter Verbrauch: 6,8 Liter Super / 100km
- Angegebener Verbrauch: 5,0 - 5,1 Liter Super / 100 km
- BLP: 30.930 Euro
Kommentare 1
Radio/Active
Gerade erst am Bericht vorbei gekommen, sehr schön geschrieben, danke dir! Bestärkt mich im Bezug auf die Motoren leider dabei, ihn nicht in die nähere Auswahl aufzunehmen..
Zu deiner Frage bzgl der Tankstatistik: Falls sie es seit dem MX5 nicht geändert haben, kannst du den Durchschnittsverbrauch im Tacho wie gewohnt zurücksetzen. Dann wird der vorherige Verbrauch da in dem Menü in die Spalten eingetragen. Weiß nicht, wieso man das brauchen sollte, aber vielleicht um Unterschiede zwischen Sommer und Winterreifen zu tracken oder ähnliches.