Detaillierte Bewegungsprofile durch Datensätze aus dem Mautsystem?

  • Während der Diskussionen zur PKW-Maut auf deutschen Autobahnen geht Bundesinnenminister Friedrich einen Schritt weiter...


    Zitat

    Überwachung: Innenminister Friedrich greift nach Maut-Daten
    Ungeachtet der NSA-Affäre fordert Innenminister Friedrich weitergehende Befugnisse für deutsche Sicherheitsbehörden. Der CSU-Politiker will die Polizei auf Millionen Datensätze aus dem Mautsystem zugreifen lassen. Bislang sind diese Informationen für die Ermittler tabu.


    Von Reisenden auf deutschen Autobahnen könnten demnächst umfassende Bewegungsprofile erstellt werden. Nach Plänen von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sollen Sicherheitsbehörden künftig auf Millionen Datensätze aus dem Mautsystem zugreifen können.


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    Wie ist eure Meinung dazu? Sinnvoll oder eine gewagte Planung in Zeiten der NSA-Aufdeckungen?

  • Ich denke man sollte die Kirche mal im Dorf lassen. Was sollen ihnen diese Bewegungsprofile bringen bzw. was können die Mautsysteme denn alles an Daten überhaupt erfassen?!

  • Zitat

    Ich denke man sollte die Kirche mal im Dorf lassen. Was sollen ihnen diese Bewegungsprofile bringen bzw. was können die Mautsysteme denn alles an Daten überhaupt erfassen?!

    Die Mautbrücken fotografieren jedes durchfahrende Fahrzeug. Handelt es sich nicht um ein mautpflichtiges wie einen LKW, wird das Bild wieder verworfen. Würde man die Bilder aber speichern und die Daten verarbeiten, könnte man die Bewegung jedes Fahrzeugs auf der Autobahn verfolgen.

  • Natürlich "könnte" man Bewegungsprofile erstellen. Kann man auch von jedem eingeschalteten Handy machen. Da wissen die dann also, dass ich die 450km innerhalb der letzten 4 Stunden nicht zu Fuß zurück gelegt habe.
    Die Frage ist doch, was macht man damit und wer hat wann Zugriff darauf.
    Problematisch und diskussionswürdig ist das allemal, aber ich befürchte, dass mehr als die Hälfte derer, die jetzt an vielen Stellen des Internets wieder nach mehr Datenschutz rufen eine Paybackkarte o.ä. im Portemonaie haben.

  • Das ist doch eh mittlerweile verschwendete Lebensmühe..


    Mit Smartphone in der Tasche, Kommunikation über das Internet und idealerweise noch ein Account bei gmail, gmx und Konsorten ist das Überwachen durch die Mautsysteme nur noch ein Tropfen auf den heisen Stein bzw. schon fast nicht mehr der Rede wert.

  • Zugegeben: solchen Entwicklungen, welche geeignet sein könnten, die persönliche Freiheit bzw. den Schutz der Privatsphäre einzuschränken, sollte zunächst mit großer Skepsis begegnet werden.


    Es liegt auf der Hand, dass Nebenfolgen wie z.B. Section Control nicht wirklich wünschenswert wären. Aber: wäre das denn eine Konsequenz, die unsere Lebensgestaltung erheblich einschränkt? Sicherlich ist es ärgerlich, über 10km 120km/h fahren zu müssen, ohne dies nachvollziehen zu können. Gäbe es nur stationäre/mobile Blitzer und keine Section Control könnte man zwischen diesen Kontrollpunkten schneller fahren, was sicher auch viele machen.
    Aus persönlicher Erfahrung kenne ich z.B. die A9 vom Hermsdorfer Kreuz bis Berlin sehr gut, ständig wechselnde Tempolimits, gleichbleibende Kontrollpunkte usw. Gerne nutze ich diese Erfahrung auch, um mal 10km/h schneller zu fahren als erlaubt.. allerdings bin ich schon seit etwa 2 Jahren dazu übergegangen, schrittweise das Durchschnittstempo abzusenken. Was habe ich dadurch erreicht? Ich komme überraschenderweise genauso pünktlich an, meist sogar entspannter. Gleichzeitig sinken die Kosten. Auf den verbleibenden freigegebenen Abschnitten kann man immer noch "die Kuh fliegen lassen".
    Trotz einer erheblichen persönlichen Abneigung gegen Verkehrsüberwachung hätte ich persönlich ergo keine wirklich wichtigen Einwände gegen Section Control. Vielleicht kann es sogar zur Verkehrssicherheit beitragen, weniger Unfälle durch Raser = weniger Staus = gut für alle.


    Zur Sache selbst: natürlich hört es sich im ersten Moment nicht wirklich gut an, dass plötzlich Dritte (Behörden, Exekutive usw.) Zugriff auf meine Bewegungsdaten haben könnten, zumindest soweit ich mich mit dem PKW über die Autobahn bewege. Es drängt sich die Frage auf, ob das wirklich notwendig ist, was die Folgen für den Einzelnen sein könnten.
    Aber auch hier muss ich ganz offen einräumen: solange ich keine kriminellen Absichten habe, kann mir eine solche Maßnahme egal sein. Unter Umständen ist sie sogar zu befürworten. Wenn man bedenkt, wie und wie oft im Straßenverkehr z.B. Fahrer ohne Führerschein festgestellt werden, wie oft PKW gestohlen werden, was über die deutschen Autobahnen geschmuggelt wird, dann könnte eine solche "Überwachung" schon Sinn machen.
    Und wie bereits von anderer Seite angesprochen wurde, werden wir doch schon zu 90% überwacht: Videoüberwachung im öffentlichen Raum, Easycash, SCHUFA, PayBack, Handys können geortet und abgehört werden, Emails können gelesen werden. Wer weiß, ob Toll Collect nicht schon heute heimlich alle Daten auswertet und verkauft.


    Schließlich muss man auch bemerken, dass das Innenministerium (zumindest zum jetzigen Zeitpunkt) klar gestellt hat, dass der Zugriff auf Maut-Daten sich ausschließlich auf LKW beziehen soll. Ob wirklich eine PKW-Maut kommt und wann ist noch offen, ein Zugriff auf PKW-Maut-Daten steht noch gar nicht im Raum, das ist reine Spekulation. Und wenn es dazu kommen sollte, dürfte davon auszugehen sein, dass der Nutzung der Daten in Deutschland enge Grenzen gesetzt sein werden, z.B. bei Verdacht von Kapitalverbrechen usw. Nur die NSA dürfte diese Daten dann heimlich komplett auswerten :D
    Ganz speziell auf Mietwagen abgestellt ist es ja auch so, dass durch die interessierte Behörde erst beim Halter, z.B. Europcar, angefragt werden müsste, wer der Mieter/eingetragene Fahrer war. Ob dies dann zu dem Zeitpunkt auch zutrifft mag dahinstehen. Also dürften gerade Mietwagen-Fahrer bei einer solchen Überwachung, deren Realisation vorausgesetzt, ganz gut wegkommen, ähnlich wie im OWi-Bereich.


    Und gerade im Bereich LKW macht eine dichtere oder bessere Überwachung in meinen Augen Sinn. Die Behörden kommen doch gar nicht hinterher, alle Verstöße festzustellen und zu ahnden. Das ist ein Sicherheitsrisiko für alle Verkehrsteilnehmer.


    Ich bin jedenfalls sehr gespannt, ob die PKW-Maut kommt und wie die Überwachung über die Maut-Systeme ausgestaltet werden wird.

  • Interessante Diskussion: Der Inneminister brauch das aber nicht als SectionControl, da das nicht in seinen Bereich fällt. SectionControl hat eher eine andere Hürde zu überwinden, da es hier um eine Beweisumkehr gehen würde.
    ALLE Fahrer werden fotografiert mit der Annahme eine Ordnungswidrigkeit oder Straftat zu begehen und durch seine aktive Handlung muss der Fahrer beweisen, das dieser Verdacht unbegründet ist. Das ist nach geltenden deutschen Recht unzulässig. Und ein Generalverdacht sowieso.


    Weiterhin weiss ich, dass eine Auswertung von Massendaten (Handy/Bewegungsprofile etc) nicht ohne weiteres möglich ist, aber bei besonders schweren Straftaten mit richterlichen Beschluss vielleicht im Allgemeininteresse . Diese Mautdaten sind bei weitem nicht so Aussagekräftig wie Metadanke von Funknetzen. Daher sehe ich diese Forderung auch durch aus gelassen.


    Ausserdem ist es gerade seit 2 Minuten eh obsolet und wurde von Innenminister Friedrich gerade abgesagt :-)

  • Wieso nicht?


    Jeder Fahrer erstellt mit seinem Handy ein Bewegungsprofil.
    Jedes Navi empfängt per TMC, es entsteht ein Bewegungsprotokoll.
    Jedes Oberklassefahrzeug sendet permanent seinen Standort (z.B. BMW-SOS), es entsteht ein Bewegungsprofil.
    Jeder Autovermieter empfängt Standorte seiner Oberklassefahrzeuge, es entsteht ein Bewegungsprofil.


    UND: Auf vielen Autobahnen mit Bedeutung für den grenzüberschreitenden Verkehr stehen AKE (Automatische Kennzeichenerfassungen) die alle Kennzeichen fotografieren und permanent mit dem PC zur Fahndung abgleichen, auch hier enstehen Bewegungsprofile!


    (die Liste könnte ich bis morgen fortsetzten - also PRO Bewegungsprofil), denn wer nichts zu verbergen hat, dem ist das sch*** egal! 8)

  • Jeder Autovermieter empfängt Standorte seiner Oberklassefahrzeuge, es entsteht ein Bewegungsprofil.

    Nein. Europcar erhebt bzw. speichert solche Daten. Aber nicht alle Autovermieter. Insbesondere von Hertz wäre mir dies nicht bekannt, ebensowenig von Sixt.


    Zum Thema ConnectedDrive: hier werden sogar die einzelnen Suchanfragen (bei Google usw.) gespeichert, nicht nur der Standort.

  • denn wer nichts zu verbergen hat, dem ist das sch*** egal! 8)


    Genau das ist eines unserer gesellschaftlichen Problem in Deutschland!
    Dieses unglaublich naive Vertrauen darauf, dass die "Mutti" bzw. Vatti Staat doch immer nur das Beste für Einen will.


    Selbst wenn man nichts zu verbergen hat, sollte man sich bitte für Datenschutz interessieren und es keineswegs als "sch***egal" abtun.

  • Auch wenn ich die Meinung von LZM nicht auf einen einzelnen Satz reduzieren möchte, aber:

    [...} solange ich keine kriminellen Absichten habe, kann mir eine solche Maßnahme egal sein.


    ist in meinen Augen schon sehr fahrlässig, weil es die Konsequenz für die gesamte Gesellschaft vernachlässigt. Speziell bei prekären Themen wie der Telefonüberwachung endet man mit "ich habe nichts zu befürchten, ist mir egal" schnell in Verhältnissen, für die in der Vergangenheit viele Leute viel riskiert haben, dass sie abgeschafft werden.


    Nichtsdestotrotz stimme ich mit dem Rest von dir überein.

  • denn wer nichts zu verbergen hat, dem ist das sch*** egal! 8)

    Ergänzung hierzu:
    Wenn man in Bezug auf Straf- und Ordnungswidrigkeitsrecht nichts zu verbergen hat, dann folgt daraus doch nicht, dass man nichts zu verbergen hätte. Ich habe einen Großteil meines Lebens zu verbergen. Das heißt nichts anderes, als dass ich nicht jedem Unbekannten belibige Details meines Lebens preisgeben möchte.

  • Ist nur ein weiterer Sargnagel für die Demokratie und den Rechtsstaat! Unschuldsvermutung? Gibt's nicht mehr! Ermittlungen nur bei begründetem Anfangsverdacht? Ach, vergessen! Eingriff in Grundrechte nur mit Richtervorbehalt? Ups, vegessen!


    Aber da wir ja immer die gleichen Pappnasen wählen, kriegen wir halt was wir verdient haben. Kameras an der jeder Straßenecke, Vorratsdatenspeicherung und Überwachung unserer gesamten elektronischen Kommunikation durch eigene und freme "Sicherheitsdienste" ohne jede rechtstaatliche oder demokratische Kontrolle (G10-Ausschuss, dass ist nich lache, die dürfen die Akten der Geheimdienste nur in einem speziellen Raum einsehen. Macht das mal: Drei Leute für 10.000 Aktenordner). Dazu noch: Privatisierung der Sicherheitsdienste (viele Sicherheitsfirmen sind äußerst suspekt).


    Wie gesagt: Wir sind selbst schuld! Wir tragen zu unserer Bespitzelung selbst bei (Facebook, Google+, WhatsApp usw). Die Haltung "Ich habe nichts zu verbergen" hilft natürlich ungemein. Abgesehen davon, dass m. E. unmöglich ist, ein Mensch zu sein, ohne etwas zu verbergen zu wollen. Oder?


    Literaturvorschläge:


    "Brave new World" von Aldous Huxley
    "1984" von George Orwell


    Ja ja, ich weiß, ich bin hysterisch und paranoid. Es soll nur hinterher keiner sagen, warum man nicht gewarnt worden wäre!

  • Bislang hatte ich auch eher die Einstellung, dass es mir egal ist. Bzw. es sogar begrüße, weil es mir persönlich nutzt. Eine schnelle und genaue Aufklärung von Vervrechen schreckt ab, weniger Kriminalität.


    Aber jetzt gerade bin ich in einem Land, welches jeden Schritt mitbekommt, und recht hart ist. Vgl. den Fall mit der Norwegerin, die in Dubai vergewaltigt wurde, und dann für "Geschlechtsverkehr außerhalb der Ehe" verurteilt wurde (Dann aber auf Druck des Westens vom Emir begnadigt wurde), oder ein kritischer Dichter, der seine Regierungskritik in den Versen einbrachte und komplett weggesperrt wurde, oder die beiden deutschen Reporter, die über die Zustände auf den Baustellen berichteten und "ohne Drehgenehmigung" für 27 Stunden festgehalten wurden.


    Auf der einen Seite kann ich durch die dunkelsten Gasse laufen mit Handy als Navi in der Hand und brauch keine Angst zu haben, dass irgendetwas passiert. Die Kriminalität tendiert gegen Null, da es sofort Knast und Rückflug gibt.
    Die andere Seite bedeutet, dass ich mich für alles was ich hier machen will, absichern muss. Erlaubnis von "oben" zusagen. Es ist quasi ein ständiger Druck, alles richtig zu machen. Und selbst wenn du alles richtig machst, und dem Polizist deine Nase nicht gefällt, dann kann es mit dir machen was er will. Der Willkür hast du kaum was entgegenzusetzen.


    Und das wollte ich in Deutschland nicht haben. Und hat mich zum Denken angeregt. Das werde ich persönlich verhindern.

  • Unser gesamtes Leben und unsere Charakteristika ist auf unsere individuellen Geheimnisse aufgebaut. Das bedeutet für mich, dass wer keine Geheminisse mehr hat, hat aufgehört zu leben.
    Nicht der Grund etwas zu verbergen ist gleich kriminell. Ansonsten jeder hier sein Einkommen offenlegen seine Mietwagendeals, Preise etc,.. da man ja sofort vermuten müsste, dass das Geld kriminelkl beschafft worden ist und die pers. Mietwagenrabatte über Vorteilsnahme gewährt werden, und und und...



    Also, Geheimnisse sind wichtig und sollten auch nicht oder nur mit wenigen geteilt werden.


    Ausserdem wird neben der staatlichen Überwachung die gerwerbliche immer stärker um die Zielgruppenwerbung zu perfektionieren. Und hier habe ich definitiv etwas vor den Firmen zu verbergen