Da ich für das vergangene Wochenende ein Auto benötigte, streifte ich durch die Dresdner Stadtstationen von Sixt, um zu schauen, ob etwa Interessantes verfügbar war. Leider gab es nur Wagen aus den Kategorien "Bin ich schon oft gefahren" und "Finde ich langweilig". Also ging es zum Flughafen in der Hoffnung dort noch etwas interessantes Vorzufinden. Und siehe da - ein S-Klasse-Cabrio! Zumindest nahm ich das auf den ersten Blick an, denn von der Einflottung der C-Klasse-Modelle hatte ich bis dahin nicht wirklich etwas mitbekommen. Beim Näherkommen fiel dann allerdings schnell die kurze Seitenlinie auf und ein Blick auf den Hintern brachte einen "C220d"-Schriftzug zum Vorschein. Also kurz das Kennzeichen notiert und zum Sixt-Schalter. Nachdem ich die nette RSA fragte, in welcher Kategorie mein Wunschauto denn liefe und ob dieses noch verfügbar sei, antwortete sie mir zu unserer beiden Verwunderung mit "LTAR" und der Wagen wäre noch verfügbar. Angesichts der trüben Wetterlage und der geringen Wahrscheinlichkeit einer direkten Cabriobuchung einigten wir uns auf einen für beide Seiten akzeptablen Preis und ein paar Sekunden später hielt ich schon den Schlüssel in der Hand.
Das Cabrio hatte gerade die 2.000-Kilometer-Marke überschritten und war laut Mietvertrag nur einer Nabenabdeckung verlustig. Bei meiner Prüfung fand ich noch einen Steinschlag auf der Beifahrerseite, der problemlos nachgetragen wurde. Mercedes spendierte dem C220d die AMG-Line für außen und innen, braunes Leder, Automatikgetriebe, Airmatic, Intelligent Light System, Aircap und den Airscarf genannten Nackenföhn, sowie den Garmin Map Pilot. Genauere Ausstattungsdetails könnt ihr hier finden. Passend zur Cabriosaison waren Winterreifen mit einem 210er-Tempolimit aufgezogen.
Hatten mich die letzten Mercedes-Modelle, die ich von den Vermietern gefahren bin, eher duch ihre billig wirkende Innenausstattung verärgert, muss ich gestehen, das ich vom Cabrio sehr angetan war. Das braune Leder setzte einen netten Kontrast zur schwarzen Außenfarbe und das offenporige Holz wirkte sehr hochwertig, vor allem wenn man den "Klavierlack" der C-Klasse-Limousinen kennt. Ein wenig enttäuscht war ich über die Dämmung des Verdeckes. Sicherlich ist ein Stoffverdeck deutlich geräuschdurchlässiger als ein Blechdach, aber der Geräuschpegel im Innenraum war bei 130 km/h überraschend hoch. Möglicherweise bringt das kostenpflichtig angebotene Akustikverdeck da eine deutliche Reduzierung des Lärms. Aber man nimmt das Auto für gewöhlich ja um offen zu fahren. Um dem Außenlärm entgegen zu wirken hilft jedoch die Verwendung des verbauten Standard-Soundsystems. Es ist nicht überragend, aber ich würde es im oberen Qualitäts-Drittel der bisher erlebten Standardsysteme einordnen. Bei der Fahrt über das Dresdner Kopfsteinpflaster war deutliches Knistern aus mehreren Ecken zu vernehmen, hoffen wir, das Mercedes dies noch wegoptimiert, da es den wertigen Gesamteindruck doch etwas schmälert.
Über den Garmin Map Pilot ist hier im Forum schon berechtigterweise weitläufig gemeckert wurden. Die SD-Kartenhalterung konnte sich das Leiden offensichtlich auch nicht mehr mit ansehen und stürzte sich ohne mein wissentliches Zutun am zweiten Tag in den mechanischen Tod. Das Display meldete eine nicht vorhandene Navigations-Karte, diese steckte allerdings. Eine manuelle Entnahme war aber auch nicht möglich. Randnotiz: Sixt setzt als Diebstahlsprävention für die SD-Karten anscheinend jetzt auf schwarzes Klebeband über dem SD-Schacht.
Der Mercedes hat offiziell vier Sitzplätze, aber selbst die Bezeichnung als 2+2-Sitzer würde ich bei größeren Fahrern als wohlwollend ansehen. Der Gurtreicher macht einen halbwegs stabilen Eindruck, so das man keine Bedenken hat, dieser würde den ersten Monat nicht überleben. Einen kleinen Minuspunkt gibt es für den nur über den Autoschlüssel oder eine Taste im Innenraum zu öffnenden Kofferraum. Das ILS erfreute in der Nacht mit strahlender Brillianz und schneller Reaktion bei anderen Verkehrsteilnehmern.
Zu meiner positiven Überraschung entschloß sich die Sonne am Sonntag doch noch hinter den Wolken hervorzukommen, was ein promptes Öffnen des Daches zur Folge hatte. Dies dauert etwa 20 Sekunden, ist aber auch bei fahrendem Wagen bis 50 km/h möglich. Um das Verdeck öffnen zu können, muss im Kofferraum eine Klappe heruntergezogen werden. Es verbleibt noch ein für zwei Reisetaschen nutzbarer Stauraum. Wirkt das Heck bei geschlossenem Dach noch etwas pummelig, ergibt sich bei versenktem Verdeck eine sehr ansprechende, elegante Seitenlinie. Man merkte einen recht deutlichen Luftstrom, der über die Frontscheibe in den Viersitzer fällt. Doch dafür gibt es ja das automatisch ausfahrbare Aircap-System mit Frontlamelle und Heckschott. Ich habe zwar noch nichts von gesteigerten Selbstmordraten in Stuttgart gehört, aber es würde mich nicht überraschen, wenn einige Designer beim Anblick der ausgefahrenen Lamelle sich am liebsten vor Scham vom Dach stürzen wollten. Ich habe selten so eine das Gesamtbild zerstörende hässliche Konstruktion erblickt. Der einzige positive Punkt: man sieht es nicht von innen. Ich kann aber auch nicht sagen, das es im ausgefahrenen Zustand eine merkliche Verringerung der Turbulenzen im Innenraum gegeben hätte.
Mit der "Agigility-Control", einem dem BMW-Fahrerlebnisschalter nachempfundenem Knopf, kann man schnell durch die unterschiedlichen Einstellungen von Eco bis Sport+ wechseln. Wirkt das Auto im Eco-Modus sehr lethargisch ändert sich das im Sport-Modus doch deutlich. Der Mercedes hängt gut am Gas und sprintet im unteren Tempobereich für seine Verhältnisse recht zügig nach vorn. Über Tempo 150 lässt der Vorwärtsdrang dann aber deutlich nach. Der Motor kann seine Dieselgene nicht verbergen. Auch bei warmem Motor ist dieser im Stand deutlich zu vernehmen, leider auch im Innenraum. Selbst bei aktiviertem Sport-Modus wankt das Cabrio in schnellen Kurven recht deutlich und für zügige Bremsleistung ist ein beherzter Tritt auf selbige nötig. Mit einem Langzeitverbrauch von 6,9 Litern auf 100 Kilometer für seine 170 Diesel-PS dürfte der Mercedes bei spaßorientierter Fahrweise im zu erwartenden Rahmen liegen.
Fazit
Ich bin vom neuen C-Klasse-Cabrio sehr angetan. Ein sehr schönes Außendesign, optisch ansprechende Materialauswahl im Innenraum und ein Motor der im Sportmodus eine gute Spritzigkeit liefert. Abzüge gibt es für die deutlich vernehmbaren Motorgeräusche und das Knistern im Innenraum. Auch wer einen vollwertigen Viersitzer erwartet greift besser zu einem anderen Modell. Sollte die hochwertige Innenausstattung nicht nur ein Ausrutscher gewesen sein, würde ich der C-Klasse dem E-Klasse- und 4er-Cabrio gegenüber aktuell den Vorzug geben.