Das Multitalent - ///M maximal
Vermieter: SIXT
Station: Dresden Süd/BMW
gebuchte Klasse: LWAR (Wunsch: BMW 5er G30/G31)
erhaltene Klasse: XZAN
Erstzulassung: 29.03.2017
Kilometerstand Anfang: 11.787 km
Kilometerstand Ende: 12.907 km
gefahrene Kilometer: 1119,5 km
Mietdauer: 3 Tage
Technische Daten
Leistung: 423 kW/575 PS bei 6000-6500 U/min
Drehmoment: 750 Nm bei 2200-5000 U/min
Hubraum: 4395 cm³
Zylinder: 8/V
Vmax: 250 km/h (elektronisch abgeregelt) - optional bis 280 km/h
0-100 km/h: 4,2 sek.
0-200 km/h: 14,9 sek.
Leergewicht (EU): 2350 kg
Bereifung: Michelin Pilot Super Sport; vorn 285/35 ZR 21 - hinten 325/30 ZR 21
Normverbrauch (NEFZ): 11,1 Liter/100 km
Basispreis (Dezember 2016): 115.400 €
Bruttolistenpreis: 132.220 €
Ausstattung
416 - Carbonschwarz Metallic
LKSW - Leder Merino Schwarz
5A1 - LED-Nebelscheinwerfer
552 - Adaptiver LED-Scheinwerfer
2TP - 21" M Leichtmetallräder Doppelspeiche 612 M mit Mischbereifung
248 - Lenkradheizung
3AC - Anhängerkupplung
3AG - Rückfahrkamera
3MC - BMW Individual Dachreling Hochglanz Shadow Line
319 - Garagentoröffner, integriert
322 - Komfortzugang
4MA - M Multifunktionssitze für Fahrer und Beifahrer
4ML - BMW Individual Interieurleisten Pianolack schwarz
4NB - Klimaautomatik mit 4-Zonen-Regelung
402 - Panorama Glasdach
413 - Gepäckraumtrennnetz
441 - Raucherpaket
496 - Sitzheizung für Fondsitze
5AC - Fernlichtassistent
5AL - Active Protection
5AS - Driving Assistant
536 - Standheizung
610 - BMW Head-Up Display
688 - Harman Kardon Surround Sound System
7XP - Navigationspaket ConnectedDrive
8TH - Speed Limit Info
Alternativlose Alternative
Schon seit einigen Jahren kann man in Dresden kein Luxury-Fahrzeug mehr anmieten - zumindest offiziell. Ab und zu verirrt sich mal ein BMW 6er oder ein M-Fahrzeug, aber das ist wirklich die Ausnahme. Als ich dann am Vortag der Miete die Lage checkte, weckte dieser X5 M mein Interesse und sprach dies auch direkt an. Letztlich hat der Preis gestimmt, womit ich dann doch - die Vernunft hatte diesmal verloren - umgestimmt wurde. Nach dem Motto: Jetzt oder nie - oder man lebt nur einmal. Und verdammt noch mal: Ich habe diese Entscheidung keine Sekunde bereut! Noch nicht einmal an der Tankstelle...
Aufgeweichte Ideale
Wer mal intensiv in den BMW-Geschichtsbüchern kramt, findet einen X5 Le Mans, der so heißt, weil er einen 700 PS starken V12-Le Mans-Motor implantiert bekommen hat. Das war die erste Fingerübung im Jahr 2000. Der reine Wahnsinn, gänzlich ohne Serienchance. Aus Sicht der M GmbH galten SUV und die M-Veredelung lange Zeit als unvereinbar, bis Mitte 2009 dann doch der erste X5 M in Begleitung seines Coupé-Bruders X6 M anmarschierte und sämtliche M-Prinzipien scheinbar über Bord warf. Dunkel kann ich mich noch an Credos wie "Lieber 1000 kg als 1000 PS" erinnern, doch offenbar darf ein jedes Fahrzeug ein M sein, sofern es genug Leistung erhält. Mein Vorurteil wird Lügen gestraft, wie sich später noch herausstellen wird.
Auch mit den M-Insignien bleibt der X5 in erster Linie ein X5: Man steigt nicht ein, sondern auf. Auf 4,88 m Länge, 1,75 m Höhe und knapp 1,99 m Breite (mit Spiegeln 2,18 m) verteilt sich ein ausgewachsener SUV mit 5 Sitzplätzen. Vorn fühlt man sich gut integriert, woran auch die sowohl packenden als auch komfortablen M Multifunktionssitze ihren entscheidenden Beitrag leisten. Sie passen für Lang- und Rennstrecke gleichermaßen. Angesichts der äußerem Breite kommt innen allerdings nicht überschwänglich viel an, die Mittelkonsole ist nicht breiter als in einer 5er Limousine. Doch der Platz genügt, um kommod auf den hoch platzierten und gut stützenden Sitzen unterzukommen, deren feines Individual Merino-Leder auch haptisch viel Freude bereitet. Optional ist eine Sitzbelüftung für die vorderen Sportsessel verfügbar. Der Knieraum im Fond ist nicht so erhaben wie die vorhandene Kopffreiheit, durch die aufrechte Sitzpositionierung ist jedoch auch hier von Enge keine Rede. Der X5 packt auch sonst was weg: Der über die zweistufige Heckklappe erreichbare Kofferraum schluckt 650 bis 1870 Liter mit einer maximalen Zuladung von 660 kg. Und zur Not muss eben die Anhängerkupplung ran...
Vom Pragmatismus des zivilen Serienmodells hat sich der X5 M eigentlich kein Stückchen wegbewegt. Nur auf die 21"-Niederquerschnittsräder und die rundum lackierten Schürzen sollte man besonders aufpassen. Optisch leistet sich der stärkste aller X5 damit allerdings schon einen majestätischen Auftritt, um mal das Wort "sportlich" angesichts von 2350 kg Leergewicht zu vermeiden. Irgendwie erscheint er erfreulich dezent, beim Anblick dachte ich zunächst an einen gewöhnlichen X5 mit M Sportpaket. Auffälligstes Indiz für die Potenz sind die M-typischen Endrohre in vierfacher Vertretung. Die Seitenspiegel mit dem angedeuteten Doppelsteg spiegeln das typische M-Design wider. Die rundum gelochten Bremsscheiben der M Compound-Bremse mit blauen Bremssätteln sind ein weiterer Hinweis, nicht anders unterscheidet sich bereits ein M3 oder M5 von der Stangenware. M-Logos finden sich am Heck, an den verchromten seitlichen Kiemen sowie an der Front - normalerweise. Das Logo am Heck kann man abbestellen, das Logo in den Nieren offenbar abkratzen...
Ein M durch und durch
Wenn man mal von der immer noch vorhandenen und im Sportmodell dreistufig konfigurierbaren ZF 8-Gang-Wandlerautomatik absieht, hat der X5 M sämtliche Merkmale erhalten, die auch einen M5 von einem gewöhnlichen 5er mit M Sportpaket unterscheiden. Sitze, M Lenkrad und Farbauswahl (mit drei M Exklusivfarben) sind die wohl auffälligsten Indizien. Weiterhin gibt es im M Fahrzeug die Möglichkeit, Lenkung, Fahrwerk und Motor auf seine Bedürfnisse auszurichten. Zwischen Sport, Sport+ und Eco/Comfort kann man sich hier entscheiden und die direkt am Lenkrad anwählbaren Fahrprogramme M1 und M2 im iDrive-Menü konfigurieren. Für etwas mehr fahrdynamischen Spielraum sorgt MDM - der M Dynamic Mode. Dann wird die Regelstufe des DSC ein wenig zurückgefahren und es werden leichte Drifts gestattet. Ich erinnere nochmals an dieser Stelle: Es ist immer noch ein SUV - bzw. Sport Activity Vehicle im BMW-Jargon. Querfahren wurde zum Schutz der Reifen und der Karosserie nicht ausprobiert, die Lebendigkeit des Hecks lässt sich auch mit aktiviertem DSC bei leicht feuchter Fahrbahn sehr gut erleben.
Denn mit zuviel Engagement sollte man sich speziell bei feuchter oder gar nasser Fahrbahn zurückhalten, denn dann lässt das Gripniveau der Michelin Pilot Super Sport stark nach, deren Temperatur man gut im iDrive-Menü verfolgen kann. Da man die Reifen im Feuchten kaum auf Temperatur bekommt, hängt schnell mal der Hintern des X5 M draußen. Da sollte man genug Platz zur Verfügung haben für Plan B - oder besser noch viel Erfahrung im Driften mitbringen. Den normalen DSC-Modus erachte ich daher bei nicht optimaler Witterung für angebracht - sofern man sich nicht auf eine Rennstrecke verirrt haben sollte. Da viel Masse auch erhöht zum Untersteuern neigt, zumal die Vorderreifen immerhin 4 cm schmaler ausfallen als die breiten Hinterwalzen, ist auch in dieser Hinsicht Obacht gefragt. Im Trockenen zeigt sich indes ein völlig anderes Bild: Man erfreut sich am sehr hohen Grip und am erstaunlich neutralen Handling. Die Sportpneus krallen sich in den Asphalt fest und wuchten den Brocken nachdrücklich um selbst kleinste Biegungen. Auch dann manifestiert sich immer noch die Ansicht, dass der X5 M einfach gnadenlos übermotorisiert ist, denn von der StVO und ihren Regeln hat man sich sehr schnell verabschiedet. Führerschein adé, oh je. Dieses Schreckensszenario hat sich zum Glück nicht erfüllt, Potenzial ist dafür trotz Speed Limit Info und brillant ablesbarem Head-Up Display dennoch überschwänglich vorhanden.
Eher Treibsatz als Triebwerk
Der S63B44TU - so heißt intern dieser schmucke V8-Bi-Turbo-Motor mit Valvetronic und bankübergreifender Turboaufladung im heißen V - fackelt nicht lang und spricht insbesondere im Sport+ Modus beängstigend scharf auf's Gaspedal an - vor allem im ersten und zweiten Gang. Das ist ziemlich nah am Saugmotor dran, ein Turboloch der alten Schule sucht man vergeblich. Dann sind auch ungewollt kleine Rodeo-Einlagen zu erleben, wenn der V8-Motor den 2,4-Tonner scheinbar ansatzlos nach vorn dreschen will. Die Gesetze der Physik werden hier ein wenig über den Haufen geworfen, spätestens ab 2500 U/min gibt es kein Halten mehr. Ab hier hat man dann die Wahl: Ausdrehen bis knapp 7000 U/min oder doch den nächsten Gang über die formschönen Schaltpaddels nachlegen? Schwupps, ich entschied mich für den schnellen Zupfer am Paddel, welches meinen Befehl sofort in die Tat umsetzt. Es spielt eigentlich kaum eine Rolle, man schwimmt immer in einem Meer aus Drehmoment und Leistung. Und dann noch dieser Klang: Satt und herzerweichend. Serienmäßig wird der X5 M bei offiziell 250 km/h abgeregelt, optional sind mit dem M Driver's Package sogar 280 km/h erreichbar. Der wahre Spritverbrauch bei Vollgas bleibt dank bei 30 Litern endender Anzeige charmant im Verborgenen.
Erstaunliche Performance
Ob ein SUV wie der ausgewachsene X5 auch ein M sein darf, hängt in erster Linie davon ab, inwieweit das Gewicht egalisiert werden kann. Nun, um es vorweg zu nehmen - egalisiert wird es keineswegs. Aber was der dynamische Wankausgleich und die hecklastige xDrive-Auslegung hier leisten, schnibbelt gefühlt 600 kg vom X-Monster ab. Die M GmbH konzentriert sich damit nicht nur auf die schiere Motorleistung, sondern lässt auch die Fahrdynamik nicht außer Acht. Im Trockenen hechtet der X5 M energisch in die Kurve, profitiert von der rückmelderischen, direkten Lenkung und den mächtig zubeißenden M Compund-Bremsen. Dabei zeigt das Fahrwerk auch in sportlichster Ausrichtung erstaunlich wenig Bedürfnis, seine Passagiere durchzuschütteln und jeden Fahrbahnzustand weiterzureichen - Luftfederung an der Hinterachse macht es möglich. Der X5 M beweist, dass auch ein Kompromiss gut sein kann. Rotziges Schaltploppen in kürzester Schaltstufe untermauert den sportlichen Eindruck, während lässiges V8-Bollern die unnachahmliche Souveränität unterstreicht.
Kuschelig als Standard
Die Sportwagen-Attitüden muss man erst diktieren, standardmäßig startet der im Vollkuschel-Modus mit Lenkung und Fahrwerk auf Comfort und Antrieb auf Eco. Die Automatik verwaltet ihre 8 Stufen in langsamster Schaltstufe sehr verschliffen, routiniert und beinahe unmerklich. An dieser Stelle fühlt sich der X5 M wie ein normaler X5 auf Anabolika an - man ahnt die Performance, schwebt jedoch auf der Welle der Gelassenheit. Dann verträgt er sich auch schüttelfrei und laufruhig mit niedrigsten Drehzahlen, mit Cruisen bei nur 1000 U/min hat er keinerlei Probleme. Dann wird auch klar, dass auch der potente X5 gar nicht einmal so umweltvernichtend unvernünftig ist wie befürchtet. Verbrauchswerte zwischen 13 und 15 Liter je 100 km sind bei optimal eingestelltem Luftdruck praktisch durchweg drin, ohne die sportlichen Anleihen sträflich ignorieren zu müssen. Das ist viel - aber man bekommt auch viel dafür. Partiell sind sogar einstellige Verbräuche realisierbar - wenn zum Beispiel die letzten Tropfen des 85-Liter-Tankes noch bis zur nächsten Tankstelle reichen sollen. Und das, obwohl der High-Performance-SAV nie ein Ökomobil sein will, das verkündet er seiner Umwelt sowohl optisch als auch akustisch. Dieses zweischneidige Profil des X5 M lässt wenig Mängel für Verbesserungen erkennen. Er ist kein Sportwagen und auch keine ultrakommode Reiselimousine - daran stören allein schon die etwas höheren Wind- und Abrollgeräusche. Aber selten hat sich ein Kompromiss so perfekt angefühlt.
Man lernt dazu...
Morgens mondän zur Schule, nachmittags in den Baumarkt, am Wochenende auf die Rennstrecke oder wahlweise mit dem Bootsanhänger zum See, im Sommer nach Italien auf monotonen Autobahnen und im Winter in die schneebedeckten Berge - der X5 M meistert scheinbar jede Aufgabe. Ich glaubte noch, dass eine lediglich kurze M-Injektion mich vor weiteren Schäden bewahrt, aber ich fürchte, ich bin hoffnungslos infiziert und für die nächste Zeit versaut. Ich war wohl doch zu lange dem Virus ausgesetzt. Dabei kann ich mich mit SUV generell - immer noch - wenig anfreunden, wobei der X5 M mein Bild davon erheblich verändert hat. Erheblich! Nunmehr sehe ich jeden Power-SUV mit etwas anderen Augen. Diese Oligarchenschleuder kann viele Argumente für sich verbuchen. Auch sein Durst nach hochwertigem Super Plus fiel geringer aus als befürchtet. Ich kann jetzt jeden verstehen, der sich für einen X5 M erwärmt und sich letztlich dafür entscheidet. Für mich dürfte es aber lieber ein M3 oder M4 sein.
Überraschungen nimmt man gern in Kauf, wenn sie so positiv sind wie der X5 M. Seine Längsperformance vermag zwar nicht mehr zu verwundern, wenn man schon mal M4 und M6 gefahren ist - wobei es bei dieser schieren Masse dennoch sehr beeindruckend wirkt. Eher noch aber fasziniert die Querdynamik, die dank der gripstarken Sportwalzen und der moderaten Seitenneigung auf den Asphalt gedroschen wird. Er nimmt Kurven nicht nur, er ringt sie nieder - bei unerwartet hohen Kurvengeschwindigkeiten und dank xDrive manierlicher Traktion. Damit agiert praktisch jedes Fahrzeug der M GmbH auf erstaunlich gleichem Niveau, auch die Sportpanzer X5 M und X6 M sind kaum abgeschlagen. Mit ihm kann es eigentlich nur noch der Porsche Cayenne Turbo S aufnehmen.
Pro: Packt ordentlich was weg, gewinnt praktisch jedes Ampelduell, verwandelt klangloses Superbenzin in schönen V8-Sound, fährt dich wuselig und besänftigt mit seiner Souveränität die Sinne
Contra: Hat Angst vor engen Parkhäusern und Tiefgaragen, geht schonungslos mit fossilen Ressourcen um, trampelt ungeniert auf den Grenzen der StVO und lässt dich um deinen Führerschein bangen