An einem nicht so winterlichen, aber dafür sehr nassen Januarabend spazierte ich durch das Sixt-Parkhaus am hamburger Flughafen auf der suchte nach einem Kennzeichen. Viele Autos standen dort. Die Auswahl war groß. Es war eine gute Wahl, doch erst für 21 Uhr zu buchen.
Da stand er: Der laut Sixt-App für mich vorgesehene A6 mit dreiliter-Sechszylinderdiesel und brachialen 231 PS.
Geschmückt mit LED-Lichtlein in Kombination mit Halogen-Blinkern hinter Milchglas ließ er meine Vorfreude steigen. Die aufregende rechteckige Formsprache der Heckleuchten, die Pastikhebel zum manövrieren der Sitze, der cleane Kühlergrill ohne nervige Sensorkappen. Es war eindeutig: Ich musste mich nach Alternativen umschauen.
Also schlenderte ich weiter, notierte einige Kennzeichen und dachte mir die Reihenfolge aus, in der ich sie am Counter vorschlage. Gesagt, getan. Ich stand am Counter, aber all meine Vorschläge mussten abgewiesen werden. Mein nächster Anlauf, nach anderen alternativen zu fragen brachte einen BMW 4er hervor. Hatte ich noch nie, probiere ich mal aus. Da Spaßmiete, war etwas sportlicheres ohnehin willkommen. Der MV war schnell erstellt und ich freute mich.
Beim Auto angekommen, freute ich mich umso mehr. Er ist weiß und sieht unauffällig aus. Wenn man die Zahlen und Auspuffrohre am Heck nicht zu deuten weiß, wird nicht vermuten, was in dem Karren steckt.
Bevor ich ihn startete, suchte ich erstmal die Ausstattung zusammen. Was haben wir denn da...
- 326 Ponys Rösser
- SAG
- Glas-Schiebedach
- Adaptive LEDs
- HUD
- Keyless-System
- Tempomat
- 2-Zonen-Klimaautomatik
- Das nomale Lederlenkrad
- Spurverlassenhassender Vibrierer
- 4 Türen
Dann wollen wir den Gäulen mal die Sporen geben. Im Parkhaus kann man sich den Kaltstart durchaus anhören. Es ist theoretisch möglich, dass ich, verspielt wie ich bin, den Sport+ Modus bei Zündung aktiviert und den Motor danach mit leichtem Gasbefehl gestartet habe. Ob das wirklich passierte, wird nie jemand erfahren, aber es klang verdammt gut!
Verdammt gut ist auch der Zug des Motors. Es handelt sich um das Reihensechszylinder-Aggregat mit dem geschmeidigen Namen B58B30M0. Trotz ordentlich Dampf ist hier die kleinste Ausbaustufe mit 326 PS verbaut. Dahinter klemmt das ZF 8HP50, welches bis zu 500 Nm verkraftet. Davon liegen beim 440i satte 450 bei 1380–5000 Umdrehungen an - und die gehen ohne Umweg an die Hinterachse und lassen diese bei schlechten Gripverhältnissen (und wenn man es drauf anlegt auch bei guten ) spielerisch durchdrehen. Gute Voraussetzungen für eine Spaßmiete.
Ja, ich kann bestätigen, dass man bei BMW Freude am Fahren empfindet. Zuvor hatte ich nur zivilere Modelle wie 120er, 220er, 530er. Ein echt auf Sport ausgelegtes Modell wie der 4er fährt noch einen Ticken besser. In Kurven ist er aufgrund der Winterreifen und des reinen Hinterradantriebs nicht sehr souverän. Er versucht immer wieder, den Bürzel in den Fahrtwind zu strecken. Macht zwar irgendwie auch Spaß, aber für mich ist das nicht wirklich was. Wäre er kontrollierbarer, wäre das wohl anders, aber so war ich froh über das Vorhandensein eines ESP oder im BMW-Jargon DSC. Leider habe ich mit ausgeschaltetem DSC auf einem leeren, nassen Parkplatz die Kurven versehentlich zu eng genommen. Das muss ich noch üben.
Das Schiebedach ist wirklich nichts weiter als das. Es ist eine kleine Glasfläche, die sich aufstellen oder ins Dach fahren lässt. Nix Panorama. Ist nicht schlimm, der Hype um die Panorama-Dächer kam erst später auf. Leider kann man kaum mit offenem Dach fahren. Der Fahrtwind ist laut und sorgt für Druck auf den Ohren. Das heißt aber wohl nichts, ich kriege schon im Elbtunnel Druck
Im Innenraum finden wir das alte BMW-Layout wieder, das mit den neuen Baureihen nach und nach abgelöst wird. Leider kein M-Lenkrad, dafür immerhin Schaltpaddels, mit denen man durchaus gut arbeiten kann.
Im Cockpit erhält man weiterhin den Eindruck, dass es sich um eine bald abgelöste Baureihe handeln muss. Der Tacho ist noch orange mit dicken Zeigern. Kein Wunder: Der Wagen schwirrt bereits seit ende 2013 umher und bekam 2017 lediglich ein Facelift. Andererseits: Der 1er hat mit dem MJ 2017 auch ein Facelift bekommen und erhielt damit auch die neuen Black-Panel-Instrumente, welche ich deutlich eleganter finde. Immerhin die neue Benutzeroferfläche des Infotainment und Touch wurden dem 4er gegönnt.
Das Adaptive LED-Licht funktioniert gut. Es blendet die anderen Verkehrsteilnehmer aus und führt ein lustiges Spielchen auf, wenn es arbeitet. Mir kommt es aber zu hastig vor. Ich sehe, dass es sich bemüht, seine Aufgabe so exakt wie möglich zu erfüllen. Aber irgendwie wirkt das nicht sehr Souverän. Es springt hin und her und kommt gar nicht zur Ruhe.
Darüber hinaus finde ich den sehr rechtslastigen Spot, den es wirft nicht so schön. Da halte ich Matrix und Multibeam für deutlich rundere Ansätze. Da wird alles gleichmäßig beleuchtet, nur andere Verkehrsteilnehmer nicht. So, wie es sein sollte.
Leider musste ich ihn schweren Herzens nach exakt 1564 Kilometern wieder abgeben.
Zwei Wochen Später - selbe Sixt-Station - selbe RSA - selbe Ambition: Spaßmiete
Es gab wieder einen 4er, wieder 40i, gleiche Ausstattung bis auf wenige Punkte: graue Farbe, dunkles Leder, xDrive
Eine perfekte Gelegenheit, um Hinterradantrieb mit xDrive zu vergleichen. Und wo wir grad beim Vergleichen sind: Der BLP unterschied sich um 1.250 €.
Erstmal ging es in die Heia. Es war Donnerstag und ich musste am nächsten Tag arbeiten.
Am Freitag und Samstag machte ich mich mit dem Antriebskonzept bekannt. Allrad ist schon eher mein Gebiet, ich hatte viel mehr Spaß, weil ich auch bei Nässe deutlich engere Kurven nehmen konnte, ohne in Gefahr zu kommen. Ein Kickdown führte nie zu Traktionsverlust. Der Wagen marschiert, dass es kein Halten mehr gibt. So gefällt mir das.
Am Sonntag hatte ich Bock auf Brot und so verschlug es mich in Richtung Niedersachsen, genauer in die Lüneburger Heide.
Nach ca. einer Stunde Fahrt kam ich an. Und da stand er auch schon.
Der schöne Audi A4 des lieben Mr_T0astbr0t.
Wir fuhren unsere Kutschen spazieren und hielten per Funk feinsten Nerd-Talk. Gelegentlich hielten wir an und schossen einige Fotos.
Ihm fiel dann beim Fotos schießen etwas auf, was uns allen ab nun die Front des 4ers versauen wird: "Sag mal, ist die Motorhaube offen?"
Das "Spaltmaß" der Motorhaube ist wirklich ziemlich groß. Und glaubt mir, ab nun wird das sehr ins Auge stechen. Beispiel gefällig?
Auch mit diesem 4er bin ich einige Kilometer gefahren. 1024 um genau zu sein. Ich habe bei beiden Autos deutlich gespürt, dass der Sitzkomfort der Ledersitze echt nicht gut ist. Mein Mitfahrer meinte, er sei sehr komfortabel gereist, aber ich hatte schon nach 1,5 h Schmerzen im Bein. Und ich bin weißgott nicht empfindlich, was Komfort angeht. Wie schon beim A6 vor einigen Tagen berichtet, gefallen mir dort sogar die Stoffsitze um Längen besser. Nach 2000 KM, die ich ausschließlich selbst gefahren bin, habe ich immer noch sehr bequem gesessen.
Ich schiebe das mal auf die sportliche Ambition des 4ers. Selbst für nur ein bisschen Langstrecke ist das absolut ungeeignet.
Was mir nicht ganz einleuchtet ist diese Masse an Coupés und Coupé-ähnlichen BMW Modellen.
Wir haben da den 2er, den 4er, den 6er, den 8er und den i8. Nicht zu vergessen die Coupé-SUV X2, X4 und X6.
Und der 4er ist irgendwo mitten drin. Es gibt einen kleinen quirligen 2er, einen größeren kräftigen 6er und einen luxuriösen 8er. Aber welche Funktion hat der 4er? Er wirkt auf mich wie ein Kompromiss aus dem giftigen 2er und dem großen 6er. Aber er hat eben keine Funktion, die nur er erfüllt. Mir erschließt sich der 4er irgendwie nicht. Ich finde gut, dass es ihn gibt und scheinbar verkauft er sich auch, aber ich verstehe nicht, warum. Welche Lücke füllt er?
Das soll nicht böse gemeint sein, es ist mir nur aufgefallen.
Wirklich viel gibt es nicht mehr zu sagen. Die Farbe finde ich um längen besser als das weiß. Den A4 finde ich aber auch um Längen hübscher als den 4er. Ich weiß, viele sehen das anders, aber gerade im direkten Vergleich, ist das für mich eindeutig.
Spaß macht er trotzdem. Ich würde ihn als Mietwagen immer gern wieder nehmen, solange er nicht noch schlimmer aussieht (soon ). Aber als privater kommt er für mich nicht in Frage.
Abschließend kann ich sagen, der 440i ist ein richtiges Spaßfahrzeug. Wahrscheinlich das sportlichste, was man außerhalb von Luxury erhalten kann. Ich bin sehr dankbar, gleich zwei mal in den Genuss gekommen zu sein, ihn zu fahren. Auch der Vergleich Hinterrad zu xDrive war mir sehr willkommen und letztendlich würde ich ihn in beiden Varianten immer wieder nehmen.
Vielen Dank an am HAM für die wie immer tolle Bedienung!
Und Vielen Dank Mr_T0astbr0t für den schönen Tag und die schicken Bilder!