Bei einigen neuen Autos denke ich mir: "Boah, den mal fahren!". Meistens dauert es aber ewig, bis man so ein Auto mal in die Finger bekommt, wenn überhaupt! Hier ist das etwas anders. Ich war eigentlich nie wirklich ein Fan vom Arteon. Beim vorFacelift hat mich irgendwas an der Front gestört, ich kann das leider nicht ganz genau definieren. Nun wurde im Juni das Facelift vorgestellt, inklusive R-Modell UND Kombi! Da dachte ich mir schon so: "Hui, der sieht jetzt doch ganz fesch aus!". Dann im Oktober hörte ich, dass meine VWFS-Stammstation einen Arteon "Kombi", der heißt ja offiziell Shooting Brake, in die Vermietung bekommen soll, sogar noch in 2020. Da freute ich mich schon und wartete darauf, wann der wohl kommt.
Als ich mein Auto dann am 06.11. zum Service brachte, sah ich einen Verkäufer fleißig Bildmaterial für den dortigen Instagram-Account sammeln - von einem Arteon Shooting Brake! Später im Gespräch mit der Mobilitätsmanagerin stellte sich heraus, dass der den Tag erst zur Markteinführung zugelassen wurde, für die Vermietflotte vorgesehen ist! Da war ich schon interessiert, leider war der Wagen für das Wochenende schon vermietet. Aber schlau wie ich bin, habe ich mir den Wagen direkt für das danach folgende Wochenende vorgemerkt.
Also eine Woche später wieder dort hin, um den Wagen abzuholen. In der Zwischenzeit habe ich sogar eine Liste mit der verbauten Sonderausstattung und einen Preis fürs Wochenende bekommen. Als wir den Mietvertrag fertig machten (der Wagen wurde in der Zwischenzeit vorgefahren), kam plötzlich ein Verkäufer und fragte ob der Wagen wirklich vermietet sei, weil zwei Kunden sich den gerne anschauen würde. Die 5 Minuten hatte ich dann natürlich noch, der Wagen polarisiert ja doch ganz gut!
Das Fahrzeug
Der Volkswagen Arteon wird seit 2017 in der ersten Produktgeneration im VW-Werk in Emden produziert. Neben der Limousine bietet VW den Arteon seit dem Facelift auch als Kombi, bzw. "Shooting Brake" an. Der VW Arteon kann derzeit mit 2 Diesel-Motoren (150 und 200PS) bestellt werden. Dabei ist grundsätzlich ein 7-Gang DSG, der 200PS-Diesel kann zusätzlich noch mit dem Allradantrieb "4motion" bestellt werden. Im sportlichen R-Modell leistet ein 300PS-Benziner seinen Dienst. Weitere Motoren werden vermutlich noch folgen.
Der Arteon basiert auf dem modularen Querbaukasten (MQB), auf dem auch andere Fahrzeuge des VW-Konzern aufbauen (bspw. A3 8V, Leon III, Superb III, Golf VII, Passat B8).
Wie bereits erwähnt, handelt es sich hierbei um ein Facelift als Shooting Brake. Der Bruttolistenpreis von ~72900€ überrascht doch etwas. Dafür wird Ausstattungsmäßig einiges geboten:
-R-Line
-Umgebungskameras
-Head-Up-Display
-Akustikpaket
-Seitenairbags hinten
-Easy Open & Close mit Safe-Sicherung
-Fahrerassistenzpaket
--Parklenkassistent
--IQ-Light LED-Scheinwerfer
--Travel-Assist mit Spurhalteassistent und Emergency-Assist
--Proaktives Insassenschutzsystem mit Front- und Sideassist
-Frontscheibe Drahtlos beheizbar und infrarot reflektierend
-Sommerräder "Rosario" 8 J x 20 in Dark Graphite Matt
-Reifendruck-Kontrollsystem für SR/WR
-Adaptive Fahrwerksregelung DCC für Sportfahrwerk
-Winterräder "Marstrand" 7 J x 17
-Standheizung und -lüftung mit Funkfernbedienung
-Navigationssystem "Discover Pro" inkl. "Streaming & Internet"
-"Business Premium"-Paket
--Lendenwirbelstütze vorn, auf Fahrerseite elektrisch einstellbar, Massagefunktion auf Fahrerseite
--230-V-Steckdose hinten
--Fahrassistent Travel Assist
--Klimaanlage "Air Care Climatronic" mit Aktiv-Kombifilter, Bedienelement hinten und 3-Zonen-Regelung
--USB-C-Schnittstelle und USB-Ladebuchse
--Sitzheizung vorne und hinten
-Top-Paket
--Ausstell-/Schiebedach
--Ambientebeleuchtung 30-farbig
--Diebstahlwarnanlage mit Innenraumüberwachung, Back-up-Horn und Abschleppschutz
--Schlüsselloses Schließ- und Startsystem "Keyless Access" mit Safe-Sicherung
-Anhängevorrichtung anklappbar, mit elektrischer Entriegelung
-Multifunktions-Sportlenkrad in Leder, beheizbar, mit Touch-Bedienung und Schaltwippen
-Gepäckraum-Wendematte
-Soundsystem "Harman Kardon", 10+1 Lautsprecher, 700 Watt Gesamtleistung, digitaler 16-Kanal-Verstärker, Subwoofer
-Raucherausführung
Eigentlich fehlen da nur die ErgoComfort Sitze zum vollkommenden Glück.
In der Frontansicht fällt als erstes der, für VW-Verhältnisse, massive Kühlergrill auf. In der sportlichen R-Line gibt es dazu noch ausgeformte Lufteinlässe. Sehr schön eingearbeitet sind hier die Scheinwerfer, die auf den ersten Blick gar nicht so wirklich auffallen.
Aber: Sie sind da! Obwohl es nicht dran steht, sollten es IQ.Light-LED-Matrix-Scheinwerfer sein. Leider wird hier, ähnlich wie bei BMW, ein teildigitales System verbaut. Das hat zwar den Vorteil, dass ein echtes Kurvenlicht an Bord ist, sorgt aber leider dafür, dass im ausgesparten Modi sie Straßenränder unheimlich schlecht ausgeleuchtet werden. ABER: Das System arbeitet zügig und soweit fehlerfrei.
Design-Flaw ist leider der Blinker, die zwischen den beiden Leuchtelementen als Kühler-Spange eingearbeitet ist. Im TFL integriert und mit dynamischem Blinker wäre es meines Erachtens perfekt. Man muss sich ja noch was fürs Facelift aufheben - ach halt, ist ja schon das Facelift.
Spannend finde ich das fast durchgängige Tagfahrlicht. Im halbdunkeln, also wenn man das VW-Logo noch erkennt, siehts echt cool aus. Im volldunkeln stört die Unterbrechung in der Mitte irgendwie. Sieht aber trotzdem deutlich eleganter als bei ID.3 und EQC aus und zieht unheimlich viele Blicke auf sich.
In der Seitenansicht bekommen wir 4866mm pures Cou ... äh, Kom .. ach warte: SHOOTING BRAKE! Der Name mag einem irgendwie bekannt vorkommen. Gibt es sowas wohl noch bei einer anderen Marke?
Jedenfalls sieht die Seitenlinie wirklich gut aus. Langer Radstand, kurze Überhänge, schnittig abfallendes Dach. Die ansteigende Fensterleiste hinter der hinteren Tür stört mich, genau so wie der komische Übergang vom vorderen Kotflügel zum Seitenblech/Motorhaube. Ansonsten aber wirklich gelungen.
Auch die 17" Aluräder mit Winterreifen vom Typ Pirelli Sottozero 3 wirken nicht zu klein auf dem Wagen.
Die Scheiben sind Coupé-Like rahmenlos ausgeführt. Probs an VW: auch bei über 200km/h keine übermäßigen Windgeräusche (erwartet man aber auch so).
Die Heckansicht wirkt allerdings sehr ungewohnt. Fangen wir mit der 4-Flutigen-Fakeauspuffanlage an, die dem Auto ausschließlich negativ zu Gesicht steht.
Darüber gibt es die geteilten Heckleuchten, die so in ihrer Optik irgendwie billig wirken, ich hörte öfters den Begriff "ATU-Tuning" in dem Kontext. Beim Ver- und Entriegeln gibt es aber hier auch eine kleine Animation und die Blinker sind dynamisch gestaltet. Wirkt im dunkeln auf jeden Fall nett.
Die Abrisskante weiter ist stark ausgearbeitet, fast etwas zu viel für meinen Geschmack. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das in dem Ausmaß einen aerodynamischem Vorteil bringt.
Um mit dem kleinsten am Heck abzuschließen: Die Heckscheibe. Die ist wirklich klein. Durch den Innenspiegel sieht man dadurch echt nicht viel.
Der Motor
In diesem Arteon ist der VW-Klassiker verbaut. EA288, 200PS, 410Nm, 7-Gang DSG und 4motion.
Ist vom Durchzug okay, der A3 ging gefühlt besser, mein A4 mit 190PS auch.
Vermutlich ist der Motor auch hier "kaputt-geWLTPt" (komische Wortschöpfung) und die Abstimmung des DSG tut sein übriges. Vom fahren her wars nicht so schlimm wie beim Passat Anfang des Jahres, aber zufrieden gestellt hats mich nicht so.
Der Verbrauch ist im Rahmen, ich war aber auch immer zügig unterwegs.
Der Innenraum
Der Innenraum wirkt auf den ersten Blick "typisch VW".
Sobald man auf den Sportsitze mit Alcantara-Bezug und ErgoComort-Massagefunktion platz genommen hat, wird man vom neuen Multifunktionslenkrad begrüßt.
Das Lenkrad ist unten leicht abgeflacht und an den Griffflächen mit perforiertem Leder bezogen. Auf dem Pralltopf prangt das neue VW-Logo. Anstatt klassischer Tasten gibt es hier zwei große Touch-Felder, wo die durch drücken und wischen bedient werden können. Es gibt dort auch ein leichtes, haptisches Feedback. Allerdings bin ich mit der Bedienlogik echt nicht eins geworden. Mit den Plus und Minus-Tasten links am Lenkrad kann der Tempomat in 10er-Schritten verstellt werden. Wenn der ACC gerade aktiv ist, kann der mit SET und RES in 1er-Schritten verstellt werden. Den aktiven ACC kann ich mit einem Druck auf ACC 1/0 deaktivieren, drücke ich dann aber ein zweites mal ist der Tempomat komplett abgeschaltet. Da bin ich inzwischen echt ein Freund vom separaten Tempomat-Hebel geworden.
Hinter dem Lenkrad thront das serienmäßige Active-Info-Display. Es verfügt über drei Anzeige-Modi. Die Bedienung finde ich irgendwie schwierig, das mag aber auch an meiner fehlenden Erfahrung mit dem VW Infotainment liegen.
Eine Stufe weiter oben befindet sich das Head-Up-Display. Leider nur die billige Version mit Plastikscheibe. Warum nur VW?!
In der Mitte befindet sich das 9,2" große Display des Discover Pro Navis. Zu den Features kann ich echt nichts sagen, dafür kenne ich mich bei VW zu wenig aus. Schön fand ich allerdings, dass hier Apple Carplay kabellos genutzt werden kann.
Nicht so schön fand ich, dass mein Handy ständig das induktive Laden in der Ladeschale abgebrochen hat. Schade!
Unterhalb des Navi-Bildschirms befindet sich die Klimaautomatik. Im Zuge des Touch-Wahns wurde auch hier alles auf Touch-Knöpfe umgestellt. Lässt sich, wie alles, während der Fahrt so semi bedienen, sieht aber gut aus. Haptisches Feedback gibt es keins, das würde die Bedienung vielleicht vereinfachen.
Die Mittelkonsole wird vom unnötig ausladenden Gangwahlhebel dominiert. Links davon befinden sich Start-Knopf, der Fahrerlebnisschalter und der Schalter für die Start-Stopp-Automatik. Rechts davon der Knopf für den Parklenkassistenten und das PDC. Dahinter befinden sich noch zwei Getränkehalter und die Mittelarmlehne, die sich bei zwei Spezi-Flaschen nicht mehr ganz ausziehen lässt.
Beim Thema Fahrerlebnisschalter sei das hier verbaute DCC, also ein Fahrwerk mit adaptiven Dämpfern erwähnt. Das war mein erstes Auto mit adaptiven Dämpfern und die Spreizung zwischen Comfort und Sport ist sehr gut spürbar. Finde ich toll!
Für die Rücksitzenden gibt es noch eine dritte Klimazone und eine Sitzheizung für die äußeren Sitze. Hier allerdings mit Knöpfen gelöst.
Insgesamt muss ich sagen, dass der Fond ungeahnt geräumig aussah. Dort saß am Wochenende zwar keiner, bei meiner Sitzposition war aber eine Hand mehr Platz zwischen Sitzfläche und Rückenlehne als bei mir im A4.
Das wichtigste kommt aber noch zum Schluss: Das Soundsystem. Kurz gesagt, ballert.
Ich wusste vorher echt nicht, dass man bei VW mittlerweile Harman/Kardon bekommt, ich kannte bisher nur Dynaudio. Das System hat wirklich viel Bass und kann auch super mit Höhen/Mitten/Tiefen (was auch immer) umgehen.
Über einen Equalizer kann man noch zwischen verschiedenen Profilen wählen und seiner musikalischen Laune so vollkommen frönen.
Fahrassistenzsysteme
Der Wagen war mit der vollen Assistenzarmada ausgestattet. Dazu gehören ein Parklenkassistent, eine 360°-Kamera, der Fahrassistent "Travel Assist" mit ACC, Spurhalter, Notfallassistent sowie Front-, Side- und Rear-Assist.
Der Travel-Assist kombiniert dabei den Aktiven Spurhalteassistent mit dem Abstandstempomaten. Das funktioniert soweit sehr gut und den ACC kann man auch einzeln nutzen. Das finde ich ganz praktisch. Der Side-Assist tut hier auch seinen Job, soweit fehlerfrei.
Die 360°-Kamera ist von der Auflösung her leider recht kartoffelig und die Rückfahrkamera ist für mich nicht weitwinklig genug. Wenn ich bei mir zuhause einparke, orientiere ich mich am Auto neben mir und einen Gartenhäuschen, das Auto habe ich in der RFK vom Arteon nicht einmal gesehen. Immerhin ist die RFK im VW-Logo versteckt und so vor Spritwasser geschützt.
Den Parklenkassistent habe ich leider nicht einmal ausprobiert, kann dazu also leider nichts sagen.
Fazit
Ich muss sagen: Der Arteon war echt eine Erfahrung wert! Ich würde den Wagen vermutlich auch noch mal nehmen, wenn es sich anbietet. Allerdings dann doch eher in Form eines Passats.
JA, der Arteon Shooting Brake ist durchdesignet bis ans Ende, das merkt man aber auch. Gerade durch die flache Dachform darf man nicht zu groß (oder ungelenkig) zum einsteigen sein, weil der Dachholm halt wirklich tief hängt. Teilweise wurden bei meiner Sitzposition auch Ampeln verdeckt.
Dann lieber das langweiligere Design, aber praktischere Auto. Technisch ähneln sich die Autos halt bis aufs Blut, das muss man dazu sagen.
Was ich aber auch beim Passat Anfang des Jahres gesagt habe: Der Preis ist nicht mehr Volkswagen. Wir reden hier über ein Auto für knapp 73.000€. Für das Geld bekomme ich genau so einen gut ausgestatteten A4 oder BMW 3er. Sicher beides keine besseren Raumwunder, aber meinen subjektivem Empfinden das Geld eher wert. Das soll kein Bashing gegen VW sein!
Vielen Dank an euch fürs lesen dieses Berichtes. Ich hoffe ich konnte allen interessierten (wovon es hier einige gibt, so mein Eindruck) das Auto etwas näher bringen. Wenn ihr Fragen, Anregungen oder Kommentare habt -> wie immer her damit! Ich hoffe ich habe an alles gedacht und wenn euch etwas fehlt, will ich da gerne Rede und Antwort stehen.
Bilder
Zum Abschluss gibt es noch die Bilder, die es nicht in den Bericht geschafft haben.