Intro
Es ist Juni, man hat Urlaub, ein schönes Hotel in Amsterdam gebucht und fragt sich: Wie komme ich denn da nun am besten hin?
Die Niederlande ist doch bekannt für viele Lademöglichkeiten für Elektroautos, also warum nicht mal elektrisch durchs Nachbarland?
Es begann mit einem Anruf bei Mercedes-Benz Rent in Bremen. Nach einem sehr netten Gespräch war ein EQC gebucht und wartete auf meine Abholung.
In der Niederlassung in Bremen ging alles sehr fix und der Wagen wurde vorgefahren. Positiv überrascht wurde ich dann von der Ausstattung.
Die Buchungsmaske der Homepage zeigt zwar Vorschaubilder der jeweiligen Konfiguration an, scheint jedoch nicht immer ganz zu stimmen.
So freute ich mich bspw. sehr über das HUD, welches so zuvor nicht angezeigt wurde. Generell ließ die Ausstattung sehr wenig Wünsche offen.
AMG-Line
Obsidianschwarzer Lack
Fahrassistenzpaket
Parkpaket mit 360° Kamera
ENERGIZING Paket mit Beduftung (Downtown Mood)
Multibeam (Serie)
Ledersitze mit Memory samt elek. Lenkradverstellung
Head-Up Display
Großes MBUX mit augmented reality
3-Zonen Klima
Dekor Esche offenporig
Burmester Soundsystem
Trittbretter
Schiebedach
Summa summarum kommt dabei ein BLP von ca. 86.220€ zusammen.
Optik
Als der EQC vorgestellt wurde, wollte er mir nicht so recht gefallen. Will er irgendwie immer noch nicht so ganz. Der Buckelpo und zu viel Rundlichtkeit lassen mich immer noch mit gemischten Gefühlen auf einen EQC schauen. Die AMG-Line und die Leuchtengrafik tut ihm jedoch gut. Bei Fremden merkt man jedoch, dass das Auto grundsätzlich positiv und als groß/imposant wahrgenommen wird. Von außen wirkt er meiner Meinung nach größer als der Plattformsbruder GLC.
Innen kann mich der EQC in großen Teilen überzeugen. Besonders die kupferfarbenen Designelemente finde ich äußerst ansprechend. Interessant ist hierbei auch der Materialmix. Das Armaturenbrett ist sehr weich mit einer Art Kunststoff-Leder bezogen, welches auf den ersten Blick ein bisschen wie Nappaleder aussieht. Das Eschedekor findet man leider nur oben in der Tür im Bereich der Sitzverstellung und nicht auch in der Mittelkonsole. In der Mittelkonsole gibt es leider keine andere Wahl als Plastik in Klavierlackoptik. Jedoch ist dieses Plastik deutlich stabiler und hochwertiger als in GLC oder C-Klasse. Die Verarbeitung passt, Knarzen habe ich auf meiner Fahrt nie wahrgenommen.
Fahreindruck
Wie fährt es sich denn nun in einer aufgebockten Elektro-C-Klasse mit 2,5to Leergewicht? Kurzum: sehr gut.
Die Elektrokraft lässt sich wunderbar dosieren und auch das Bremsgefühl ist so gut, dass das Gewicht weitestgehend kaschiert wird.
Über die Metallpedals am Lenkrad lässt sich die Rekuperation steuern - über zwei Rekuperationsstufen, einen neutralen Modus, bis hin zum Freilauf. Der neutrale Modus ist so abgestimmt, dass man wie in einem herkömmlichen Verbrennerfahrzeug unterwegs ist. Die erste Rekuperationsstufe greift jedoch direkt ordentlich zur Energierückgewinnung, die zweite Stufe füllt sich wie stärkeres Bremsen an. Daran muss man sich gewönnen. Ich habe primär die erste Stufe im Stadtverkehr gerne genutzt.
Die Lenkung ist ausgewogen abgestimmt. Nicht zu direkt, nicht zu schwammig. Sie macht stets das mit dem Fahrzeug, was man erwartet.
Das Fahrwerk mit einer Federungsmischung aus Stahl und Luft ist über alle Zweifel erhaben. Es fährt sich unfassbar smooth. Bodenwellen werden geschluckt und auch Schläge aus Querfugen, welche bei einem reinen Luftfahrwerk gerne mal heftiger im Sitz ankommen, nimmt man praktisch nicht wahr. Ein absolutes Highlight des Autos.
In Kurven knickt das Fahrzeug jedoch merklich ein und das hohe Fahrzeuggewicht kommt zum Vorschein. Alleine dadurch hatte ich keinerlei Ambitionen, dass Fahrzeug auch nur etwas sportlich zu bewegen.
Insgesamt war ich sehr davon beeindruckt, wie entspannt man mit dem EQC von A nach B fahren - sagen wir lieber gleiten - kann.
Die guten Assistenzsysteme tun ihr übriges. Auf niederländischen Autobahnen bin ich beinahe durchgehend teilautonom gefahren. Der Spurwechselassistent funktionierte hierbei ebenfalls tadellos.
Features
Durch die reichlich lange Ausstattungsliste gab es wieder einiges zu erkunden. Die Augmented Reality Funktion half mir an vielen Ampel dabei, dass mein Nacken vor unliebsamen Verrenkungen bewahrt wurde. Die Funktion während der Navigation habe ich jedoch weniger genutzt, da ich primär mit Android Auto über Maps navigiert habe. Dies ist auch an das HUD gekoppelt, sodass man hier keinerlei Nachteile beim Nutzen von Maps statt internem Navi hat. Das HUD bei Mercedes empfand ich wiedermals als brilliant.
Die Auflösung der 360° Kamera ist immer noch marktführend. Hiermit lässt es sich wunderbar parken und durch Engstellen manövrieren. Bei der Fahrzeuggröße und der teils bescheidenen Rundumsicht ein absolutes must-have.
Darüber hinaus verfügte der EQC über das Energizing Paket. Hier gibt es verschiedene Programme, bei denen die Klima, die Beduftung, die Ambientebeleuchtung, Musik und die Sitzheizung mit einbezogen werden. Beim Vitalitätsprogramm führt einen eine nette Stimme durch diverse Übungen, die beispielsweise Schultern und Rücken bei längeren Fahrten beleben sollen.
Nettes Gimmick, mehr aber auch nicht.
Das Burmester Soundsystem hat mich beinahe restlos überzeugt. Auf der Fahrt wurde viel Musik in toller Qualität gehört, das habe ich extrem genossen.
Laden
Das Laden verlief zwischen entspannt und katastrophal. Auf der Hinfahrt nach Amsterdam war ein Ladestopp notwendig. An einer Ionity Ladestation wollte ich das Schnellladen testen.
Nachdem die erste Säule nicht funktionierte und ich für die zweite ebenfalls Probleme mit der Bezahlung hatte, konnte ich nach einer gefühlten halben Stunde endlich laden. Ernüchterung: Der EQC kann maximal 110 KW laden, die Säule hätte 350 KW geschafft. Nach ca. 30 Minuten war ich wieder bei ~70% (zu Beginn des Ladens 10%) und es konnte weiter gehen. Günstig war das Vergnügen nicht, 79ct pro kWh kostete der Strom hier.
In der Hoteltiefgarage gab es erneut die Möglichkeit zu Laden. Ohne Account bei dem entsprechendem Anbieter ließ sich der Ladevorgang jedoch nicht sauber beenden, sodass ich die Hotline bemühen musste um den Stecker wieder ziehen zu können. In Amsterdam selbst gibt es praktisch an jeder Straßenecke Ladesäulen, sodass man einiges an Parkkosten spart (in Amsterdam nicht unerheblich - 7,50€ pro Stunde sind happig). Laden kann man hier zumeist mit maximal 11 KW, was jedoch ganz angenehm ist, wenn man nicht akut Strom im Akku benötigt, sondern nur günstig parken will. So dümpelt man teilweise bei 7 KW Ladeleistung vor sich hin, verbringt einige Stunden in der Stadt und hat am Ende eine Rechnung von 5€ zu zahlen, da bei diesen Säulen der Strom lediglich 20ct pro kWh kostet.
Auf dem Rückweg war erneutes Schnellladen zu 69 ct pro kWh notwendig.
Im Endeffekt habe ich nun 4 neue Apps auf dem Handy, einige graue Haare mehr und das Gefühl, dass das doch auch irgendwie einfacher sein sollte.
Am Ende habe ich das Fahrzeug 885 km bewegt, 104,22 € Strom geladen und das Fahrzeug quasi leer wieder abgegeben.
Der Verbrauch von 22,6 kWh/100km lag dabei nur minimal über der WLTP Angabe von Mercedes (22,2 kWh/100km). Ich bin jedoch auch sehr entspannt gefahren und in den Niederlanden war maximal Tempo 100 auf den Autobahnen erlaubt.
Für mich ergibt sich hieraus die Erkenntnis: Elektrofahrzeug fahren ist gar nicht mal so günstig, wenn man auf Schnellladen während der Fahrt angewiesen ist. Kommt man günstig an Strom oder hat (wie bei den Ladesäulen in der Stadt) viel Zeit zu laden, rechnet sich das Ganze natürlich wieder deutlich angenehmer.
Fazit
Als Fazit würde ich sagen, dass der EQC in guter Ausstattung ein durchaus überzeugendes Auto zu einem etwas hohen Preis ist. Die Ladeerfahrungen lassen viel Verbesserungspotential für die Zukunft erkennen und Elektroauto fahren ist cooler als man häufig denkt.