Ist Carsharing umweltschädlich? Eine Frage des Standpunktes

Doch nun behauptet eine Befragung der Münchner Beratungen Berylls Strategy Advisors und MM Customer Strategy unter 1.900 Autofahrerinnen und Autofahrern. Carsharing schade demnach dem öffentlichen Nahverkehr und sei daher weit weniger umweltfreundlich als zunächst angenommen.

Kannibalisierungseffekte des Öffentlichen Nahverkehrs?

„Carsharing hat negative Auswirkungen auf alle Mobilitätsanbieter. Es drohen deutliche Kannibalisierungseffekte auch zulasten des öffentlichen Nahverkehrs. Das birgt Sprengstoff für die Diskussion auf kommunaler Ebene, ob eine Stärkung von Carsharing wünschenswert ist.“ , fasst Markus Müller-Martini, Geschäftsführender Gesellschafter bei MM und Autor der Studie das Ergebnis der Befragung für die WirtschaftsWoche zusammen.

Mindestens 78% der Befragten fahren mehr Bus & Bahn

Das Ergebnis der Studie besagt, dass 22% der Befragten Carsharing-Nutzer weniger auf Regionalzüge zurückgriffen, 15% führen weniger Bus & Bahn, 12% säßen weniger im Fernzug. Gerade die letzte Angabe verträgt sich aber nicht mit dem Carsharing Gedanken. Schließlich wird Freefloating nicht auf langen Strecken sonder für Kurz und Mittelstrecken innerhalb oder in der Nähe der Geschäftsgebiete genutzt. Alle anderen Angaben lassen außerdem den Schluss zu, dass 78% genauso häufig oder noch häufiger Regionalzüge nutzen als ohne Carsharing Angebot.

Förderung des Autofahrens durch Carsharing

Eine weitere Kritik am Carsharing, die aus der Studie hervorgeht, ist die Förderung des Autofahrens. „Die flexiblen Carsharing-Systeme führen eher dazu, dass die Leute mehr fahren als vorher“, sagt Matthias Kempf, Partner bei Berylls und Mitautor der Studie. Die Angebote von Car2Go und DriveNow hätten das Carsharing zwar erfolgreich aus der Nische geholt. „Aber die neuen Kundengruppen nutzen die Autos vor allem als ergänzendes Mobilitätsangebot, auch ohne ihren eigenen Pkw abzuschaffen“, so Kempf in der WirtschaftsWoche.

Moderne und spritsparende Autos in den Flotten der Anbieter

Wer sich aber die Flotten der genannten Carsharing-Anbieter genauer ansieht, wird schnell feststellen: Hier fahren ausschließlich moderne, verbrauchsarme und umweltfreundliche Modelle von Smart, Mini und BMW. Keines der Fahrzeuge verbraucht laut NEFZ mehr als 6,0 Liter Benzin je 100 Kilometer. Aus eigenen Erfahrungen stehen auch bei stressigem Feierabendverkehr selten mehr als 8.0 Liter im Bordcomputer – auch mit ein Grund, warum Nutzer ihre mitunter trinkfesten Privatautos stehen lassen. Die Anbieter gehen sogar noch einen Schritt weiter. Mit den lokal emissionsfrei fahrenden BMW ActiveE in Berlin und München sowie den Smart fortwo electric drive in Stuttgart sind DriveNow und car2go Kunden rein elektrisch unterwegs – umweltfreundlicher geht es kaum.


Bild: DriveNow