Tempolimit ja oder nein, die Diskussion

  • Streng genommen ist es also sogar nicht erlaubt, nachts nur mit Abblendlicht Tempo 200 zu fahren.

    Wobei es auch die Ausnahme des § 18 Abs. 6 StVO gibt, die wohl aber natürlich kein „blindes Rasen in die Dunkelheit hinein“ wird erlauben wollen.

  • Wobei es auch die Ausnahme des § 18 Abs. 6 StVO gibt, die wohl aber natürlich kein „blindes Rasen in die Dunkelheit hinein“ wird erlauben wollen.

    Das wollte ich gerade anmerken. Ich denke allerdings schon, dass selbst wenn die Intention eine andere ist das Gesetz das nicht explizit ausschließt, dass ich auch nachts mit 300 über die Autobahn hämmern könnte. Das würde, denke ich, jeder Anwalt durchkriegen, sollte das mal zum Streitfall werden. Zumindest ohne Unfall.


    Mit Unfall sitz ich bei über 130, wie oben schon beschrieben, ohnehin immer mit im Boot.


    Und bis 130 dürfte das dazu führen, dass ich durch diesen Paragraph nicht zu schnell war, auch wenn ich schneller als die Lichtreichweite fahre.

  • Wobei es auch die Ausnahme des § 18 Abs. 6 StVO gibt, die wohl aber natürlich kein „blindes Rasen in die Dunkelheit hinein“ wird erlauben wollen.

    Ah, den kannte ich gar nicht. Macht natürlich auch Sinn, den Verlauf der Autobahn an sich sieht man in der Regel weit genug ohne Kurven. Allerdings nimmt man damit halt in Kauf, dass man einem Hindernis nicht rechtzeitig ausweichen kann.

  • Wer sagt ein Auto bei 200 ist nicht mehr kontrollierbar sollte mal entsprechende Fahrtrainings besuchen. Rein um den eigenen Horizont zu erweitern. Nur weil man sich das selbst nicht vorstellen kann, ist das nicht unmöglich. Beispielsweise in der Automobilbranche Standard, wenn man da Entwicklungsfahrzeuge fährt.
    Man sollte auch mal für andere Positionen offen sein, ich beispielsweise finde (zeitlich beschränkte) Tempolimits auch absolut sinnvoll.

    Wer 200 fährt ist aber kein raser, der die Kontrolle verloren hat und nicht reagieren kann. Außer man macht sowas verantwortungslos im dichten Verkehr.

    Das ist natürlich die richtige Herangehensweise - sich in Regelungsfragen an der kleinsten Gruppe, bei der man davon ausgehen kann, dass sie es können, zu orientieren.


    Nach der Logik brauche ich auch keinen Verbraucherschutz mehr und muss auch nicht mehr Arbeitnehmerrechte gesetzlich schützen, weil die stark nachgefragten und bestens ausgebildeten Arbeitnehmer doch gar keine Probleme haben ihre Interessen ggü. Arbeitgebern durchzusetzen (Problem ist halt nur, dass nicht jeder das Profil, ergo in deinem Beispiel die Erfahrung mit hohen Geschwindigkeiten).


    Unser Rechts- und Wertrsystem ist aber idR nicht durch den Gedanken getragen, den „Starken“ möglichst viel Freiräume zu bieten, sondern die „Schwachen“ zu schützen.


    Ich weiß jetzt nicht mehr, ob das in einem deiner Posts kam, aber irgendwo kam ja sinngemäß „Wer nicht mit hohen Geschwindigkeiten umgehen kann, hat auf der Autobahn eh nichts zu suchen“.


    Das ist doch schizophren: einerseits die Regulierungswut kritisieren, aber am liebsten die Anderen, die gefühlt verantwortlich sind, vom Verkehr ausschließen (wie nennt man das? Verbot könnte passen...).

    [...]Autobahn & dauerhaftes Tempolimit ist einfach nur nonsense. Oberstes Ziel sollte sein, die Verkehrstoten bestmöglich zu reduzieren. Wir haben mit Abstand die meisten tödlichen Unfälle auf Landstraßen.

    Da macht man aber öffentlichkeitswirksam bei weitem nicht so viel, weil man damit ja nicht so eine hohe Reichweite erreichen würde, wie mit der ach so tollen Tempolimit Diskussion. Gilt für Politik und Presse gleichermaßen.[...]

    Das „Landstraßen-Argument“.


    Die höhere Todesanzahl liegt wohl vielmehr daran, dass es keinen abgetrennten Gegenverkehr, Fahrrad- und ggfs. Fußgänger und Landmaschinen (Traktoren...) auf Landstraßen gibt. Alles was es aufs Autobahnen nicht gibt.


    Was soll die Politik dagegen denn „öffentlichkeitswirksam“ so machen deiner Meinung nach? Fahrräder verbieten? Leitplanken zwischen die Spuren bauen?


    Wenn du aber Landstraße und Autobahn vergleichen willst, sollte sich das auf die Faktoren beschränken, die auch vergleichbar sind. Und da ist wohl viel interessanter, dass Unfallursache Nr. 1 - egal ob Landstraße oder Autobahn - unangepasste Geschwindigkeit ist.


    Insofern würde ich neben dem schon gebrachten Argument „Tempolimit nach Uhrzeit“ auch noch ergänzen, dass zwischen 3- und 2-spurigen Autobahnen unterschieden werden sollte. Ich bin mir sicher, dass zumindest auf 2-spurigen Autobahnen ein Tempolimit kommen wird.

  • Der Zwang die Geschwindigkeit an die Gegebenheiten (Verkehr, Sicht, Fahrzeugzustand, eigene Müdigkeit, ...) anzupassen besteht aber völlig unabhängig von einem allgemeingültigen Tempolimit. Das sind ja erstmal zwei völlig unterschiedliche Dinge.

  • hieraus würde ich als Politiker einen Mittelweg ableiten, Tempolimit xy tagsüber, meinetwegen werktags, nachts und ggf. auch komplett an Feiertagen kein Tempolimit bzw. höhere erlaubte Geschwindigkeit. Absolut undynamischer Kram der da ständig angegangen wird.

    kann sich nun nach endloser Diskussion eine Mehrheit für eine zeitlich begrenzte Beschränkung, diesem Mittelweg, zusammenbringen lassen?

    Ja auch bei diesem gibt es wieder vor und Nachteile, er würde aber mehr Menschen "abholen".


    Falls ja, wollen wir gemeinsam einen offenen Brief an das Verkehrsministerium schreiben?

  • Wenn du aber Landstraße und Autobahn vergleichen willst, sollte sich das auf die Faktoren beschränken, die auch vergleichbar sind. Und da ist wohl viel interessanter, dass Unfallursache Nr. 1 - egal ob Landstraße oder Autobahn - unangepasste Geschwindigkeit ist.

    Unangepasst ist aber nicht dasselbe wie über der erlaubten Geschwindigkeit und erst Recht nicht schneller als 130.


    Unangepasst ist auch, wenn ich bei Blitzeis auf der Bundesstraße 40 fahre. Wenn dort Tempo 100 herrscht, dann war ich noch lange nicht zu schnell, nur angepasst.

    Von daher ist diese verwendete Kennzahl in der PUS auch recht fragwürdig. Manch findiger Tempolimit-Gegner könnte hier auch politische Motivation vermuten. *hust*

  • stimmt, mit dem E Auto fährt man in 40 Jahren auf der Autobahn immer noch rechts mit 80km/h hinter nem LKW her :)

    Wenn wir schon vor Jahren konsequenter auf E-Autos gesetzt hätten würde jetzt das Argument "130km/h zur Reduzierung der Emissionen " nicht funktionieren. Dann könnte auch in Zukunft der Taycan mit 250 km/h und einer vollen Batterie mit Solarstrom über die AB heizen :-)

  • Das müsste dann aber auch für Synthesesprit gelten? Oder halt einfach weiterhin für alle kein Limit. Die paar Gramm CO2 bei gleichzeitigem Fortschritt in der Motorentechnik... da machen minimale Änderungen woanders doch mehr aus.

  • Ich glaube, dass wir uns in diesem Punkt doch alle einig sind. Man kann wohl nicht abstreiten, dass der Straßenverkehr sicherer werden würde, wenn es ein Tempolimit auf der Autobahn geben würde.

    Das ist so eine von vielen (rein-technisch auch wahren) Aussagen, die hinter dem Denkmantel der einfachen Wahrheit wie ein gutes Argument aussehen, es aber nicht unbedingt sind.


    Man kann ja auch nicht abstreiten, dass der Verkehr bei einem 70 km/h-Limit auf der BAB noch sicherer werden würde. Genau so kann man nicht abstreiten, dass es ohne Radverkehr weniger Unfälle mit Personenschäden in Städten gäbe.


    Hilft einem also das Argument "Tempolimit = sicherer"? - Ich finde, das kommt darauf an.

    Ich selbst habe kürzlich damit angefangen, Statistiken zu Verkehr, Unfallzahlen usw. zusamenzuziehen um einfach mal für mich eine kleinere Auswertung anzufertigen - ist aber noch nicht spruchreif.


    Aber wenn man mal damit anfängt, die Unfallzahlen von "Gesamt in Deutschland" (~350.000, 2019) auf "Unfälle mit schwereren Personenschäden auf freien Autobahnen aufgrund nicht angepassten Tempos" (und das sind quasi die, um die es hier geht) runterkaskadiert, ist die Zahl mehr als überschaubar.



    Wie würde sich also ein Tempolimit von 130 km/h auf die Sicherheit auswirken? Statt 100 Tote im Jahr eher 70?


    Im Jahr 2018 wurden knapp 250 millarden(!) Kilometer auf deutschen Autobahnen abgespult, sprich 1 Unfall mit Schwerverletzten oder Toten alle 167 mio. gefahrene Kilometer. Nur damit man die Zahlen mal weiter ins Verhältnis setzen kann.


    Ist da ein absolut statisches '130 all the time" echt das beste und mildeste Mittel? Wo will man mit den Unfallzahlen/der Verkehrssicherheit hin, wo man genau mit 130 km/h als Limit hinkommt?


    Wieso fasst man nicht vorher die bessere Überprüfung der Abstandsregeln (deren Verstoß für wesentlich mehr Personenschäden verantwortlich sind) als erklärte Sicherheitsmaßnahme ins Auge? Dadurch würde man mutmaßlich die Unfallzahlen besser senken, ohne Verbote auskommen und dadurch nicht gegen den Willen von einem Drittel der Bevölkerung agieren. - Ist als Maßnahme leider nicht ganz so sexy für den Wahlkampf. :)

  • Zitat

    Jetzt ist aber noch nicht klar, wie viele davon aufgrund überhöhter(!) Geschwindigkeit auf Fahrten über 130 km/h fallen (das sind die Fahrten, um die es hier gilt).

    Und davon muss man auch noch diejenigen abziehen, die trotz Limit mit überhöhter Geschwindigkeit unterwegs gewesen wären. Ist ja nicht so, als würden nicht auch leute innerstädtisch mit 100 rumrasen, obwohls ein Limit von 50 gibt...

  • Und davon muss man auch noch diejenigen abziehen, die trotz Limit mit überhöhter Geschwindigkeit unterwegs gewesen wären. Ist ja nicht so, als würden nicht auch leute innerstädtisch mit 100 rumrasen, obwohls ein Limit von 50 gibt...

    Die sind fairerweise aus den Zahlen bereits raus, da ich ja jetzt eh nur auf Autobahnzahlen gegangen bin.

  • Ja, nur Autobahnzahlen. Aber was ich meine ist wenn es jetzt ein Tempolimit von 130 gäbe - gäbe es nach wie vor Leute die mit 200 über die Autobahn fahren würden, und Unfälle bauen würden. Das ist halt genau das Klientel, was heute auch mit 100 durch die Stadt fährt, und sich an keine Regeln hält.

  • Bezüglich Tempolimit. War jetzt 4 Tage in Nord-Holland. Section control welcome. Es sibd zig SC Abschnitte derzeit in einer Testphase und es werden noch mehr. 6 bis 19 Uhr 100kmh, danach 130. Nun haben sie sich wohl seit geraumer Zeit einfallen lassen hinter das 6 bis 19 Uhr Schild direkt eine dauerhafte 100 zu stellen. Und würden die Niederländer in Deutschland genauso fahren, wie zuhause, würde man sich über diese nicht jedes Mal aufregen auf der linken Spur. Tempolimits interessieren die Niederländer zuhause eigentlich gar nicht, da wird das Schwein durchs Dorf gejagt. Und dann gibts Abschnitte da soll man fast 40km nur 80 fahren, top ausgebaut. Es tut mir leid, mag vielleicht auch nicht jeder verstehen, aber Autofahren in Holland ist kurz gesagt anstrengend. Das Ampelsystem ist gut. Das springt dynamisch um, könnte es überall gern so geben.

  • Autofahren in Holland find ich grässlich, Super langsam, super teuer (Sprit, Straßensteuer, Autoimportsteuer, Parken...) Überholvorgänge dauern ewig, Ampeln sind oft sehr langsam und je nach Stadt steht man ewig. Dann hat man noch dauernd die separate Fahrradampel, und quasi nie grüne Welle.

  • Okay, dann Tempolimit nur für Verbrenner als Kompromiss? Ernst gemeinte Frage ...

    Darüber habe ich noch nicht nachgedacht und lassen wir die Umsetzbarkeit mal außen vor, da ja selbst einfache Bußgelderhöhungen anscheinend schwierig sind. Es würde wahrscheinlich der E-Mobilität noch mehr Aufschwung verhelfen.

    Ob das Tempolimit kommt oder nicht haben die deutschen Autofahrer mM selbst in der Hand. Denn wenn Verbrenner zeitnah verschwinden fällt eine Argument für das Tempolimit weg.

  • Wie würde sich also ein Tempolimit von 130 km/h auf die Sicherheit auswirken? Statt 100 Tote im Jahr eher 70?

    Wenn das so wäre, würde ich die Hand zum Ja heben. 30 Menschenleben retten, mit einer recht einfachen Maßnahme, die aus meiner persönlichen Sicht die Freiheit nur minimal einschränkt, da ginge ich mit.


    Abstand kann ja zusätzlich verschärft kontrolliert werden. Scheitert das aktuell nicht wie vieles an dem notwendigen erhöhten Personalaufwand? Permanentes Filmen und Auswerten wäre ja, aus gutem Grund, in dem Zusammenhang nicht zulässig, zumindest nach meinem Kenntnisstand.