Von meiner Liebe für Autos und Mietwagen veranlasst war ich ja schon bei verschiedenen Autovermietern in deren Stationen angestellt. Mir ging es dort aber zu viel um die Reinigung der Fahrzeuge und ich wäre gern mehr gefahren. Zudem waren die Fahrten meist kurz und innerorts. mehr Autobahn sollte es sein! Also ließ ich das mit den lokalen Stationen und wurde Überführungsfahrer. Nach vier Jahren in dieser Tätigkeit fuhr ich rund 400.000 km in rund 2000 Fahrzeugen - da kann man doch sagen, dass der Wunsch nach mehr Autobahn erfüllt wurde. Im obigen Bild sieht man die Bilder der Fahrzeuge, die ich noch auf dem Rechner fand.
Die Logistik der Autovermieter läuft über etwa 20 Sammelplätze, die über Deutschland verteilt sind. Die Hersteller liefern die Fahrzeuge dorthin und holen sie von dort nach dem Ende der Laufzeit wieder ab. Meine Arbeit bestand ganz überwiegend daraus, die Verbindung zwischen den Sammelplätzen und den Filialen der Vermieter herzustellen. also: Morgens in den ICE setzen, quer durch Deutschland fahren, Auto abholen, zum Ziel ballern (was möglichst in Heimatnähe liegt) und dann ab nach hause.
Die Sammelplätze spezialisieren sich teilweise auf bestimmte Hersteller. Der im Bild zu sehende liegt in der Nähe von Stuttgart und dort gab es immer nur gute Mercedes. Man wusste vorher fast nie, welches Auto man genau bekommt. Mit der Zeit kann man sich aber seinen Teil denken. Wenn also als Abholort der Ortsname vom Sammelplatz bei Stuttgart auftauchte, wusste man was Sache ist.
Einige der Sammelplätze sind kleiner, andere sind riesig und haben mehrere zehntausend Fahrzeuge. Die Autos gehen bis zum Horizont, das war immer ein besonderes Gefühl dort. Ganz überwiegend holte ich aber keine Neuwagen von dort ab, sondern brachte die Fahrzeuge nach Ende der Laufzeit zurück. Diese waren meist vollgetankt und mussten nur am Ziel ankommen, um den Verbrauch scherte sich niemand.
So konnte ich alle Fahrzeuge mit wirklich Vollgas fahren, auch die ganzen kleinen Benziner mit astronomischen Verbräuchen. Hier waren auch Fahrten mit mittleren Distanzen von Vorteil, da ich bei längeren und einer zur Verfügung stehenden Tankfüllung langsamer hätte fahren müssen.
Mein Hauptkunde war Europcar, und danach alle großen und auch kleineren Autovermieter. Ich überführte auch Autos für die Carsharinganbieter, in Erinnerung bleibt mir zum Beispiel eine Überführung für Miles. Da mussten dann 50 Transporter von Berlin ins Ruhrgebiet und ich übernahm 20 dieser Aufträge.
Es gab auch Aufträge von Firmen, die die Fahrzeuge der Mitarbeiter zurück zum Händler bringen wollten. Der Kontakt mit verschiedenen Firmen war interessant, zum Beispiel brachte ich zig Fahrzeuge von Cocacola zum frühjährlichen Reifenwechsel oder holte aus dem Tagebau Amarok ab.
Die Fahrzeuge reichten von Aygo bis S-Klasse, von Kasten-Daily bis Panamera, von Handgasfahrzeug bis Elektroantrieb.
Clevershuttle hatte ein paar interessante Fahrzeuge dabei, zum Beispiel einen IX35 fuelcell. Teiweise überführte ich deren Fahrzeuge als unbeklebtes Neufahrzeug von der Zentrale 10 km zum Folierer, teilweise 500 km weit mit entsprechenden Lade- und Tankstopps. Verschiedene Auftraggeber waren immer wegen der Abwechslung interessant, für ATU erledigte ich zum Beispiel den Hol- und Bringservice, wenn die Kunden dies gebucht hatten. Da konnte ich dann einige interessante Fahrzeuge fahren.
Meist fuhr ich aber Durchschnittsfahrzeuge der Autovermieter, ich denk so paar hundert Golf werden da schon dabei gewesen sein.
Wichtig war natürlich die Schadensdokumentation. Da erlebte ich so einige lustige Dinge auf Protokollen. Am liebsten war mir Europcar. Da bekam ich immer ein Protokoll ausgedruckt und es gab nie Probleme. Am schlimmsten war Enterprise. Da bekam man kein Protokoll! Das heißt, ich musste erst mit dem Schlüssel zum Fahrzeug, da jeden Fliegenschiss protokollieren, und dann in die Station zum unterschreiben. Da ging dann die Diskussion los, das ist laut internen Enterpriserichtlinien kein Schaden, deren interne Richtlinien spielen aber in deren und meiner Vertragsbeziehung keine Rolle, Schaden ist Schaden. Bei Europcar konnte man zum Beispiel in gegenseitigem Vertrauen operieren, wenn die sagten: Machen sie sich keine Sorgen, die Abgabestation wird da keine Probleme machen, dann konnte man sich darauf verlassen. Bei Enterprise nutzte Vertrauen garnichts. Einmal wollten die mir einen überlackierten Schaden anhängen. Irgendein Kunde hatte da wohl mal einen Schaden verursacht und den selber überlackiert, um nicht zahlen zu müssen. Diese Stelle hatte ich bei Übernahme nicht gesehen, aber die Abgabestation entdeckte das. Enterprise war einfach Mist, nach einiger Zeit fuhr ich daher keine Aufträge mehr für die.
Es gab auch Fahrten aus dem Ausland zur Rückführung dort abgegebener Fahrzeuge, wie zum Beispiel diesen 750i von Sixt. Die längste Fahrt war von Rom nach München. In schöner Erinnerung bleibt mir auch die Rückführung eines Fahrzeuges aus Malmö. Als ich in Malmö ankam, kam noch ein Auftrag aus Kopenhagen rein. Also das Malmö-Fahrzeug schnell nach Trelleborg gefahren, mit dem Zug nach Kopenhagen und auch dieses Fahrzeug zum Fähranleger. In Trelleborg schaffte ich es dann, beide Fahrzeuge auf die Fähre zu fahren; nach dem ersten schnell wieder unbemerkt runter rennen und das zweite auch rauffahren.
Später ließ ich dann die Auslandsfahrten sein, unter anderem weil die innerdeutschen Anreisekosten durch meine Bahncard 100 schon gedeckt waren. Die Auftragsvergabe lief über ein Portal. Dort stellten alle Auftraggeber ihre Fahrten ein und alle dort angemeldeten Überführungsfahrer konnten dann bieten. so ähnlich wie umgedrehtes Ebay, der mit dem niedrigsten Gebot bekam den Zuschlag. Wenn es jedoch ein Überangebot an Fahrten gab und nicht auf alle geboten wurde, konnte man diese zu einem vom Auftraggeber festgelegten Pauschalpreis annehmen. Für Stuttgart-Berlin gab es so 200 €, für Hamburg-Hannover so 100 € und einmal Carsharing-Fahrzeug quer durch die Stadt so 30 €.
Die Fahrten konnte man natürlich auch kombinieren und manchmal war ich ein wandelndes Autohaus. Den Job kann man aber nur mit Leidenschaft für die Autos machen, ich war sehr viel und sehr lange unterwegs. Die Sammelplätze sind oft einfach auf der Wiese und schlecht bis garnicht mit öffentlichem Verkehr angebunden. Die Bahncard 100 war natürlich ein Traum, aber privat nutzte ich die garnicht. In meiner Freizeit wollte ich bitte weder in Zügen noch in Autos sitzen.
Nach vier Jahren ist meine Liebe nach Mietfahrzeugen und nach der deutschen Autobahn nun erfüllt und ich wende mich anderem zu. Anlass dazu gab auch der Auftragsrückgang durch die Effekte von Covid-19.
In Erinnerung bleiben mir viele magische Momente. Jeden Tag Mietwagen fahren, hunderttausende Vollgas-km auf der Autobahn. Dazu diese märchenhaften Sammelplätze, auf denen sich Mietwagen bis zum Horizont erstrecken und Kennzeichen und Schlüssel wie Milch und Honig fließen.