Fanmail von den Behörden erhalten

  • Wenn du das Rechtsfahrgebot missachtest mit Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer (wie auch immer man das auslegt) - 80€+1 Punkt. Im Endeffekt nötigst du damit jemand anderen.


    Nein.


    Eine Nötigung ist eine vorsätzliche Straftat und so definiert sich die Nötigung auch. Und das ist der eklatante Unterschied. Vereinfacht gesagt ist eine Nötigung das bewusste aufzwingen des eigenen Willens einem anderen, um diesen zu etwas gegen seinen Willen zu zwingen. Ein Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot o.ä. kann auch eine Nötigung sein, wenn damit vorsätzlich ein anderer am Vorbeifahren gehindert werden soll, es muss aber keine sein. Selbst wenn jemand von München bis Hamburg auf der linken Spur fährt und damit den größten Stau der Menschheitsgeschichte verursacht, ist es keine Nötigung, wenn er es nur aus Dusseligkeit macht, während schon ein kurzes Wechseln auf die linke Spur eine Nötigung sein kann, wenn es jemand bewusst mit der Absicht macht, jemand anderen auszubremsen.


    Und wegen dieser Unterscheidung kostet ein Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot als Verwaltungsunrecht einen niedrigen Geldbetrag, während man für eine Nötigung bis zu drei Jahre in den Knast gesteckt werden kann. 240 StGB schützt die persönliche Willensfreiheit des einzelnen gegen vorsätzliche Beeinträchtigungen. Die Zielrichtung der Bußgelder bei Verkehrs-OWis ist eine ganz andere - sie soll nur das verkehrsregelwidrige Verhalten sanktionieren. Beides kann natürlich zusammentreffen, muss aber nicht. Und wenn ein Straftatbestand erfüllt ist, ist die mitverwirklichte OWi das geringste Problem des Täters.

  • Wenn vor mir ein polnischer Fahrer fährt, der per Definition nur auf Lichthupe reagiert, weil es für ihn halt normal ist, dass jemand der überholen will, aufblinkt und das ein Hilfsscheriff der Polizei meldet, dann kann das ja lustig werden, ob es Nötigung ist oder nicht.


    Darf ich mir wohl auch ne dashcam anschaffen... um das polnische Kennzeichen aufzuzeichnen. Hoffentlich trifft man dann auf einen Richter, der schon mal auf einer Autobahn unterwegs war, wo sowas die Regel und nicht die Ausnahme ist.


    Um hier gleich den Rassismus rauszunehmen: ich find die Idee mit dem Aufblinken gar nicht so schlecht, da weiß man gleich, ah, der eiert nich nur rum, der will wirklich vorbei.
    Jemand ne Ahnung, ob Aufblinken in Polen erwünscht oder verboten ist?

  • Genau deshalb wird wegen Nötigung ermittelt. Solange ich nicht Beschuldigter bin werde ich ja wohl keinen RA brauchen?


    Besser ist es auf jeden Fall. Auch als Zeuge bewegt man sich bei sowas auf nicht allzu dickem Eis. Mit falschen Angaben kann man sich da durchaus ggfs. auch der Strafvereitelung strafbar machen oder - wenn man dann vor entsprechender Stelle aussagt - einer Falschaussage.


    Ich würde die Frage an deiner Stelle für mich selbst so beantworten: wenn ich selbst gefahren wäre, würde ich zum Anwalt gehen. Wenn ich weiß, wer gefahren ist, würde ich mit dem gemeinsam zum Anwalt gehen und sagen, er soll das bitte bezahlen, schließlich hat er euch das ganze eingebrockt. Je früher man geht, desto eher kann man sinnvoll reagieren und agieren. Wenn man später oder gar nicht geht, kann man Fehler machen, die man nicht wieder gerade biegen kann. Natürlich kann es auch ohne Anwalt gutgehen, dass kann vorher niemand sagen. Der sicherere Weg ist der Anwalt auf jeden Fall.


    Schon bei der polizeilichen Vernehmung kann man sich dick in die Nesseln setzen. Was meinst du, warum der so nett zu dir war? Ich würde sagen, die Chancen stehen nicht schlecht, dass es nicht deshalb war, weil er den Anzeigeerstatter für einen Querulant hält. Was schöneres, als jemand, der in der polizeilichen Vernehmung nach (normalerweise) ordnungsgemäßer Belehrung Angaben macht oder etwas sagt, was die Ermittlungen weiter bringt, gibt es für einen Ermittlungsbeamten zumeist gar nicht. Das spart uU ne menge Arbeit.

  • Lichthupe stellt nicht automatisch immer eine Nötigung dar. Lichthupe zum Anzeigen der Überholabsicht ("Achtung bin schneller") ist erlaubt. Strafbar wird es erst wenn man dauerhaft drängelt und eine hektische Lightshow veranstaltet.


    Ein kurzes drängeln wird wiederum auch nicht als Nötigung ausgelegt. Das Gericht geht bei Nötigung durch Drängeln von einem Abstand unter 1 Meter und einem Andauern über eine längere Zeit aus.

  • und gleichzeitig ist es Nötigung, herrlich


    Es erfüllt ggfs. zwar den Tatbestand des 240 StGB, eine Strabarkeit ist dennoch nicht gegeben, weil das Verhalten nicht rechtswidrig ist (ein Straftatbestand ist grundsätzlich dreigliedrig aufgebaut: Tatbestand, Rechtswidrigkeit, Schuld - nur wenn alles drei zu bejahen ist, ist ein Verhalten strafbar). Damit eine Nötigung rechtswidrig ist, müssen Zweck und Mittel in einem verwerflichen Verhältnis stehen. Mit einmal Aufblenden eine Überholabsicht anzuzeigen sollte weder vom Zweck, noch vom Mittel, noch von deren Relation verwerflich sein. Außerdem ist es eh erlaubt, die Überholabsicht mit der Lichthupe anzuzeigen. Nach dem Grunsatz der Einheitlichkeit der Rechtsordnung kann ein verwaltungsrechtlich erlaubtes Verhalten nicht strafbar sein, daher nicht rechtswidrig.


    Bei Leuchtorgel-Aufblenden kann das schon wieder ganz anders aussehen.

  • Im Winter hat ein Fahrer aus der Schweiz 18 km in der linken Spur gefahren und da habe ich mit der Lichthupe drei mal aufgeblinkt, der hat aber gar nicht reagiert. Dann hab ich eine Pause gemacht und zwar an der Tankstelle waren die Autobahnpolizei mit einem Zivilwagen - BMW 5er F10. Ich habe die gefragt, was man bei solchen Fällen tun soll und die Antwort war folgende : Du kannst zwei - drei mal aufblinken, ABer du musst den Abstand beachten. Solange du den Abstand beachtest, ist gesetztlich in Ordnung.

  • Das kann zukünftig heiter werden, wenn die Hilfspolizisten dann alle ihre Dashcam-Aufnahmen zur Polizei tragen... ;(



    Was dann wieder ein Verstoß der Hilfspolizei gegen das ein oder andere (Datenschutz-) Gesetz darstellt. Ich meine mich erinnern zu können, dass Dashcamaufnahmen als Beweismittel bei einem Unfall erlaubt sind - sonstige Ereignisse aber nicht gespeichert werden dürfen. Sonst könnte ja dann jeder ProVida Auto spielen. ;) #DSGVO

  • Also nur so als Info am Rande: Gerade mit einem Anwalt gesprochen, dieser meinte ich soll entweder von meinem Zeugnisverweigerungsrecht gebrauch machen, da ich mich oder nahe Verwandte nicht selbst belasten muss. Dann meinte ich, dass sie mir dann bestimmt einen Beschuldigtenfragebogen schicken weil die genau wissen das ich mich ja selbst belasten würde bei einer Aussage. Okay, dann besser schreiben dass ich mich nicht erinnere weil schon so lange her.


    Also so richtig "beraten" wurde ich auch nicht. Werde wohl letzteres machen und dann abwarten...

  • Ich mein theoretisch wäre es dann möglich, dich zur Führung eines Fahrtenbuchs zu verpflichten, wenn du nicht weißt wer gefahren ist.
    Das kann jedoch nur dem Halter des Fahrzeugs auferlegt werden - wo in der Theorie wieder der Vermieter ins Spiel kommt und Dich + evtl. eingetragene Zusatzfahrer melden kann ?(

  • Also nur so als Info am Rande: Gerade mit einem Anwalt gesprochen, dieser meinte ich soll entweder von meinem Zeugnisverweigerungsrecht gebrauch machen, da ich mich oder nahe Verwandte nicht selbst belasten muss. Dann meinte ich, dass sie mir dann bestimmt einen Beschuldigtenfragebogen schicken weil die genau wissen das ich mich ja selbst belasten würde bei einer Aussage. Okay, dann besser schreiben dass ich mich nicht erinnere weil schon so lange her.


    Also so richtig "beraten" wurde ich auch nicht. Werde wohl letzteres machen und dann abwarten...


    Ja nach gut beraten hört sich das allerdings leider nicht an. Was war das denn für ein Anwalt? Ein Strafverteidiger? Bzw. jemand, der mit Verkehrssachen häufiger zu tun hat?


    Vom Gebrauchmachen eines Zeugnisverweigerungsrechts allein sollten sich wohl keine negativen Folgen ableiten - zumindest hab ich von sowas noch nicht gehört. Abgesehen davon, dass das Recht, sich nicht selbst zu belasten, eines der essentiellen Verfahrensrechte in einem Strafverfahren ist und ein Richter bei einem vollständigen Schweigen eines Angeklagten nie einen negativen Schluss daraus ziehen darf, weil ihm sonst das Urteil in der nächsten Instanz um die Ohren fliegt, stellt sich für die Polizei ja bereits das ganz praktische Problem, dass sie nicht wissen, wer durch eine Aussage belastet werden würde. Das kann ja auch die Oma sein, oder der Bruder, oder, oder, oder. Und selbst wenn sie dann zu einer Vernehmung als Beschuldigtem übergehen sollten - was bringt es ihnen? Dann wird halt wieder vom Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht und die Polizei ist keinen Schritt weiter.



    Nachtrag: wichtig ist immer, dem Anwalt wirklich alles zu sagen, was man zu dem Vorfall weiß, vor allem, was wirklich passiert ist. Der Anwalt ist zum Schweigen verpflichtet. Und wenn er alles weiß, kann er auch optimal handeln.


  • Ich habe nun Rückmeldung von den Anwälten bekommen -> Ich denke hier sind ein paar interessante Punkte dabei, welche für andere Betroffene hilfreich sein können. Ich fasse das Ganze ein wenig Stichpunktartig zusammen, da es glaube ich nicht erlaubt ist das ganze Schreiben hier rein zu stellen.



    Sieht jetzt wohl eher schlecht aus, da ich eigentlich keine der Kriterien erfülle. Schon peinlich die Geschichte -> ich hätte nie im Leben damit gerechnet dass ich jemals den Schein abgeben muss...Fahre nur mit 0,0 und Rase nie... Aber wie sagt man so
    schön - Shit happens :63:






    Anforderungen für eine Vermeidung des Fahrverbots:


    - Die dahingehende Möglichkeit wurde in den letzten Jahren durch die Rechtsprechung immer weiter
    eingeschränkt.


    - Im Vordergrund steht die Existenzgefährdung. Lästigkeiten, wie z.B. eine längere Anreise zur Arbeitsstelle
    finden keine Berücksichtigung.


    - Nur eine wirklich dargelegte und bewiesene Existenzgefährdung findet Beachtung.


    - Es werden neben der Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs auch Taxifahrten als Maßnahme verlangt, selbst wenn diese kostenintensiv sind.


    - Bei einer Jahresfahrstrecke von unter 45.000 Kilometern wird ein Versuch zur Verhinderung des Fahrverbots höchstwarscheinlich scheitern.


    - Eine Erklärung Ihres Arbeitgebers beibringen ist nötig, in welcher dieser erklärt, dass Ihr Arbeitsverhältnis gekündigt wird, wenn Sie für die Dauer des drohenden Fahrverbotes keine Fahrerlaubnis zur Verfügung haben.


    - Viele Behörden und Gerichte denken nicht einmal über die Verhinderung des Fahrverbots nach, wenn einschlägige Voreintragungen im Fahreignungsregister eingetragen sind.

  • DMM223:


    Tipp meinerseits: Erst einmal mit dem zuständigen Sachbearbeiter telefonieren. Mir wurde nach so einem Gespräch bei meinem ersten Verstoß sofort angeboten, wenn ich was von meinem Arbeitgeber vorlegen kann wird umgewandelt. Habe dort nett geplaudert, etwas auf die Tränendrüse gedrückt und erklärt das ich von berufswegen den Führerschein brauche.


    Daher erst einmal testen, bevor man irgendwas offiziell schreibt etc. Vll. hat der gegenüber ja einen guten Tag und dann kommste noch raus.

  • Ausnahmsweise* hat es mich hier auch erwischt. (* nein, keine Ironie, mein Ernst!)

    In Lenggries Richtung Österreich auf der B13 in der 70er Zone geblitzt worden.

    Vorher noch einen LKW überholt, und statt direkt zu bremsen ausrollen lassen - und dann kam das rote Licht.


    Nach kurzer Recherche das große Bibbern, ergab es relativ zeitnah einen Brief der Polizei Straubing, dass sie bitte 30€ von mir haben wollen für 17km/h zu viel.

    Mal abgesehen dass ich jetzt in meinem Einzelfall froh über die niedrige Strafe bin, weiß ich jetzt auch warum die Holländer, Schweizer und Franzosen einen Sche** scheren um Geschwindigkeitsbegrenzungen auf deutschen Autobahnen. :rolleyes:


    Und wer es wissen mag: der Europaservice berechnet für die Weitergabe der Daten 10€ brutto. Und da bei denen wirklich jemand eine Papierakte raussuchen muss, geht das für mich voll in Ordnung.

  • Bezüglich Auffahren und Lichthupe ist die Rechtslage hier eigentlich eindeutig. Ich weiß nicht, woher die Spekulationen da rühren.


    1. Abstand eingehalten, mehrfache Lichthupe:

    Hier kann der Tatbestand der Belästigung erfüllt sein. Dazu muss aber auch wirklich eine Lichtshow nachweislich geboten worden sein.


    2. Abstand nicht eingehalten, keine Lichthupe:

    Abstandverstoß, wird entsprechend des Bußgeldkatalog geahndet. Auch hier gilt eine drei Sekunden-Regel, in der der Abstand wieder hergestellt werden kann (BGH-Urteil). Einzig ein extrem dichtes Auffahren kann weitere Konsequenzen mit sich ziehen.


    3. Abstand nicht beachtet und Lichtshow:

    Tatbestand der Nötigung eventuell erfüllt. Aber auch hier reicht nicht das reine subjektive Empfinden, viel mehr muss tatsächlich über eine gewisse Strecke dieses Verhalten dargelegt werden, sodass sich der Bedrängte tatsächlich genötigt fühlt. Wer also einmal dicht auffährt und dann Licht gibt, hat den Fahrer nicht direkt genötigt.


    Auch wenn dieser behauptet, dass er deswegen dann nach rechts ist (also sich genötigt gefühlt hat, die Spur zu verlassen), ist das kein Garant für Nötigung. Da kann ein Richter ggf. auch freundlich darauf abstellen, dass der Fahrer damit eigentlich nur seiner Rechtsfahrpflicht nachgekommen ist.


    Die Hürden sind da höher, als man denkt. Und wegen reinem Rechtsüberholen würde ich mir da keine unmittelbaren Sorgen machen. Da muss der Fahrer schon einiges zusätzlich gemacht haben (massiv geschnitten, auf längere Distanz genötigt etc.), damit sich da wirklich jemand genötigt fühlen darf.

  • §

    § 5 Absatz 5 StVO:


    Außerhalb geschlossener Ortschaften darf das Überholen durch kurze Schall- oder Leuchtzeichen angekündigt werden. Wird mit Fernlicht geblinkt, dürfen entgegenkommende Fahrzeugführende nicht geblendet werden.